Die Stühle von Eugène Ionesco im Fletch Bizzel

Zwei Schauspieler, eine Bühne, ein Saal mit leeren Stühlen, Abstand und ein ganz großes Maß an Absurdität … Das Fletch Bizzel und der französische Dramatiker Eugène Ionesco. Dessen bedeutendstes Stück passt eigentlich gut zu Corona wie der Deckel aufs Marmeladenglas, zumindest was die Bühne anbelangt … so wie wir in den Zeiten der Pandemie mit Shutdown und Social Distancing leben mussten. Zwei Menschen und jede Menge leerer Stühle.

Probenfoto: Christiane Wilke als Semiramis, Guido Fischer als Poppet. (Foto :© Kulturbrigaden)
Probenfoto: Christiane Wilke als Semiramis, Guido Fischer als Poppet. (Foto :© Kulturbrigaden)

Poppet schaut aus dem offenen Fenster auf das Meer vor ihrer Insel. Semiramis fordert ihn auf es zu schließen, da es kalt und dunkel sei und er nichts sehen könnte. Exemplarisch für die Inszenierung des absurden Stückes von Ionesco. Eine Wahrheit oder Aussage wird im nächsten Moment zerpflückt und ins Gegenteil verkehrt.

Ein älteres Ehepaar, Semiramis und Poppet, das nicht so alt, aber sehr vertraut und verspielt zugleich wirkt, erwartet die Ankunft einer Vielzahl bedeutender Persönlichkeiten, die zu dem Ehepaar auf die Insel kommen wollen oder sollen. In seiner eigenen Welt treibend, beschließt der alte Mann, der sich als Hausmarschall definiert, dass er am Ende seines Lebens der Nachwelt eine wichtige Botschaft hinterlassen möchte, nein muss. Der Mann, ein kleiner Pförtner, hat angeblich als Summe seines Lebens, der ganzen Menschheit etwas höchst Bedeutungsvolles mitzuteilen. Da er von sich glaubt, kein guter Redner zu sein, hat er einen Berufsredner bestellt, der seine Botschaft verkünden soll. Zusammen mit Semiramis, seiner Frau, die Poppet in allem eifrig unterstützt, bereitet er die Ankunft einer illustren Schar von Gästen vor, die Zeuge dieses Ereignisses sein werden.

Die Gäste treffen nach und nach durch Schiffsirenen und Türklingeln ein. Man hört und sieht sie nicht, aber die beiden Alten, pantomimenhaft, begrüßen sie und halten Smalltalk mit ihnen und schleppen dabei immer mehr Stühle heran. Die Unterhaltungen sind angeregt, besonders die von Poppet und der Schönheit. Während Semiramis leicht irritiert sich von Begleiter der Schönheit offen umgarnen lässt … Immer mehr Gäste kommen, bis die Bühne mit sichtbaren Stühlen, Stühle und immer mehr Stühle, und unsichtbaren Gästen vollgestopft ist. Alles ist bereit, inklusive der Presse, selbst der Kaiser ist eingetroffen und alle erwartet die Botschaft. Auf humorvoller Weise verwischt die Grenze zwischen Fantasie und Halluzination und Farce, während das Spiel des Paares zu Ihrer Realität wird. Es ist eine Quelle abgetrennter menschlicher Emotionen, Sentimentalitäten, Illusionen, Trauer, Liebe, Herrschsucht, Wut, Verzweiflung, stets in wundervoll farcenhafter Überzeichnung. Es könnte traurig sein und ist es auch.

Christiane Wilke als Semiramis, Guido Fischer als Poppet spielen, nein: tänzeln in der Regie von Thomas Hollaender das alte Paar, das seine Gäste empfängt in einer Welt, in der Paris nur noch eine ferne Erinnerung ist und die Pyrenäen untergegangen sind. Anna Hörling hat ihnen ein spartanisches Bühnenbild gebaut, das an Theaterinszenierungen aus den 60er Jahren erinnert, wie Gründgens Sturm im Wasserglas, bei dem der Farce entsprechend Türen Fenster und Fenster Türen.
In dieser Inszenierung treffen Marcel Marceau und Tanz auf Ionesco. Sie arbeitet mit pantomimischen Techniken und mit dem spezifischen Reiz des.

Sehenswert!


Es spielen: Christiane Wilke als Semiramis, Guido Fischer als Poppet, Mike Kuruc als der Redner
Regie: Thomas Hollaender
Musikalische Leitung: Dixon Ra
Kostüm und Bühne: Anna Hörling

Fr. 01.04 20.00 Uhr
Sa. 02.04 20.00 Uhr
Fr. 13.05 20.00 Uhr
Sa. 14.05 20.00 Uhr

Karte, pro Person 17,— €, ermäßigt 8,— €

Gute Aussichten im Künstlerhaus

Bis zum 01. Mai 2022 zeigt das Dortmunder Künstlerhaus im Sunderweg 1 die Ausstellung „Gute Aussichten“. Acht Positionen junger deutscher Fotografie zeigen unterschiedlichste Herangehensweisen an das Medium. Von klassischer Portraitfotografie, über KI unterstützte Arbeiten bis hin zu Videoproduktionen reicht die Bandbreite.

Max Dauven verknüpft Fotografie mit dem Internetphänomen „Meme“. Bei den Memes handelt es sich um verfremdete Bilder und ähnliche Vorlagen, die kreativ umgedeutet werden und so gewisse Popularität gewinnen können. Dauven benutzt einige Versatzstücke von Memes und baut sie in seinem Fotostudio analog auf. Selbst die Hängung seiner Werke im Künstlerhaus ist einem Meme nachempfunden.

Max Dauven, Assuming Control, Inkjet-Druck, 80 x 64 cm, gerahmt in Aluminium schwarz, 2021
Max Dauven, Assuming Control, Inkjet-Druck, 80 x 64 cm, gerahmt in Aluminium schwarz, 2021

Mit Irland verbinden die meisten Menschen Positives: grüne Insel, nette Menschen und Guinness. Aber auch in Irland gibt es Armut, in den Städten haben sich Armenghettos gebildet. Tamara Eckhardt hat über lange Zeit die Bewohner des Viertels „St.James Park“ in Limerick fotografisch begleitet und sich dabei auf die Kinder und Jugendlichen konzentriert. Herausgekommen sind starke Bilder von jungen Menschen, die ihren Weg finden müssen in einer Umgebung, die geprägt ist von Arbeitslosigkeit und Hoffnungslosigkeit.

Mit seiner Arbeit „18 Diptychen der lichtbildnerischen Forschung“ hinterfragt Maximilian Gessler die materiellen und technischen Grundlagen der Fotografie. Hingegen arbeitet Alexander Kadow mit „Big Data“ und Algorithmen und schafft abstrakte Schwarz-weiß Kompositionen. Als Basis dienen ihm alte Röntgenbilder.

Die Bilder von Natalia Kepesz haben durch den Krieg in der Ukraine ungeahnte Aktualität bekommen. Denn sie fotografierte Kinder, die in Polen in militärischen Camps und Uniformklassen gehen. Die sind im Polen in den letzten Jahren ziemlich populär geworden. Damit werden Kinder spielerisch mit Gehorsam und Patriotismus indoktriniert, und Krieg als eine Lösung akzeptiert.

Mit den typischen Musterhäusern beschäftigte sich Fiona Körner in ihrer Arbeit „Shoes can change your life, ask Cinderella“. Sie fragte sich, welches Familienbild und welche Werte werden in solchen Einfamilienreihenhaussiedlungen vermittelt? Ist es die typisch weiße, heteronormative Familie?

Wie in einem surrealen Videospiel wirkt die Arbeit „Nichts als Solide“ von Vanessa A. Opoku. Ihre Video-Projektion erkundet den öffentlichen Raum in Berlin gemischt mit Sounds aus Field-Recordings sowie Texten von Mascha Kaléko und May Ayim. Die zweite Arbeit „Haltung“ ist ein computergeneriertes Portrait von Opoku.

In „What has been will be again, What has been done will be done again“ zeigt Künstlerin Zoyeon ihre Zerrissenheit als Ausländerin in einem fremden Land. Die Gefühlswelten changieren zwischen Erstaunen und Hilfslosigkeit. Neben einem etwa 43 minütigen Film zeigt das Künstlerhaus auch einen Digitaldruck in der Größe von 1860x 150 cm.

Künstlerhaus Dortmund
Sunderweg 1
44147 Dortmund

Öffnungszeiten der Ausstellung :
Donnerstag – Sonntag
16 – 19 Uhr

Abstrakte Malerei im Kunstbonbon

Unter dem Titel „Ensō – oder die andere Sicht der Dinge“ zeigt das Kunstbonbon in der Chemnitzer Str. 11 in Dortmund vom 02.04.2022 bis zum 07.05.2022 abstrakte Werke des Schweizer Künstlers Urs Taverner. Seine arbeiten waren schon schon in anderen Städten Deutschlands, aber auch in Frankreich oder den USA zu sehen.

Es geht hier nicht darum, einen Titel vorgesetzt zu bekommen, und die Frage beantwortet zu wissen: „Was will uns der Künstler sagen?“

Farben, Strukturen, Schichten und Formen wollen den betrachtenden ins Auge gehen und ihn ansprechen sowie zu eigenen Gedankengängen und neue Blickwinkel führen.

Bei der Philosophie „Ensō“ geht es nicht nur um die Konzentration auf das Schaffen oder das Ziel, das Bewusstsein frei zu machen von störenden Einflüssen, sondern auch um die wichtige Erkenntnis, das gerade die Fehlbarkeit ein wichtiger Bestandteil unserer Existenz ist. Das Streben nach Perfektion ist durchaus nicht so erstrebenswert, wie viele von uns glauben. Der Flyer zur Ausstellung zeigt schon, den „zweiseitigen“ Blickwinkel.

Urs Taverner wird am bei der Ausstellungseröffnung am Samstag, den 02.04.2022 (15 Uhr) interessierten Besuchern weitergehende Informationen und Einblicke zu seinen Werken geben.

Danach sind die Arbeiten des Künstlers während der gewohnten Öffnungszeiten

(di 13-18, fr 15-18, sa 12-15 Uhr) bis zum 07.05.2022 im Kunstbonbon zu sehen.

Künstlerische „Aufbrüche“ in der BIG Galerie Dortmund

In der Dortmunder BIG Gallery (Rheinische Str. 1) ist vom 27.03.2022 bis zum 29.05.2022 die Jahresausstellung des Westfälischen Künstlerbundes der Stadt unter dem Titel „Aufbruch“ zu sehen. Elf Künstler*innen zeigen ihre unterschiedlichen Arbeiten (2019 – 2022) wie digitale Fotografien, Objekte, Grafiken, Zeichnungen und Malereien mit ihren ganz eigenen Blickwinkel auf das Thema.

Aufbruch hat etwas mit Mut zum Loslassen und sich auf Neues einstellen und einlassen zu tun. Auslöser sind oft Pandemien (etwa Spanische Grippe oder jetzt Corona), Kriege (leider wieder aktuell), Industrialisierung und Strukturwandel, Klimaerwärmung sowie die Digitalisierung.

Einige Künstler*innen waren beim Presserundgang anwesend: (v.l.n.r.) Irmhild Koeniger-Rosenlechner, Axel M. Mosler, Klaus Pfeiffer, Marc Bühren und Wladimir Kalistratow
Einige Künstler*innen waren beim Presserundgang anwesend: (v.l.n.r.) Irmhild Koeniger-Rosenlechner, Axel M. Mosler, Klaus Pfeiffer, Marc Bühren und Wladimir Kalistratow

So berühren zum Beispiel Marc Bühren mit seinen manuellen und digitalen 3D-Drucken und Richard A. Cox mit seinen bunten Werken (Ölpastell auf Karton) mit ihrer besonderen Bildsprache die Corona-Pandemie. Sie nehmen die Entkörperlichung durch die mediale Bilder- und Datenflut als Grundlage für ihre Arbeiten.

Walter Hellenthal (Mischtechnik auf Papier), Christoph Ihrig (Tuschezeichnung), Axel M. Mosler (Fotografie) und Dieter Ziegenfeuer (Mischtechnik) erinnern mit ihren künstlerischen Werken an das existentielle Thema Erderwärmung sowie die zerstörerischen Folgen durch die Klimaveränderung.

Das Thema Digitalisierung nähern sich Wladimir Kalistratow und Andi Knappe auf ihre eigene Weise an. Kalistratow entwickelt nicht nur fantastische digitale Welten, sondern thematisiert diese auch. Kappe nähert sich dem Digitalen mit dem Printmix-Verfahren (Acryl/Lack auf Leinwand) an.

Variationen zum Thema „Industriearchitektur“ mit vielschichtiger Symbolik zeigt Petra Bötticher-Reiff mit ihren grafisch bearbeiteten Fotografien aus der Stahlindustrie-Vergangenheit in verwaschenen Grau-Schwarz-Weiß.

Mit ihren Zeichnungen, Collagen, Kaltnadelradierungen widmet sich Irmhild Koeniger-Rosenlechner drei berühmten Frauen. Sibylle Merian, Annette von Droste Hülshoff sowie Marie Luise Fleisser, die zu ihrer Zeit mit künstlerischen Aufbrüchen zukunftsweisend waren.

Mit seinen Rothko Variationen (Zeichnungen Bleistift) setzt sich Werner Bloch in seinen Arbeiten mit den Werken des amerikanischen Künstlers Mark Rothko auseinander.

Früher waren diese farbenfroh, ehe er in das (variable) Schwarz aufbrach. Er verbindet „Schwarz“ mit existenziellen Farben , sowie mit der leere und dem Nichts.

Die Ausstellung wird am Sonntag, den 27.03.2022 um 11:00 Uhr in der BIG Galerie Dortmund eröffnet

Der Riss durch die Gesellschaft – Kinderkriegen 4.0

Wenn es einen Riss durch die Gesellschaft gibt, dann ist es die Aufteilung in Eltern und Kinderlose. Wenn Freund*Innen irgendwann Eltern werden, dann verändert sich viel. Das Kind erfordert Aufmerksamkeit, gemeinsame Treffen werden komplizierter und die Gesprächsthemen drehen sich mehr und mehr um die Kinder. Eltern lernen andere Eltern kennen somit bilden sich neue Freundeskreise. Aber Eltern sind weiteren Problemen ausgesetzt: Wie erziehe ich die Kinder? Von antiautoritär bis Helikopter-Eltern, die Bandbreite ist riesig und immer wieder ein Streitpunkt.

Diese Themen wurden im Stück „Kinderkriegen 4.0“ von Kathrin Röggla unter der Regie von Schauspielintendantin Julia Wissert am 19. März 2022 angesprochen. Ein Premierenbericht.

Martina Eitner-Acheampong, Linda Elsner, Bettina Engelhardt, Ekkehard Freye, Christopher Heisler, Nika Mišković, Adi Hrustemović sowie der Dortmunder Sprechchor auf der Leinwand.(Foto: © Birgit Hupfeld)
Martina Eitner-Acheampong, Linda Elsner, Bettina Engelhardt, Ekkehard Freye, Christopher Heisler, Nika Mišković, Adi Hrustemović sowie der Dortmunder Sprechchor auf der Leinwand.(Foto: © Birgit Hupfeld)

Schon die Charaktere, die Röggla mit- und gegeneinander auftreten lässt, zeigen die Richtung, in die es gehen soll. Da sind die späten Eltern (Ekkehard Freye und Bettina Engelhardt), die natürlich versuchen mit der Reife ihres Alters zu punkten. „Wir haben unsere eigenen Ideen wie wir Kinder großziehen. Also Prinzipien.“ Dazu kommt eine Figur, die als „Rabenmutter“ bezeichnet wird (gespielt von Nika Mišković). Ihre Kinderzahl ist unbekannt und sie wird von ihrem Umfeld wegen des Umgangs mit ihren Kindern kritisiert. („Wildfremde Menschen ermahnen mich, bei meinem Kind zu bleiben!“). Dazu kommt die Oma (Martina Eitner-Acheampong). Sie ist in den 60er und 70er Jahren sozialisiert worden, ihre Tochter scheint diese Art von Feminismus aber nicht mehr zu interessieren. Oma lässt sich als Kindermädchen für ihre vier Enkel einspannen, wenn auch nur widerwillig. Die Kinderlose (Linda Elsner) fühlt sich naturgemäß ausgeschlossen. („Ich würde gerne hier mitreden, aber darf man ja nur mit einem Kind oder zwei“). Der Bundestagsabgeordnete (Adi Hrustemović) hat eine zwiespältige Rolle. Man weiß nicht, ob er Kinder hat oder nur sagt, dass er welche hätte, um sich beliebt zu machen. Christopher Heisler spielt den engagierten Vater von Henry, der zwar nicht zu sehen, aber anscheinend immer dabei ist. Heislers Kostüm ist übersät von Teddybären und er scheint engagiert zu sein, wenn nicht sogar überengagiert („Sollen wir in dieser Wellnessbude lieber in die Sauna oder ins Kinderkino“).

Das Stück ist eine gute Satire und die Dialoge zwischen den Charakteren sind pointiert. Klar, es ist klischeehaft, aber was soll‘s, denn die Personen könnten einem im wirklichen Leben begegnen. Die Frage nach dem Kinderkriegen (dürfen wir in diese Welt noch Kinder setzen) und der richtigen Erziehungsmethode (Prinzipien!) sorgt für stetigen Output im Ratgebersegment.

Die Bühne wird effektiv genutzt, die rampenähnlichen Bauteile können so schnell zu einem ICE-Abteil oder zu einem Wellnesshotel umfunktioniert werden. Hinzu kommt die digitale Welt auf die Leinwand. Hier sind der Dortmunder Sprechchor und Marlena Keil zu sehen.

Am Ende sind wir nicht schlauer, eine Handlungsempfehlung kann es auch schlecht geben, aber wir haben uns gut unterhalten über die Nöte und Sorgen von Menschen mit und ohne Kinder.

HIP TAP PROJECT – Ein Theater in Bewegung

Es tut sich was im Fletch Bizzel! Einige Premieren konnten schon stattfinden und jetzt stand sogar ein Mini-Festival auf dem Programm.

Das Theater Fletch Bizzel, in Kooperation mit der Kulturwerkstatt Fletch Bizzel, den Kulturbrigaden und dem Kulturrucksack Dortmund hat ein ‚bewegtes‘ Wochenende erleben können. Im ausverkauften Haus klatschten, stampften, tanzten, steppten und strahlten die internationalen Künstler:innen des „HIP TAP PROJECT“ von Freitag bis Sonntag im ganzen Haus.

Daniel Luka, der vielseitiger Performer und Choreograf, der mit hochkarätigen Künstler:innen der internationalen Tanz-und Musikszene zusammenarbeitet, war mit der international renommierten Pariser Companie ‚Hip Tap Project‘ zum ersten Mal zu Gast in Dortmund.

Tap Dance auf höchsten Niveau gab es im Fletch Bizzel. (Foto: © Kulturbrigaden)
Tap Dance auf höchsten Niveau gab es im Fletch Bizzel. (Foto: © Kulturbrigaden)

Es war das Ergebnis einer Begegnung im Netz zwischen der neuen Leiterin des Hauses und dem Tänzer. Rada Radojcic suchte während des Lockdowns einen guten, online unterrichtenden Stepplehrer.

Herausgekommen ist dabei ein Live Programm für das Theater Fletch Bizzel. „BOOM TCHAK!“ heißt das Ganze und Tap Dance, Hip Hop, Body Percussion, Schlagzeug und Kontrabass verschmolzen zu einer f Performance auf der Grenze zwischen Bühnen-Show und Konzert.

Das Publikum war begeistert und sie klatschten, klopften und summten so ausgelassen mit, dass man die aktuellen Krisenmeldungen für einen kurzen Moment hinter sich lassen konnte.

Leela Petronio, Daniel Luka, Jep Meléndez, Ludovic Tronché und Bruno Rousselet boten eine wunderbar professionelle Show, die trotzdem große Publikumsnähe und eine heitere Intimität zuließ. Das Fletch Bizzel wurde zu einem kleinen, bunten und friedvollen Tanzort. Die Kurse am Sonntag wurden gut angenommen – und Beine wurden geschüttelt, Körper geklopft und konzentriert geklatscht, was das Zeug hielt.

Noch zu erwähnen ist die besondere Gelegenheit die sich für auch für Kinder und Jugendliche bot und eine große Resonanz hatte. Bei KIDZ UND TEENS konnten, Dank der Förderung des Kulturrucksacks der Stadt Dortmund, alle Kinder am Samstag an den kostenlosen Körper- & Tanz-Workshop „Booster your Body“ teilnehmen.

Text von Theodor Freima

Die fantastische Reise der Kinder des Sultans

Am 20.03.2022 war es endlich so weit. Die wegen einer Corona-Erkrankung verschobene Uraufführung von „Die Kinder des Sultans“ (Fantastische Oper in neun Szenen) von Avner Dorman (Libretto Ingeborg von Zadow) konnte in der Oper Dortmund stattfinden.

Es handelt sich um ein Auftragswerk der hiesigen Oper im Rahmen einer Kooperation der Jungen Oper Rhein-Ruhr. Die musikalische Leitung hatte Christoph JK Müller.

Die bekannten Sänger*innen der Dortmunder Oper brachten neben ihren starken Stimmen eine gehörige Portion Spielfreude mit, obwohl durch die Erkrankung von Hyona Kim (Tante, Kamel) Ruth Katharina Peeck (Junge Oper) helfend einspringen musste.

Zum Schluss gibt es ein großes Fest: (v.l.n.r.) Youngbin Park (Wasserverkäufer), Morgan Moody (Onkel), Denis Velev (Sultan), Sooyeon Lee (Fadeya), Santiago Sánchez (Taseh), Natascha Valentin (Wahrsagerin) Foto: (c) Anke Sundermeier, Stage Picture
Zum Schluss gibt es ein großes Fest: (v.l.n.r.) Youngbin Park (Wasserverkäufer), Morgan Moody (Onkel), Denis Velev (Sultan), Sooyeon Lee (Fadeya), Santiago Sánchez (Taseh), Natascha Valentin (Wahrsagerin) Foto: (c) Anke Sundermeier, Stage Picture

Die Geschichte: Die Zwillinge Fadeya (Sooyeon Lee) und Taseh (Fritz Steinbacher), bisher mit ihrer Mutter Constanze in einer modernen westlichen Welt aufgewachsen, machen sich auf eine große Reise. Sie wollen endlich ihren Vater, den Sultan von Sultanien kennenlernen und viele Fragen stellen. Auf ihren abenteuerlichen Weg müssen sie sich nicht nur fremdem Gebräuchen und Menschen stellen, sondern begegnen auch Dämonen in Form einer hungrigen Riesenschlange, einem reißenden Fluss sowie einer scheinbar unüberwindbaren Wand. Hilfe und Unterstützung bekommen sie vor allem von einem Kamel (verwandelte Tante). Während ihr neidischer und intriganter Onkel (mit viel Spaß gesungen und gespielt von Morgan Moody) verhindern will, dass sie zum Palast zu ihrem traurigen und einsamen Vater (Denis Velev) gelangen. Begleitet wird das Geschehen von einer Wahrsagerin (Natascha Valentin) und dem Wasserverkäufer (Youngbin Park).

Ein großes Kompliment an Tatjana Ivschina für die bunten und fantasievolle Kostüme sowie eindrucksvolle Bühnenbilder und Effekte. Die Musik war abwechslungsreich, rhythmisch mit orientalischen anmutenden Elementen und eindrucksvollen Klangwelten.

Hoffnungsvoll optimistisch im Fall des „Kamel-Songs“ (Wer ein Kamel als Freund hat)

Das „Lied der Eltern“ (Aus zwei Welten kommen wir) ist ein Statement für mutige Offenheit gegenüber „dem Fremden“ und Zusammenhalt.

Außerdem zeigt diese Oper (ab 8 Jahre), wie wichtig es ist, Freunde zu finden und auch in schwierigen Situationen nicht aufzugeben.

Der Dortmunder der Opernchor unter Leitung von Fabio Mancini spielte wieder einmal eine bedeutende Rolle als „Volkschor“ oder zur Darstellung des reißenden Flusses.

Informationen zu weiteren Aufführungsterminen erhalten Sie wie immer unter www.theaterdo.de oder 02321/50 27 222

Emotionales Philharmonisches Konzert

Das 7. Philharmonische Konzert am 15. und 16. März 2022 trug ursprünglich den Namen „Mütterchen Russland“. Jedoch überfiel Russland am 24. Februar 2022 die Ukraine und somit war den Verantwortlichen klar, dass das Programm überarbeitet werden musste.

Klar war aber auch, dass die russischen Komponisten Peter Tschaikowsky und Modest Mussorsgky nicht für den Krieg gegen die Ukraine verantwortlich sind. Generalmusikdirektor Gabriel Feltz betonte vor dem Konzert, dass russische Kultur ein Pfeiler der europäischen Kultur sei. Damit hat er recht, denn ohne die russischen Komponisten oder Schriftsteller wäre unsere Kultur ärmer.

Pianist Kit Armstrong überzeugte beim Klavierkonzert von Tschaikowsky. (Foto: ©Photo: Marco Borggreve)
Pianist Kit Armstrong überzeugte beim Klavierkonzert von Tschaikowsky. (Foto: ©Photo: Marco Borggreve)

Doch die aktuellen Ereignisse erforderten Programmänderungen. Gleich zu Beginn erklang die ukrainische Nationalhymne, komponiert von Mychajlo Werbyzkyi. Hierbei wurden die Philharmoniker unterstützt von Oleh Lebedyev und Demian Matushevskyi vom Opernstudio NRW und Mitgliedern des Opernchors.

Danach stand das berühmte Klavierkonzert Nr.1 in b-Moll von Peter Tschaikowsky auf dem Programm. Die berühmten Klavierakkorde sind auch nicht Klassikfans ein Begriff, die Älteren kennen sie als Titelmelodie von „Notizen aus der Provinz“ von Dieter Hildebrandt aus den 70er Jahren. Tschaikowskys Freund und Pianist Nikolaj Rubinstein fand es „armselig“ und unspielbar. Dass es durchaus spielbar ist, zeigte Solist Kit Armstrong eindrucksvoll.

Die Musik im ersten Satz ist sehr majestätisch, während im zweiten Satz die Naturbeschreibungen im Vordergrund stehen. Der dritte Satz verlangte wegen der Läufe und Sprünge wieder vom Solisten enormes Können.

Nach der Pause erklang „Bilder einer Ausstellung“ von Modest Mussorsgky im Arrangement von Maurice Ravel. Eine weitere Besonderheit: Zwischen dem 9. und 10. Bild wurde die Ouvertüre zur Oper „Taras Bulba“ des ukrainischen Komponisten Mykola Lyssenko gespielt. Das Stück „Bilder einer Ausstellung“ ist reine Programmmusik. Mussorsgky versucht, die gesehenen Bilder in Musik umzuwandeln. Ein Ankerpunkt ist die „Promenade“, die den Betrachter darstellt, wie er von Bild zu Bild wandert. Die Musik ist sehr divers, vom bedrohlich-linkischen „Gnomus“ über fröhliche Kinder, die umhertollen in „Tuileries“ bis hin zum düsteren „Katakomben“.

Wegen der schrecklichen Ereignisse in der Ukraine war das 7. kein gewöhnliches Philharmonisches Konzert, doch zeigte es auch die verbindende Kraft der Musik.

Dortmunder U mit spannendem Programm 2022

Bei der Jahrespressekonferenz am 15.03.2022 wurde das neue Programm des Jahres 2022 mit den beteiligten Ansprechpartner*innen auf den sieben Ebenen vorgestellt. Diese arbeiten zusammen an veränderten Strukturen und haben gemeinsam eine Reihe spannender Plänen und Projekten erarbeitet.

Der Leiter des Dortmunder U, Stefan Heitkemper, hat eine künstlerische Leitungsgruppe aus den Direktor*innen und Leiter*innen aus den verschiedenen Institutionen etabliert. Dazu gehören neben Dr. Florence Thurmes und Regina Selter (Museum Ostwall), Dr. Inke Arns (HMKV), Miriam Gaffran und Judith Brinkmann (UZWEI), Harald Opel (storyLab kiU der FH Dortmund), Prof. Dr. Barbara Weizel (Campus Stadt der TU Dortmund), Adolf Winkelmann (Künstler und Erfinder der Fliegenden Bilder), Nadine Haneman (Leiterin Marketing und Veranstaltungsmanagement), Christina Danick (Ausstellungsmanagement) sowie Daria Jaranowska (Leiterin „Digitale Kultur“). Heitkemper selbst ist für die Ressourcen, Moderation und Prozessgestaltung zuständig.

Die Verantwortlichen für das Dortmunder U und die einzelnen Etagen: (v.li.) Dr. Inke Arns (Direktorin HMKV), Künstler Adolf Winkelmann, Harald Opel (Leiter storyLab kiU der FH Dortmund), Daria Jaranowska (Leiterin „Digitale Kultur“), Regina Selter (Direktorin Museum Ostwall), Nadine Hanemann (Leiterin Marketing und Veranstaltungsmanagement), Stefan Heitkemper (Leiter Dortmunder U), Dr. Florence Thurmes (Direktorin MO), Mirjam Gaffran (Leiterin UZWEI) und Prof. Dr. Barbara Welzel (wissensch. Leiterin Campus Stadt der TU Dortmund). Foto: Roland Gorecki, Dortmund Agentur
Die Verantwortlichen für das Dortmunder U und die einzelnen Etagen: (v.li.) Dr. Inke Arns (Direktorin HMKV), Künstler Adolf Winkelmann, Harald Opel (Leiter storyLab kiU der FH Dortmund), Daria Jaranowska (Leiterin „Digitale Kultur“), Regina Selter (Direktorin Museum Ostwall), Nadine Hanemann (Leiterin Marketing und Veranstaltungsmanagement), Stefan Heitkemper (Leiter Dortmunder U), Dr. Florence Thurmes (Direktorin MO), Mirjam Gaffran (Leiterin UZWEI) und Prof. Dr. Barbara Welzel (wissensch. Leiterin Campus Stadt der TU Dortmund). Foto: Roland Gorecki, Dortmund Agentur

Im Jahr 2022 will das Dortmunder U unter anderem sein Profil als Haus der digitalen Kunst und Kultur und Experimentierfeld für neue digitale Technologien schärfen.

Daneben sind Diversität, Demokratie, kulturelle Bildung, Generationsgerechtigkeit, Umwelt (Klima) und Partizipation wichtige Leitpfeiler. Auch Kontakte zu Kooperationspartnern in der Stadtgesellschaft sind von Belang.

Bei der großen Sonderausstellung „Flowers!“ des Museum Ostwall vom (30. April bis 25. September 2022) ist zum Beispiel der Botanische Garten Dortmund beteiligt und wird den Vorplatz zum „Erblühen“ bringen. Unter dem Titel „Blumen in der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts“ wird sich mit dem Thema in verschiedener Art analog sowie digital auseinandergesetzt. Dabei geht es sowohl um die Schönheit wie Zerstörung.

Die Bedrohung der Umwelt (gerade in diesen Kriegszeiten) beleuchtet Adolf Winkelmann mit seiner Arbeit „Die Wiese wackelt“!

Mit der Ausstellung #Kunstblumen =6.=5-26.06.22) bringt sich der Campus Stadt der TU Dortmund in das große Blumenfest ein. Während der „Flowers!“-Ausstellung

präsentieren auf der Hochschuletage (U1) junge Künstler*innen aus Grafik, Malerei, Fotografie und Plastik einen diversen „Garten“ von unterschiedlichen Positionen und künstlerischen Formen.

Mit „House of Mirrors. Künstliche Intelligenz als Phantasma“ beschäftigt sich eine Ausstellung des HMKV (Hardware Medien Kunstverein) vom 09. April bis 21. Juli 2022 mit Klischees über Künstliche Intelligenz. Die „KI“ wird schließlich von Menschen entwickelt, die zum Beispiel auch ihre Vorurteile einbringen können, oder die Frage nach dem Zurückgewinnen von Handlungsmacht.

Vom 3. September 2022 bis 15. Januar 2023 geht es auf der UZWEI bei der Ausstellung „Digitale Welten“ um die fantastischen Möglichkeiten erweiterter Realitäten.

Neu im U ist der „Immersive Raum“ im hinteren Foyer im Erdgeschoss. Bei diesem einzigartigen Forschungs- und Entwicklungsprojekt können Besucher*innen ab April 2022 in virtuelle Kunstwelten eindringen und in Dialog mit Kunstwerken beispielsweise aus dem Museum für Kunst und Kulturgeschichte (MKK) und vieles mehr treten.

Entwickelt wird es vom story.Lab kiU der Fachhochschule Dortmund in Kooperation mit dem MO und dem MKK.

Allein fünf Projektoren ermöglichen den Besucher*innen die Erfahrung einer stetig wachsenden Welt aus ausgeklügelten Interaktions- und Soundelementen.

Der immersive Raum ist Ergebnis des Projekts „page21“.

Das beliebte Mapping auf der Fassade des Dortmunder U wird ab Mitte Mai 2022 zum 50. Geburtstag der FH Dortmund auf der Vorderseite des Hauseszurückkehren.

vox clamantis – Ein Chorabend mit Gregorianik und Pärt

Es kommt sehr selten vor, doch ich als Atheist muss sagen: Bei dem Konzert von Vox Clamantis aus Estland wäre ich gerne in einer Kirche gewesen. Nichts gegen das Reinoldihaus, es ist wirklich ein wunderbarer Ort für Musikaufführungen geworden, doch die Chormusik aus Gregorianik bis Arvo Pärt gehört einfach in eine Kirche, in der sie ihre akustische Kraft voll entfalten kann. Dennoch konnten die Mitglieder von vox clamantis am 11.März 2022 die Zuhörerinnen und Zuhörer von ihrer Stimmgewalt befreien.

Im Mittelpunkt stand die „Missa syllabica“ von Pärt aus dem Jahre 1977, das bis auf das „Gloria“ aufgeführt wurde. Flankiert wurde es von gregorianischen Gesängen, eines der musikalischen Vorbilder Pärts. Daneben erklang Musik von Pérontin (1160-1230) und Guillaume de Machaut (1300-1377), die die liturgischen Gesänge weiterentwickelt haben. Vor allem Machaut war als „Avantgardist“ stark an der Entwicklung der „ars nova“ beteiligt, die den mehrstimmigen Gesang auf ein neues Niveau hob.

vox clamantis, unter der Leitung von Jaan-Eik Tulve, faszinierte mit früher Chormusik. (Foto: © Bülent Kirschbaum)
vox clamantis, unter der Leitung von Jaan-Eik Tulve, faszinierte mit früher Chormusik. (Foto: © Bülent Kirschbaum)

Die Mischung zwischen der sehr alten Musik und Pärt (sowie ein Stück von Cyrillus Kreek) war sehr spannend zu erleben, vor allem, wie Pärt sich der frühen Chormusik angenähert und zur Meisterschaft entwickelt hat.

Der Chor bekam den verdienten Applaus und gab noch zwei Zugaben, darunter Pärts Stück „Drrei Kinder aus Fatima“.