Mäusekens Sehnsucht nach einem Mäuserich

Die Kulturbrigaden haben unter der Regie von Kathrin Brunner im Dortmunder Theater Fletch Bizzel am 07.11.2021 passend zur Vorweihnachtszeit das Puppenspiel „Mäuseken Wackelohr“ (ab 4 Jahren nach der Fabel von Hans Fallada) als Premiere auf die Bühne gebracht.

Alle Puppen im Stück wurden mit viel Engagement, Witz und Empathie von Bettina Stöbe geführt, gesprochen, gesungen und gespielt. Mitgespielt hatte sie unter anderem schon bei der Produktion „Piratenmolly Ahoi“.

Musikalisch begleitet wurde die Geschichte am Piano stimmungsvoll weihnachtlich oder dramatisch wie in einem Krimi von Dixon Ra (Musikalischer Leiter).

Happy End. Mäuseken und Mäuserich sind zusammen. (Foto: © Kulturbrigaden)
Happy End. Mäuseken und Mäuserich sind zusammen. (Foto: © Kulturbrigaden)

Auf drei flexibel drehbaren Gestellen auf Rädern waren liebevoll drei kleine Häuser aufgebaut. Die ließen sich nach Bedarf festlich beleuchten und in einem war sogar ein winziger Aufzug eingebaut, mit dem Mäuseken auf und ab fahren konnte.

Die Story spielt um die Weihnachtszeit und das Mäuseken Wackelohr fühlt sich besonders alleine und sehnt sich nach einem liebevollen Mäuserich. Den Namen Wackelohr bekam sie übrigens nach einer Attacke einer gefräßigen Hauskatze. Plötzlich sieht Mäuseken auf der anderen Straßenseite einen coolen Mäuserich, in den sie sich verliebt. Wie aber über die Straße gelangen, ohne von der Katze gefressen zu werden? Vermeintliche und nicht uneigennützige Hilfe bietet eine Ameise an. Wirkliche Unterstützung bekommt sie aber von ein einer Taube…

Am Ende sangen und tanzten Mäuseken und Mäuserich noch zwei coole Weihnachts-Raps.

Eine zauberhafte Geschichte für „kleine und große Kinder“ um die Macht der Liebe und über falsche, beziehungsweise richtige Freunde.

Weitere Aufführungstermine:

So. 05. Dezember, 11:00 und 15:00 Uhr

Mi. 15. Dezember, 10:00 Uhr

Mi. 22. Dezember, 10:00 Uhr

Eintritt: 8€

Mehr Informationen unter www.fletch-bizzel.de




Eine Frage der Gerechtigkeit – besser ist besser – oder nicht?

Wie bemisst man die Leistung einer Schauspieler*in oder einer Performer*in? Wer mehr Applaus bekommt, bekommt auch mehr Geld? Wäre das gerecht oder öffnet diese Methode nicht noch mehr Missbrauch. Die Theatergruppe „i can be your translator“ fragt in ihrem neuen Stück „besser ist besser“ nach der Gerechtigkeit von Bezahlung. Die Dortmunder Premiere fand am 06. November 2021 im Theater im Depot statt.

Das Besondere an der Theatergruppe „i can be your translator“ ist, dass drei ihrer Mitglieder „challenged people“ sind, wie es mein Kollege Gerd Wüsthoff in der Vorbesprechung nannte und was ich gerne übernehmen will. Denn es geht darum, wie werde ich bewertet, wenn ich bestimmte Aufgaben meistere. Dafür hat sich die Gruppe eine Art Wettkampf ausgedacht. Die Bühne ist grandios gestaltet. Es gibt im hinteren Bereich einen Boxring und passend dazu tragen alle sieben Spieler*innen eine schwarze Boxhose. Dazu hängen oben große Porträts von ihnen als Gelduhr. Das Motto ist klar: Im Topf sind mehrere tausend Euro Abendgage. Es soll nach erbrachter Leistung bewertet werden und das Publikum entscheidet. Das entscheidende Kriterium ist die Lautstärke des Applauses.

Das Ensemble von " i can be your translator" bei den Proben zum Stück.(Foto:© Louisa-Marie Nübel)
Das Ensemble von “ i can be your translator“ bei den Proben zum Stück.(Foto:© Louisa-Marie Nübel)

Neben einer Aufwärmrunde führte der Moderator die Teilnehmer*innen durch zwei Hauptrunden und einer Finalrunde. Dabei wurden Dinge veranstaltet wie Tanzen, Emotionen zeigen (vor Publikum weinen) oder mit einer lachenden Maske am Bühnenrand stehen. Nach jeder Hauptrunde wurde die Lautstärke des Publikumsapplauses für jeden Teilnehmer in Geld umgerechnet.

Was kam heraus? Die drei „challanged“ Mitglieder wurden mit deutlich mehr Geld bedacht und landeten auf den ersten drei Plätzen. Ist das gerecht den anderen vier gegenüber? Gab es einen Mitleidbonus?

Mitnichten, denn ich bin davon überzeugt, dass die Umrechnungen Fake waren und es eigentlich um etwas anderes ging. Denn zum Schluss sagte Linda Fisahn, eine der Spieler*innen, im Nebensatz: „Wenigstens kann ich das Geld behalten, in der Behindertenwerkstatt würden sie mir das wegnehmen“. Wussten Sie, dass der Stundenlohn in einer Behindertenwerkstatt bei 1,35 € liegt („Stern“ vom 23.04.2021)? Das wären 200 € im Monat bei einer Vollzeitstelle. Ist das gerecht?

Daher macht das Stück bei all seiner Komik, die es in sich trägt, auch sehr nachdenklich. Lis Marie Diehl, Linda Fisahn, Christian Fleck, Julia Hülsken, Lina Jung, Christoph Rodatz, Christian Schöttelndreier und Laurens Wältken zeigen wie ungerecht es bei der Bezahlung zugehen kann.




5G – Superhelden auf verzweifelter Mission

Eine ungewöhnliche Premiere gab es am 04. November 2021 im Studio des Schauspielhauses. „5G – Die Rückkehr der Superheld*innen“. Eine Stückentwicklung des Regie-Teams unter Dennis Duszczak und den Schauspielern Anton Andreew, Linus Ebner, Lola Fuchs und Sarah Yawa Quarshie.

Superhelden wie wir sie kennen, gibt es seit etwa 100 Jahren. Lassen wir die antiken Hilden wie Herkules außen vor, gehören sie zur Comic-Kultur wie Enten und Mäuse aus dem Hause Disney. Superman war der erste Superheld mit Kostüm, Hintergrundgeschichte und Schwächen. Danach kamen seine Kollegen wie Spiderman, Batman und sicher hunderte andere. Inzwischen sind sie präsent im Kino in unzähligen Filmen und prägen die Pop-Kultur.

Lana (Sarah Yawa Quarshie), die Fliege (Anton Andreew), Asha (Lola Fuchs) und Lapsus of Light (Linus Ebner) wirken ratlos. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Lana (Sarah Yawa Quarshie), die Fliege (Anton Andreew), Asha (Lola Fuchs) und Lapsus of Light (Linus Ebner) wirken ratlos. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Doch die Dortmunder Superhelden sind anders. Sie können nicht fliegen oder sich an Spinnenfäden herunterhangeln, sie haben andere, spezielle Fähigkeiten. Da wäre Lana, die sich so vorstellt: „Ich bin Lana Morello und ich gehe jedes Risiko ein.“ Sie ist Influenzerin und Netzaktivistin und hat durch die Schwarmintelligenz die Fähigkeit erworben, Gedanken zu lesen. „Am Ende aller Tage werden das Recht und die Freiheit auf meiner Seite sein. Denn es gibt viele, die mir folgen, die so denken wie ich, denn sie denken durch mich. Meine Gedanken sind ihre Gedanken.“

Während Lana also eine Mission hat, sieht es bei Lapsus of Light (LOL) anders aus. „Ich hasse Recycling und vegane Mülltrennung. Aufräumen? Langweilig! Chaos, das ist das Ziel.Wisst ihr was? Ich lade Euch ein in meine kleine Chaosfamilie und stelle euch meine bezaubernden Verwandten vor“ Er ist eine Art Personifizierung der Spaßgesellschaft. Seine Fähigkeit ist, Menschen in Delfine zu verwandeln.

Das Gegenteil von LOL stellt „Die Fliege“ dar. Während LOL die Welt bunt und fröhlich sieht, steht die “Fliege“ für das Notwendige. „Wir sind die Deadline. Die Ersten bei jeder Katastrophe. Die Ersten bei der Leiche, die Ersten, wenn es ernst wird. Die ersten bei verdorbenen Fraß: Ich vertilge und beseitige.“ Er ist Recyclingspezialist.

Fehlt nur noch ein Superheld und dieser Held hat ein Geheimnis (Achtung! Spoiler), den Asha (kurz für X ASH – A 12) ist der Sohn eines superreichen Unternehmers mit Weltraumambitionen. Wem Tesla einfallt, liegt richtig. Sein geheimer Plan ist es, die Superkräfte der drei zu stehlen und für teures Geld als Produkt auf den Markt zu bringen. „Die Gabe von dem Mann in Lila, Lapsus of Light, Menschen in Delfine zu verwandeln, würde ich analysieren, um daraus die ultimative Droge zu entwickeln. Eine Art Heroin ohne Nebenwirkungen. Den enormen Bestand dieser zukünftigen Droge würde ich dann künstlich verknappen, das Gerücht, dass es etwas Neues auf dem

Markt gibt, bei den richtigen Leuten streuen und sie dann durch Unterhändler teuer im Darknet

verscherbeln. Die Fähigkeit von diesem komischen Typen mit dem S-Fehler, würde ich extrahieren, um ein effizientes Recyclingsystem für den Mars zu entwickeln. Und die Fähigkeit von Lana Morello, Gedanken zu lesen, würde ich schließlich als Marktforschungsinstrument an diverse High Ranking Unternehmen verkaufen.“

So kann man das Stück auch als Kritik lesen, menschliche Bedürfnisse, Fähigkeiten und Notwendigkeiten zu kapitalisieren.

Die vier Akteure auf der Bühne bieten ein grandioses Schauspiel. Anton Andreev hat mit seiner Fliegenmaske und seinem summenden S die Lacher auf seiner Seite. Ebenfalls exaltiert spielt Linus Ebener Lapsus of Light im schicken Lila, während Sarah Yawa Quarshie eine Lana spielt, deren Selbstbewusstsein nur so strahlt. Sie ist auch die einzige Superheldin mit Cape, das macht sie besonders. Lola Fuchs spielt den kühlen Asha als blassen hinterlistigen Elfen.

Ein gelungener Abend, der nicht nur lustig ist oder sich über Superhelden lustig macht, sondern versucht einen Blick in die Zukunft zu werfen: Wie weit lassen sich unsere Wünsche und Fähigkeiten kapitalisieren.

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