Klangvokal 2019 – starke Chorstimmen für Orlando di Lassos „Psalmen Davids“

In der Dortmunder Marienkirche stand im Rahmen des Klangvokal Musikfestivals alte Musik aus der Renaissance auf dem Programm. Das Vocalconsort Berlin, einer der besten und mit ihrem breiten Repertoire flexibelsten Kammerchöre Deutschlands, bot mit den „Psalmen Davids“ von Orlando di Lasso (1532-1594) unter der Regie des niederländischen Dirigenten Daniel Reuss eine Kostprobe ihres Könnens. Gerade erst hat der Chor seinen 15. Geburtstag gefeiert.

Protegiert vom kunstsinnigen und religiösen Herzog von Bayern in München, Albrecht V., hatte

Orlando die Lasso günstige Bedingungen für seine Musik. Über 2.000 Vokalwerke für weltliche und geistliche Anlässe sind Zeugnis für sein umfangreiches Schaffen. Die „Bußpsalmen“ (Psalmi Davidis Pœnitentialis) haben vor allem einen besonderen Platz bei gläubigen Menschen in der Fastenzeit und Karwoche. Es geht um Schuld, Buße und Hoffnung auf Vergebung (Erlösung) durch ein höheres Wesen.

Das Vocalconsort Berlin präsentierten die Bußpsalmen von Orlando di Lasso in der Marienkirche. (Foto: © Bülent Kirschbaum)
Das Vocalconsort Berlin präsentierten die Bußpsalmen von Orlando di Lasso in der Marienkirche. (Foto: © Bülent Kirschbaum)

Das Vocalconsort (8 Männer und 5 Frauen) sang in unterschiedlicher Konstellation (10 bis 13 Personen) aus den „Psalmen Davids“ vier Motetten: Den erste Bußpsalm „Psalmus Primus Poenitentialis“ (Psalm 6) – „Ach Herr, strafe mich nicht in deinem Zorn“, der zweite Bußpsalm „(Psalm 32) bringt „Die Freude der Buße“ zum Ausdruck. Der dritte Bußpsalm (Psalm 38) beginnt mit den Worten des 1. Bußpsalms und hat das in der Luther-Bibel umschriebene Thema „In schwerer Heimsuchung“. Der siebte Bußpsalm (Psalm 142/143) fleht um Erhörung und Gnade.

Am Schluss folgte der von di Lasso zur Ausschöpfung des kompletten Kreises der acht Modi angeschlossene Lobgesang in Form der Motette „Laudate Dominum“.

Der raffinierte Kammerchor überzeugte nicht nur mit ihren klaren Stimmen, sondern mit auch mit einer perfekten Interpretation des Werkes.

In einem wunderbaren Zusammenklang der unterschiedlichsten Stimmlagen (vom hellem Sopran bis zum tiefen Bass) mit „verschobenen Einsätzen“ der Sängerinnen und Sänger, gelang ein homogener Gesamtklang und am Ende wurden die Stimmen perfekt zusammengeführt.

Ein über zwei Stunden gehendes Klangerlebnis mit fast meditativer Sogkraft.

Wiener Klassik mit viel Berlin-Bezug

Die Dortmunder Philharmoniker unter Leitung des jungen Dirigenten Justus Thorau (seit Herbst 2018 1. Kapellmeister am saarländischen Staatstheater), lud Musikfreunde am 27.05.2019 zum 3. Konzert Wiener Klassik unter dem Motto Berlin in das hiesige Konzerthaus.

Auf dem Programm standen Werke von drei Komponisten des 19. Jahrhunderts, die eine besondere Beziehung zur Musikmetropole Berlin. Diese Stadt zählte um 1800 schon über 150.000 Einwohner und hatte eine wachsende Anziehungskraft und Einfluss für vielen Kulturschaffende.

Da wäre zunächst E.T.A Hoffmann (1776 – 1822) mit seiner Sinfonie Es-Dur. Auch wenn ihn im Laufe seines Lebens zuweilen in andere Städte trieb, blieb Berlin doch immer ein Zentrum seines Wirkens. Vielen ist Hoffmann eher als Vater der fantastischen romantischen Literatur bekannt.

Bei ihm mischten sich jedoch Musik und Literatur und als Komponist war er vor allem ein Verehrer von Wolfgang Amadeus Mozart. Im Jahr 1805 machte er sogar aus „Theodor Wilhelm“ „Theodor Amadeus“.

Kirill Troussov spielte das Violinkonzert e-Moll von Felix Mendelssohn Bartholdy. (Foto: © Marco Borggreve)
Kirill Troussov spielte das Violinkonzert e-Moll von Felix Mendelssohn Bartholdy. (Foto: © Marco Borggreve)

Seine Sinfonie Es-Dur ist durchaus (wie damals üblich) an die von Mozart (KV 543) angelehnt. Das merkt man vor allem beim ersten Satz mit seiner feierlichen Einleitung. Die verarbeiteten Themen sind aber von ganz anderer Natur. Es strebt zunächst ausgestattet mit Trillern in die Höhe, um nach einem kurzen Verarbeitungsteil in einer musikalischen Rekapitulation zu enden.

Der zweite Satz Andante con moto (gleiche Satzbezeichnung wie bei Mozart) ist wieder ähnlich verspielt wie wir es von Mozart kennen. Das Menuett hat dann etwas Fantastisches und skurriles, wie es nur von E.T.A. Hoffmann kommen kann. Es folgt ein furioses Finale, das wieder an Mozart erinnert.

Vor der Pause wurde dem Publikum noch die Ouvertüre G-Dur des italienischen Komponisten Luigi Maria Cherubini (1760 – 1842). Er zählt ebenfalls zu der zu Unrecht vernachlässigten Kategorie von Komponisten. Bis Ende des Zweiten Weltkriegs waren seine Handschriften und Partituren für lange Zeit in der Berliner Staatsbibliothek zu finden. Nachdem sie danach in Krakau verbracht wurden, sind sie nun in einer Werksausgabe seit vier Jahrzehnten der Öffentlichkeit zugänglich.

Die Ouvertüre G-Dur, eine Sammelbestellung der Londoner Philharmonic Society, entfacht nach einer eher langsamen Einleitung bis zu seinem an Tempo reichen effektvollen Schluss viel dramatisches musikalisches Feuer. Das wurde auch vom Meister Ludwig van Beethoven sehr geschätzt.

Nach der Pause erfreute die Philharmoniker unter schwungvoller Regie von Justus Thorau und den in St. Petersburg geborenen und in München wohnenden Violinisten Kirill Troussov mit dem Violinkonzert e-Moll von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809 – 1847). Dieser hatte einen Großteil seiner Kindheit und Jugend in Berlin verbracht, litt aber immer unter den unterschwelligen nationalistisch-antisemitischen Ressentiments der Umgebung.

Sein Violinkonzert ist nicht nur wie aus einem Guss, sondern bietet auch kleine Überraschungen. So wurden etwa die musikalischen Themen am Anfang nicht vom Orchester vorgestellt, sondern gleich im zweiten Takt von der Violine. Der technisch brillante Violinist hatte schnell Gelegenheit, sein Können und spielerische Sensibilität zu zeigen. Schwelgerisch, leichtfüßig und filigran begeistert das Konzert. Das Allegro molto vivace liefert zum Ende einen prickelnden aufgeräumten Abschluss.

Als Zugabe für das begeisterte Publikum gab in diversen Variationen (mit Orchester-Unterstützung) das alte neapolitanische Lied „Carnevale di venezia“ (Niccolo Paganini), vielen besser bekannt als „Mein Hut der hat drei Ecken“.

Ein Fest für die Sinne – Im Irrgarten des Wissens

Mit „ Im Irrgarten des Wissens“ unter der Regie von Thorleifur Örn Arnarsson schenkt uns das Schauspiel Dortmund ein Sommerstück der besonderen Art. Zwar war die Hauptaktion auf der großen Bühne, doch es gab Installationen und Ausstellungen im ganzen Schauspielhaus. Was dort ablief, ist schwer in Worte zu fassen, aber hier ist der Versuch eines Premierenberichtes vom 25. Mai 2019.

Die Nebelmaschinen mussten ganze Arbeit leisten, bis sie die große Bühne eingehüllt hatten. Dann zog ein einsamer Gartenzwerg seine Bahnen, bis das Ensemble langsam auf die Bühne kam. Der erste Programmpunkt – wie sollte es anders sein – waren unterschiedliche Schöpfungsmythen aus verschiedenen Ländern wie Grönland, dem Benin oder Borneo. Dabei wurde eine immer lauter werdende infernalische Musik gespielt, die das Schauspielensemble letztendlich zu wilden Tänzen animierte.

Archaischer Beginn im "Irrgarten des Wissens". Foto: © Birgit Hupfeld)
EnsembleArchaischer Beginn im „Irrgarten des Wissens“. Foto: © Birgit Hupfeld)

Insgesamt dauerte das Spektakel fünfeinhalb Stunden. Jeden Programmpunkt einzeln zu beschreiben, würde gnadenlos den Rahmen sprengen, was Daniel Angermayr (Bühne) und Mona Ulrich (Kostüme) auf die Bühne zauberten, war schlichtweg atemberaubend. Hervorzuheben war der sehr persönliche Text „Danke, Deutschland“, gesprochen von Alexandra Sinelnikova, Die Schauspielerin, die in Russland geboren wurde, reflektiert ihren Bezug zu Deutschland. Marlena Keil war nicht nur als Sicherheitsexpertin eine Wucht, sondern präsentierte den Text von Terry Pratchett „Die Sommerfrau und der Wintermann“ gekonnt witzig. Uwe Schmieder konnte sich nicht nur mit Merle Wasmuth bei „Adam und Eva in der Wanne“ zu Genderrollen in Schöpfungsmythen unterhalten, sondern er dirigerte auch „4‘33‘‘“ von John Cage. Gabriel Cazes begleitete das Ensemble auf unterschiedlichen Tasteninstrumenten.

Danach gab es die Möglichkeit, sich im Foyer, im Studio und in den Zwischenetagen aufzuhalten. Im Foyer gab es die „Bibliothek des Wissens“ per Kopfhörer zu bestaunen, in Institut konnten die Besucher sich die Videoinstallation „In the beginning“ anschauen. Sehr meditativen Charakter hatte die Installation „Meet yourself“, bei der mann ubnter anderem Reis und Linsen zählen konnte.

Danach konnten die Besucher wieder zum großen Saal zurückkehren, um sich weiterhin im „Irrgarten des Wissens“ zu verlaufen, bei der auch der Dortmunder Sprechchor einen Auftritt hatte.

Alles in allem ist „Im Irrgarten des Wissens“ ein opulentes Fest für die Sinne, das auf jeden Fall den Rahmen eines „normalen“ Theaterabends sprengt. Nicht nur durch die Länge. Es ist in gewisser Weise vergleichbar mit der Wucht vom „Goldenen Zeitalter“ oder der „Borderline Prozession“, aber es ist ein eigenständiges Werk. Ich kann interessierten Besuchern nur empfehlen, sich auf diesen Irrgarten einzulassen und sich durch die Macht der Bilder und die Kraft der Musik auf eine Reise schicken zu lassen. Wo das Ziel ist? Das ist vermutlich bei jedem verschieden. Doch ist nicht schon der Weg das Ziel?

Infos zu Terminen und Karten unter www.theaterdo.de

Theaterwerkstatt im Depot zeigt kleine Mini-Dramen

„13 Personen wollen spielen“, unter dem Titel zeigte die Theaterwerkstatt im Depot an diesem Wochenende ein Stück aus kleinen spritzigen Mini-Dramen. Die Laienschauspieler unter der Leitung von Regisseurin Barbara Müller präsentierte eine Collage aus unterschiedlichen Alltagsszenen. Fünf SchauspielerInnen stehen bei diesem Stück zum ersten Mal auf der Bühne.

Das Bühnenbild besteht aus zahlreichen Pappkisten und an der Decke aufgehängten Objekten. In schwarzweiß gehaltene Alltagsgegenstände wie Telefone, Spritzen, Mikrofone, Kladden, Stifte, Zigaretten oder ein Revolver kommen während der Spielszenen abwechselnd zum Einsatz. Um die Requisiten flexibel nutzen zu können sind sie mit Gummibändern an der Decke befestigt. Die ebenfalls in schwarz, weiß und grau gekleideten Schauspieler greifen danach, benutzen das Requisit und lassen es nach Gebrauch wieder an die Decke flutschen. Die einzelnen Teile werden durch kurze Beleuchtungswechsel und kleine improvisierte Szenen voneinander abgesetzt. Unter Titeln wie „Bekannte Gerichte – Gemischte Gefühle“, „Delikate Delikte“, „von Macken und Menschen“, „Literarisches Quartett“ und „Ein Traum von Menschlichkeit“ werden die verschiedenen Mini-Dramen entwickelt. Die erste Szene beginnt allerdings mit der Frage „Warum spielen?“ Nach verschiedenen Lösungsvorschlägen ist die Antwort des Ensembles: wir spielen, um zu spielen.

Das Ensemble der Theaterwerkstatt in Aktion bei "13 Personen wollen spielen". (Foto: © Anja Cord)
Das Ensemble der Theaterwerkstatt in Aktion bei „13 Personen wollen spielen“. (Foto: © Anja Cord)

Mit großem Spaß bringen die DarstellerInnen die kleinen Dramen des alltäglichen Wahnsinns auf die Bühne, oft mit viel Wortwitz, mit erwarteten und unerwarteten Wendungen, auch mit makaberen Pointen. So stopft eine junge Frau im Teil „Delikate Delikte“ ihr Baby voller Überzeugung und mit dem Bewusstsein der Haut des Kindes nur Gutes zu tun zum Baden in die Waschmaschine. Natürlich nur bei schonenden 40 Grad.

Die einzelnen Stücke stammen von verschiedenen Autoren wie Wolfgang Deichsel, F.K. Wächter, Gerhard Rühm und anderen. Das Bühnenbild stammt von Mathias Schubert.

Barbara Müller ist Theaterpädagogin, Regisseurin und Schauspielerin, sie leitet die Theaterwerkstatt im Depot seit 2004. Ihre Workshops, Kurse und Projekte richten sich an die interessierte Öffentlichkeit, insbesondere auch an die Nachbarschaft in der Nordstadt. Anfänger und fortgeschrittene Theaterfans können sich beteiligen.

Klangvokal 2019 – Mitreißender Gospel und Soul in der Pauluskirche

Michelle David sagt von sich sie mache „Musik die Nahrung für die Herzen ist und die Seele streichelt“. Die quirlige Sängerin stand gemeinsam mit der Band „The Gospel Sessions“ auf der Bühne in der Pauluskirche. Sie starteten ein eineinhalbstündiges Feuerwerk aus R Rhythmus und Gesang.

Michelle David stammt aus New York, lebt jedoch seit vielen Jahren in den Niederlanden. Schon in ihrer Kindheit und Jugend gehörte Musik zu ihrem alltäglichen Leben. Calypso, Jazz, Rock, R’n’B und Hip Hop und auch Orgelmusik wechselten sich ab. Sie sang im Gospelchor ihrer Gemeinde, seit sie fünf Jahre alt war. Später besuchte sie die New Yorker High School für darstellende Künste, wo sie zur Sängerin und Tänzerin ausgebildet wurde. Bei einem Engagement für ein Musical tourte sie durch Deutschland und lernte die Niederlande kennen und lieben. Dort traf sie 2011 die Gitarristen Onno Smit und Paul Willemsen die jetzt gemeinsam mit dem Schlagzeuger Toon Omen die Gospel Sessions bilden und mit der Sängerin gemeinsam texten und komponieren.

Michelle David brachte die Pauluskirche zum Tanzen. (Foto: © Anja Cord)
Michelle David brachte die Pauluskirche zum Tanzen. (Foto: © Anja Cord)

Sie produzierten zusammen bis jetzt drei Alben, Songs aus dem Dritten „Michelle David & The Gospel Sessions Vol. 3“ stellten die Musiker im Konzert vor.Verstärkt wurde die Gruppe durch die drei Bläser der „The Jakthorns“ mit Saxophon und Trompete die Band.

Die Musik klingt nicht nach dem traditionellen Gospelsound, sondern ist eine Mischung aus Blues, Soul, Funk und Afro-Beat. Sie ist vielfältig, mal mit basslastiger E-Gitarre, dann zart-schmelzend im Gesang oder voller Energie, wenn die Bläser ihren Einsatz haben, teilweise auch sehr melancholisch. Das Album entstand in einer Zeit, als Michelle Davids Mutter starb und auch sonst nicht alles so glatt lief. Die Arbeit an diesem Projekt half ihr die schwierige Zeit zu bewältigen. Trauer, Schmerz, Hoffnung, Heilung und Inspiration klingen in den Songs mit.

Das Publikum in der vollbesetzten Kirche war begeistert, wenn am Anfang auch noch etwas gebremst. Mit aufmunternden Aufforderungen zum Mitklatschen und Mitsingen gleich zu Beginn des Konzertes schaffte Michelle David es schnell die Zurückhaltung zu durchbrechen und das Publikum tanzte zwischen den Kirchenbänken.

Mit den Liedern God, Get on Bord und My Praise gab es eine wunderbare Zugabe und die Band entließ ihr Publikum euphorisiert in den Abend.

Echnaton als lichtgewaltiges Bühnenwerk

Die Oper „Echnaton“ von Philipp Glass unter der Regie von Guiseppe Spota wurde in der Dortmunder Oper als Triumph des Lichtes gefeiert. Beeindrucken konnte auch der Countertenor David DQ Lee, der Opernchor und die Dortmunder Philharmoniker, unter der Leitung von Motonori Kobayashi, die die minimal music von Glass interpretierten. Dazu tanzte das NRW Juniorballett. Ein Premierenbericht vom 24. Mai 2019.

Für die ägyptische Hochkultur war neben dem Nil die lichtspendende Sonne von großer Bedeutung. Doch zunächst ohne vergöttert zu werden. Die Sonne wurde als rechtes Auge von Re gesehen. Doch dann entwickelte sich eine „theologische Revolution“, die mit Amun-Re eine Art Götterkönig an die Spitze setzte. Echnaton, dessen Geburtsname Amenhotep sich noch auf Amun bezieht, setzte Aton als höchsten Gott durch und versuchte die alten Götter auszutilgen, was ihm die Gegnerschaft der Priesterkaste einbrachte.

Kein Wunder, dass sich Philipp Glass mit dieser außergewöhnlichen Person der Weltgeschichte auseinandersetzte, schließlich ist neben Echnaton auch seine Frau Nofretete über ihre Büste bis in unsere heutige Zeit ein Begriff. Glass lässt uns den Pharao in szenenhaften Bildern näher bringen, vom Herrschaftsantritt bis zum Sturz, obwohl der möglicherweise gar nicht stattgefunden hat.

Aber die Oper ist nicht dazu da, ein historisch genaues Ereignis zu rekonstruieren, sie will Gefühle, Musik und starke Bilder präsentieren und das gelang bei der Premiere. Schon der Beginn ist ergreifend, denn wir wohnen der Grablegung von Pharao Amenophis III., Achnatons Vater, bei. Als Mumien verkleidete Tänzer legen den ebenfalls mumifizierten Leichnam zur Ruhe.

Die Herrschaft von Echnaton geht zu Ende. er wird von der Priesterschaft gestürzt. David DQ Lee (Echnaton), NRW-Juniorballett, Chor der Oper Dortmund. (Foto: © Oper Dortmund)
Die Herrschaft von Echnaton geht zu Ende. er wird von der Priesterschaft gestürzt. David DQ Lee (Echnaton), NRW-Juniorballett, Chor der Oper Dortmund. (Foto: © Oper Dortmund)

Der erste Auftritt von Echnaton ist noch in Begleitung von Priestern des Amun, Mut und Chons. Später wird er die Priester gewaltsam aus ihren Tempeln vertreiben und Aton als einzigen Gott einsetzen. Hier war der Countertenor David DQ Lee eine gute Wahl für die Hauptrolle, vor allem sein Lobgesang an Aton am Ende des dritten Satzes war eines der Höhepunkte. Seine Stimme passte auch sehr gut zur ruhigen und fließenden Musik von Philipp Glass, die ähnlich meditativ klang wie bei seiner Oper „Einstein on the beach“ die vor zwei Jahren in Dortmund aufgeführt wurde.

Auch sehr berührend war das Liebesduett zwischen Echnaton und Nofretete (Aytaj Shikhalizada). Als Prister des Amun machte Fritz Steinbacher ebenfalls eine gute Figur wie Claus Dieter Clausnitzer als Chronist.

Das Besondere an „Echnaton“ war die Gesangsprache. Der Chronist erzählte die Geschichte auf Deutsch, die anderen Texte waren auf Ägyptisch, Akkadisch und Aramäisch.

Wenn es um einen Sonnengott geht, dann hat das Licht natürlich eine große Funktion. Und die brachte den Besuchern Bonnie Beecher und Stefan Schmidt näher.

Auch das Bühnenbild von Tatyana van Walsum war effektiv. Durch Höhenverschiebungen entstanden Hierarchieebenen, beispielsweise als Echnatons Vater zu Grabe gelegt wurde, versanken die Akteure in Boden und bei Echnatons Krönung kam das Herrscherpaar von oben herab.

Ein Opernabend der besonderen Art. „Echnaton“ ist sicher zugänglicher als „Einstein on the beach“. Ein lehrreiches Stück über einen Herrscher, der mit seiner Radikalität der Gesellschaft vor den Kopf stieß und nach seinem Tod dem Vergessen anheimfallen sollte. Glass hat ihn mit seinen Stärken und Schwächen auf die Bühne geholt. Das NRW Juniorballett, der Opernchor, die Solisten und die Dortmunder Philharmoniker haben Echnaton wieder eine Stimme gegeben.

Klangvokal 2019 – Jazz vom Feinsten von Indra Rios-Moore

Im Rahmen des Klangvokal Musikfestivals stand am 23.05.2019 im Dortmunder domicil afroamerikanischer Jazz der New Yorker Künstlerin Indra Rios-Moore auf dem Programm.

Mit ihrem Debütalbum „Heartland“ hatte sie mit ihrer warmen voluminösen Stimme schon weit über die grenzen Amerikas Furore gemacht. Ihr neueste Album heißt „Carry my heart“.

Begleitet wird die Künstlerin instrumental auf hohem Niveau von ihrem dänischen Ehemann Benjamin Traerup am Saxophon, dem Bassisten Thomas Sejthen (Dänemark) und dem norwegischen Schlagzeuger Knut Finsrud.

Die einfühlsame Musik der Kosmopolitin ist zwischen Jazz, Gospel, Folk und Pop angesiedelt. Rios-Moore (und Band) muss man live erleben, um ihre besondere Wirkung und Kraft zu spüren. Sie singt nicht nur mit ihrer starken Stimme, der ganzer Körper „Singt“ praktisch mit und dient als Ausdrucksverstärker.

Indra Rios-Moore und ihre Mitmusiker Benjamin Traerup (Saxophon),  Bassist Thomas Sejthen  und Schlagzeuger Knut Finsrud. (Foto: © Anja Cord)
Indra Rios-Moore und ihre Mitmusiker Benjamin Traerup (Saxophon), Bassist Thomas Sejthen und Schlagzeuger Knut Finsrud. (Foto: © Anja Cord)

Neben eigenen Kompositionen interpretiert sie hauptsächlich Songs von bekannten Künstlern, die auch schon ihre Mutter mochte, auf eine ganz individuelle eindrucksvolle Weise.

Das Programm bot dem Publikum unter anderem Interpretationen von „Damage Done“ (Neil Young), „Money“ (Pink Floyd), „Heroes“ (David Bowie) oder das auf Spanisch gesungene mexikanische Liebeslied „Bésame Mucho“. Mit viel Sensibilität und Wärme dargeboten, aber nicht sentimental.

Nach der Pause durfte auch der Jazz-Klassiker „Summertime“ in einer wunderschönen Version nicht fehlen.

Auf eine eigen sanfte Art ist ihre Musik aber auch ein Statement gegen die aktuelle Politik der US-Regierung unter Donald Trump, bei der die Macht des Geldes der Entmenschlichung Tür und Tore öffnet. Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Homophobie und Frauenfeindlichkeit und bekommen immer mehr Raum in der politischen und sozialen Realität ihres amerikanischen Heimatlandes.(Leider nicht nur dort).

Auf eine persönliche sanften Art möchte die Künstlerin mit ihren „sanften musikalischen Mitteln“ Mut machen, der Kaltblütigkeit und dem Klima der Furcht durch Liebe und Empathie Widerstand zu leisten.

Das Publikum wurde in ihren Bann gezogen und als Zugabe mit einer berührenden Version von „What a wonderful World“ (Louis Armstrong) entlassen.

Julia Wissert ist die neue Leiterin ab Spielzeit 2020/2021 für das Schauspiel Dortmund

Nun ist es amtlich. Ab der Spielzeit 2020/2021, nach zehn innovativen Jahren unter Kay Voges als Intendant des Schauspiels Dortmund, folgt die 34-jährige Julia Wissert als jüngste Intendantin Deutschlands. Die in Freiburg geborene Julia Wissert hat bisher schon einige Erfahrungen an verschiedenen Theatern wie etwa das Maxim Gorki Theater, Theater Luzern, Schauspielhaus Bochum oder am Nationaltheater Brno als Regisseurin sammeln können. Die Position der Chefdramaturgin und Co-Intendantin übernimmt Sabine Reich.

Wie Kulturdezernent Jörg Stüdemann beim Pressetermin im Rathaus erklärte, war sich die Findungskommission schnell eins. In der Ratssitzung vom 23.05.2019 wurde sie mit überwältigender Mehrheit gewählt. Sie ist gleich sehr gefordert und es wird ein harter Start in der relativ kurzen Zeit bis da hin.

Was erwartet das interessierte Theaterpublikum?

Inhaltlich geht es ihr darum, im Kontakt der hiesigen Stadtgesellschaft zu erforschen, welche relevanten Bereiche noch nicht vertreten sind. Was erwartet ihr vom Theater? Was fehlt? Was sind deine Themen? Das können die Fragen sein, die zur Diskussion stehen.

Sie sieht die Stadt als Partner und das Publikum nicht nur als Konsument. Die Stadtgesellschaft ist, so Sabine Reich, eine Kraftquelle, und das Theater dient als Experimentierfeld.

Das Schauspiel Dortmund geht ab 2020/21 neue Wege mit Julia Wissert (2.v.l.). Mit dabei ist ihre neue Chefdramaturgin Sabine Reich (3.v.l.). Es gratulieren Kulturdezernent Jörg Stüdemann (links) und der geschäftsführende Direktor Tobias Ehinger.
Das Schauspiel Dortmund geht ab 2020/21 neue Wege mit Julia Wissert (2.v.l.). Mit dabei ist ihre neue Chefdramaturgin Sabine Reich (3.v.l.). Es gratulieren Kulturdezernent Jörg Stüdemann (links) und der geschäftsführende Direktor Tobias Ehinger.

Programmatisch soll es eine ästhetische Variationsbreite geben. Das beinhaltet Stückentwicklungen, Performances, Projekte zwischen Kunst und Kultur, oder aber klassische Theater in neuer modernisierter Bearbeitung. Es stellt sich ja immer die Frage, welche Literatur heute noch angemessen ist, so Stüdemann.

Eine Zusammenarbeit mit der neu gegründeten Akademie für Digitalität und Theater kann sich die neue Intendantin zukünftig auch vorstellen.

Geplant sind auch regelmäßige Projekt im Stadtraum.

Strukturell stellt sich die Frage: Wie wollen wir im Theater in der Zukunft zusammen arbeiten?

Ihr Ziel ist, dass Theater inmitten der Stadt zu verankern. Die Diversität soll widergespiegelt werden.

Wie das neue Ensemble aussehen und wer von dem alten, sehr mit Kay Voges verbundenen SchauspielerInnen noch dabei sein wird, ist noch unklar.

Da das Theater auch für Werte stehen sollte, möchte Wissert auch gegen strukturelle Missstände dort vorgehen. Sie machte zuletzt mit einer unter anderem von Ihr mit entworfenen Anti-Rassismus-Klausel Furore. Diese ist, wie die zukünftige Intendantin des Dortmunder Schauspiels betonte, nur als Einladung zum Dialog gedacht. Es soll keine Möglichkeit sein, mithilfe der Rassismus-Keule schnell eine Kündigung durchzubekommen.

Genaue Bedingungen und juristischen Feinheiten müssen solche Vertragsklauseln jedoch genau geprüft werden, so der Kulturdezernent.

Ein weiterer Schritt in der Zeit des Auf- und Umbruchs steht bevor.

Miteinander diskutieren und reiben als nur auf negative Phänomene und Probleme zu reagieren, ist das Motto der zukünftigen Intendantin.

Eindrucksvolle Bilddokumente von Pressefotografen

Zum siebten Mal zeigt das Depot Dortmund im Kooperation mit DEW21 vom 25. Mai bis zum 16. Juni 2019 die World Press Photo Ausstellung. Mehr als 150 Fotos, aufgenommen rund um den Globus, zeigen die Schönheiten, aber auch die Schrecken unserer heutigen Zeit. Neben der eigentlichen Ausstellung gibt es ein reichhaltiges Begleitprogramm für Schülerinnen und Schüler sowie für Medienschaffende.

Jedes Jahr zeichnet die World Press Photo Foundation in einem internationalen Wettbewerb die besten Pressefotografen aus. Diese Bilder gehen dann auf Wanderschaft und werden einem großen Publikum gezeigt. Der erste Termin dieser Wanderausstellung ist das Depot im Dortmunder Norden und es ist auch der einzige Ort in ganz Nordrhein-Westfalen.

Neben eindrucksvollen Naturaufnahmen spiegeln die Aufnahmen auch die großen nachrichtlichen Ereignisse wider. So wird eine mexikanische Familie porträtiert, die einige Verwandte in den Drogenkriegen verloren hat. Die Konflikte im Jemen und Syrien werden ebenso gezeigt wie die dramatische Situation in Venezuela oder im Kongo.

Eindrucksvolle Pressefotos aus aller Welt sind im Depot Dortmund bei der World Press Photo Ausstellung zu sehen.
Eindrucksvolle Pressefotos aus aller Welt sind im Depot Dortmund bei der World Press Photo Ausstellung zu sehen.

Die Bilder sind thematisch geordnet und bieten von Fotoreportagen über Sportfotos bis hin zu persönlichen Geschichten einen Eindruck in die Arbeit von Pressefotografen. Leider können aus technischen Gründen Videos und interaktive Arbeiten nicht gezeigt werden. Dennoch bieten die Bilder einen guten Einstieg in eine Geschichte, die durchaus anders sein kann. Beispielsweise zeigt ein Foto anscheinend laichende Frösche, ein schönes Naturbild aus Rumänien. Doch der Text neben dem Bild macht deutlich, dass den Fröschen die Schenkel abgerissen wurden und sie zum Sterben an die Wasseroberfläche kommen.

Im Begleitprogramm der World Press Photo Ausstellung werden in benachbarten Kino sweetSixteen auch zwei Filme gezeigt. Es laufen „Women Stories“ von Peter Lindbergh und „Der illegale Film“ von Claus Wischmann und Martin Baer. Beide Filme sind vom 27.05. bis 14.06. 2019 auch für Schulvorführungen buchbar.

Daneben finden einige Veranstaltungen für Medienschaffende statt, hervorzuheben ist der Vortrag von Abeer Saady über „Sicherheits- und ethische Dilemmata für Fotojournalisten in Konfliktgebieten“ am 30.05. 2019 um 19 Uhr. Der Eintritt ist frei, der Vortrag ist in englischer Sprache.

Die Ausstellung wird am 24. Mai 2019 um 19 Uhr im Depot eröffnet.

Die Öffnungszeiten sind:

Montags bis mittwochs: 11.00 – 19.00 Uhr

Donnerstags: 11.00 – 20.00 Uhr

Freitags bis samstags: 11.00 – 22.00 Uhr

sonntags: 11.00 – 19.00 Uhr

Der Eintritt beträgt 6 € (ermäßigt 4 €)

Weitere Informationen gibt es unter: http://www.depotdortmund.de/programm/ausstellung/1952-world-press-photo-19/event_details.html

„Irrgarten des Wissens“ als theatrale Sinfonie

Am 25. Mai 2019 um 18:00 Uhr hat im Schauspiel Dortmund als letzte Premiere in dieser Spielzeit die Stückentwicklung „Im Irrgarten des Wissens“ unter der Regie von Thorleifur Örn Arnarsson seine Premiere. Er komponiert gemeinsam mit dem Autor Mikael Torfason eine Art theatrale Sinfonie über Grenzbereiche des Lebens, Geburt und Tod, Vergänglichkeit, die persönliche Perspektive von Geschichte und das Vergessen. „Geschichte ist eine Spirale und die Motive treten leicht verändert wieder auf“, so der Regisseur.

Arnarsson ist ein Regie-Shootingstar, der den Faust-Theaterpreis 2018 für seine „Edda-Inszenierung“ in Hannover erhalten hat und ab der Spielzeit 2019/2020 Schauspieldirektor an der Berliner Volksbühne tätig sein wird.

Für ihn ist Theater ein gesellschaftlicher Ort, ein „Labor im geschützten Rahmen, um gesellschaftliche Prozesse zu reflektieren“. Dabei sind die Ensemble-Mitglieder mit ihren persönlichen Blickwinkeln und Erinnerungen eine wichtige Kraftquelle.

Das Projekt wird eine kollektive Mammut-Aufgabe, bei der das gesamte Ensemble samt Sprechchor, alle Abteilungen des Schauspiels wie die Technik, Multimedia-Abteilung, Dramaturgie, Beleuchtung, Ton, Maske und Garderobe zusammenwirken.

Dieses mehrstündige Sommertheaterspektakel geht quer durch das Schauspiel und betrifft auch das Foyer oder den Theatervorplatz.

Die beteiligten Akteure schöpfen nicht nur aus dem reichhaltigen Gedächtnis von über 3000 gelebten Jahren, sondern weben auch ihre ganz persönlichen Erinnerungen zu einem rauschhaften Geflecht aus Geschichten, Szenen, Bildern und Musik.

Material für dieses Abenteuer sind 100 Personen aus der Menschheitsgeschichte, wie Sisyphos, Mozart, Juri Gagarin, Magda Goebbels bis hin zu Beyoncé oder Susan Sontag. Ergänzt wird es durch die Biografien von Dortmunder Bürgern der Gegenwart. „Das Theater ist der einzige Ort, wo ein kollektives Zusammentreffen und Auseinandersetzung mit der Gesellschaft stattfindet“, erklärte der Regisseur. Das Publikum bekommt zunächst eine Art „Landkarte“ für den Abend.

Es beginnt im Zentrum des Schauspiels auf der Bühne. Dort ist alles zunächst nur schemenhaft zu erkennen. Die Drehbühne fährt ihre Runden. Dann erscheint ein Mensch in der Stille und erzählt seine Geschichte …

Nicht nur wie hier auf der großen Bühne, sondern auch an anderen Orten kann der "Irrgarten des Wissens" besucht werden. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Nicht nur wie hier auf der großen Bühne, sondern auch an anderen Orten kann der „Irrgarten des Wissens“ besucht werden. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Somit entsteht ein Theatererlebnis, das sich von der großen Bühne wie ein Flusslauf auf das ganze Theatergebäude zieht, wo eine immer persönlichere Auseinandersetzung in Form eigener Texte der Schauspieler und Performances möglich ist. Man könnte aber auch auf seinem Platz im Schauspiel sitzen bleiben und verfolgen, was dort weiter passiert. Für die Livemusik auf der Bühne ist der französische Multi-Instrumentalist Gabriel Cazes verantwortlich.

„Im Irrgarten des Wissens“ ist ein bildgewaltiges und intimer gesellschaftlicher Mikrokosmos über die Grenzbereiche des Lebens, für das man viel Zeit lassen sollte.

Deshalb finden am Premieren-Tag und an den Vorstellungen am Wochenende jeweils in einer ca. sechsstündigen Extendet Version (Beginn 18:00 Uhr) statt. Unter der Woche wird eine gekürzte Version (Beginn 19:30) gespielt.

Informationen zu den weiteren Vorstellungsterminen erhalten Sie wie immer unter www.theaterdo.de oder 0231/ 50 27 222.