Tänzerische Läuterung

Xin Peng Wangs zweiter Teil der „Göttlichen Komödie“ von Dante führt uns auf den Läuterungsberg.

Mit dem Stück „Die
Göttliche Komödie II: Purgatorio“ entführt uns Ballettdirektor
Xin Peng Wang erneut in die Welt des italienischen Dichters Dante
Alighieri (1265–1321). Nach dem ersten Teil, dem Inferno, muss sich
unser Held Dante dem Fegefeuer stellen und den Läuterungsberg
erklimmen. Ein Premierenbericht vom 02. November 2019.

Sehr eindrucksvoll
startet das Stück. Auf einem Berg von Knochen sitzt die
Mezzosopranistin Clara Pertuy und singt das sentimentale „Whoever
You Are Come Forth“ von Kate Moore. Das ist gleichzeitig eine
Reminiszenz an die Belgrader Künstlerin Marina Abramovic, die 1995
eine ähnliche Performance gegen den Bürgerkreig im ehemaligen
Jugoslawien organisiert hat. Es ist immer wieder faszinierend, welche
wunderbaren Bilder Xin Peng Wang auf die Bühne des Theaters zaubert.
Beispielsweise, wenn eine Gruppe von Sündern im hinteren Bereich
verharrt und es aussieht, als ob sie im Hintergrund verschwimmen.
Oder am Ende, als die Wollüstigen gereinigt werden, indem sie in
einer riesigen Flammenwand brennen und in Rauch aufgehen. Dabei macht
Xin Peng Wang in seiner Interpretation deutlich: Die Hölle ist kein
echter Ort, sie ist eher in uns selbst. Wenn wir uns mit unseren
Lügengebilden, Eitelkeiten und Narzissmus die eigene Hölle
bereiten. Daher können an diesem Abend alle theologischen
Überlegungen ad acta gelegt werden, denn plötzlich hat man im Stück
das Gefühl es regnet in der Hölle.

Dante (Javier Cacheiro Alemán) in den Fängen der Versuchungen. (Foto: © Maria-Helena Buckley)
Dante (Javier Cacheiro Alemán) in den Fängen der Versuchungen. (Foto: © Maria-Helena Buckley)

Im Mittelpunkt des
Geschehens waren Dante (Javier Cacheiro Alemán) und sein Begleiter
Vergil (Dann Wilkinson). Doch eine beeindruckende Leistung bot vor
allem Guillem Rojo i Gallego als „Erzengel“, der mit seinen
Tanzbewegungen die macht des Engels unterstrich.

Ein bedeutender
Faktor in der Inszenierung war die Musik. Hier hatte Xin Peng Wang
erneut passende Musik ausgewählt. Sehr faszinierend war die deutsche
Erstaufführung von „Become oceans“ von John Luther Adams. Das
Stück ist stark von den Klängen der Natur inspiriert und imitiert
das An- und Abschwellen einer riesigen Welle im Ozean. Dazu kamen
Werke von Kate Moore, die im Bereich der minimal music komponiert und
Pascal Sevajols, dem Korrepetitor am Ballett Dortmund. Die Musik kam
natürlich nicht vom Band, sondern wurde live gespielt von den
Dortmunder Philharmonikern unter der Leitung von Philipp Armbruster.
Tänzer und Musiker haben an diesem Abend eine großartige Leistung
vollbracht.

Der Abend ist kurz
(75 Minuten), aber er lohnt sich. Die Musik passt ideal zu den
Tänzern und dem Geschehen auf der Bühne. Die Tänzer selbst zeigen
einen großen Einsatz. Zeitgenössisches Ballett wie es sein sollte.

Mehr Infos und
Karten unter www.theaterdo.de