Premiere von Blutmond unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Am Freitag, den 20.03.2020 um 20:00 Uhr sollte die Premiere „Blutmond“ (About fear and fun, love and loss) von artscenico e.V. im Dortmunder Theater im Depot unter der Regie von Rolf Dennemann „normal“ mit Publikum stattfinden. Der Coronavirus macht einen Strich durch die Rechnung.

Beim Pressegespräch verkündeten die Organisatoren nun, dass die Premiere wie geplant zum Termin unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt werden soll.

Vorgesehen sind eine Videoaufzeichnung und eventuell ein Streaming in den sozialen Medien.

Blutmond (Blue Moon) ist im englischen Sprachgebrauch die Bezeichnung für einen zweiten Vollmond innerhalb eines Monats im gregorianischen Kalender und ein seltenes Ereignis. Eine Metapher für Sehnsüchte. Die Performance spielt assoziativ mit den Themen Angst, Verlust, Unsicherheit aber auch mit Liebe und Spaß. Es geht um Transformationen, Träume und das Leben. Es sollen kleine Bilder im Kopf der Zuschauenden entstehen.

Mit "Blutmond" probiert artscenico andere Wege: Die Premiere wird gestreamt. gespannt sind (v.l.n.r.) Elisabeth Pleß (Performerin), Rolf Dennemann (arscenico), Regieassistentin Maya Porat und Joanna Stanecka (Performerin).
Mit „Blutmond“ probiert artscenico andere Wege: Die Premiere wird gestreamt. gespannt sind (v.l.n.r.) Elisabeth Pleß (Performerin), Rolf Dennemann (arscenico), Regieassistentin Maya Porat und Joanna Stanecka (Performerin).

Die „organisch surreal“ anmutenden Inszenierungen von artscenico passen gut in diese Zeit. Unsere Realität wirkt gerade jetzt surreal unwirklich. Die Inszenierung enthält Elemente aus Tanz, Performance, Video und Musik und fügt sie zu einem Gesamtkonzept zusammen.

Beteiligt sind drei Performerinnen (Elsa Marschall, Elisabeth Pleß, Joanna Scanecka) eine Live-Band (2 Gitarren, Kontrabass, Sängerin) mit Swing und Gypsy-Sol Musik (zum Beispiel „Fly me to the moon). Dazwischen wird es als Kontrast auch brachiale Musik und kurze Texte (etwa von Stanislaw Lem) eingebaut.

Zu spüren ist die Unsicherheit der Situation für alle Beteiligten. Genaue Planungen sind nicht möglich. Positiv ist das Gefühl des Zusammenhalts der Künstler*innen, sowie der Wille von allen, die Widrigkeiten zu meistern und ihre Arbeit zu einem guten Ende zu führen.

Achten Sie auf aktuelle Informationen in den (sozialen) Medien!

Die Stumme von Portici in den Fängen des Coronavirus

Die Premiere von Daniel-Franҫois-Esprit Aubers (1782 – 1871) „Die Stumme von Portici“ (Libretto: Augustin Eugène Scribe und Germain Delavigne) in deutscher und französischer Sprache mit deutschen Untertiteln (Bettina Bartz) in der Inszenierung von Peter Konwitschny sollte am 13.03.2020 im Opernhaus Dortmund stattfinden. Doch der Coronavirus machte einen Strich durch die Rechnung.

An diesem Termin wurde aber eine Generalprobe II mit 26 Journalistinnen und Journalisten als Zuschauer durchgeführt. Es war eine „Premiere“ unter besonderen Umständen und besonderer Atmosphäre. Ars tremonia war auch mit dabei.

Sara Wilken hatte die schwere Aufgabe, die Rolle der stummen Fischertochter Fenella (aus Portici bei Neapel) übernommen. Der Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Motonori Kobayashi verliehen ihren „nicht gesungenen Worten“ sensibel musikalisch Ausdruck. Wilken spielte ihre Rolle eindrucksvoll mit Gesten oder den Einsatz von Requisiten (etwa einen Schal).

Die Grand opéra ist strukturiert und wie ein Baukastensystem mit „Schaufenstern“ in fünf kleinen Akten systematisch aufgebaut. Regie, Orchester, Chor, Statisterie und Kinderstatisterie, Bühne, Kostüme. Sänger*innen bilden ein ganzheitliches Gefüge. Die Musik ist mal anrührend, dann wieder aufrührerisch aufregend.

Es geht hoch her bei der "Stummen von Portici". Mirko Roschkowski (Masaniello), Mandla Mndebele (Pietro), Sarah Willken (Fenella), Anna Sohn (Elvire), Sunnyboy Dladla (Alphonse). Foto: ©Thomas Jauk, Stage Picture
Es geht hoch her bei der „Stummen von Portici“. Mirko Roschkowski (Masaniello), Mandla Mndebele (Pietro), Sarah Willken (Fenella), Anna Sohn (Elvire), Sunnyboy Dladla (Alphonse). Foto: ©Thomas Jauk, Stage Picture

Die Geschichte spielt zur Zeit der Besatzung durch die Spanier. Der Sohn des Vizekönigs Alphonse (Sunnyboy Dladla) hatte die arme stumme Fischertochter (Fenella) verführt und dann verlassen. Während die Hochzeit mit der „standesgemäßen“ Elvire (Anna Sohn) ansteht, platzt die aus ihrer Gefangenschaft durch den Vizekönig geflohene Fenella hinein und sucht Schutz. Das Verhältnis von Alphonse mit ihr wird öffentlich. Die enttäuschte Elvire zeigt Empathie und Frauensolidarität gegenüber der Stummen und verzeiht ihrem Bräutigam. Als Fenellas Bruder Masaniello (Mirko Roschkowski) von deren Situation erfährt, wird aus der schon politisch aufgeheizten Atmosphäre unter den armen Fischern Neapels durch den Wunsch nach persönlicher Rache der Anfang eines revolutionären Aufstands gegen die Besatzer. Die Gewalt ist nicht mehr unter Kontrolle und Masaniello versucht verzweifelt, dem Morden Einhalt zu gebieten. Er bietet Alphonse und Elvire seinen Schutz, wird dann aber selbst als „Verräter“ von den eigenen Leuten verfolgt. Als auch noch der Vesuv ausbricht, gibt es kein „Happy End“ …

Der Graben zwischen spanischen Besatzern und armer Bevölkerung wird nicht nur durch die Kleidung, auch durch die Sprache demonstriert. Die gesungene Sprache der Herrscher ist Französisch, die des Volkes deutsch. Der berechtigte Unmut der Bevölkerung wird ebenso gezeigt, wie der nicht zu kontrollierende Spirale der Gewalt. Auch die Gefahr der Instrumentalisierung der Unzufriedenheit und eines übersteigerten Nationalismus werden deutlich. Eine Oper mit zeitloser Brisanz. Nicht umsonst hat die Oper tatkräftig zur Entstehungsgeschichte Belgiens beigetragen. Das überwiegend katholische Land befand sich seit 1815 unter der Herrschaft der meist protestantischen Niederlande. 1830 kam es in Brüssel bei der Aufführung der Oper zu Tumulten, die sich in einem Aufstand entluden und am Ende Belgien als unabhängigen Staat schufen.

Die Sängerinnen und Sänger überzeugten mit ihren Stimmen und der Darstellung der Personen. Auch der Opernchor Theater Dortmund sowie die Statisterie und Kinderstatisterie (Theater Dortmund) oder natürlich die Dortmunder Philharmoniker trugen zu einem gelungenen Gesamtbild bei.

Die ausgefallene Premiere ist nun für den 08.05.2020 angesetzt.

Informationen erhalten Sie wie immer unter 0231/5027222 oder https://www.theaterdo.de/detail/event/20694/

Bier, Außerirdische und die Kassierer – ein Punk-Abend im Schauspielhaus

„Das Schlimmste ist, wenn das Bier alle ist“, lautet eines der bekanntesten Lieder der Kassierer aus Wattenscheid. Das Stück „Die Drei von der Punkstelle“ trägt den Song im Herzen, wobei genaugenommen das Bier nicht alle ist, sondern von einem Monopolisten zu einer Plörre verwandelt wird. Herzlich Willkommen zu einer musikalischen Punk-Operette, die Motive des bekannten Films „Die Drei von der Tankstelle“ von 1930 erkennen lässt. Wenn man den Film kennt und viel Fantasie hat.

Zur Geschichte: Der Sänger der Kassierer Wolfgang „Wölfi“ Wendland ist seit einem Jahr verschwunden, seine Bandkollegen, zu denen auch Schmuwe (Uwe Schmider) und Peggy (Andreas Beck) gehören, machen sich Sorgen. Um über die Runden zu kommen, haben sie dem schmierigen Konsul (Ekkehard Freye) den Song „Das schlimmste ist, wenn das Bier alle ist“ verkauft.Plötzlich taucht Wölfi wieder auf, er wurde von der Außerirdischen L.A.I.K.A. (Caroline Hanke) entführt und hat wieder den Kurs Richtung Erde genommen.

Als alle wieder vereint sind, hecken Wölfi, Schmuwe und Peggy den Plan aus, ihr eigenes Bier zu brauen. Natürlich bekommt der Konsul Wind davon und schickt seinen Schlagersüchtigen Sohn Jens-Guildo (Christian Freund), um die Sache zu klären. L.A.I.K.A. dagegen ist von dem Plan Wölfi zu entführen abgekommen und versucht, Schmuwe an sich zu binden und die Freundschaft der Drei von der Punkstelle zu sabotieren. Doch als L.A.I.K.A. dann Jens kennenlernt, verlieben sich beide ineinander. Somit wird irgendwie alles wieder gut. Alles verstanden?

Die Drei von der Punkstelle sehen so aus, als ob das Bier alle ist. (v.l.n.r.) Uwe Schmieder, Wolfgang Wendland und Andreas Beck. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Die Drei von der Punkstelle sehen so aus, als ob das Bier alle ist. (v.l.n.r.) Uwe Schmieder, Wolfgang Wendland und Andreas Beck. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Egal, denn manche Besucher wollten sowieso nur die Musik der Kassierer hören und so litt das Stück an dem Dilemma, dass es anscheinend für die Hardcore-Fraktion zu viel Text gab, was sie mit lauten Zwischenrufen und Zwischengesängen quittierte. Diejenigen, die sich auf eine Art Parodie des Films eingestellt hatten, waren vielleicht etwas enttäuscht, dass es wenig Handlung gab. Vor sechs Jahren bei „Häuptling Abendwind“ war das Verhältnis Musik und Handlung noch in Ordnung. Auch hier hatte Wolfgang Wendland eine tragende Rolle. Dennoch, die Besucher konnten einiges über das Brauen von Bier lernen, es war quasi eine Operette für Craft-Bier.

Wer seine bildungsbürgerliche Attitüde zu Hause lässt, wird 90 Minuten seinen Spaß haben. Denn die Musik fetzt, Andreas Beck spielt einen herrlich ökigen Hippie, der an den „Martin“ von Dieter Krebs erinnert, Carolin Hanke zeigt mit ihrer L.A.I.K.A., wie man einen Sangeswettstreit mit Wölfi gewinnt, Christian Freund lässt Jens-Guildo als fleischgewordene 70er-Jahre Schlagerikone auferstehen und Ekkehard Freye spielt den bösen Biermagnat mit wahrer Freude.

Also das Motto heißt: Zurücklehnen, Musik genießen, Bier nicht vergessen und nicht so viel Nachdenken. Ein Extra-Lob gibt, es als L.A.I.K.A. am Ende noch die Bühne mit grünen „Tribbles“ (bekannt aus der alten Raumschiff Enterprise Serie mit Captain Kirk) flutete.

Mehr Infos und weitere Termine unter: https://www.theaterdo.de/detail/event/20843/

Emanzipatorische Kunst und weiblicher Blickwinkel

Unter dem Titel „Formen, Muster, Erinnerungen“ sind vom 08.03.2020 bis zum 29.03.2020 im Torhaus Rombergpark Zeichnungen, Illustrationen, Skulpturen oder Fotografien von der freischaffenden Künstlerin Anna Hauke zu sehen.

Für das Verständnis ihrer Arbeiten zwischen Realität und Phantasie (Surrealität) ist ihr Lebensweg von zentraler Bedeutung.

Die Künstlerin wurde 1986 in Polen (ehemals Oberschlesien) in ein streng katholisches Elternhaus hinein geboren. Die negative Einstellung zur Gleichstellung von Mann und Frau, Sexualität, insbesondere Homosexualität sowie der religiöse Macht in Polen erlebte sie von Kindheit an. Auch die Konflikte und Feindseligkeiten zwischen Polen und Deutschen war spürbar. Mit der Pubertät wuchs ihre Konflikt mit dem religiösen Dogmen. 2005 wanderte sie nach Deutschland aus aus, schloss ihr Studium der Pädagogik (Schwerpunkt Kunst- und Theaterpädagogik) ab und lebt seit 2014 als freischaffende Künstlerin in der Dortmunder Nordstadt.

Das Cover der Einladungskarte zeigt eine Arbeit der Künstlerin Anna Hauke.
Das Cover der Einladungskarte zeigt eine Arbeit der Künstlerin Anna Hauke.

Sie verarbeitet in ihren Illustrationen Elemente aus ihrer alten Heimat. So sind deutlich Frauen in polnischer Tracht auch in Kontrast zur urbanen aktuellen Wirklichkeit zu erkennen. Wie Anna Hauke beim Pressegespräch erklärte, ist sie inzwischen aus der Kirche ausgetreten. Das dies ein befreiender Akt war, zeigt sich in ihrer Arbeit „Warum ich aus der Kirche austrat“ mit einer glücklich aussehenden Frau (in Tracht) auf einer Blumenwiese.

Interessant ist auch ihr partizipatorisches „Mind-Stempel-Mappin“Projekt (Acryllack, Tusche), wo an die zwanzig Personen „Koseworte“ für das weibliche Geschlecht (zum Beispiel „Pflaume“, „Maultasche“ u.s.w.) mit Stempel aufdrücken durften.

Ein besonderes Statement mit ihren duftenden Skulpturen aus handgemachter Seife. Dort wurden Abdrucke von verschiedenen weiblichen Geschlechtsorganen verewigt. Die „saubere Seife“ wurde in in die oft in die Schmuddelecke verbannten weiblichen Geschlechtsorgane gebracht.

Aus der Serie Kindheitserinnerungen „Kinder und Fische haben keine Stimme“ ist eine künstlerisch gelungene Anspielung auf ein altes polnisches Sprichwort.

Anna Hauke ist aber auch begeistert von der Farbe Indigo. Da sie gerne mit verschiedenen Techniken experimentiert, benutze sie sowohl Webtechnik, japanische Shibori-Technik, Origami- Falttechnik auf Stoff und echter Indigo-Farbe.

Die Ausstellungseröffnung findet am Sonntag, dem 08.03.2020 um 11:00 Uhr in der Galerie Torhaus Rombergpark statt.

Die Künstlerin ist selbstverständlich anwesend.

Einführung: Angelika von Ammon (M.A. Kulturanalyse und Kulturvermittlung).

Soundperformance: Trio Randale

Persönliche Seelenbilder im Kunstraum

Der Kunstraum im langen August in der Braunschweiger Straße 22 zeigt vom 08.03. bis zum 30.04.2020 Arbeiten von Birgitta Schmitt. Sie malt vor allem sehr abstrahierte Bilder, die an Landschaften erinnern. Dabei sind keine konkreten Landschaften, sondern die Formen und Farben lassen an Wüsten denken oder an kleine vorgelagerte Inseln im Mittelmeer. Sie sind eher „Bilder der Seele“ wie der Titel der Ausstellung lautet.

Birgitta Schmitt vor einem ihrer abstakten Landschaftsbilder.
Birgitta Schmitt vor einem ihrer abstakten Landschaftsbilder.

Für ihre persönlichen Seelenbilder unternahm die Künstlerin Reisen nach Spanien, Griechenland und Frankreich. Die unterschiedlichen Landschaftstypen lassen sich vielleicht noch an den Farben und Formen erkennen. Doch mit der Abstraktion von Birgitta Schmitt schafft die Künstlerin eher einen Sehnsuchtsort als einen konkreten Ort. Sie sagt von sich selbst: „Ich bin ein verträumter Mensch“. Die Verträumtheit ist in ihren Bildern klar zu erkennen.

Das besondere an den Bildern der Künstlerin sind die Farben: Sie arbeitet mit Airbrushfarben, die den Vorteil haben, dass sie sehr feine Pigmente haben. Darüber hinaus benutzt sie noch Acrylfarben, um eine bestimmte Materialkomposition zu erreichen.

Die siebzehn ausgestellten Werke sind in unterschiedlichen Formate, von 15×15 cm bis hin zu großen Formaten. Doch die Künstlerin hat eine Vorliebe: „Am liebsten lasse ich mich auf große Formate ein“

Paris im musikalischen Aufbruch des 20. Jahrhunderts

Im Blickpunkt des 6. Philharmonischen Konzerts am 3. und 4. März 2020 stand Paris, die Stadt der Liebe, Revolution und Kunst auf dem Programm der Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Maestro Mario Venzago (Schweiz). Im hiesigen Konzerthaus standen Werke von George Gershwin (1898 – 1937), Alexander Glasunow (1865 – 1936) sowie Igor Strawinsky (1882 – 1971) im Mittelpunkt. Auch das Saxophon als Instrument spielte eine große Rolle.

Paris war in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts für viele Künstler aller Sparten ein aufregender Ort. Nicht nur für Komponisten im Exil wie Glasunow und Stawinsky, sondern auch für längere Besucher wie Gershwin.

Die Kunst- und Musikwelt war im Umbruch und die Einflüsse der modernen avantgardistischen Einflüsse vor allem aus Amerika (etwa der Jazz) auf die ernstere europäische Musiktradition waren vor allem in der französischen Metropole spürbar.

Saxophonist Koryun Asatryan meisterte das "Konzert für Alt-Saxophon und Streichorchester Es-Dur op. 109" von Alexander Glasunow. (Foto: © Jürg Christandl)
Saxophonist Koryun Asatryan meisterte das „Konzert für Alt-Saxophon und Streichorchester Es-Dur op. 109“ von Alexander Glasunow. (Foto: © Jürg Christandl)

Mit seinem „An American in Paris“ (1928) vertonte Gershwin meisterhaft die Eindrücke eines Spaziergängers, der durch Paris flaniert. Ob det Lärm des Autoverkehrs, die Schwingungen der Varietés, Cafés, Stimmengewirr und anderes wird von den Instrumenten des Orchesters musikalisch verdeutlicht. So ist zum Beispiel das Hupen der Autos klar zu vernehmen. Auch Stimmungen wie Freude, Einsamkeit und Heimweh werden wunderbar umgesetzt.

Der russische Komponist Alexander Glasunow war nicht nur seiner Exil-Heimat Paris zugetan, sondern war von der Jazz-Musik und dem Saxophon aus Amerika begeistert.

Für den deutsch-schwedischen Saxophonisten Sigurd Raschèr und seine Musiker komponierte er sein „Konzert für Alt-Saxophon und Streichorchester Es-Dur op. 109“ (Uraufführung 1933). Mit dem Armenier Koryun Asatryan hatte das Konzert einen hervorragenden Saxophonisten für dieses Werke gefunden. Er war den variablen Anforderungen und anspruchsvollen Solopartien jeder Zeit gewachsen. Es zeigt sich bei diesem musikalischen Werk, dass Glasunow ein wahrer Meister der Themenverknüpfung und des Kontrapunkts war.

Nach der Pause stand das eigentlich für das Ballett konzipierte musikalische Arbeit „Petruschka“ (Fassung 1947) von Igor Strawinsky auf dem Programm. Grundlage für diese avantgardistische Komposition bildete ein Jahrmarkt in Sankt Petersburg (Fastnacht). Die drei zum „Leben erwachten“ Holzpuppen sind Petruschka (Kasper oder Narr), der „Mohr“ und die von beiden umgarnte Ballerina.

Jahrmarktstimmung verbreitet unter anderem die Celesta. Zusätzlich sind im Orchester auch zwei Harfen im Einsatz. Das Spektrum der Musik reicht von volkstümlichen Klängen und „hölzerner Walzermusik“ bis hin zu avantgardistischen und der Situation entsprechenden manchmal bizarr wirkenden Tonen. Das die Musik von Petruschka sich wunderbar für das Ballett eignet, ist spürbar.

Jubiläums-Veranstaltungsreihe: 50 Jahre Werkkreis Literatur der Arbeitswelt

Am 07. März 1970 gründete sich als Nachfolgevereinigung der „Gruppe 61“ um Max von der Grün und Fritz Hüser der „Werkkreis Literatur der Arbeitswelt“ (Vereinigung schreibender Arbeiterinnen, Arbeiter und angestellter).

Das umfangreiche Jubiläumsprogramm unter dem Titel „works & circles- 50 Jahre Werkkreis Literatur der Arbeitswelt“ findet vom März bis November 2020 in Dortmund und darüber hinaus statt. Gefeiert wird mit Performances, Lesungen, Videoinstallationen, Tagungen, Diskussionen, Schreib-Wettbewerben und diversen Veranstaltungen in allen Kunstsparten. Das ganze Programm wird von der Kunststiftung NRW, der LWL-Kunststiftung sowie dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW gefördert.

Der Nachlass des Werkkreises befindet sich im Friz-Hüser-Institut (FHI). Das Veranstaltungsprogramm erinnert nicht nur an die Anfänge, Motive, Themen und Wirkungen des Werkskreises, sondern die Veranstaltungsreihe ist durchaus breit ausgerichtet, und hat die heutige und Arbeitswelt der Zukunft im Blick. Die Probleme sind ja immer noch brisant. Umwelt, Migration, Armut, prekäre Arbeitsverhältnisse ungerechte Vermögens-und Eigentumsverhältnisse und so weiter, um nur einige Felder anzusprechen. Interessant ist das Programm also auch für junge Menschen. Ein wichtiges Ziel war es damals, nicht nur in Werkstätten die Fähigkeiten und Lust am Schreiben von Arbeiter- und Angestellten in den Betrieben zu fördern, sondern vor allem authentische Stimmen aus dieser Arbeitswelt mit ihren oft schwierigen Bedingungen. Vor allem der dokumentarische Chrarakter war dabei von Bedeutung.

Stellten das Jubiläumsprogramm vor (v.l.n.r.) Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger (LWL-Kulturdezernentin), Dr. Iuditha Balint (Leiterin Fritz Hüser Institut), Jannette Eggert (Mitarbeiterin Projekt), Erasmus Schöfer (Mitbegründer des Werkkreises), Jörg Stüdemann (Kulturdzernent Stadt Dortmund), Kimberly Becker (Mitarbeiterin Projekt) und Michaela Wiegand (Mitarbeiterin Projekt).
Stellten das Jubiläumsprogramm vor (v.l.n.r.) Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger (LWL-Kulturdezernentin), Dr. Iuditha Balint (Leiterin Fritz Hüser Institut), Jannette Eggert (Mitarbeiterin Projekt), Erasmus Schöfer (Mitbegründer des Werkkreises), Jörg Stüdemann (Kulturdzernent Stadt Dortmund), Kimberly Becker (Mitarbeiterin Projekt) und Michaela Wiegand (Mitarbeiterin Projekt).

Der Dortmunder Kulturdezernent Jörg Stüdemann wies beim Pressegespräch auf die große emanzipatorische und politische Wirkung auf die Gesellschaft hin. Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger (LWL Kulturdezernentin) bestätigte die Wirkung weit über Dortmund hinaus. Querdenken und Bewusstsein zu schaffen, war damals auch ein politischer Anspruch.

Ersasmus Schöfer (Mitbegründer des Werkkreises) erzählte lebhaft über die Anfänge: Unter dem Dach des Werkkreises entstanden in den 1970iger Jahren in der ganzen Bundesrepublik Werkstätten, in denen Arbeiter (oder Angestellte) unter professioneller Unterstützung von Schriftstellern und Wettbewerben ihre Arbeitswelt und deren Bedingungen in eine künstlerische Form zu bringen. Die vorgelegten Schriften wurden zunächst intern diskutiert und dann zur Veröffentlichung (im Fischer-Verlag) frei gegeben.

Die feierliche Eröffnung findet am Samstag, den 07.03.2020 (18:00 Uhr) im Museum für Kunst und Kulturgeschichte (MKK) mit Podiumsdiskussion und einer Performance statt.

Die eigens für das Jubiläum gestalteten Videoinstallationen werden an verschiedenen Orten am 09.03.2020 enthüllt. Zu sehen etwa in der Bersword-Halle, der Stadt- und Landesbibliothek oder der Thier-Galerie.

Das komplette Jubiläumsprogramm und weitere Informationen erhalten Sie unter www.fhi.dortmund.de

Das Auerhaus und die schwierige Lebensbewältigung

Die neue Jugendclubproduktion „Auerhaus“ unter der Regie, Choreografie und Dramaturgie von Milena Kowalski & Lioba Sombetzki hatte am 29.02.2020 im Dortmunder Kinder- und Jugendtheater (KJT) seine von allen Beteiligten mit Spannung erwartete Premiere. Grundlage für die Stückentwicklung war der gleichnamige Roman von Bov Bjerg (Stückfassung von Robert Koall). Akteure auf der Bühne waren sechs junge Schauspieler*innen des Jugendclubs.

Zum Stück: Der achtzehnjährige Frieder (Anis Alfakhouri) landet nach einem misslungenen Suizidversuch mit den Tabletten seiner Mutter zunächst in der Psychiatrie. Damit er nach seiner Entlassung nicht alleine lebt, wohnt er mit zunächst mit Höppner (Lea Zimmermann), der mahnenden Vera (Julia Kubensky) und Cäcilia (Mareike Stötzel) im „Auerhaus“ (nach „Our house“ von Madness).

Der Einkaufswagen wurde bei "Auerhaus" nicht nur zum Einkaufen benutzt. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Der Einkaufswagen wurde bei „Auerhaus“ nicht nur zum Einkaufen benutzt. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Später ziehen auch noch die Pyromanin Pauline (Gianna Pellarin) und der etwas flippige Harry (Sadoun Alsinou) ein. Dort leben sie ein richtiges Leben mit Aufstehen, Frühstücken, Einkaufen (oder auch Klauen), Kochen und Aufpassen auf den selbstmordgefährdeten Frieder. Es geht um Party feiern, Freundschaft, Liebe, Eifersucht, Einsamkeit und Tod. Wie geht Leben, was bleibt am Ende? Nach dramatischen Ereignissen gerät die Lage außer Kontrolle und das gemeinsame Leben im „Auerhaus“ findet ein Ende. Welche Lebensperspektiven erfüllen sich für die Jungen Leute kurz vor dem Abitur?…

Die Kleidung und Musik waren stark an die 80er und 90er Jahre angelehnt. Stühle, Kartons, Discokugeln in verschiedenen Größen, Schwämmchen, silberne Pompons oder ein Einkaufswagen wurden geschickt multifunktional genutzt,

Einfallsreiche Tanzchoreografien zum Beispiel am Anfang zu „Our house“, oder später nach „Tom‘s Diner“ (Suzanne Vega) und „Barbie Girl“ (Aqua) sorgten für gute Stimmung.

Die jungen Schauspieler*innen überzeugten durch einer besonderen Leichtigkeit in ihrem Spiel. Dabei beeindruckten sie sowohl in den ernsten Momenten mit tiefgehenden Gesprächen, wie auch beim WG- und Party-Spaß. Im „Auerhaus“ sind sie füreinander da. Jedoch um eins klarzustellen: Bei diesem Stück gibt es kein Hollywood-Ende.

Lea Zimmermann hatte mit der Rolle den jungen Erwachsenen Höppner als Frau die besondere Herausforderung, sich nicht nur in einen Mann hinein zu versetzen, sondern auch glaubhaft auf der Bühne darzustellen. Sie meisterte diese Aufgabe mit Lockerheit.

Die verschiedenen Charaktere wurden von den Schauspieler*innen gut verkörpert.

Die nächste Gelegenheit das Stück für Jugendliche ab 14 Jahren zu erleben, gibt es am 07.03.2020 (20:00 Uhr).

Infos erhalten Sie wie immer unter https://www.theaterdo.de/detail/event/auerhaus/ und Tel.: 0231/ 50-27222.