Kunstwerke zwischen Vergangenheit und Gegenwart

Der Dortmunder Kunstverein zeigt bis zum 09. September 2021 Werke von Theresa Weber unter dem Titel „Woven Memories“. In ihrer Malerei und Installation setzt sie sich mit kultureller Vermischung, Schönheitsidealen und Symbolen von Zugehörigkeit auseinander.

Vielleicht muss der Künstler oder die Künstlerin eine gewisse Sammelleidenschaft besitzen. Denn was für den Betrachter ein banales Ding ist, wird in der Hand der Künstlerin zu einem Teil eines Kunstwerkes. In den bildhaften Objekten verbindet Weber vertraute und fremde Objekte wie auch persönliche Fund- und Erinnerungsstücke. Wie beispielsweise Kunstnägel oder Hüftpolster. Denn Weber interessiert sich sehr für die künstliche Erweiterung von Körpern. Welche Funktionen besitzen sie? Die Frage wird in unterschiedlichen Kulturen unterschiedlich beantwortet. So sind künstliche Fingernägel hier eher negativ konnotiert, während in Afrika die Angelegenheit deutlich positiver betrachtet wird. Vielfach werden die Objekte in Kunstharz gegossen, dadurch wirken sie wie in einer Zeitkapsel ähnlich wie Insekten, die in Bernstein gefangen wurden.

Foto der Ausstellungseröffnung von Theresa Weber. (Foto: © Kunstverein Dortmund)
Foto der Ausstellungseröffnung von Theresa Weber. (Foto: © Kunstverein Dortmund)

Zwischen den Arbeiten stehen ab und zu Mauerreste und Lianen wie bei einer archäologischen Ausgrabung irgendwo im südostasiatischen Raum oder im Amazonasgebiet. Sie stehen zwischen Gegenwart (architektonisches Element) und Vergangenheit (Artefakt).

Einen wichtigen Aspekt in ihren Arbeiten ist das Flechten von Haaren. In Zeiten, in denen viele Afrikaner in die neue Welt als Sklaven verschifft wurden, wurden geflochtene Zöpfe (Braids) und Kunsthaar (Weaves) als Symbol des Widerstandes. Daneben gab es die Tradition des Flechtens bereits im antiken Griechenland. Daher tauchen sie prominent und zeitenübergreifend in den Arbeiten der afrodeutschen Künstlerin auf, die deutsch-jamaikanisch-griechische Wurzeln hat.

Am 25. Juli 2021 findet um 16 Uhr ein Künstlerinnengespräch mit Rebekka Seubert statt. Zudem gibt es am 12. und 14. August 2021 eine Performance von Theresa Weber und Anys Reimann. Die Performance am 12. August begintn um 19 Uhr, die am 14. August um 16 Uhr.

Fotofestival widmet sich Fragen um die Identität

Die Coronazahlen fallen beständig, die Hoffnung auf einen kulturellen Sommer steigen. Daher geht das diesjährige f² Fotofestival in die Vollen und präsentiert 16 Ausstellungsprojekte, die vom 17. bis zum 27. Juni in verschiedenen Orten zu sehen sind. Neben Museen oder Galerien wird Kunst im öffentlichen und privaten Raum geboten. Doch das Zentrum ist das Depot Dortmund. Hier findet in der Haupthalle die Ausstellung „Facing Gender“ statt sowie „Promised Realities“ in der Galerie im Depot.

Die große Ausstellung „Facing Gender“ beschäftigt sich um das Konstrukt des Geschlechts. Über die biologische Komponente hinaus gibt es auch eine weit facettenreichere Welt von Homosexualität, Drags und Transsexualität. In den großformatigen Bildern werden beispielsweise lateinamerikanische Balletttänzer gezeigt, die dort als „unmännlich“ gelten, Homosexualität im Iran wird thematisiert oder das Frauenbild in Italien seziert. Immer steht die Frage um das Geschlecht und das Rollenverständnis wird im Mittelpunkt. Die Ausstellung ist durchaus textlastig, die Besucher sollten sich also etwas Zeit mitnehmen.

Die Ausstellung in der großen Halle des Depots zeigt spannende Fotografien rund um das Thema "Gender und Identität".
Die Ausstellung in der großen Halle des Depots zeigt spannende Fotografien rund um das Thema „Gender und Identität“.

In der Galerie im Depot finden sich Fotografien afrikanischer Nachwuchsfotografen unter dem Titel „PROMISEDrealities“, die ihren Blick auf den afrikanischen Alltag zeigen. Geplant war eigentlich ein Residenzprogramm in Dortmund, doch das musste wegen Corona abgesagt werden.

Im Hafenbereich der Nordstadt zeigt das Fotografie-Kollektiv „The Journal“ ihre Arbeiten im öffentlichen Raum. „Amateurfotografie aus Hörde“ wird beim Cafe Aufbruch in der Hinteren Schildstraße 18 präsentiert. Verborgene Fotoschätze werden ans Licht gebracht. Bei Jugendlichen und junge Erwachsenen ist die Identitätsfindung noch im vollen Gange. Sie zeigen in der Ausstellung „ID:me“ im Betenhof ihre Auseinandersetzung mit dem Thema.

Eine besondere Veranstaltung ist „Home and Identity“, denn sie findet in privaten Räumen im Kaiserviertel statt.Jede Wohnung zeigt mit einer Arbeit von internationalen Fotografen einen neuen Aspekt zum Thema „Heimat und Identität“. Es wird auch ein Rundgang angeboten.

Für die Ausstellungen im Depot können sich die Besucherinnen und Besucher online ein Zeitfenster buchen, da die Personenzahl immer noch begrenzt ist. Es besteht aber auch die Möglichkeit, direkt vorbei zukommen. Ein negatives Testergebnis ist nicht mehr vonnöten.

Welche Regeln für welche Veranstaltung gelten, finden Sie auf der Seite www.f2-fotofestival.de. Dort gibt es weitere Informationen über die Ausstellungen, Öffnungszeiten und die digitalen Rahmenprogramme wie das Vortragsprogramm.

Stadtschreiberin Anna Herzig auf Entdeckungsreise in Dortmund

Die neue „Stadtschreiberin für Dortmunder“ und Literaturstipendiatin Anna Herzig befindet sich seit Ende April 2021 in unserer Stadt. Bis Ende Oktober 2021 hat die 33-jährige Österreicherin noch die Gelegenheit, den Menschen hier und der Stadt auf den Grund zu gehen. Das Stadtschreiber-Stipendium wird jährlich vergeben und setzt sich inhaltlich mit Transformationsprozessen in Dortmund auseinander.

Wie die Kosmopolitin (geboren in Wien, Mutter Kanadierin, Vater Ägypter) beim Pressetermin verriet, ist sie von den offenen, freundlichen und zugänglichen Menschen in Dortmund sowie der guten Kooperation mit den hiesigen Kulturinstitutionen, wie etwa dem Kulturbüro, angetan.

Kulturdezernent (und Jury-Mitglied) Jörg Stüdemann betonte die Bedeutung des Literaturförderungsstipendiums gerade für die jungen Schreibenden, damit diese ungestört arbeiten können. Anna Herzig begann schon mit 14 Jahren mit dem Schreiben, wurde aber erst so richtig 2018 mit „Herr Rudi“ und dem „Sommernachtsreigen“ bekannt.

Kulturdezernent Jörg Stüdemann freut sich auf die neue Stadtschreiberin Anna Herzig.
Kulturdezernent Jörg Stüdemann freut sich auf die neue Stadtschreiberin Anna Herzig.

Zwischenmenschliche Interaktionen, menschliche Tiefen und Abgründe sowie Fragen der Identität/Herkunft spielen bei ihr thematisch eine wichtige Rolle. Erzählungen, Essays und Romane der Autorin zeichnen sich durch einen humorvoll-ironischen und hintergründigen Schreibstil aus.

In Dortmund arbeitet Herzig an ihrem neuen Roman „Die Auktion“ weiter – eine dystopische Parabel, die im Intercity auf dem Weg zwischen Wien und Dortmund aber auch in Dortmund selbst angesiedelt ist. Es ist eine ironische Auseinandersetzung mit Geschlechter- und Rollenbildern. Wie Hartmut Salmen vom Literaturhaus erklärte, sind in den nächsten Monaten einige Lesungen vorgesehen.

Aktueller Stand:

Virtuelle Matinee mit Anna Herzig:

Am Sonntag, den 20.06.2021 um 11.00 Uhr kann man Anna Herzig bei einem „Meet &Greet“ kennenlernen. Die lädt zu einer virtuellen Matinee. Moderiert wird das ganze vom Salzburger Comedian Sebastian Hochwallner. Mit ihm plaudert die Autorin über ihr bisheriges Schaffen und zukünftige Planungen. Im Anschluss besteht die Möglichkeit zu einem (virtuellen) Dialog mit ihr. Der Link zur Teilnahme: https://bit.ly/3vsWCRa

Lesungen im Literaturhaus:

Anna Herzog wird drei Lesungen mit Autorinnen ihrer Wahl moderieren.Dabei sollen sein die Österreicherin Irene Diwiak (Roman „Malvita“) am 24. 07.2021 um 19.30 Uhr, die Berliner Autorin Olivia Kunderewski (Debüt-Roman „Lux“) am 20.08.2021 um 19.30 Uhr, sowie die Bamberger in Nova-Eugenie Gomringer am 02.10.2021 um 19.30 Uhr mit einen Lyrik-Abend.

Creative Writing-Kurse mit Anna Herzig bei der VHS Dortmund

(Bitte bei der VHS (https://vhs.dortmund.de/) nach Terminen fragen)

Totalkünstler Timm Ulrich ist willkommen im Museum Ostwall

Vom 15. Juni bis zum 18. Juli 2021 zeigt das Museum Ostwall in der 5. Etage die Ausstellung „Willkommen im Museum Ostwall“ des Totalkünstlers Timm Ulrich. Zu sehen sind 18 Arbeiten überwiegend aus den 60er und 80er Jahren, die einen guten Querschnitt über das Schaffen von Ulrich bieten.

Der Künstler ist sichtlich zufrieden, „Meine Werke gehören ins Museum“, sagte Ulrich beim Presserundgang vor der offiziellen Eröffnung. Deshalb hat er auch bereits einige Werke von Privatpersonen zurückgekauft, damit sie die Möglichkeit haben wie in Dortmund gesehen zu werden. Für ihn als 80-jähriger sei es wichtig, bereits über den Tod hinaus zu denken. Daher sind Museen der ideale Ort für den künstlerischen Nachlass. Denn „was im Museum ist, bleibt im Museum“, ist Ulrich überzeugt.

Auch wenn das Schaffen von Ulrich nicht in eine Schublade gesteckt werden kann, ist er beeinflusst vom Dadaismus, Konstruktivismus oder Surrealismus.Was auffällt ist, dass er in seinen Werken gerne Sprachspiele benutzt oder Dinge gern beim Namen nimmt. Ein gutes Beispiel dafür ist die Arbeit „Wolf im Schafspelz – Schaf im Wolfspelz“, die bereits 2014 in der Ausstellung „Arche Noah“ zu sehen war. Die Arbeit kostete Ulrich in der Herstellung alleine 45.000 €, denn der Wolfspelz kam aus Kanada und verursachte bereits 10.000 € Kosten. Inzwischen hat das Museum Ostwall diese Arbeit dauerhaft erworben, sie ist in der 4. Etage zu sehen.

Timm Ulrich spielt in seinen Werken gerne mit Doppeldeutigkeiten.
Timm Ulrich spielt in seinen Werken gerne mit Doppeldeutigkeiten.

Auch wenn Ulrich in seinen Werken von der Bildsprache der Bibel inspiriert wird, ist er kein religiöser oder transzendenter Mensch. „Religion ist was für Feiglinge“, so der Künstler. Dennoch beschäftigt ihn sein Ableben, er hat bereits seinen Grabstein auf dem Künstlerfriedhof in Kassel gestaltet. In der Ausstellung ist auch die Arbeit „THE END“ zu sehen. 1981 lässt sich Ulrich wie in den klassischen Filmen „THE END“ auf sein Augenlid tätowieren.

Bekannt ist auch die Arbeit „Ich kann keine Kunst mehr sehen“ von 1975, auf der Ulrich als vermeintlich blinder Besucher über die Kunstausstellung „Art Cologne“ ging. Das war seine Kritik auf die Kommerzialisierung des Kunstmarktes. Das Werk zeigt besonders gut die Doppeldeutigkeit in vielen Arbeiten des Künstlers.

Timm Ulrichs ist 1940 in Berlin geboren und wandte sich nach seinem abgebrochenen Architekturstudium der Kunst zu. Er gründet 1961 die „Werbezentrale für Totalkunst & Banalismus“. Sich selbst erklärt er zum lebenden Kunstwerk. Anfang der 70er Jahre erhält er eine Professur an der Universität Münster als Professor für Bildhauerei und Totalkunst, die er bis 2005 innehatte.

Spannender Krimi im Umfeld von Zeche Zollverein

Thomas Salzmann hat nach seinem gelungenen Krimi-Debüt „Kohlenwäsche“ den zweiten Roman „Doppelbock“, ebenfalls im Umfeld des Weltkulturerbes Zeche Zollverein (Essen) verortet. Das Welterbe mit viel kulturellem Hintergrund hat es ihm als Ort für seine Krimis angetan.

Die schon aus „Kohlenwäsche ans Herz gewachsene Ex-Hauptkommissarin Frederike Stier wird damit konfrontiert, dass der Essener Umwelt-Aktivist Alexander von ihr am Doppelbock-Fördergerüst (Zeche Zollverein) erschlagen aufgefunden wird. Sie hatte das Opfer wie auch ihre frische Liebe Hartmut während ihrer Reha kennen gelernt.

Autor: Thomas Salzmann Titel: Doppelbock Reihe: Kriminalroman, Region: NRW ET: April 2021 ISBN 978-3-7408-1148-8, (i4)_(1148-8) ebook: 978-3-96041-742-2, (e2)_(742-2)

Auch im ungewohnten „Ruhestand“ möchte sie den Fall aufklären. Es geht um einen Freund.

Alexander war einem Umweltskandal im Zusammenhang mit den Spätfolgen des Steinkohlebergbaus auf der Spur und hatte sich nicht nur Freunde gemacht.

Eine gefährliche und anstrengende Aufklärungsarbeit beginnt, die auch ihre neue Beziehung auf eine harte Probe stellt…

Salzmann hat in einem spannenden Kriminalroman die brisante Thematik um Ewigkeitslasten aus unserer industriellen Vergangenheit, Klimaveränderung sowie rücksichtsloser Umweltverschmutzung sensibel eingebracht.

Mit viel Empathie beschreibt er auch die verschiedenen Charaktere mit ihren Stärken, Widersprüchen, Ängsten und Hoffnungen.

Es gelingt ihm auch dieses Mal, den Spannungsbogen bis zum Ende hin zu steigern.

Trotz des ernsten und nachdenklich machendem Hintergrund ist es eine unterhaltsame Lektüre, die Leserinnen und Leser immer mehr in seine Geschichte hineinzuziehen vermag.

Kriminalroman. Doppelbock

Autor: Thomas Salzmann

287 Seiten Preis: 13,00 €

Emons Verlag GmbH ISBN 978-3-7408-1148-8