Neuer Blick auf afrikanische Kunst

Spannende und vor allem neue Einblicke in die afrikanische Kunstszene erwarten die Besucher der neuen Ausstellung im Dortmunder U. Konzipiert von der renommierten Kuratorin Nana Oforiatta Ayim zeigt sie historische und zeitgenössische Kunst aus Ghana. Unter dem Ausstellungstitel „The Museum as Home“ stellt die Kuratorin große Fragen an sich und die Besucher. Wie steht es mit der Restitution gestohlener, enteigneter Kunstwerke und Objekte? Wie ist das heutige Verhältnis der Europäer zum afrikanischen Kontinent? Sind die kolonialen Vorurteile überwunden? Wie kommen die verschiedenen schwarzen und weißen Communities ins Gespräch? Können wir das auf Augenhöhe schaffen? Wie muss ein Museum aussehen, um passend für die afrikanischen Kunstwerke zu sein?

Die letzte Frage beschäftigt Ayim seit Jahren in dem von ihr gegründeten ANO Institut of Arts and Knowledge. Von dort versucht sie panafrikanische Perspektiven außerhalb ihres Kontinents zu etablieren. Im Zuge dieser Recherche hat sie eine Art Roadshow mit einem mobilen Museum entwickelt. Eine modulare, zerlegbare Bambusstruktur beherbergt die verschiedenen Kunstwerke und dient so als verbindendes Konzept einer Ausstellung. Diese Konstruktionen wurden durch den Architekten DK Osseo-Asare speziell entwickelt, er nennt sie Fufuzelas. Sie sind nun auch essenzieller Bestandteil der Dortmunder Ausstellung.

Ausstellung EFIE “ The Museum as Home“ im Dortmunder U. Kuratorin Nana Oforiatta Ayim führt durch die Ausstellung. (Foto: © Anja Cord)

„Wer das Museum und die darin beherbergten Werke als Teil von sich selbst begreift, nicht als Raum mit eigenen Codes und Zwecken, entwickelt ganz andere Gefühle gegenüber den Werken. Wir betrachten die Objekte nicht als tote Gegenstände, für uns haben sie eine Seele“, sagt Ayim.

Die Ausstellung zeigt Arbeiten von Na Chainkua Reindorf, Afroscope, Kwasi Darko, Diego Araúja, Kuukua Eshun, Rita Mawuena Benissan und Studio Nyali.

Gezeigt werden begehbare Installationen, Fotoarbeiten, Skulpturen, historische Objekte aus verschieden europäischen Museen und Videoarbeiten.

Ein besonderes Werk der Schau ist die Arbeit Sovereignty von El Anatsui. Sein Wandobjekt aus plattgeklopften Flaschenverschlüssen strahlt Kraft und Selbstvertrauen aus. Der etablierte Künstler wird als Godfather der ghanaischen Kunst bezeichnet und hat mit seinen, auf dem weltweiten Kunstmarkt gehandelten, Werken den Weg für die nächste Künstlergeneration geebnet.

Nachdenklich macht der Film von Nii Kwate Owoos „ You hide me“. 1970 filmte er im Depot des British Museum Regale voller Raubkunst und forderte schon damals die Restitution dieser Objekte. Dass auch nach 50 Jahren diese Aufgabe nur bruchstückhaft geschafft ist, fühlt sich etwas beschämend an.

Künstler der Ausstellung EFIE im Dortmunder U. re. Kuratorin Nana Oforiatta Ayim. v.li. Kwasi Darko, dann Dolmetscherin) , Diego Araúja, Kuukua Eshun, Na Chainkua Reindorf (Foto: © Anja Cord)
Künstler der Ausstellung EFIE im Dortmunder U. re. Kuratorin Nana Oforiatta Ayim. v.li. Kwasi Darko, dann Dolmetscherin) , Diego Araúja, Kuukua Eshun, Na Chainkua Reindorf (Foto: © Anja Cord)

Nana Oforiatta Ayim erläuterte mir, dass die afrikanischen Künstler nicht auf der Suche nach ihrer Identität seien, sondern auf dem Weg diese ureigene Identität stärker und lauter zu artikulieren.

Das Dortmunder U bietet ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Filmen, Diskussionsrunden, Livekonzerten, Kunstkursen und Workshops.

Die Ausstellung läuft vom 10. Dezember bis zum 6. März 2022.




Musikalische Orientfantasien beim 4. Philharmonischen Konzert

Das 4. Philharmonische Konzert im Dortmunder Konzerthaus widmete sich am 07. und 08.12.2021 unter dem Titel „Orient und Okzident“ musikalischen Orientfantasien.

Auf dem Programm stand zunächst das Konzert für Violine und Orchester Nr. 5 A-Dur KV 219 „Türkisches“ von Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1791) und die Sinfonische Suite op. 35 „Sheherazade“ von Nikolai Rimski-Korsakow (1844 -1908).

Als dynamischer Dirigent für die bestens aufgelegte Dortmunder Philharmoniker agierte Francesco Angelico (GMD des Hessischen Staatstheater Kassel).

Im 18./19. Jahrhundert kam das, was damals als „türkische Musik“ galt und durch kriegerische Auseinandersetzungen mit dem Osmanischen Reich bekannt wurde gerade groß in Mode. Diese waren gekennzeichnet durch schrille Blasmusik der Militärkapellen, lauten Schlagzeugen und rhythmischen Märschen. Es war aber auch der fremdartige Reiz der orientalischen geheimnisvollen Geschichten, die das europäische Interesse weckte. Ars tremonia war beim Konzert am 07.12.2021 anwesend.

Begeisterte als Solistin beim „Türkischen“ Konzert von Mozart: Arabella Steinbacher. (Foto: © Sammy Hart)
Begeisterte als Solistin beim „Türkischen“ Konzert von Mozart: Arabella Steinbacher. (Foto: © Sammy Hart)

Als Solistin für Mozarts Konzert für Violine und Orchester zeigte die renommierte Arabella Steinbacher ihr vielseitiges Können und Feingefühl an ihrem Instrument.

Gleich nach der Orchestereinleitung kommt dies nach einem überraschenden Allegro aperto („offenen“ Allegro) schon zu Geltung. Auf dem ersten heiteren Satz folgt der ausgreifende melancholische zweite Satz (Adagio) in der seltenen e-Moll Tonart.

Der dritte „türkische“ Rondosatz beginnt mit galantem Menuett-Tempo, wechselt dann aber schnell in romantische Moll. Dann ändert sich der Satz vollständig mit einem derben türkischen Marsch mit starken Akzenten und exotisch anmutender Harmonie. Nach diesen orientalischen Einsprengseln folgt nach einem ausgedehnten Violinsolo das musikalische Geschehen wieder beim Menuetto.

Das Publikum ließ die Gast-Solistin nicht ohne eine Zugabe (Sergej Prokofjew) von der Bühne gehen.

Nach der Pause folgte die Sinfonische Suite op.35 von Rimski-Korsakow. Sheherazade liegen Erzählungen aus der Sammlung „Tausendundeine Nacht“ zugrunde. Dabei geht es um die kluge persische Königin Scheherazade, die mit unterbrochenen spannenden Erzählungen ihren von Frauen enttäuschte Mann am ende besänftigt und sein Vertrauen gewinnt.

Das spiegelt sich auch in den vier Sätzen wider. Das volle Orchester konnte hier von Beginn an sein großes Können zeigen. Es führte das Publikum im ersten Satz „Allegro non troppo – (Das Meer und Sinbads Schiff) in ein wellenartig ansteigenden musikalischen Rausch. Die folgende Sätze sind mal tänzerisch festlich, dann wieder aufbrausend anschwellend. Die Solovioline (Alexander Prushinsky) übernahm (oft in Zusammenarbeit mit der Harfe (Renske Tjoelker) oder den anderen Streichern die „Rolle“ der Sheherazade, während die Bläser, Kontrabässeo der Pauken den „noch nicht besänftigten“ persischen Sultans symbolisierten. Auch die Querflöte, Oboe, Klarinette oder dem Fagott verzauberten das Publikum mit wunderschönen Soli.

Nach dem grandiosen Finale mit Schiffbruch (Sindbads Schiff zerschellt am Magnetberg) und dem am Ende „besänftigten Sultan“ wurden die beteiligten Akteure mit viel Applaus belohnt.




Ein Land, zwei Systeme – Fotoausstellung zu Hongkong

Die britische Kronkolonie Hongkong wurde 1997 an China zurückgegeben. Das Versprechen war, Hongkong in eine Sonderverwaltungszone umzuwandeln, mit einem hohen Maß an Autonomie. Doch bald fing die VR China an, diese Autonomie zu untergraben, was 2014 zur Regenschirmbewegung und 2019 zu Massenprotesten führte. Das Künstlerhaus Dortmund zeigt vom 11. Dezember 2021 bis zum 23. Januar 2022 die Ausstellung „One country – two images“. Neun Fotografinnen und Fotografen zeigen persönliche Ansichten aus Hongkong und natürlich auch Bilder der politischen Bewegungen.

Es machen mit Pierfrancesco Celada, Volker Heinze, Sabine an Huef, Marc Pearson, South Ho Siu Nam, Roman Wilhelm, Michael Wolf, Paul Yeung und Vincent Yu. Pearson, der eigentlich Investmentbanker ist, hat eine Fotoserie über übermalte Parolen gemacht. Die Wände oder andere Orte bekommen durch das Übermalen wieder eine ganz andere Ästhetik. Celada nahm die „Instagram-Pier“ ins Visier und fotografierte Menschen, die den Ort nutzen, um sich auf Instagram zu inszenieren.

Natürlich gibt es auch Fotos über die Proteste 2019, die zeigen, dass der Protest von einem Querschnitt der Bevölkerung getragen wird, da laufen bei Demonstrationen Banker neben Studenten.

Eine Assemblage zeigt Sabine an Huef, die sich mit der Shanzai-Philosophie beschäftigt hat. In der westlichen Welt wird das Kopieren ja verdammt, aber in anderen Kulturen gilt das Nachmachen als durchaus positiv. Denn erst, wenn man etwas exakt kopiert hat, kann man sich daranmachen, es zu verbessern.

Zusätzlich präsentiert die Ausstellung 29 Fotobücher über Hongkong, davon allein 17 vom verstorbenen Fotografen Michael Wolf.

Die Fotoausstellung ist für alle spannend, die sich mit der politischen Situation in Hongkong etwas auseinandersetzen wollen oder einfach einen anderen Blick auf die Stadt und die Menschen bekommen möchten. Passend dazu stehen bei den Arbeiten Zitaten, die den kulturellen Kontext und die besondere Identität zu beschreiben und zu unterstützen versuchen.

Öffnungszeiten der Ausstellungen (wenn nicht anders angegeben): Donnerstag – Sonntag 16 – 19 Uhr. Bitte beachten Sie: Das Künstlerhaus ist vom 23.12.21 bis 5.1.22 geschlossen.