Festliche Operettengala in der Oper Dortmund

Unter dem Motto „Mein Liebeslied muss ein Walzer sein“ kamen die Freunde der Operette am 28.09.2019 in der Oper Dortmund auf ihre Kosten.

Die Bühne strahlte mit einem festlichen Kronleuchter, eine größere barocke Putten-Figur stand je im Hintergrund der Bühne und an der Seite im vorderen Bereich. Zwei überdimensionale künstliche Rosen fanden später ihren Einsatz zum Lied „Schenkt man sich Rosen in Tirol“ (Carl Zeller1842–1898) aus „Der Vogelhändler“.

Die Dortmunder Philharmoniker im hinteren Bühnenbereich bewies wieder einmal, dass sie in allen Genre zuhause ist und zeigte erneut ihr Können. Mit Christoph JK Müller und Sebastian Engel zwei Dirigenten wechselten sich an diesen Abend ab. Mit Temperament, Einfühlungsvermögen und Humor übernahmen sie die musikalische Leitung.

Durch den Abend führte galant und informativ der Opernintendant Heribert Germeshausen. So erfuhr das Publikum auch etwas über die Ursprünge des Genre Operette (Singspiel) als eigenständige Kunstform um 1848 in Paris entstand ( Beispiel: Jacques Offenbach). Die weiteren Hotspots der Operette waren Wien und Berlin, die bürgerlich-volkstümlich geprägt waren. Man spricht von der „Goldenen Operettenära“ (z.B. Johannn Strauss jun.), dieser Zeitabschnitt der Wiener Operette etwa von 1860 bis 1900, und der Silbernen Operettenära z.B. Franz Lehár (1900-1940). Viele Beispiel aus diesen Zeitabschnitten konnte das Publikum hören.

Die Operette "Im weißen Rössl" wird im kommenden Jahr im Originalgewand von 1930 in der Oper Dortmund zu hören sein. (Foto: © Joujou / pixelio.de)
Die Operette „Im weißen Rössl“ wird im kommenden Jahr im Originalgewand von 1930 in der Oper Dortmund zu hören sein. (Foto: © Joujou / pixelio.de)

Die südkoreanische Sopranistin Anna Sohn begeistert zur Zeit ja schon als „Madama Butterfly“. Die filigrane Sängerin überzeugte auch hier mit ihrer starken Stimme und Sensibilität und einer Portion Humor bei „Schenkt man sich Rosen in Tirol“. Schwierigkeiten mit den Partien auch über mehrere Oktaven hatte auch die Koloratursopranistin Elena Fink nicht. Ihr komödiantisches Talent konnte sie vor allem mit ihrem Kollegen, dem Österreicher Fritz Steinbacher ausleben. Der ist für die humorvoll-komödiantischen Rollen wie prädestiniert.

Der in Dortmund aufgewachsene Tenor Mirko Roschkowski bewies seine enormen Stimmkraft schon bei seinem ersten Auftritt mit „Freunde, das Leben ist lebenswert“ (aus Franz Lehárs „Giuditta“) und dann berührend mit dem „Wolgalied des Zarewitsch“ („Der Zarewitsch“). Man darf sich auf seine weiteren Auftritte, etwa als Masaniello in der Oper „Die Stumme von Portici“ freuen.

Sein komödiantische Ader zeigte sich bei einer humorvollen Version von „Lippen schweigen“ (Lustige Witwe) zusammen mit dem Opernchor Theater Dortmund (Leitung: Fabio Mancini). Tatkräftig und humorvoll unterstützte der Chor die Solisten während des Abends.

Einen Ausblick auf die Premiere von „Im weißen Rössl“ (Ralph Benatzky 1884-1957, Arr. Matthias Grimminger) in einer Fassung, die auf einer Version aus dem Jahr 1930 beruht, brachte einen kleinen Vorgeschmack auf die Premiere am 18.01.2020. Im Gegensatz zu den üblichen Inszenierungen, die sich auf die (eher biederen) Version aus dem Jahr 1950 Bezug nehmen, wird diese Inszenierung in Teilen frivoler und die Musik jazzige Elemente enthalten. Das verriet Grimminger in einem kleinen Gespräch mit Germeshausen.

Am Sonntag, den 13.10.2019 und am 17.05.2020 ist noch Gelegenheit, diese Gala zu erleben.

Wie Intendant Heribert Germeshausen verriet, gibt es nur noch wenige Karten für diese Aufführungen.

Informationen erhalten Sie wie immer unter www.theaterdo.de oder Tel.: 0231/ 50 27 222

Mit Space-Jazz in die Umlaufbahn

Einen ungewöhnlichen Abend erlebten die Besucher beim Konzert von „About Aphrodite“ im domicil am 27. September 2019. Eine Mixtur aus Jazz, Elektronik, Ambient und Techno, Grooves und Loops erfüllte den ehrwürdigen Jazzclub. „About Aphrodite“ sind Gilda Razani (Theremin/Sopransaxophon/Elektronische Instrumente), Hans Wanning (Piano/Synthesizer/Elektronische Instrumente) und Jaime Moraga Vasquez (Percussion/Drums). Unterstützung holten sie sich beim Streichquartett der Duisburger Philharmoniker: Teruko Habu (Violine), Peter Bonk (Violine), Kasumi Matsuyama (Viola), Friedmann Dreßler (Violoncello).

Die Musiker verteilten sich nicht auf der Bühne, sondern spielten mitten im Publikum. Das wiederum saß drum herum. So wurde die Band Teil des Publikums und umgekehrt.

Hans Wanning an den Keyboards, Gilda Razani am Theremin und Jaime Moraga Vasquez am Schlagzeug sind "About Aphrodite". (Foto: © Anja Cord)
Hans Wanning an den Keyboards, Gilda Razani am Theremin und Jaime Moraga Vasquez am Schlagzeug sind „About Aphrodite“. (Foto: © Anja Cord)

Die Musik von „About Aphrodite“ ist schwer zu beschrieben, denn sie widersetzt sich jeglichen versuchen, in eine Schublade zu passen. Es sind starke Jazzelemente zu hören, daneben forderte die elektronische Musik wie Techno oder Ambient ihr Recht und Schlagzeuger Vasquez pumpte ordentliche Grooves in den Saal, wenn er nicht gerade den Sound durch verschiedenste Percussioninstrumente unterstützte.

Es war ein Sound, der Landschaftsbilder entstehen lässt oder vielleicht auch für das schwerelose Schweben im All beim Passieren von Jupiter geschrieben wurden. Titel wie „Seclude“, „Reflector“ oder „Artificial Unintelligence“ erschaffen den Soundtrack für den eigenen Film beim Besucher.

Es war eine gute Idee der Band, den überwiegend elektronischen Sound mit dem analogen Klang der Streichinstrumente zu kombinieren. Daraus ergab sich eine weitere Öffnung des Klangbildes.

Der überwiegende Teil des Programms bestand aus Songs, die für das kommende Album geplant sind. Das Stück „Syria“ von der CD „Memebran Music-Polaris“ hatte dagegen fast schon einen klassischen Charakter und wirkte durch das Spiel von Wanning wie aus der Spätromantik entlehnt. Wanning war in der Band, die ja viel mit Improvisation arbeitet, so etwas wie der Taktgeber, der zu den einzelnen Teilen überleitete. Deneben sorgt er mit seinem Synthesizerspiel für das solide Fundament, auf dem die Reise in ferne (oder nahe) Welten losgehen kann.

Gilda Razani, manchen bekannt als Saxophonistin der „Geierabend“-Band, spielte neben Saxophon auch ihr Theremin und „The flute“ von Soma laboratories. „The flute“ ist ein interessantes Instrument, das die menschliche Stimme so moduliert, dass sich spannende Klangeffekte ergeben. Zusammen mit dem Theremin, aus dem Razani auch wunderbare Melodiestimmen zauberte, fungierte sie quasi als Sängerin, die aber keinen Ton sang.

Mit einer Zugabe ging das spannende Konzert zu Ende. Man kann sich auf die kommende CD nur freuen.

Jugendtheaterstück um die Mechanismen und Folgen von Cybermobbing

Die Premiere der neuen Produktion des jungen Ensembles Kulturbrigaden unter der Leitung von Rada Radojcic „Alle außer das Einhorn“ (Kirsten Fuchs) befasste sich am 27.09.2019 im Theater im Depot (Dortmund) eindringlich mit den Mechanismen und Folgen von Cybermobbing.

Erzählt wird die Geschichte von der Schülerin Netti (genannt das Einhorn), die von einer Mädchen-Gang um die neue in der Klasse „Fever“ (eigentlich Gesine) auf das Übelste gemobbt und gedemütigt wird. Die die von Fever gegründete Chatgruppe nennt sich bezeichnenderweise „Alle außer das Einhorn“. Selbst ihr bester Freund Julius wird zum Mitläufer und lässt sie im Stich. Lügen, Hasskommentare, Beleidigungen und Drohungen werden in dem anonymen Chatraum im Netz immer dreister. Kontrolle ist nicht mehr möglich. Die Eltern, Lehrer oder der Busfahrer sind hilflos, denn Netti öffnet sich nicht wirklich mit ihrem Problem.

Gerade wurde mit der Klasse eine Projektwoche zum Thema „Mobbing“ durchgeführt. Die Ergebnisvorstellung und ein Kostümfest soll das Projekt beenden. Als die besorgte Mutter von Netti die Hasskommentare im Handy ihrer Tochter entdeckt, stellt die Lehrerin die SchülerInnen zur Rede.

Das Einhorn wird Opfer von Cybermobbing. Das eindringliche Stück der Kulturbrigaden zeigt die Folgen. (Foto: © Kulturbrigaden/Rada Radojcic)
Das Einhorn wird Opfer von Cybermobbing. Das eindringliche Stück der Kulturbrigaden zeigt die Folgen. (Foto: © Kulturbrigaden/Rada Radojcic)

Sie lässt sich aber zu gerne von den Schülern erzählen, dass die Mobbing-Attacken auf Netti nur ein Experiment waren.

Der Name „Netti“ (Janette) kann hier als Synonym für lieb und nett gesehen werden. Netti will nur ein Teil der Gemeinschaft sein. Im Laufe des Abends gewinnt sie jedoch, wohl auch weil ihr alter Freund Julius wieder zu ihr hält, an Stärke und Widerstandskraft. So ändert sich alles am Tag des Kostümfests. Eigentlich soll „das Einhorn“ dann endlich mal so richtig auf das Horn kriegen, dann steckt aber jemand anderes in Nettis Kostüm…

Die sechs SchauspielerInnen plus Rada Radojcic als Nettis Mutter spielten ihre Rollen intensiv und glaubhaft. Das Publikum konnte auf einem Monitor immer die eingehenden Hassbotschaften verfolgen. Die wurde oft von den SchauspielerInnen dann auch noch einmal gesprochen.

Die Mädchen-Gang um Fever stachelten sich immer wieder in einer Gewaltspirale an, um sich um so stärker zu fühlen. Julis machte lange Zeit mit schlechtem Gewissen mit.

Deutlich wurde bei Fever, dass frühere Opfer oft selbst zum Täter werden. Sie haben eine große Angst davor, wieder zu einem „verletzlichen Einhorn“ zu werden. Die Opfer schweigen oft aus Scham, zweifeln im schlimmsten Fall an sich selbst, und vertrauen nicht auf die Hilfe von Lehrern, Eltern oder Polizei und anderen. Wie wichtig ein Freund ist, zeigt diese Geschichte.

Die Unsicherheit der Lehrerin und die Verzweiflung der überforderten Mutter kamen durch die Schauspielerinnen gut rüber.

Eine transparente Trennwand symbolisierte den Abstand zwischen Tochter und Mutter treffend. Trotz großer Anstrengungen schafft es die Mutter nicht, mit ihrer Tochter in ein konstruktives Gespräch zu führen und eventuell Hilfe von professioneller Seite zu suchen und zu finden.

Die Inszenierung wurde mit eingespielten Pop oder auch Rap-Songs aufgelockert. Eine schöne Choreografie und unterschiedliche Tiermasken sorgten für den Showdown.

Am Ende wird noch wird noch per Monitor Hilfsadressen für betroffene von Cybermobbing eingeblendet.

Ein hochbrisantes und aktuelles Thema, deren Folgen sogar schon Menschen in den Tod getrieben hat.

Wäre zu wünschen, das dieses Stück an vielen Schulen gezeigt würde!

Weitere Informationen zum Programm des Theaters im Depot unter 0231/ 9822336 oder aus dem Programmheft vor Ort in der Immermannstr. 29 in Dortmund.

Sophie Scholl und die Gewissensentscheidung

Im kleinen intimen Bühnenraum Sckelly des Dortmunder Kinder- und Jugendtheaters (KJT) hatte am 26.09.2019 mit „Name: Sophie Scholl“ von Rike Reiniger (ab 14 Jahre) unter der Regie von Annette Müller ein besonderes Solo-Stück seine Premiere. Für die KIT-Schauspielerin Ann-Kathrin Hinz war ihre erst Solorolle eine große Herausforderung.

Worum geht es: Die junge Jura-Studentin Sophie Scholl hat gerade ihre wichtige Examens-Abschlussarbeit absolviert und abgegeben. Nun steht sie vor der schweren Entscheidung, ihren korrupten Professor durch eine Lüge als Zeugin vor Gericht zu schützen und ihre Karriere zu gefährden, oder die Wahrheit zu sagen und die angeklagte Sekretärin der Uni mit ihrer Aussage zu entlasten. Dass sie den Namen der Widerstandskämpferin Sophie Scholl (1921–1943) die wegen ihrer klaren Gewissensentscheidung gegen das Nazi-Regime ermordet wurde, macht ihr die moralische Entscheidung nicht leichter….

Der Bühnenraum wird zu einem Assoziationsraum, dicht mit verschieden großen Druckbuchstaben beschriebenen Wandtafeln versehen. Auf den Wandtafeln stehen einzelne Worte wie „Heimat“, „No Future“, prägnante Artikel aus dem Grundgesetz, besonders groß „Freiheit“ und viele anderen Begriffe.

Die beiden Persönlichkeiten werden von Ann-Kathrin Hinz abwechselnd gegenübergestellt. Sie schlüpft aber nicht nur in die beiden Rollen, sondern auch in die der verschiedenen Wegbegleiter. Außerdem bewältigt sie einen rasanten Wechsel in verschiedene Zeitebenen.

Mal ist sie das am Anfang naiv begeisterte BDM-Mädchen Sophie Scholl, dann die lebensfrohe junge verliebte Frau oder am Ende die bis zu ihrem Ende standhaft-klare Persönlichkeit. Dann stellt sie wieder glaubhaft die in ihrem moralischen Dilemma verzweifelte Jura-Studentin mit all ihren Facetten dar.

Ein großes Kompliment für diese Leistung. Die Schauspielerin war ein Glücksfall für diese anspruchsvolle Aufgabe. Sie konnte ihre vielseitigen Talente, wie etwa Schauspiel oder Gesang, hier voll zur Geltung bringen.

Mit ihrer Körperlichkeit und dem geschickten Einsatz der Stimme, leise oder verzagt, mal wütender, mal laut, zog sie das Publikum in den Bann. Wie die beiden Schicksale erst nebeneinander stehen, dann plötzlich auf einander prallen, erzeugte eine Spannung und berührte die Anwesenden.

Ann-Kathrin Hinz brachte durch ihr körperliches Spiel die Zerrissenheit der Figur Sophie Scholl gut zum Tragen. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Ann-Kathrin Hinz brachte durch ihr körperliches Spiel die Zerrissenheit der Figur Sophie Scholl gut zum Tragen. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Die Entscheidung, sich für humanistisch-moralische gesellschaftliche Werte einzusetzen und nicht durch allgegenwärtige Instrumentalisierung von Ängsten lähmen zu lassen, ist gerade in der heutigen Zeit (wieder) von Bedeutung.

Welchen Wert hat die Wahrheit, Loyalität? Welche persönliche Verantwortung trägt der Einzelne? Lässt sich das Private vom Politischen trennen?

Der Heute-Bezug wurde besonders klar, als die Schauspielerin zunächst als Sophie Scholl ein Lied der Hitlerjugend sang, und später eine fetzige YouTube-taugliche Version darbot. Wie verführbar sind wir heute durch solche dumpf-nationalistischen Liedtexte im modernen Gewand?

Atmosphärisch stark begleitet wurde die Vorstellung durch die intensiven Sounds von Michael Lohmann. Er sorgte für die leisen wie lauten stimmungsvolle Melodien und Songs, ob als Begleitung oder im Vordergrund. Mit relativ wenigen Requisiten wurde die passende Stimmung geschaffen.

Eine eindrucksvolle Inszenierung, die mit Standing-Ovations belohnt wurde.

Karten und Infos über weiteren Aufführungen erhalten Sie wie immer unter www.theaterdo.de oder Tel.: 0231/ 50 27 222.

Verrückt nach Liebe

Intensives Solostück mit Sandra Schmitz im Fletch Bizzel

Diese Frau hat einiges durchgemacht. Paula Spencer war schon mit zwölf für alle die Schlampe. Jetzt ist sie 39, fünffache Mutter, vom Leben gezeichnet durch die Übergriffe des Vaters, abgestumpfte Lehrer, verrohte Mitschüler, ein Prügel-Opfer der verkorksten Verhältnisse und ihres brutalen Ehemanns Charlo. Paula ist „Die Frau, die gegen Türen rannte“, ihre Geschichte ist ausführlich nachzulesen in einem Roman des irischen Booker-Preisträgers Roddy Doyle. Der brisante Stoff wurde von Oliver Reese für die Bühne bearbeitet, der packende Monolog wurde seitdem von zahlreichen Bühnen sehr erfolgreich nachgespielt. Ab dem 4. Oktober ist das Stück in Dortmund im Theater Fletch Bizzel zu sehen. In einer Inszenierung von Hans-Peter Krüger spielt Sandra Schmitz die Paula Spencer als innerlich zerrissene Frau, die dennoch nie aufgibt und sich am Ende als bärenstarke Kämpferin in Stellung bringt.

Sandra Schmitz spielt die Figur der Paula Spencer in "Die Frau, die gegen Türen rannte" im Fletch Bizzel. (Foto: © Standout)
Sandra Schmitz spielt die Figur der Paula Spencer in „Die Frau, die gegen Türen rannte“ im Fletch Bizzel. (Foto: © Standout)

Auf verstörende Weise ist Paula fasziniert, von dem Mann, der sie grün und blau prügelt. Im Krankenhaus erklärt sie ihre Verletzungen stets damit, sie sei gegen eine Tür gelaufen. Nun ist Charlo tot, ein Opfer seiner kriminellen Seitensprünge, und seine Witwe beginnt zu sprechen. Auf der Probe geht es mitunter laut zu, weil DJ Joey Porner das dramatische Geschehen mit Pop-Songs von den Rubettes bis Rammstein mit einem musikalischen Soundteppich unterlegt, den er je nach der Situation durch verschiedene Effekte verfremdet. Dabei agiert er mit seinen Geräten live auf offener Bühne und ist auf diese Weise ein sprachloser und doch nicht stummer Dialogpartner von Paula Spencer. Zwischendurch wird er deshalb von ihr auch schon mal angeschnauzt, muss Requisiten anreichen und dient ihr so des Öfteren als kongenialer Punching-Ball. „Ich habe nicht geheiratet, um meinem Vater eins auszuwischen. Und ich war auch nicht schwanger. Es war Liebe“ , schreit Paula im Stück, „wir liebten uns. Ich war verrückt nach ihm, er war verrückt nach mir!“ Und der Sound korrespondiert mit diesem Wutausbruch, indem er der Frau auf irritierende Weise einen Loop des Rubettes-Hits „Sugar baby love“ immer wieder auf die Ohren knallt. So wird das Geschehen eben nicht nur untermalt, sondern geradezu kommentiert, wodurch, so die Idee des Regisseurs, eine zweite spannende Erzähl-Ebene entsteht.

Der Text ist pures Schauspielerfutter, er lotet alle emotionalen Höhen und Tiefen einer Frau wie Paula Spencer aus, einer Alkoholikerin, die inmitten der Trümmer ihres Lebens aufbegehrt und sich verrückt nach Liebe ihre Qual von der schwer verletzten Seele redet.

Termine: 4. Oktober (Premiere),

5., 18. Und 19. Oktober

29. November

Weitere Infos und Karten unter www.fletchbizzel.de

Eine besondere Ballettgala mit russischem Flair

Einen grandiosen Tanzgenuss erlebten die Gäste der 30. Internationalen Ballettgala im Dortmunder Opernhaus. Im Rahmen der Russischen Kulturtage zeigten die Stars des St. Petersburger Mariinsky-Theaters und des Bolshoi-Theaters aus Moskau ihre in Perfektion getanzten Choreografien. Die Ballettschulen in St. Petersburg und Moskau stehen in einer langen Tradition des klassischen Balletts. Die Bürger verehren ihre TänzerInnen regelrecht und begeistern sich für den puristischen Ansatz der Aufführungen.

Im April 2019 trat die Dortmunder Ballett Compagnie in St. Petersburg auf und wurde vom begeisterten Publikum mit Standing Ovations belohnt. Auf Wunsch und mit Unterstützung des russischen Kulturministeriums kamen die Dortmunder nun am 21. und 22. September 2019 in den Genuss dieses Gegenbesuchs der russischen Kompanien.

Diese besondere Ballettgala widmete sich ausschließlich der russischen Ballettkunst und steht damit einmalig in der erfolgreichen Historie der Internationalen Ballettgalas des Balletts Dortmund.

Die Aufführung stand in dieser klassischen Tradition mit hochkarätigem Spitzentanz und sprunggewaltigen Tanzeinlagen, zeigte aber auch mitreißende Choreografien in zeitgenössischem Stil. Die technische Perfektion mit kurzen Schrittfolgen, kraftvollen Sprüngen und zahlreichen Pirouetten war sehr beeindruckend. Großformatige Fotografien mit wechselnden Motiven aus St. Petersburg, griechischen Tempeln, Wiener Ballsälen und einem wunderbaren Blick über Paris unterstützten die jeweiligen Choreografien.

Im Pas de deux ließen die weiten Sprünge der Irina Perren in die Arme von Marat Shemiunov dem Publikum fast den Atem stocken. Unglaublich mit welcher federhaften Leichtigkeit die Solistin diese Höchstleistung darbot. Dieses Vertrauen auf den Tanzpartner zeigte sich auch in vielen weiteren Pas de deuxs.

Das Dortmunder Ballett von Xing Peng Wang tanzte überwiegend im Stil des Modern Dance, blieb aber mit Musik von Astor Piazolla, Peter Tschaikowsky und Carl Maria von Weber dem klassischen Gesamtkonzept treu. Der adaptierte argentinische Tango von Piazolla, getanzt von Anna Tsygankova und Constantine Allen war ein mitreißendes Plädoyer für einen leidenschaftlichen Tanzstil.

Zu Begeisterungsstürmen führte auch der zweite Tanz von Irina Perren und Marat Shemiunov, die zur Melodie „Je suis malade“ von Alice Dona eine leidenschaftliche Beziehungskrise verkörperten. Die Spannung und Emotionalität der Auseinandersetzung war mit Händen zu greifen.

Beim Grand Pas de deux aus „Don Quichotte“ brillierte Elena Evseeva mit enormer Geschwindigkeit und Ausdauer bei den Pirouetten.

Das Publikum war begeistert von der gelungenen Aufführung und belohnte die Compangien mit langem Applaus und stehenden Ovationen.

Im Frühjahr 2020 eröffnet das Dortmunder Ballett mit dem Sommernachtstraum das Tanzfestival in in St. Petersburg.

Galerie 103 präsentiert Kunst in einem ganzheitlichem Zusammenhang

Im Rahmen der „Offenen Nordstadtateliers 2019“ in Dortmund am Wochenende 28./29.09.2019 zeigt die Galerie 103 (Chancen-Café 103) in der Oesterholzstraße 103 eine Ausstellung von drei größeren farbigen Bilder sowie einigen Zeichnungen des Künstlers Davoud Sarfaraz (geb. 1954, Iran) unter dem aufmunternden Titel „Die Welt wartet schon auf die Frauen“ in ihren Räumlichkeiten.

Sarfaraz lebt schon die Hälfte seines Lebens (über 32 Jahre) in Deutschland. Wie er bei einem Pressegespräch erklärte, ist er sehr dankbar dafür, hier leben zu können.

Er will uns jedoch mit seiner Kunst aus den Zwängen des Alltagsstress, dem Zeitmangel, Konsumzwängen und Hetze oder den Begrenzungen durch Religionen und Doktrinen befreien und den Blick nach innen zu richten. Kunst und Freiheit gehören für ihn zusammen. Sie bieten die Chance, innezuhalten – einen Moment der Stille zu erleben.

Seine Bilder sind einerseits fremdartig traditionell orientalisch gehalten, andererseits verbindet er sie mit einer kraftvollen modernen bildnerischen Sprache der Moderne.

Davoud Sarfaraz in der Galerie 103 mit Zeichnung „Die Friedenstaube“ (Foto: © Guido Meincke)
Davoud Sarfaraz in der Galerie 103 mit Zeichnung „Die Friedenstaube“ (Foto: © Guido Meincke)

Wie Guido Meincke (Machbarschaft Borsig11) erläuterte, ist die Ausstellung im Rahmen der offenen Nordstadtateliers 2019 ein Teil des übergeordneten ganzheitlichen Konzepts des Programms „Namaste 103“ von Machbarschaft Borsig11 e.V. im Chancen-Café 103, gefördert von Interkultur Ruhr und realisiert mit Chancen der Bewohner des Borsigplatz-Quartiers. Ziel ist, Kunst und gesellschaftliches Leben zusammenzuführen.

Unter der Leitung von Anup Khattri Chettri wird in der Nordstadt zum Beispiel meditiert. Menschen aus verschiedenen Kulturen treiben gemeinsam Sport, kochen und essen zusammen, malen oder musizieren. Spiritualität im Sinne von Anup repräsentiert keine bestimmte Religion oder dogmatische Philosophie, sondern ist absolut säkular. Geeignet für alle Menschen, ob religiös oder ohne Glauben. Es geht darum, Ruhe, Frieden und Klarheit zu erlangen.

So gibt es an den beiden Tagen der Offenen Nordstadt Ateliers 2019 nicht nur die Kunst von Davoud Sarfaraz zu sehen, sondern es gibt dazu ein Programm mit persischen Leckereien und Musik.

Weitere Informationen: www.borsig11.de

Programm:

Samstag, den 28.09.2019 15:00 – 20.00 Uhr

15:00 Uhr: Eröffnung mit Dr. Phil. Helga Jansen

18:00 Uhr: Konzert mit Kioomars Musayyebi (Santur)

19:00 Uhr: Persisches Abendessen

Sonntag, den 29.09.2019 11:00 – 18:00 Uhr

Gespräche bei Kaffee, Tee, Kuchen und persisches Gebäck

16:00 Uhr DADAistische Straßenkunst

Name: Sophie Scholl – Wir sind selbst unser Gegner!

In dem Solostück „Name: Sophie Scholl“ beleuchtet Regisseurin Annette Müller die Folgen des immer Stärker werdenden Leistungsdrucks in der Gesellschaft. Was ist die Protagonisten bereit dafür zu tun, und hat ihre berühmte Namensvetterin vielleicht doch einen Einfluss auf ihre Entscheidung? Die Premiere des Stückes findet am 26. September 2019 um 19 Uhr im intimen Raum des Sckelly statt.

Annette Müller präsentiert uns eine Sophie Scholl, die durch die ständigen Vergleiche mit der historischen Sophie Scholl ziemlich neurotisch geworden ist. Zumal sie nur durch die erneute Heirat ihrer Mutter dem Namen trägt. „Das werde ich sowieso nicht erreichen“, ist ihre Konsequenz aus den ständigen Vergleichen.

In dem Stück hat Sophie (Ann-Kathrin Hinz) ein Problem: Sie muss als Zeugin aussagen. Was sie aussagt, hat Konsequenzen. Entweder wird eine Unschuldige wegen Betruges verurteilt oder der wahre Täter wird ihre Karriere als angehende Juristin zerstören. Eine schwere Entscheidung, denn der Preis der Wahrheit ist hoch. Hier verknüpft sich wieder die Frage, vor der auch die historische Sophie Scholl stand: Schweigen oder Reden.

Sophie Scholl (Ann-Kathrin Hinz) ist in der Klemme: Wahrheit oder Karriere. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Ann-Kathrin HinzSophie Scholl (Ann-Kathrin Hinz) ist in der Klemme: Wahrheit oder Karriere. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Natürlich sind die Konsequenzen, die die historische Sophie Scholz zu spüren bekam, nicht annähernd so gravierend wie der modernen. Dennoch mussten sich beide den Fragen nach Loyalität und Korrumpierbarkeit stellen. Wie weit bin ich bereit zu gehen und wann ist die rote Linie überschritten. Kam der Druck in der NS-Zeit noch von außen, sind wir in unserer heutigen Zeit selbst der Gegner. Wenn du scheiterst, ist es deine eigene Schuld. Selbstoptimierung ist die neue Religion geworden.

Regisseurin Annette Müller ist gelernte Schauspielerin und hat lange in Wiesbaden und Marburg gearbeitet. In den letzten Jahren inszenierte sie Tanztheater, wodurch auch diese Inszenierung sehr körperlich sein wird. So wird Ann-Kathrin Hinz sehr aktiv agieren. Für Müller ist dies Stück ein „ästhetischer Geschichtsunterricht“.

Auf der Bühne werden „beschriebene Wände“ zu sehen sein, da die historische Sophie Scholl an die „Macht des Wortes glaubte, denn sie war sehr gebildet und belesen“, so Annette Müller. Ebenso wird die Musik uns in die Zeit der historischen Sophie Scholl zurückführen.

Weitere Informationen unter: www.theaterdo.de

Kulturbrigaden-Produktion zum brisanten Thema Cybermobbing

Am Freitag, dem 27.09.2019 um 20:00 Uhr hat die neueste Produktion der jungen Theatergruppe der Kulturbrigaden unter der engagierten Leitung von Rada Radojcic „Alle ausser das Einhorn“ (ab 10 Jahre) von Kirsten Fuchs im Theater im Depot (Dortmund) seine Premiere.

Die bisher gezeigten Aufführungen früherer Produktionen der Kulturbrigaden zeichneten sich immer auch durch besonders eindrucksvolle Kostüme und Masken sowie Choreografien aus.

Das neue Stück ist etwas naturalistischer gehalten. Aber keine Sorge, beim Kostümfest gegen Ende kommen die Freundinnen und Freunde der schönen Masken und Kostüme auf ihre Kosten.

„Das Problem „Cybermobbing“ in seinen extremen Auswirkungen, die oft außer Kontrolle geraten können“, so Rada Radojcic, nimmt leider immer mehr zu. So wurde das Thema von den beteiligten jungen Schauspielerinnen und Schauspielern ausgewählt. Auch wenn es schon früher Mobbing in den Schulen (oder im Beruf) gab, sind die Dimensionen und Folgen durch die große Verbreitung über Social Media weitaus schwerwiegender.

Sieben Schauspieler*innen sind diesmal mit von der Partie. Die Hauptrolle der Netti (genannt „Das Einhorn“) spielt die Jugendliche Mary Schilkmann.

Das Einhorn wird gemobbt. Die "Kulturbrigaden" sprechen das dringende Thema "Cybermobbing" in ihrem neuen Stück "Alle ausser das Einhorn" an. (Foto: © Kulturbrigaden / Rada Radojcic)
Das Einhorn wird gemobbt. Die „Kulturbrigaden“ sprechen das dringende Thema „Cybermobbing“ in ihrem neuen Stück „Alle ausser das Einhorn“ an. (Foto: © Kulturbrigaden / Rada Radojcic)

Zum Stück: „Alle ausser das Einhorn“ heißt auch die Chatgruppe der Klasse von Netti. Sie darf nicht mitmachen, sondern muss hilflos zusehen, wie immer mehr Lügen, Hasskommentare und Drohungen auf ihrem Handydisplay landen. Die neue Mitschülerin Fever hat nun das Sagen, und selbst Nettis bester Freund Julius hält nicht mehr zu ihr. Ironischerweise findet das Mobbing von Netti gerade auch während einer Projektwoche zu dem Thema statt. Eltern und Lehrer sind überfordert. Beim abschließendem Kostümfest soll „das Einhorn“ endlich richtig aufs Horn kriegen. – doch dann passiert unerwartetes…

Per Videoprojektion werden entsprechende „Hassmails“ nicht nur zu sehen sein, und auf Musik und Tanzchoreografien wird nicht ganz verzichtet.

Geplant (und wichtig) ist, mit dieser Produktion auch an die Schulen zu gehen.

Am Samstag, dem 28.09.2019 gibt es ebenfalls um 20:00 Uhr eine weitere Aufführung des Stücks.

Karten unter: ticket@theaterimdepot.de oder 0231/ 9822336

Ort: Theater im Depot / Immermannstraße 29 in Dortmund

Ein besonderer Pinguin auf der Suche nach Freundschaft und Glück

Im Dortmunder Kinder- und Jugendtheater (KJT) hatte am Freitag, den 20.09.2019, das Stück „Ginpuin“ (ab 4 Jahre) Premiere. Die durch viele schöne Produktionen bekannte KJT-Regisseurin Antje Siebers hat die Bühnenfassung von Winnie Karnofka nach einem Bilderbuch (Barbara van den Speulhof und Henrike Wilson) fantasievoll und mit viel Humor inszeniert. Es ist eine Geschichte vom anders ein und dem starken Wunsch nach Akzeptanz, Zugehörigkeit, Freundschaft.

In einer arktischen Landschaft mit Eisschollen und Eisberg (dargestellt mit beleuchteten hellen Holzplatten) auf der Südhalbkugel unseres Planeten erscheint ein neuer Pinguin. Er ist anders als die anderen Pinguin, obwohl er äußerlich genauso aussieht. „Ginpuin“ verdreht die Buchstaben. Aus „dankeschön“ wird so etwa „schankedön“. Die anderen Pinguine lachen (zunächst) über ihn und geben ihn seinen Spitznamen. Traurig macht sich Ginpuin auf eine lange Reise bis zum anderen Ende der Welt, um sein Glück zu finden und ein Held zu werden. Er begegnet anderen Tieren und einer freundlichen Fischerin, die ihn mitnimmt. Auf einer grünen Insel wird er sogar sehr glücklich. Das ist aber noch nicht das Ende der Geschichte…

Ein großes Kompliment für die wunderbaren humorvoll-fantasievollen Kostüme und Ausstattung von Julia Schiller. Für die atmosphärischen Videoprojektionen im Hintergrund mit zum Beispiel einem schönen Nachthimmel oder Sonnenuntergang sorgte Peter Kirschke. Mit Humor, Spielfreude, kleinen Tanz- sowie Gesangseinlagen überzeugten die KJT-Schauspieler: Bianka Lammert als cooler, sprechender „Eisberg“ und relaxt-entspannte, an die Hippie-Zeit erinnernde „grüne Insel“.

Auf einer grünen Insel wird Ginpuin (Bettina Zobel, rechts) glücklich. Mit auf dem Bild: Die Ensemblemitglieder Thorsten Schmidt; Jan Westphal und Bianka Lammert  (v.l.n.r.). Foto: © Edi Szekely)
Auf einer grünen Insel wird Ginpuin (Bettina Zobel, rechts) glücklich. Mit auf dem Bild: Die Ensemblemitglieder Thorsten Schmidt; Jan Westphal und Bianka Lammert (v.l.n.r.). Foto: © Edi Szekely)

Mit viel Spaß an der Verwandlung schlüpften auch Thorsten Schmidt und Jan Westphal gleich in mehrere Rollen als Pinguine und andere Tiere. Bettina Zobel hatte in ihrer Rolle als Ginpuin die große Herausforderung, die Sprachverdrehungen unfallfrei vorzutragen. Sie tat es mit einer lockeren Selbstverständlichkeit.

Neben den vier Schauspielern stand auch noch die Musikerin Maria Trautmann. Mit passenden Hintergrundklängen und Songs sorgte sie nicht nur live auf der Bühne mit verschiedenen Instrumenten (z.B. Posaune oder Synthesizer) für eine besondere Stimmung, sondern überzeugte auch als Fischerin.

Am Ende kommt auch die drohende Eisschmelze durch den Klimawandel zur Sprache.

Rührend und etwas naiv, wie am Ende alle gemeinsam versuchen, durch das Aussprechen von Begriffen, die Kälte assoziieren („Eis am Stil“ u.a.) das drohende Schmelzen des Eisbergs zu verhindern.

Informationen zu weiteren Aufführungsterminen erhalten Sie wie immer unter www.theaterdo.de oder Tel: 0231/ 50 27 222.