Neu-Edition des Klavierwerks von Eduard Wilsing

Mit der Neu-Edition (Dohr-Verlag) des Klavierwerks von dem Komponisten Eduard Wilsing (1809 – 1893) aus Hörde wird ein Komponist der Romantik aus unserer Heimatstadt wieder in das Blickfeld gerückt und gewürdigt. Es ist erstaunlich, dass eine damals noch so kleine Stadt, die erst 1928 nach Dortmund eingemeindet wurde, so einen bedeutenden romantischen Komponisten hervorgebracht hat.

Die kritisch revidierte Edition umfasst acht mehrsätzige Werke Wilsings, die schon von Robert Schuhmann oder Brahms große Wertschätzung erführen.

Bremen, Kulturdezernent Jörg Stüdemann und Gerhard Stranz. (Foto: © Oliver Schäper)
Präsentierten die neue Ausgabe der Klavierwerke des romantischen Komponisten Eduard Wilsing aus Dortmund-Hörde (v.l.nn.r.) Rainer Maria Klaas (künstlerischer Leiter des van-Bremen-Klavierwettbewerbs), Willy Garth (Heimatmuseum Hörde), Pianist Luis Benedict Alfsmann, Maximilian van Bremen, Kulturdezernent Jörg Stüdemann und Gerhard Stranz. (Foto: © Oliver Schäper)

Die Dortmunder Wurzeln Eduard Wilsings reichen bis zu seinem Urgroßvater Johann Gottlieb Preller (1727 – 1786), ein Kantor der Dortmunder Marienkirche. Dessen Enkel, der reformierte Prediger Johann Wilhelm Wilsing, war sein Vater.

Nach dem Abitur auf einem Hörder Gymnasium machte er zunächst eine Lehrerausbildung in Soest. Dann war er Organist und Gesangslehrer in Wesel, bis der Weg ihn nach Berlin führte, wo er wie etwa Felix Mendelssohn Schüler des berühmten Konzertpianisten und Komponisten Ludwig Berger war.

Die neu aufgelegten Klavierwerke gehören alle nachweislich zu Wilsings Werken. Etliche Manuskripte soll der Komponist vor seinem Tod vernichtet haben. Neben den aufgelegten Klavierwerken gehören dazu außerdem eine Sinfonie, Lieder, Kammermusik, diverse Bearbeitungen anderer Komponisten, sowie das Oratorium „Jesus Christus“ und das 16-stimmige Chorwerk „De profundis“.

Willi Garth (Heimatmuseum Hörde) hatte schon 2009 zum 200. Geburtstag des Komponisten eine Lebensbeschreibung erstellt.

Der Dortmunder kulturell engagierte Gerhard Stranz war nach der beeindruckenden Aufführung von „De profundis“ mit vier Chören (bei einem sang Stranz mit) und der Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von GMD Gabriel Feltz 2016 im hiesigen Konzerthaus begeistert von dem Werk Wilsings und war ab da ein eifriger Initiator zur Neuausgabe.

Über Kontakte zu der Ur-Großnichte des Komponisten Ulrike Wilson (lebt in Schottland) führte dazu, dass das Klavierwerk Bestandteil des Dortmunder van-Bremen-Klavierwettbewerbs wurde. In diesem Zusammenhang entstand eine Initiative von den drei Personen Gerhard Stranz, Rainer Maria Klaas (Pianist, künstlerischer Leiter des van-Bremen-Klavierwettbewerbs) und Maximilian van Bremen (Geschäftsführer des Pianohauses van Bremen).

Ziel war es, die Klavierwerke neu herauszugeben und einem breiten Interessentenkreis von jung bis alt zur Verfügung zu stellen und für die Zukunft zu sichern.

Beim Pressegespräch im Pianohaus van Bremen gab der Jung-Pianist Luis Benedict Alfsmann eine Kostprobe aus der abwechslungsreichen Klaviersonate Fis-Dur (op 7) von Wilsing.

Unterstützt wurde das Projekt tatkräftig von der Reinoldigilde zu Dortmund e. V., Werner Richard, Dr. Carl Dörken (Stiftung Herdecke), Sparkasse Dortmund, Kulturbüro Dortmund, Stadtbezirksmarketing Dortmund-Hörde und Ulrike Wilson (Edinburgh).




Kunst im Wald

Der BBK Ruhrgebiet lädt zu einer ganz besonderen Ausstellung ein: Waldspaziergang, so lautet der Titel. Ungewöhnlich ist der Ort, ein Wäldchen beim Kulturhaus Neuasseln und die Möglichkeit des Besuches, denn der Waldspaziergang ist nur an den vier Sonntagen im Oktober im Rahmen einer Führung möglich. Die Ausstellungseröffnung ist am 03. Oktober um 12 Uhr.

Kunstwerke in den öffentlichen Raum oder in die freie Natur zu stellen, ist für eine Künstler*in nicht immer ohne Risiko. Im öffentlichen Raum besteht die Gefahr des Vandalismus, in der freien Natur setzen Wind und Wetter den Kunstwerken zu. Doch es ist auch eine Chance. Denn anders als in einem Ausstellungsraum kann der Besuchende manchen Kunstwerken des „Waldspaziergangs“ sehr nahe kommen oder auch berühren. Dieses haptische Vergnügen macht die Kunst „begreifbarer“. Darüber hinaus werden äußere Einflüsse wie Regen die Kunstwerke verändern oder Tier sie in Besitz nehmen. Das alles ist den Künstler*innen bewusst und manchmal sogar gewollt.

Entdecken Sie die Kunst!? Außergewöhnliche Ausstellung an einem außergewöhnlichen Ort.
Entdecken Sie die Kunst!? Außergewöhnliche Ausstellung an einem außergewöhnlichen Ort.

18 Künstler*innen haben ein oder mehrere Werke in den kleinen Wald platziert. Darunter sind viele Installationen, für die manchmal in der Ausstellungspraxis nicht viel Raum bleibt. Die Freiluftveranstaltung stieß jedenfalls bei den beteiligten Künstler*innen auf Zuspruch.

Der erste Eindruck ist, dass der Wald verzaubert wurde. Und von unterschiedlichen Kreaturen bewohnt wird. Maxie von Schwerin lässt beispielsweise ihre Raupen durch die Äste kriechen, es gibt „Viecher“ und andere Waldbewohner. Bei Ali Reza Javadi bekommen die Bäume kleine Augen, sodass sich die Besucher beobachtet führen können. Wer sich dadurch unwohl fühlt, der wird bei Karin Jessen „gut behütet“, die Künstlerin hat Hutformen aus Papier an einen Baum gehängt. Mit der Frage „Was ist Glück“ beschäftigt sich die Arbeit von Rosa Fehr von Ilten. An Ästen hängen goldene Glückskekse, während unten eine ebenfalls golden glitzernde Survivaldecke liegt, die voller kleiner Regenpfützen ist.

Mit dabei sind: Beate Bach, Karla Christoph, Rosa Fehr von Ilten, H.D. Gölzenleuchter, Christiane Heetmann, Sonja Heller, Jutta Hellweg, Ali Reza Javadi, Karin Jessen, Anette und Lukas Lenzing, Heide Möller, Tanja Melina Moszyk, Monika Pfeiffer, Barbara Ring, Solmund Rita Schnell, Claudia Terlunen, Maxie von Schwerin und Eva Witte Mante.

Das war nur ein kleiner Ausschnitt aus dem Ausstellungsprogramm, denn es lohnt sich auf jeden Fall, den Weg Richtung Asseln zu machen, um alle Kunstwerke zu betrachten. Aber, wie erwähnt, nur zu bestimmten Zeiten:

Am 03, Oktober um 12 Uhr mit einer Einführung von Dr. Bernd Gülker, die weiteren Termine sind am 10., 17. Und 24. Oktober 2021 jeweils von 14:00 bis 14:45, 14:45 – 15:30 und 15:30 bis 16:15.

Das Wäldchen befindet sich neben dem Kulturhaus Neuasseln am Buddenacker 9.




Im Strom der Gedanken – Das Mrs. Dalloway Prinzip / 4:48 Psychose

Mit „Das Mrs. Dalloway Prinzip“ von Virginia Woolf und „4:48 Psychose“ von Sarah Kane präsentierte das Schauspielhaus Dortmund am 25. September 2021 eine doppelte Premiere. Beide Stücke, die durch eine Pause getrennt waren, verband eine gemeinsame Ästhetik. Ein Premierenbericht …

Auch wenn beide Stücke zeitlich weit auseinanderliegen, Woolf schrieb „Mrs. Dalloway“ 1925 und „4:48 Psychose“ 1998/99 gibt es einiges, was beide verbindet. Beide Stücke sind von einer Frau geschrieben, beide Autorinnen kämpften gegen ihre psychischen Krankheiten und stellen eine Frau in den Mittelpunkt, auch wenn es bei „4:48 Psychose“ nicht explizit erwähnt wird, so ist der Text von Kane wohl aus eigenem Erleben geschrieben. In beiden Texten geht es auch um das gescheiterte Verhältnis zwischen Psychiater und Patienten, bei Sarah Kane steht das im Mittelpunkt des Stücks. Hinzu kommt noch, dass beide Texte dem Genre des „Stream of consciouness“ (Gedankenstroms) zuzuordnen sind. Bei dieser Literatur werden die Gedanken und Gefühle der handelnden Person beschrieben, wie sie aus ihnen hinauszufließen scheinen.

Szene aus "Das Mrs. Dalloway Prinzip": (v.l.n.r.) Raphael Westermeier, Linda Elsner, Bettina Engelhardt, Nika Mišković und Adi Hrustemović. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Szene aus „Das Mrs. Dalloway Prinzip“: (v.l.n.r.) Raphael Westermeier, Linda Elsner, Bettina Engelhardt, Nika Mišković und Adi Hrustemović. (Foto: © Birgit Hupfeld)

„Mrs. Dalloway“ spielt im England nach dem Ersten Weltkrieg und beschriebt zum einen eine Gruppe von Menschen aus der Oberschicht, die sich in eine neue Zeit zurechtfinden muss, sowie von Personen, die den Krieg zwar physisch, aber nicht psychisch überlebt haben. IM Mittelpunkt steht die Titelgeberin Clarissa Dalloway, die standesgemäß verheiratet war, aber immer noch Gefühle für den wiederkehrenden Peter Walsh zu haben scheint, der sich vor langer Zeit nicht getraut hatte, sie damals zu fragen. Clarissa erinnert sich zudem auch an eine kurze lesbische Episode. Der zweite Erzählstrang handelt von Septimus Warren Smith, der durch den Krieg schwer psychisch geschädigt wurde und sich letztlich umbringt, trotz der vergeblichen Bemühungen seiner behandelnden Ärzte.

Selen Kara legte den ersten Teil wie eine Art Schachpartie an. Die Erzählerin (Linda Elsner) bewegt die Figuren auf ihre jeweiligen Positionen und lässt die dann agieren. Dazu ist die Bühne (Lydia Merkel) samt Kostüme (Anna Maria Schorles) in schwarz-weiß gehalten, alles ist reduziert, nur ein Baum mit Schreibmaschinenseiten als Element. So ist der Fokus der Zuschauenden unweigerlich auf die Schauspielerinnen und Schauspieler gerichtet.

Für den zweiten Teil hat sich Kara einen weiteren Kniff ausgedacht. Kann man „4:48 Psychose“ auch als Monolog aufführen, so splittete die Regisseurin den Text über die sieben Akteurinnen und Akteure. Der Text ist sehr eindringlich und erzählt, dass die Autorin nur um 4:48 „wach“ ist, das heißt, wenn die Medikamente keine Wirkung mehr haben. Dann wird der Geist klar, aber auch der Wahnsinn hält Einzug. Der Text liest sich stellenweise wie eine Anklage gegen eine Psychiatrie, die versucht hat, den Patienten nur mittels chemischen Keulen unter Kontrolle zu bekommen und weniger den Menschen hinter der Krankheit zu sehen. Somit ist das Schicksal der Erzählerin aus „4:48 Psychose“ ähnlich wie dem von Septimus aus dem ersten Teil. „Sie haben eine glänzende Karriere vor sich“, sagt Dr. Bradshow am Ende zu Septimus, anscheinend ohne zu ahnen wie sich sein Patient fühlt. Und der Psychiater fragt bei Sarah Kane: „Sie haben sehr viele Freunde. Was geben Sie Ihren Freunden, dass sie so hilfsbereit sind?“

Auch wenn zwischen den beiden Stücken über 70 Jahre liegen, es gibt doch erstaunliche Gemeinsamkeiten, die Regisseurin Selen Kara sauber herausarbeitet. Dabei hilft ihr das Ensemble, bestehend aus Linda Elsner, Bettina Engelhardt, Christopher Heisler, Adi Hrustemović, Nika Mišković, Antje Prust und Raphael Westermeier. Ein sehr intensiver Theaterabend, der sich auf alle Fälle lohnt.

Weitere Termine unter www.theaterdo.de