Künstlerische „Aufbrüche“ in der BIG Galerie Dortmund

In der Dortmunder BIG Gallery (Rheinische Str. 1) ist vom 27.03.2022 bis zum 29.05.2022 die Jahresausstellung des Westfälischen Künstlerbundes der Stadt unter dem Titel „Aufbruch“ zu sehen. Elf Künstler*innen zeigen ihre unterschiedlichen Arbeiten (2019 – 2022) wie digitale Fotografien, Objekte, Grafiken, Zeichnungen und Malereien mit ihren ganz eigenen Blickwinkel auf das Thema.

Aufbruch hat etwas mit Mut zum Loslassen und sich auf Neues einstellen und einlassen zu tun. Auslöser sind oft Pandemien (etwa Spanische Grippe oder jetzt Corona), Kriege (leider wieder aktuell), Industrialisierung und Strukturwandel, Klimaerwärmung sowie die Digitalisierung.

Einige Künstler*innen waren beim Presserundgang anwesend: (v.l.n.r.) Irmhild Koeniger-Rosenlechner, Axel M. Mosler, Klaus Pfeiffer, Marc Bühren und Wladimir Kalistratow
Einige Künstler*innen waren beim Presserundgang anwesend: (v.l.n.r.) Irmhild Koeniger-Rosenlechner, Axel M. Mosler, Klaus Pfeiffer, Marc Bühren und Wladimir Kalistratow

So berühren zum Beispiel Marc Bühren mit seinen manuellen und digitalen 3D-Drucken und Richard A. Cox mit seinen bunten Werken (Ölpastell auf Karton) mit ihrer besonderen Bildsprache die Corona-Pandemie. Sie nehmen die Entkörperlichung durch die mediale Bilder- und Datenflut als Grundlage für ihre Arbeiten.

Walter Hellenthal (Mischtechnik auf Papier), Christoph Ihrig (Tuschezeichnung), Axel M. Mosler (Fotografie) und Dieter Ziegenfeuer (Mischtechnik) erinnern mit ihren künstlerischen Werken an das existentielle Thema Erderwärmung sowie die zerstörerischen Folgen durch die Klimaveränderung.

Das Thema Digitalisierung nähern sich Wladimir Kalistratow und Andi Knappe auf ihre eigene Weise an. Kalistratow entwickelt nicht nur fantastische digitale Welten, sondern thematisiert diese auch. Kappe nähert sich dem Digitalen mit dem Printmix-Verfahren (Acryl/Lack auf Leinwand) an.

Variationen zum Thema „Industriearchitektur“ mit vielschichtiger Symbolik zeigt Petra Bötticher-Reiff mit ihren grafisch bearbeiteten Fotografien aus der Stahlindustrie-Vergangenheit in verwaschenen Grau-Schwarz-Weiß.

Mit ihren Zeichnungen, Collagen, Kaltnadelradierungen widmet sich Irmhild Koeniger-Rosenlechner drei berühmten Frauen. Sibylle Merian, Annette von Droste Hülshoff sowie Marie Luise Fleisser, die zu ihrer Zeit mit künstlerischen Aufbrüchen zukunftsweisend waren.

Mit seinen Rothko Variationen (Zeichnungen Bleistift) setzt sich Werner Bloch in seinen Arbeiten mit den Werken des amerikanischen Künstlers Mark Rothko auseinander.

Früher waren diese farbenfroh, ehe er in das (variable) Schwarz aufbrach. Er verbindet „Schwarz“ mit existenziellen Farben , sowie mit der leere und dem Nichts.

Die Ausstellung wird am Sonntag, den 27.03.2022 um 11:00 Uhr in der BIG Galerie Dortmund eröffnet




Der Riss durch die Gesellschaft – Kinderkriegen 4.0

Wenn es einen Riss durch die Gesellschaft gibt, dann ist es die Aufteilung in Eltern und Kinderlose. Wenn Freund*Innen irgendwann Eltern werden, dann verändert sich viel. Das Kind erfordert Aufmerksamkeit, gemeinsame Treffen werden komplizierter und die Gesprächsthemen drehen sich mehr und mehr um die Kinder. Eltern lernen andere Eltern kennen somit bilden sich neue Freundeskreise. Aber Eltern sind weiteren Problemen ausgesetzt: Wie erziehe ich die Kinder? Von antiautoritär bis Helikopter-Eltern, die Bandbreite ist riesig und immer wieder ein Streitpunkt.

Diese Themen wurden im Stück „Kinderkriegen 4.0“ von Kathrin Röggla unter der Regie von Schauspielintendantin Julia Wissert am 19. März 2022 angesprochen. Ein Premierenbericht.

Martina Eitner-Acheampong, Linda Elsner, Bettina Engelhardt, Ekkehard Freye, Christopher Heisler, Nika Mišković, Adi Hrustemović sowie der Dortmunder Sprechchor auf der Leinwand.(Foto: © Birgit Hupfeld)
Martina Eitner-Acheampong, Linda Elsner, Bettina Engelhardt, Ekkehard Freye, Christopher Heisler, Nika Mišković, Adi Hrustemović sowie der Dortmunder Sprechchor auf der Leinwand.(Foto: © Birgit Hupfeld)

Schon die Charaktere, die Röggla mit- und gegeneinander auftreten lässt, zeigen die Richtung, in die es gehen soll. Da sind die späten Eltern (Ekkehard Freye und Bettina Engelhardt), die natürlich versuchen mit der Reife ihres Alters zu punkten. „Wir haben unsere eigenen Ideen wie wir Kinder großziehen. Also Prinzipien.“ Dazu kommt eine Figur, die als „Rabenmutter“ bezeichnet wird (gespielt von Nika Mišković). Ihre Kinderzahl ist unbekannt und sie wird von ihrem Umfeld wegen des Umgangs mit ihren Kindern kritisiert. („Wildfremde Menschen ermahnen mich, bei meinem Kind zu bleiben!“). Dazu kommt die Oma (Martina Eitner-Acheampong). Sie ist in den 60er und 70er Jahren sozialisiert worden, ihre Tochter scheint diese Art von Feminismus aber nicht mehr zu interessieren. Oma lässt sich als Kindermädchen für ihre vier Enkel einspannen, wenn auch nur widerwillig. Die Kinderlose (Linda Elsner) fühlt sich naturgemäß ausgeschlossen. („Ich würde gerne hier mitreden, aber darf man ja nur mit einem Kind oder zwei“). Der Bundestagsabgeordnete (Adi Hrustemović) hat eine zwiespältige Rolle. Man weiß nicht, ob er Kinder hat oder nur sagt, dass er welche hätte, um sich beliebt zu machen. Christopher Heisler spielt den engagierten Vater von Henry, der zwar nicht zu sehen, aber anscheinend immer dabei ist. Heislers Kostüm ist übersät von Teddybären und er scheint engagiert zu sein, wenn nicht sogar überengagiert („Sollen wir in dieser Wellnessbude lieber in die Sauna oder ins Kinderkino“).

Das Stück ist eine gute Satire und die Dialoge zwischen den Charakteren sind pointiert. Klar, es ist klischeehaft, aber was soll‘s, denn die Personen könnten einem im wirklichen Leben begegnen. Die Frage nach dem Kinderkriegen (dürfen wir in diese Welt noch Kinder setzen) und der richtigen Erziehungsmethode (Prinzipien!) sorgt für stetigen Output im Ratgebersegment.

Die Bühne wird effektiv genutzt, die rampenähnlichen Bauteile können so schnell zu einem ICE-Abteil oder zu einem Wellnesshotel umfunktioniert werden. Hinzu kommt die digitale Welt auf die Leinwand. Hier sind der Dortmunder Sprechchor und Marlena Keil zu sehen.

Am Ende sind wir nicht schlauer, eine Handlungsempfehlung kann es auch schlecht geben, aber wir haben uns gut unterhalten über die Nöte und Sorgen von Menschen mit und ohne Kinder.