Schillers „Räuber“ im zeitgenössischen Gewand

Wie bringt man das am Ende der literarischen Sturm-und Drang-Periode entstandene Drama „Die Räuber“ von dem jungen deutschen Schriftsteller Friedrich Schiller (1759 – 1805) mit seiner zeitlosen und aktuellen Brisanz auf die Bühne bringen?

Dieser schwierigen Aufgabe stellte sich das freie Theaterkollektiv Sir Gabriel Trafique (SGT) mit Regisseur Björn Gabriel, vom Dortmunder Schauspiel gut bekannt, und die für Ausstattung und Produktion verantwortliche Anna Marienfeld in ihrem neuesten Projekt „Die Räuber.Live – Utopien aus Deutschen Lenden“ im Dortmunder Theater im Depot. Der Titel weist schon mit Ironie auf das vor allem durch die AfD vermittelte „deutschtümelige“Sprach- und Menschenbild hin, so der Regisseur.

Die Premiere ist dort am 12.01.2019 um 20:00 Uhr. Neben den Organisatoren Gabriel und Marienfeld gehören immer wechselnde Schauspieler*innen und Videokünstler*innen zur Gruppe.

Diesmal spielen der Bochumer Fernsehmacher Dominik Hertrich und die in Köln geborene Schauspielerin Aischa-Lina Löbbert sowie die Schauspielerinnen Fiona Metscher und Mirka Ritter. Die vier spielen zwei Paare, die eigentlich als gebildet und aufgeklärt gelten. Beide begehen bei Champagner und den in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts beliebten Mettigel einen launigen Abend. Man wähnt sich sozial, humanistisch und fremden Kulturen aufgeschlossen. Dann passiert etwas Unerwartetes und die verschiedenen Lebensentwürfe geraten unter dem Brennglas „identitärer“ Fragestellungen in nicht geahnte Konkurrenz zueinander. Der Abgrund lauert zwischen den Worten und es entbrennt ein erbitterter ideologischer Kampf um die „moralisch gerechte Gesinnung“. Orientierung soll ihnen ein Kulturhistorischer Abgleich bieten und die Vier gleiten immer tiefer ab in Schillers „Räuber“ mit katastrophaler Folge..

Versteckt im "deutschen" Wald und hinter Maschendrahtzaun sinniert der Regisseur und einer der Köpfe von "Sir Gabriel Trafique" Björn Gabriel.
Versteckt im „deutschen“ Wald und hinter Maschendrahtzaun sinniert der Regisseur und einer der Köpfe von „Sir Gabriel Trafique“ Björn Gabriel.

Wie von SGT gewohnt, werden zwar viele Monologe aus Schillers „Räuber“ genutzt, aber mit Hilfe von Video-und Lichtinstallationen, Musik, Elementen der virtual reality, der bildenden Kunst, der Performance, zwei Livekameras sowie über 100 Presens ein zeitgenössisches zugespitztes Gewandt dar gebracht. Für die Visuals und die zeitgenössische Ästhetik ist Alexander Huegel verantwortlich.

Die Bühne ist unter anderem mit typischen als kitschige „typisch deutsche“ Elemente wie etwa den „Deutschen Michel“, den „German Grill“ oder symbolhaft mit einer „Mauer“ als Theke und einen geheimnisvollen und gruselig mit einem Totenkopf versehenen stilisierten „deutschen“ Wald ausgestattet.Es gibt also viele Assoziationsräume für das Publikum.

Wie Gabriel betonte, sind die „Räuber“ von Schiller wohl das deutscheste Stück (Drama). Im Konflikt zwischen Vernunft und Gefühl wählen die Söhne von Graf Maximilian Moor im Drama am Ende extreme und und zu verabscheuende Mittel, um sich von den Fesseln der Elterngeneration und den Schranken des sogenannten „Kastratenzeitalters“ zu befreien. Karl als idealistische Befreier, Bruder Franz als Tyrann, der sich zurückgesetzt fühlt und sich über alle Natur erhebt.

In unserer Zeit brechen sich sich Unzufriedenheit, Verdrängtes oder nur in heimeligen Kneipen und Bierstuben unter sich herausgelassene Aggressionen sowie Ängste vor „Überfremdung“, sozialen Abstieg etwa bei den Montagsdemonstration der PEGIDA lauthals und wie ein Ventil bahn. Es geht diesen Menschen ja, wie sie betonen, der „Gerechtigkeit“ Geltung zu schaffen. Da setzt so mancher auf scheinbar einfache Lösungen für komplexe gesellschaftliche Probleme und sucht den einen „Sündenbock“. Die Gefahr der politischen Instrumentalisierung von rechtspopulistischen und faschistischen Parteien ist groß.

Neben der Premiere am 12.01.2019 gibt es im Dortmunder Theater im Depot auch noch weiter Vorstellungen des Stückes am Sonntag, den 13.01.2019 um 18:00 Uhr, sowie am 14.02.2019, am 28.03.2019 und am 29.03.2019 (jeweils um 20:00 Uhr).

Infos und Karten unter www.depotdortmund.de

Im ¾ Takt ins Jahr 2019

Gleich mit zwei Konzerten „Alles Walzer“ an einem Tag schickten die Dortmunder Philharmoniker unter der schwungvollen Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz ihr Publikum im ¾ Takt in das neue Jahr 2019. Feltz gelang es wieder einmal, ein facettenreiches Programm auf die Beine zu stellen, und die hiesigen Philharmoniker zeigten sich wie gewohnt in ausgezeichneter Form.

Zur Seite standen für eine gelungene Vorstellung außerdem noch die Pianistin Tatiana Prushinskaya und die usbekische Sopranistin Hulkar Sabirova.

Geboten wurden Walzerklänge in ihrer Vielfältigkeit aus unterschiedlichen Epochen und Ländern.

Bei dem Thema Walzer kommt man natürlich nicht an Wien und Johann Strauß (Sohn) vorbei

So begann das Konzert passend mit dem Kaiserwalzer op. 437 des österreichisch-deutschen Kapellmeister und Komponisten.

Wie gewohnt führte Gabriel Feltz mit seinen Dortmunder Philharmonikern beschwingt und walzerselig durch das Programm. (Foto: Anneliese Schürer)
Wie gewohnt führte Gabriel Feltz mit seinen Dortmunder Philharmonikern beschwingt und walzerselig durch das Programm. (Foto: Anneliese Schürer)

Mit dem traurig-schönem Arie „Lascia ch‘io pianga aus „Rinaldo“ (1720) von Georg Friedrich Händel ging es in ein anderes Jahrhundert und es wurde gleich deutlich, dass der ¾ Takt und Walzer nicht seinen Ursprung, wie man denken könnte, in Wien hat. Hulkar Sabirova sang die Arie mit viel Gefühl und Stimm-Volumen.

In verschiedenen Tempi und Variationen fand dieser besondere Takt auch bei dem „Valses nobles D 969“ von Franz Schubert, arrangiert für Klavier zu vier Händen von Georg Kremser. Tatiana Prushinskaya und Gabriel Feltz trugen gemeinsam am Klavier dieses meisterhafte Werk von Schubert vor.

Von der Liebe zu einer Frau inspiriert wurde der französische Komponist Louis Hector Berlioz (1803 – 1869) bei seinem „Un Bal“ (2. Satz der „Symphonie fantastique“ op. 14).

Beim romantischen Liebeslied „je veux vivre“ aus „Romeo et Juliette“ von dem französischen Komponisten Charles Gounod konnte die Sopranistin Sabirova erneut ihre weiche und volle Stimme zur Geltung bringen.

Gabriel Feltz führte ab und zu mit witzig-humorvollen und bissigen Überleitungen durch das Programm. Es folgten mit dem Walzer aus „Dornröschen“ von Peter Tschaikowsky (1848 – 1893) und dem Walzer Nr.2 aus der „Suite für Varieté-Orchester“ von Dimitri Schostakowitsch (1906 – 1975) zwei russische Vertreter mit ihrem ihren romantischen und bei Schostakowitsch in trüben politischen Zeiten auch melancholischen Walzer-Werken.Stimmungsvoll wurde das Programm mit dem Frühlingsstimmen op. 410 von Johann Strauß (Sohn) dem Ende entgegen geführt.

Sabirova und Feltz ließen es sich nicht nehmen, dabei gekonnt einen Walzertanz auf die Bühne zu bringen und danach auch zwei Gäste aus dem Publikum zum Tanz zu bitten.

Einer der wohl bekanntesten Walzer von Strauß Junior, der bekannte „Donauwalzer“, sowie ein Czaras von Hulkar Sabirova dargebracht, durften als Zugabe nicht fehlen.

Traditionell wurde mit dem Radetzky-Marsch von Johann Strauss (Vater) das Programm endgültig beendet und auf das neue Jahr angestoßen.

Makulatur mit Eva-Maria Deutschewitz im Kunstbonbon

Nur wenige werden noch wissen, was das Wort „Makulatur“ eigentlich bedeutet. Es ist „Altpapier“ oder wiederverwendetes Papier. Auch die künstlerische Facebookseite von Eva-Marie Deutschewitz trägt den Namen „Makulatur?“. Die Künstlerin zeigt im Kunstbonbon Allerdings ist es relativ wertvolles Altpapier, das sie für ihre Arbeiten verwendet: Uralte Medizinbücher, alte Werbebroschüren und Modezeitschriften oder Postkarten aus vergangenen Jahrzehnten. Aus diesen Schätzen reißt oder schneidet sie die Einzelteile für ihre Werke.

Da sie gern seriell arbeitet finden sich bestimmte Themengruppen immer wieder. Ob sie nun die Rolle der Frau in den 50er/60er-Jahren mit einem durchaus kritischen Augenzwinkern betrachtet und dabei auch gleich noch den Beginn der Konsumgesellschaft mit einbaut oder sich mit dem Inneren des menschlichen Körpers beschäftigt und ziemlich schwarzhumorig einige Zutaten beisteuert: die „Heile Welt“ der Magazine und des darin gezeigten Lifestyles der jeweiligen Epoche wird von der Künstlerin immer wieder in Frage gestellt.

Durch ihre Collagen gewährt Eva-Maria Deutschewitz einen interessanten Einblick auf das Frauenbild der 50er und 60er Jahre.
Durch ihre Collagen gewährt Eva-Maria Deutschewitz einen interessanten Einblick auf das Frauenbild der 50er und 60er Jahre.

Genauso verfährt sie mit der Tierwelt und drückt in einer Serie namens „Party Animals – wenn Tiere feiern“ z.B. einem Feldhamster eine bestickte Einkaufstasche voller Flaschen in die Pfötchen.

Einige dieser Serien von Eva-Marie Deutschewitz werden ab 05.01.2019 im Kunstbonbon zu sehen sein. Aber nicht nur die Originalcollagen, sondern auch große Drucke der Werke auf Leinwand oder Kissenbezügen sowie Postkarten sind präsent und können natürlich auch gern erworben werden.

Bei der Vernissage am 05.01.2019 um 15 Uhr wird Holger Krüssmann noch mit einigen Worten etwas zur Künstlerin und ihrem Werk sagen und anschließend ist Eva-Marie Deutschwitz sicherlich gern bereit mit den Besuchern über ihre Arbeit zu reden.

Die Ausstellung dauert bis zum 09.02.2019 und ist di 13-18, fr 15-20 und sa 12-15 Uhr zu sehen.

Der Eintritt ist wie immer frei.