Klangvokal 2019 – starke Chorstimmen für Orlando di Lassos „Psalmen Davids“

In
der Dortmunder Marienkirche stand im Rahmen des Klangvokal
Musikfestivals alte Musik aus der Renaissance auf dem Programm. Das
Vocalconsort Berlin, einer der besten und mit ihrem breiten
Repertoire flexibelsten Kammerchöre Deutschlands, bot mit den
„Psalmen Davids“ von Orlando di Lasso (1532-1594) unter der Regie
des niederländischen Dirigenten Daniel Reuss eine Kostprobe ihres
Könnens. Gerade erst hat der Chor seinen 15. Geburtstag gefeiert.

Protegiert
vom kunstsinnigen und religiösen Herzog von Bayern in München,
Albrecht V., hatte

Orlando
die Lasso günstige Bedingungen für seine Musik. Über 2.000
Vokalwerke für weltliche und geistliche Anlässe sind Zeugnis für
sein umfangreiches Schaffen. Die „Bußpsalmen“ (Psalmi Davidis
Pœnitentialis)
haben vor allem einen besonderen Platz bei gläubigen Menschen in der
Fastenzeit und Karwoche. Es geht um Schuld, Buße und Hoffnung auf
Vergebung (Erlösung)
durch ein höheres Wesen.

Das Vocalconsort Berlin präsentierten die Bußpsalmen von Orlando di Lasso in der Marienkirche. (Foto: © Bülent Kirschbaum)
Das Vocalconsort Berlin präsentierten die Bußpsalmen von Orlando di Lasso in der Marienkirche. (Foto: © Bülent Kirschbaum)

Das
Vocalconsort (8 Männer und 5 Frauen) sang in unterschiedlicher
Konstellation (10 bis 13 Personen) aus den „Psalmen Davids“ vier
Motetten: Den erste Bußpsalm „Psalmus Primus Poenitentialis“
(Psalm 6) – „Ach Herr, strafe mich nicht in deinem Zorn“, der
zweite Bußpsalm „(Psalm 32) bringt „Die Freude der Buße“ zum
Ausdruck. Der
dritte Bußpsalm (Psalm 38)
beginnt mit den Worten
des 1. Bußpsalms und hat das in der Luther-Bibel umschriebene Thema
„In schwerer Heimsuchung“.
Der siebte Bußpsalm
(Psalm 142/143) fleht um Erhörung und Gnade.

Am
Schluss folgte der von di Lasso zur Ausschöpfung des kompletten
Kreises der acht Modi angeschlossene Lobgesang in Form der Motette
„Laudate Dominum“.

Der
raffinierte Kammerchor überzeugte nicht
nur mit ihren klaren Stimmen,
sondern mit
auch mit einer
perfekten Interpretation
des Werkes.

In
einem wunderbaren
Zusammenklang der unterschiedlichsten Stimmlagen (vom hellem Sopran
bis zum tiefen Bass) mit
„verschobenen Einsätzen“ der
Sängerinnen und Sänger, gelang ein homogener Gesamtklang und am
Ende wurden die Stimmen
perfekt zusammengeführt.

Ein
über zwei Stunden gehendes Klangerlebnis mit fast meditativer
Sogkraft.




Wiener Klassik mit viel Berlin-Bezug

Die Dortmunder
Philharmoniker unter Leitung des jungen Dirigenten Justus Thorau
(seit Herbst 2018 1. Kapellmeister am saarländischen Staatstheater),
lud Musikfreunde am 27.05.2019 zum 3. Konzert Wiener Klassik unter
dem Motto Berlin in das hiesige Konzerthaus.

Auf dem Programm
standen Werke von drei Komponisten des 19. Jahrhunderts, die eine
besondere Beziehung zur Musikmetropole Berlin. Diese Stadt zählte um
1800 schon über 150.000 Einwohner und hatte eine wachsende
Anziehungskraft und Einfluss für vielen Kulturschaffende.

Da wäre zunächst
E.T.A Hoffmann (1776 – 1822) mit seiner Sinfonie Es-Dur. Auch wenn
ihn im Laufe seines Lebens zuweilen in andere Städte trieb, blieb
Berlin doch immer ein Zentrum seines Wirkens. Vielen ist Hoffmann
eher als Vater der fantastischen romantischen Literatur bekannt.

Bei ihm mischten
sich jedoch Musik und Literatur und als Komponist war er vor allem
ein Verehrer von Wolfgang Amadeus Mozart. Im Jahr 1805 machte er
sogar aus „Theodor Wilhelm“ „Theodor Amadeus“.

Kirill Troussov spielte das Violinkonzert e-Moll von Felix Mendelssohn Bartholdy. (Foto: © Marco Borggreve)
Kirill Troussov spielte das Violinkonzert e-Moll von Felix Mendelssohn Bartholdy. (Foto: © Marco Borggreve)

Seine Sinfonie
Es-Dur ist durchaus (wie damals üblich) an die von Mozart (KV 543)
angelehnt. Das merkt man vor allem beim ersten Satz mit seiner
feierlichen Einleitung. Die verarbeiteten Themen sind aber von ganz
anderer Natur. Es strebt zunächst ausgestattet mit Trillern in die
Höhe, um nach einem kurzen Verarbeitungsteil in einer musikalischen
Rekapitulation zu enden.

Der zweite Satz
Andante con moto (gleiche Satzbezeichnung wie bei Mozart) ist wieder
ähnlich verspielt wie wir es von Mozart kennen. Das Menuett hat dann
etwas Fantastisches und skurriles, wie es nur von E.T.A. Hoffmann
kommen kann. Es folgt ein furioses Finale, das wieder an Mozart
erinnert.

Vor der Pause wurde
dem Publikum noch die Ouvertüre G-Dur des italienischen Komponisten
Luigi Maria Cherubini (1760 – 1842). Er zählt ebenfalls zu der zu
Unrecht vernachlässigten Kategorie von Komponisten. Bis Ende des
Zweiten Weltkriegs waren seine Handschriften und Partituren für
lange Zeit in der Berliner Staatsbibliothek zu finden. Nachdem sie
danach in Krakau verbracht wurden, sind sie nun in einer Werksausgabe
seit vier Jahrzehnten der Öffentlichkeit zugänglich.

Die Ouvertüre
G-Dur, eine Sammelbestellung der Londoner Philharmonic Society,
entfacht nach einer eher langsamen Einleitung bis zu seinem an Tempo
reichen effektvollen Schluss viel dramatisches musikalisches Feuer.
Das wurde auch vom Meister Ludwig van Beethoven sehr geschätzt.

Nach der Pause
erfreute die Philharmoniker unter schwungvoller Regie von Justus
Thorau und den in St. Petersburg geborenen und in München wohnenden
Violinisten Kirill Troussov mit dem Violinkonzert e-Moll von Felix
Mendelssohn Bartholdy (1809 – 1847). Dieser hatte einen Großteil
seiner Kindheit und Jugend in Berlin verbracht, litt aber immer unter
den unterschwelligen nationalistisch-antisemitischen Ressentiments
der Umgebung.

Sein Violinkonzert
ist nicht nur wie aus einem Guss, sondern bietet auch kleine
Überraschungen. So wurden etwa die musikalischen Themen am Anfang
nicht vom Orchester vorgestellt, sondern gleich im zweiten Takt von
der Violine. Der technisch brillante Violinist hatte schnell
Gelegenheit, sein Können und spielerische Sensibilität zu zeigen.
Schwelgerisch, leichtfüßig und filigran begeistert das Konzert. Das
Allegro molto vivace liefert zum Ende einen prickelnden aufgeräumten
Abschluss.

Als Zugabe für das
begeisterte Publikum gab in diversen Variationen (mit
Orchester-Unterstützung) das alte neapolitanische Lied „Carnevale
di venezia“ (Niccolo Paganini), vielen besser bekannt als „Mein
Hut der hat drei Ecken“.