Klangvokal 20/21 – Ein Abend mit Purcell

Das Festival Klangvokal findet dieses Jahr Coronabedingt in einem andere Format statt. Anstatt viele Konzerte konzentriert in drei Wochen durchzuführen, geht das Festival diesmal über mehrere Monate bis weit ins Jahr 2021. Das Auftaktkonzert „Music for a while“ fand am 01. Oktober statt und stand ganz im Zeichen des englischen Komponisten Purcell. Es sang die Mezzosopranistin Ann Hallenberg, begleitet wurde sie von Christophe Rousset und den Les Talens Lyriques.

Auf der einen Seite sind vermutlich alle froh, dass es nach dem Lockdown endlich wieder Kultur gibt, andererseits sorgen die Regelungen immer noch für Beschränkungen. Nicht nur im Zuschauerraum, auch auf der Bühne wurde auf Anstand beachtet. So kamen von Les Talens Lyriques neben Christophe Rousset (Cembalo) nur noch Atsushi Sakaï (Viola da Gamba) und Karl Nyhlin (Laute) auf die Bühne. Zur Erinnerung: 2019 kamen Les Talens Lyriques noch in voller Besetzung, um die konzertante Aufführung von Händels „Agrippina“ zu begleiten. Durch die spärliche Besetzung hatte das Konzert den Charakter eines intimen Hauskonzertes.

Auch die schwedische Mezzosopranistin Ann Hallenberg ist für treue Besucher der Klangvokal-Konzerte keine Unbekannte. 2015 sang sie bei einem Barockkonzert in der Reinoldikirche und 2017 stand sie auf der Bühne beim Oratorium „The dream of Gerontius“ von Edward Elgar.

Ein gelungener Start in die Spielzeit von Klangvokal mit (v.l.n.r.) Atsushi Sakaï, Christophe Rousset, Ann Hallenberg und Karl Nyhlin (Foto: © Sandra Spitzner).
Ein gelungener Start in die Spielzeit von Klangvokal mit (v.l.n.r.) Atsushi Sakaï, Christophe Rousset, Ann Hallenberg und Karl Nyhlin (Foto: © Sandra Spitzner).

Hallenberg schaffte es mühelos durch ihren lebhaften Vortrag die verschiedenen Stimmungen von Purcells Liedern zu transportieren. Vom fröhlichen „If music is the food of love“ bis hin zum emotionalen „O solitude“zeigte sie ihre tiefe Beziehung zur Alten Musik. Denn Hallenberg ist vor allem durch ihre Beteiligungen an Opern von Händel bekannt.

Neben Liedern von Purcell spielte Rousset noch zwei Suiten des englischen Komponisten. Als Zugabe erklangen noch zwei Songs darunter „Fairest Isle“ aus „King Arthur“.

Der Abend war ein gelungener Start in die Klangvokal Spielzeit 20/21 und machte Zuschauen sowie den Interpreten sehr viel Freude.




Ein lebensbejahender Monolog um das ernste Thema Depression

Mit „All das Schöne“ (von Duncan Macmillan mit Jonny Donahoe ab 14 Jahren) unter der Regie von Peter Kirschke stand ein Theaterstück um ein brisantes und immer aktuelles Thema auf dem Spielplan. Die Premiere im Dortmunder Kinder und Jugendtheater (KJT) war am 01.10.2020.

Trotz vermehrter medialen Aufmerksamkeit etwa nach dem Suizid von Torwart Robert Enke wird die Problematik von den Betroffenen und ihren Angehörigen nicht offensiv in den Blickpunkt gerückt. Es ist ja nichts, was man in einer Gesellschaft, wo offiziell alle „erfolgreich, stark und selbstbewusst“ erscheinen möchten, gerne öffentlich macht. Sich früh Hilfe zu suchen, ist aber besonders wichtig.

Das Publikum bekam vor der Vorstellung eine Theatertasche mit Saft, etwas Schokolade, einem Taschenbuch und einige ein weißes Blatt mit nummeriert aufgeführten Dingen, die in dieser Welt schön sind. So wurden sie sofort in das Geschehen mit einbezogen. Die texte auf den Blättern wurden jeweils nach Aufruf vorgelesen.

Bianka Lammert überzeugte in den Solo-Stück "All das Schöne". (Foto: © Birgit Hupfeld)
Bianka Lammert überzeugte in den Solo-Stück „All das Schöne“. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Neben den Plätzen auf den Zuschauerbänken waren die beiden Seiten auf der Bühne mit Stühlen für die Zuschauer*innen bestückt. Personen aus dem Theaterumfeld wurden als „Vater“, „Schulpsychologin“ oder späterer Ehemann in das Geschehen eingebracht.

Schauspielerin Bianka Lammert erzählte die Geschichte einer Frau, die schon als siebenjähriges Kind mit der Depression und dem ersten Suizidversuch ihrer Mutter konfrontiert wird. Eindringlich und mit viel Empathie brachte die Schauspielerin die hoffnungsvollen, fast schon verzweifelten Versuche des Kindes, ihre Mutter mit ihrer nummerierten, stetig wachsenden Liste von den schönen Dingen des Lebens auf die Bühne. Auch die Rat und Hilflosigkeit des Vaters wird deutlich.

Die unterschiedlichen Stimmungen wurden jeweils mit eingespielten Musikausschnitten untermalt. Vorwiegend steht die von der Mutter geliebte Soul-Musik von Ray Charles im Mittelpunkt, aber bei Konflikten schräge (Free) Jazz-Klänge.

Auch Tanz und Humor sowie komische Momente spielten zwischendurch immer wieder ein wichtige Rolle.

Auf den zweiten Suizidversuch der Mutter zehn Jahre später reagiert die Erzählerin als Teenager mit Wut und setzt ihre Liste mit Vehemenz auch während des Studiums fort. Sie heiratet ihre Studium-Liebe, der sie drängt, sich professionelle Hilfe zu suchen.

Klar ist, es geht nicht nur um ihre Mutter, sondern um den eigenen Kampf gegen die Traurigkeit und Depression. Außerdem geht es darum , mit dem Gefühl des Versagens auseinander zu setzen, als ihre Mutter sich letztendlich das Leben nimmt.

Erst Jahre nachdem ihr Mann sich getrennt hat , findet sie die Kraft, sich über eine Selbsthilfegruppe und ihrer früheren Schulpsychologin Unterstützung zu holen und ihr Ziel, die Nr. 1.000 000 auf der Liste zu erreichen.

Eine starke Schauspielleistung und wichtiger lebensbejahender Monolog zu diesem sehr ernsten Thema.

Informationen zu weiteren Vorstellungsterminen erhalten Sie wie immer unter www.theaterdo.de oder Tel.: 0231/ 50 27 222.