Der Sandmann – Stoff zwischen Realität und Fiktion

In der nächsten Zeit ist der Schauerroman „Der Sandmann“ von E.T.A. Hoffmann (1778 – 1822) als Stoff für die Abiturklassen vorgesehen.

Da passt es gut, dass der Direktor des Kinder- und Jugendtheaters in Dortmund, Andreas Gruhn, in der ersten Premiere im Jahr 2019 diese Erzählung in der Tradition der „Schwarzen Romantik“ mit seinem Ensemble im KJT inszeniert. Die sogenannte „Schwarze Romantik“ entstand als Gegenbewegung der auf Vernunft und Verstand gerichteten Aufklärung.

Der Schriftsteller E:T:A. Hoffmann hatte schon hundert Jahre vor Sigmund Freud die Entwicklung von Psychosen in allen Stadien beschrieben, so Gruhn.

Der hochdramatische Stoff um einen traumatisierten jungen Mann ist ein drastisches Schauerstück und für Jugendliche ab 16 Jahren geeignet.Wie der Regisseur erklärte, dass sich Inszenierung in seiner Bearbeitung nah an der geschriebenen Vorlage hält..

Nathanael (Thorsten Schmidt) führt Olympia (Birgit Lammert) aus. Doch ahnt er ihre Besonderheit? Oder passiert das nur in seiner Phantasie? (Foto: © Birgit Hupfeld)
Nathanael (Thorsten Schmidt) führt Olympia (Birgit Lammert) aus. Doch ahnt er ihre Besonderheit? Oder passiert das nur in seiner Phantasie? (Foto: © Birgit Hupfeld)

Es wird ein interessanter Wechsel der Perspektiven stattfinden. Zunächst erlebt das Publikum die Erzählung aus der den Augen und Briefen des jungen Protagonisten Nathanael (Thorsten Schmidt), später aus der Sicht der anderen Personen. Wie Andreas Gruhn beim Pressegespräch betonte, schreit das Stück gerade zu nach starken Bildern. Atmosphärisch passend begleitet wird die Inszenierung mit Musik, Videos und Puppenspiel. Es geht ja auch um „künstliche Menschen“ (Olympia, die Tochter des Dozenten Spalanzani ist eigentlich eine automatisierte Holzpuppe). Das Publikum wird in eine Welt versetzt, in der die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen.

Eine Frage von großer Aktualität stellt sich uns in dem Stück. Wie verändert sich die Wahrnehmung in einer zunehmend digitalisierten und medialen Welt, und was hat das für Auswirkungen auf uns, vor allem aber gerade junge Menschen.

Dramaturgin Lioba Sombetzki erklärte, dass das Spannende am „Sandmann“ sich aus verschiedene Arten lesen und verstehen lässt. Es besteht die Möglichkeit, die Handlung als wahr zu betrachten und so ein unheimliches Nachtstück vorzufinden, in dem sich sich die unmittelbare Umwelt gegen Nathanael verschworen hat, bis es am Ende zu seinem Tod kommt. Auf der anderen Seite bleibt die Ungewissheit über den unheimlichen Sandmann tatsächlichen Geisteszustand des Protagonisten. Der Blick durch das Perspektiv, dem Instrument zur Vergrößerung der Sehkraft (deren Verlust eng mit dem Kindheitstrauma von Nathanael verbunden ist), soll eigentlich Sicherheit schaffen, zwischen Realität und Fiktion unterscheiden zu können. Aber gerade die wird ihm dadurch geraubt und ist keine Hilfe.

Der Stoff ist sicherlich eine große Herausforderung für die SchauspielerInnen, vor allem aber für den KJT-Schauspieler Thorsten Schmidt in der Rolle des Nathanael.

Die Premiere am 22.02.2019 um 19:00 Uhr im Kinder-und Jugendtheater ist schon ausverkauft. (Es lohnt sich aber immer , nachzufragen, ob Karten frei geworden sind).

Informationen über weitere Aufführungen gibt es unter www.theaterdo.de

I am still here – Hannes Brock mit Elan zurück

Vieles ist mittlerweile aus Dortmund verschwunden, doch eine Konstante widersetzt sich glücklicherweise. Kammersänger Hannes Brock bleibt uns trotz seiner Abschieds-Gala im letzten Jahr weiter erhalten. Wohl nicht ganz so glücklich mit seinem „Unruhe-Stand“, brauchte der Intendant Heribert Germeshausen nicht viel Überredungskunst, um ihn für ein ein weiteres Galakonzert am 16.02.2019 in der Oper Dortmund zu überzeugen.

Brock ist eine Institution in unserer Stadt und es gelingt ihm immer noch, dass Publikum mit seiner ausdrucksstarken und einfühlsamem Stimme sowie seinen Entertainer-Qualitäten mitzureißen.

Das Programm hatte so bezeichnender Weise den Titel „I am still here“ (Ich bin immer noch hier).

In der zweiten Hälfte der Gala gab er passend dazu eine extra auf sein Leben zugeschnittene deutschsprachige Version von „I‘m Still Here““ (aus Follies (Stephen Sondheim) zu Gehör.

Musikalisch zur Seite standen ihm tatkräftig (wie schon viele Jahre) „seine“ Band mit Markus Otten (Gitarre), Simone Witt (Piano und Bandleitung), Bernd Zinsius (Bass), Jan Rohling (Drums), Ana-Maria Dafova (Keyboard) und Axel Riesenweber (Leadtrompete) zur Seite.

Außerdem zeigten im Hintergrund auf der Bühne auch die Dortmunder Philharmoniker unter der schwungvollen Leitung von Philipp Armbruster mit viel Sensibilität wieder einmal ihr vielseitiges Können.

Die Arrangements wurden Matthias Grimminger und Hennning Hagedorn zusammengestellt.

Der Kammersänger bot ein weit gefächertes Repertoire: Zu hören waren Musical-Hit aus Sunset Boulevard, A Chorus Line, Man of La Mancha, Miss Saigon oder Les Misérables, aber auch bekannte und beliebte Evergreens aus dem Bereich Pop. Dabei war zum Beispiel „Beautiful“ (Carole King), Paul Simons „Bridge Over Troubled Water“, das wunderschöne „Turn, Turn, Turn“ (Pete Seeger) oder „In My Life“ von den noch jungen Beatles John Lennon/ Paul McCartney, sowie „Piano Man“ (Billy Joel).

Kammersänger Hannes Brock bot wieder eine unterhaltsame Mischung aus Musical und Pop. (Foto: © Björn Hickmann)
Kammersänger Hannes Brock bot wieder eine unterhaltsame Mischung aus Musical und Pop. (Foto: © Björn Hickmann)

Eine gute Idee war, sich als Special Guest die „Mordsstimme und Mordsfrau“ (so Hannes Brock) Deborah Woodson für die Gala zur Seite zu holen. Beide kennen sich gut aus ihrer gemeinsamen Arbeit bei dem Musical Hairspray (2017) hier an der Oper Dortmund. Damals begeisterte sie als Motormouth Maybelle. Ihre prägnante Gospel-Stimme (sie ist die Tochter eines amerikanischen Baptistenpastors) hat enorme Power und Volumen. Mit ihrem Temperament und starken Songs wie etwa „I Will Survive“ (Freddie Perren/ Dino Fekaris), oder „Proud Mary“ (John Fogerty) rockte sie den Saal und begeisterte vor allem mit einer starken Version von „I Will Always Love You“. Dieser eigentlich für Dolly Parton komponierte Song wurde so richtig durch Whitney Houston (Film Bodyguard) berühmt. Zusammen mit Ks. Hannes Brock gab sie eine besondere Interpretation von „New York , New York“ (John Kander) zum Besten.

Zu einer Gala gehört selbstverständlich auch eine glanzvolle Garderobe. Zu jedem neuen Song gab es ein neues zum jeweiligen Lied passendes Outfit für die Sängerin. Hannes Brock wechselte seine Kleidung während der Pause. Gewohnt humorvoll-ironisch kokettierte der Kammersänger während der Gala mit seinen „Altersbeschwerden“ und scherzte mit dem Dirigenten.

Als Zugabe durfte „My Way“ (Frank Sinatra nicht fehlen. Zur Freude des Publikums sang er zusammen mit Deborah Woodson auch noch etwas aus „Hairspray“.

Wer Lust bekommen hat, kann die Gala „I am still here“ mit Ks. Hannes Brock noch am 12.04.2019 in der Oper Dortmund erleben.

Informationen gibt es wie immer unter www.theaterdo.de oder tel.. 0231/ 50 27 222.

Schräge Ruhrpottkomödie mit Musik und „Omma“

Laut Wikipedia ist Popcornkino eine wenig gehaltvolle Filmproduktion mit vornehmlichen Unterhaltungscharakter. Unterhaltungscharakter ja, aber über das „wenig gehaltvolle“ kann man streiten, denn Unterhaltung kann sehr wohl gehaltvoll sein. Wie komme ich von der Premiere von „Als die Omma den Huren noch Taubensuppe kochte“ am 16. Februar 2019 zum Popcornkino? Weil das Stück im besten Sinne Unterhaltungstheater ist, quasi Popcorntheater.

Aus der Vorlage des gleichnamigen Buches von Anna Basener machte die Regisseurin Gerburg Jahnke eine leicht bekömmliche Theaterkomödie mit Musik. Die Hauptfigur, die „Omma“, wurde von Anke Zillich gespielt. Vor allem zu Beginn interagierte sie sehr aktiv mit dem Publikum und erläuterte erst einmal das Geheimnis eines „Samtkragen“. Das ist ein Getränk aus drei Teilen Korn und einen Teil Boonekamp. Wobei der Boonekamp sachte auf den Korn geschüttet wird. Die Zuschauer spüren sofort, dass Anke Zillich die Omma mit Herz und Leidenschaft spielt.

Die Omma ist auch Dreh- und Angelpunkt des Stückes. Als Hauswirtschafterin in einem Bordell wird sie schnell zur guten Seele für die Huren. Vor allem für Mitzi. Nachdem sie sich den brutalen Zuhälter Herbert entledigt hatten, bauen Mitzi und Omma das Bordell in eine Pension um. Doch Mitzi kann ihr altes Gewerbe nicht vergessen. Dummerweise lacht sie sich den noch brutaleren Blazek an. Jetzt ist guter Rat teuer. Mitzi und Omma täuschen Mitzis Tod vor. Auf der Beerdigung lernt Ommas Enkelin Bianca den Polizisten Bernhard kennen.

Freundinnen fürs Leben: "Omma" (Anke Zillich) und rechts die Hure Mitzi (Frederike Tiefenbacher). Foto: © Birgit Hupfeld
Freundinnen fürs Leben: „Omma“ (Anke Zillich) und rechts die Hure Mitzi (Frederike Tiefenbacher). Foto: © Birgit Hupfeld

Dann überschlagen sich die Ereignisse: Omma verschwindet zu ihrer in Berlin wohnenden Tochter Bianca. Diese entdeckt, dass Mitzis Grab leer ist und plötzlich tauchen Bernhard, die tot geglaubte Mitzi und der brutale Blazek auch in Berlin auf.

Das Stück ist eine Reminiszenz an das Ruhrgebiet und seine Einwohner. Die Omma trägt das Herz immer auf dem richtigen Fleck und geht dabei auch resolut vor. So vertreibt sie Louise, die „über korrekte“ Mitbewohnerin von Bianca, nach einem kurzen, aber heftigen Wortgefecht. Auch Zuhälter Herbert räumt sie aus dem Weg.

Hingegen ist Bianca noch eine Frau, die ihren Weg sucht. Sie versucht sich bisher erfolglos in der Berliner Kreativszene durch das Designen von Unterwäsche. Durch ein Missverständnis gibt ihr Bernhard für Sex Geld, was Bianca völlig verwirrt. Ist sie etwa auch eine Prostituierte? Caroline Hanke spielt die Bianca in ihrer Zerrissenheit sehr schön, gut zu sehen bei der Autofahrt zu Mitzis Grab. Mitzi wird dargestellt durch Friederike Tiefenbacher, die erst im zweiten Teil „leibhaftig“ dazukommt. Ihr fataler Hang nach (älteren) starken Männern bringt die Handlung in dramatische Fahrwasser. Alle anderen Schauspieler (Mario Lopatta, Jens Kipper, Andreas Beck, Louise Kinner, Kevin Wilke, Ralf Kubik) spielen meistens mehrere Rollen. So werden die drei Prostituierten Ulla, Maria und Schantall durch Männer gespielt.

Das Stück ist eine musikalische Komödie, daher gab es auch einige Songs, die von einzelnen oder mehreren Darstellern zu Gehör gebracht wurden. Die Texte stammen von der Autorin des Buches, Anna Basener, die Musik von Tommy Finke. Die Lieder waren gelungen und abwechslungsreich (Schlager, Rock bis hin zum schwermütigen polnischen Walzer). Basener gelang es (vor allem beim Abschlusssong) eine wichtige Botschaft unterzubringen, den Respekt vor den Frauen, die im ältesten Gewerbe der Welt arbeiten: „Du sollst nicht die Damen reizen, die für dich die Beine spreizen.“

Somit komme ich zum Fazit: „Als die Omma den Huren noch Taubensuppe kochte“ ist Popcorntheater im allerbesten Sinne. Gut gemachte Unterhaltung, tolle Schauspieler, viel Musik und gute Laune. Kritiker mögen bemängeln, dass der „Slang“ der Omma zuviel Ruhrpottklischee widerspiegelt, doch Originale bleiben Originale. Es ist eher schade, dass sie mit der Zeit aussterben.

Weitere Infos zu Karten und Termine unter www.theaterdo.de

Digitalisierung ist Thema bei der 5. Konferenz des Deutschen Bühnenvereins in Dortmund

Am 14. und 15. Februar 2019 fand die 5. Konferenz der Theater-, Tanz-und Musikpädagoginnen und Pädagogen des Deutschen Bühnenvereins Landesverband Mitte in Dortmund statt. Im Theater Dortmund berieten und informierten sich Theaterpädagogen von aus Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland erstmals durchgehend mit einem Thema.

Es ging um die zukunftsweisende Frage, welchen Einfluss die Digitalisierung auf das Theater und die jeweiligen wichtigen vermittelnden pädagogischen Maßnahmen ausübt. Da ist Dortmund als digitaler Theater-„Hot Spot“ und der geplanten „Akademie für Digitalität und Theater“ genau der richtige Ort für die Konferenz.

Wie Lina Zehelein (Staatstheater Darmstadt) verriet, das man sich in diesem Jahr über die große Teilnehmerzahl von achtzig Personen freuen konnte. Erfreulich auch, die Zahl der männlichen Theaterpädagogen ist in den letzten Jahren von zwei auf zwanzig gestiegen!

Die digitale Welt wird auch das Theater umkrempeln. Die Theaterpädagoginnen und -pädagogen machen sich fit für die Zukunft. (v.l.n.r.) Monika Menezes-Kuth (Deutscher Bühnen-Verein), Luisa Schumacher (Staatstheater Wiesbaden), Sarah Jansinszczak (Theater Dortmund), Svenja Riechmann (Theater Dortmund) und Lina Zehelein (Staatstheater Darmstadt).
Die digitale Welt wird auch das Theater umkrempeln. Die Theaterpädagoginnen und -pädagogen machen sich fit für die Zukunft. (v.l.n.r.) Monika Menezes-Kuth (Deutscher Bühnen-Verein), Luisa Schumacher (Staatstheater Wiesbaden), Sarah Jansinszczak (Theater Dortmund), Svenja Riechmann (Theater Dortmund) und Lina Zehelein (Staatstheater Darmstadt).

Im Theater Dortmund informierten sich die Beteiligten mit Hilfe zahlreicher Impulsvorträgen und Workshops über die Frage: „Wie kann, muss und wird sich unsere Arbeit ändern“, um auch im 21. Jahrhundert Kinder und Jugendliche, aber auch neue Zuschauerschichten im Erwachsenenbereich an Kultur heranzuführen. Gerade in der jetzigen Zeit ist es besonders wichtig, ein freies und reflektierende kritisches Korrektiv in einer immer komplexer und für viele bedrohlich wirkenden gesellschaftlichen Verhältnissen zu haben.

Die Dortmunder Theaterpädagogin Sarah Jasinszczak betonte, dass sich die Wahrnehmung der Jugend durch die modernen Technologien stark geändert hat. „WhatsApp“ , „Instagram“, und schnelle Suchmaschinen wie Google oder Enzyklopädien wie Wikipedia, PC-Gaming oder Mannequin-Challenge (das regungslose Verharren in Posen, die alltägliche Situationen nachstellen) gehören zu ihrem Leben.

Es ist die Frage, wie wir sie in ihrer Lebensrealität abholen, ihr Interesse wecken und in einen konstruktiven Dialog mit ihnen treten kann. Es gibt gerade in Dortmund eine Vielzahl an kulturvermittelnden Angeboten für Babys bis zu Seniorinnen und Senioren. So z.B. Baby-Konzerte, Konzerte für junge Leute, Jugendclubs, Senioren-Tanztheater und vieles mehr.

So können, wie schon im Schauspiel Dortmund geschehen, Gaming-Formate, wie zum Beispiel das von Anna Kpok, ausgetestet werden. Eine Verbindung von analoger und digitaler Welt ist ein Ziel sowie Geschichten zum weiterentwickeln (Beispiel: Misson Possible – Musiktheater im Revier Gelsenkirchen).

Bedeutsam und wichtig ist aber auch eine gute Kooperation mit den Schulen (wir berichteten über solche Kooperationsverträge in Dortmund) und Vernetzung mit anderen kulturellen Bildungsträgern.

So besuchten am 15.02.2019 zum Beispiel die KonferenzteilnehmerInnen das Zentrum für kulturelle Bildung, der UZWEI auf der zweiten Etage im Dortmunder U. Dort bot die gerade laufende digitale Camping- Erlebnis-Ausstellung genügend Stoff für einen regen Austausch.

Die nächste Konferenz 2020 soll übrigens in Wiesbaden stattfinden. Beim Pressegespräch war auch Luisa Schumacher vom hessischen Staatstheater Wiesbaden anwesend. Sie konnte wichtige Eindrücke und Erfahrungen aus der Konferenz in Dortmund mitnehmen.

Hedda Gabler – destruktiv aus Langeweile

Das hatte sich Hedda irgendwie anders vorgestellt: Die Ehe mit dem Gelehrten Jörgen Tesman ist nicht im geringsten aufregend, zumal seine Ernennung als Professor in den Sternen steht, die alte verschmähte Jugendliebe wird plötzlich erfolgreich und selbst einfältige Landfrauen wie Frau Elvsted begehren aus ihrer kleinbürgerlichen Welt auf. Für Hedda steht fest: The thrill is gone. Langeweile macht sich breit und diese Langeweile gebiert Monster. Um ihre bürgerliche Sicherheit und die positive Perspektive für ihren Ehemann zu erhalten, macht sich Hedda dran, Menschen zu manipulieren und zu zerstören. Sie schafft sie es nicht, sich zu emanzipieren und für ihre Jugendliebe Lövborg zu entscheiden. So endet sie schließlich tragisch. Regisseur Jan Friedrich durchbricht in seiner Inszenierung das naturalistische Stück und erzählt es als Art Seifenoper mit Lachern vom Band. Ein Premierenbericht vom 15. Februar 2019.

Die literarische Figut der Hedda Gabler von Henrik Ibsen kommt nicht gerade sympathisch daher. Sie hasst ihren Ehemann Jörgen und seine Tante Julle, ist eifersüchtig auf ihre Bekannte Thea Elvsted, da sie zusammen mit Heddas Jugendliebe Lövborg ein neues Leben plant. Daher versucht sie das Leben von Lövborg und Thea zu zerstören. Nebenbei hat sie noch ein Verhältnis mit dem Hausfreund Brack. Auf einer Sympathieskala von 0 bis 10 würde sie wahrscheinlich im Negativbereich landen.

Das große Problem von Hedda ist, dass sie aus einer gutbürgerlichen Schicht (sie ist die Tochter eines Generals) durch die Heirat mit Jörgen Tesman in die Kleinbürgerlichkeit abgestiegen ist. Ihre einzige Hoffnung ist, dass ihr Mann eine Professorenstelle bekommt und dadurch ihr sozialer Status wieder steigt. Doch mittlerweile hat sich in ihrem Leben die Langeweile breit gemacht.

Auch der perfekte Hausmann Jörgen (Ekkehard Freye) kann Hedda (Bettina Lieder) nicht aus ihrer Langeweile befreien. (Foto: © Birigt Hupfeld)
Auch der perfekte Hausmann Jörgen (Ekkehard Freye) kann Hedda (Bettina Lieder) nicht aus ihrer Langeweile befreien. (Foto: © Birigt Hupfeld)

Friedrich inszeniert das Stück in zwei Ebenen. Die erste ebene ist durch Künstlichkeit geprägt und findet in einer sauberen „Barbie und Ken“-Welt statt. Hier tragen die Schauspieler Puppenmasken werden von externen Kolleginnen und Kollegen quasi „synchronisiert“. Wie in einer Seifenoper – inklusive Lacher vom Band – wird die scheinbar heile Welt, in der es keine Konflikte gibt, dargestellt. Doch wehe, wenn die Masken fallen.

Bettina Lieder als Hedda Gabler hat einen schweren Job und sie meistert ihn vorzüglich. Denn neben der oberflächlichen Barbie-Hedda, muss sie auch die intrigante Hedda zeigen. Sehr eindringlich gelingt ihr das beim Quälen von Thea Elvsted. Keine Angst, hier wurde Thea durch eine Puppe gespielt.

Hedda hat es mit sehr schwachen Männern zu tun. Ihr Ehemann Jörgen (gespielt von Ekkehard Freye) ist ein Bücherwurm par exellance und ganz in seiner Kleinbürgerlichkeit gefangen. Er setzt seine Frau mit seinem Kinderwunsch unter Druck und bemerkt nicht, dass er keinen richtigen Kontakt zu ihr bekommt. Eine typische Szene ist, als Jörgen sich freut, dass Tante Julle ihm seine Pantoffel mitgebracht hat. Er ist halt ein echter „Pantoffelheld“. Hedda nennt sie ihm am Anfang des Stückes konsequent „Herr Tesman“. Doch ihre Manipulationen führen nicht zum gewünschten Erfolg, auch Lövborg nimmt ḱeinen „schönen Tod“. In letzter Konsequenz tötet sich Hedda selbst. Tod durch Langeweile.

Ejlert Lövberg (gespielkt von Christian Freund) könnte zum Held des Stückes werden, ja wenn er etwas gefestigter im Leben wäre. Er verachtet Thea Elvsted, obwohl sie für ihn ihren Mann verlassen will und ihn von seinem Alkoholismus befreit hat. Doch leider ist er standhaft wie ein Kartenhaus und unter Heddas Einfluss beginnt er wieder zu trinken und verliert das Manuskript seines kommenden Buches.

Den schmierigen Charakter Brack spielt Uwe Rohbeck. Brack ist ein Mensch, der genau weiß, wo und wie er einen Vorteil bekommt. Er erkennt sofort die Differenzen zwischen Jörgen und Hedda und nistet sich als Liebhaber ins Hause Tesman ein. Darüber hinaus bekommt er mit wie Hedda das Manuskipt von Lövborg vernichtet.

Jetzt könnte man sagen, Hedda ist eine starke Frau, die sich gegen drei schwache Männer durchsetzen muss, aber leider behandelt sie ihre Geschlechtsgenossin Thea Elvsted (Alexandra Sinelnikova) genauso mies. Thea wird als Gewinnerin aus der Geschichte herausgehen, denn sie hat als einzige den Mut, sich aus der kleinbürgerlichen Ehe zu emanzipieren. Sie verlässt ihren Mann und wird höchstwahrscheinlich mit Jörgen zusammenkommen, da die beiden an den erhaltenen Notizen von Lövborg weiterarbeiten werden.

Bleibt als weitere Figur Tante Julle (Marlena Keil). Die Ausgeburt der Kleinbüprgerlichkeit und dient quasi als Sidekick für die Inszenierung. Sie opfert ihr Leben und ihr Geld wie selbstverständlich für ihren Neffen und lässt sich auch durch Heddas Verachtung nicht aus der Ruhe bringen.

Sicher, die Inszenierung eines Stückes aus der Zeit des Naturalismus mit Barbie-Puppen und Lachern aus dem Off wird nicht jedem gefallen. Doch es zeigt sehr gut die Künstlichkeit, die sich hinter der Fassade versteckt. Bettina Lieder ist mit ihrer Präsenz und Wandelbarkeit eine nahezu perfekte Hedda, ebenso in ihren verletzlichen wie boshaften Momenten.

Infos über weitere Termine und Karten gibt es unter www.theaterdo.de

Amüsanter Ruhrgebietsroman als Theaterstück im Schauspiel Dortmund

Seine Uraufführung im Schauspiel Dortmund hat am Samstag, den 16.02.2019 um 19:30 Uhr „Als die Omma den Huren noch Taubensuppe kochte“ nach dem gleichnamigen Roman der in Essen geborenen Autorin Anna Basener. Regie führt die vor allem als Kabarettistin bekannte Gerburg Jahnke (Missfits, Ladies Night). Für„Omma“ wurde Anna Basener im letzten Jahr mit dem Pulitzer Preis (nicht der Amerikanische) in der neuen Sparte Roman für den amüsantesten deutschsprachigen Roman ausgezeichnet. Auch Jahnke begeisterte das Buch sofort.

Im Mittelpunkt des als Theaterstück gekürzten Stoffes stehen vor allem drei starke Frauen. Zum einen ist da die Ruhrpottikone und ehemalige Wirtschafterin in einem Essener Puff, genannt „Omma“ (Anke Zillich), die nach dem mysteriösen plötzlichen Tod der ehemaligen Hure und Vertrauten Mitzi (Friederike Tiefenbacher) fluchtartig alle Zelte in Essen abbricht und bei ihrer entsetzten Tochter Bianca (Caroline Hanke), einer bis jetzt noch erfolglosen Designerin von Damenschlüpfern, im hippen Berlin-Kreuzberg auftaucht. Diese ist nicht nur auf der Suche nach ihrer Bestimmung, sondern auch im Dauerclinch mit ihrer Mitbewohnerin Louise (Luise Kinner).

Diese ist nämlich über-korrekt. Als dann noch der junge Polizeikommissar Nils (Jens Kipper) dort auftaucht und unangenehme Fragen stellt, ist das Chaos groß. Bianca wundert sich, wie die vitale Mitzi so plötzlich sterben konnte…

Die Omma (anke Zillich) ist über Theos (Mario Lopatta) Anblick entzückt, ihre Enkelin Bianca (Caroline Hanke) ist skeptischer. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Caroline Hanke Anke Zillich Mario Lopatta

Diese urig-komische und musikalische Komödie mit zwei unerschrockenen Heldinnen, lässt das schroffe Rotlichtmilieu im Pott gegen das so hippe Berlin der Gegenwart antreten. Gleichzeitig zeigt es zudem zwei unterschiedliche Sichtweisen auf das älteste Gewerbe der Welt.

Eine besondere Herausforderung und Spaß für zwei der Schauspieler im Stück ist, dass sie sowohl eine männlicher Rolle als auch eine Hure spielen.

Außerdem muss das Ensemble sein musikalisches Können beweisen und singen. Die Liedtexte stammen von der Autorin des Buches, so das sich Tommy Finke (Musikalischer Leiter des Dortmunder Schauspiels) zu seiner Freude voll auf die Musik konzentrieren konnte.

Diese hat er den verschiedenen Figuren respektvoll und sensibel auf den Leib geschnitten.

Je nachdem, so viel wurde vorab verraten, wird Walzer, Gitarren- oder Akkordeon-Musik zu hören sein. Allgemein auch Musik, die mit Klischees spielt und zum Lachen anregt.

„Es geht in den Liedern immer um Gefühle und innere Befindlichkeiten mit einem oft lyrisch-poetischen Anklang “, so Jahnke.

Die Bühne wird zu einer Drehbühne und die Schauspielerinnen und Schauspieler sprechen das Publikum direkt an. Der Regisseurin ist wichtig, dass das Publikum auch wirklich angesehen wird.

Zu erwarten ist wohl eine unterhaltsam-freche, mal sexy oder sentimentale und „politisch unkorrekte“ Inszenierung.

Die Premiere am 16.02.2019 und die folgenden bis Ende März sind schon alle ausverkauft. Die Termine in den folgenden Monaten bieten aber noch Gelegenheit, die Aufführungen dieses Stückes zu erleben.

Informationen zu den genauen Aufführungsterminen erhalten Sie wie immer unter www.theaterdo.de oder telefonisch: 0231/ 50 27 222.

Es lohnt sich auch immer nachzufragen, ob eventuell noch Karten für einen eigentlich schon als ausverkauft geltenden Termin frei geworden sind!

Mit Musik Brücken bauen

„Marten liebt Vielfalt – Musik stärkt den Gemeinsinn“: Unter diesem Motto startet das Martener Forum ab Mitte Februar im Stadtteil eine Veranstaltungsreihe, die Marten als Ort des friedvollen Zusammenlebens präsentieren und musikalisch Brücken bauen möchte. Aufgrund der aktuellen Erfahrungen wollen die Veranstalter Marten als Ort des friedvollen Zusammenlebens aller hier lebenden Menschen sichern, Vielfalt als Bereicherung erfahrbar machen und Gemeinsinn mit musikalischen Zugängen stärken, um rechtsextremistischen Ansinnen den Boden entziehen. „Ich bin sehr glücklich darüber, dass die Veranstaltungsreihe Marten die Chance gibt, Menschen miteinander zu verbinden und das Thema Vielfalt gerade zum 70. Geburtstag unseres Grundgesetzes in den Mittelpunkt zu stellen“, sagt Monika Rößler, Sprecherin des Martener Forums.

Die musikalische Veranstaltungsreihe startet am Donnerstag, 14. Februar, 19.30 Uhr in der katholischen Kirche Hl. Familie im Sadelhof 16 in Dortmund-Marten.

Unter dem Titel „Barockmusik – Hochaktuell“ wird gespielt, getanzt und gesungen. Der Chor „Cantamus“ und Solistinnen und Ensembles der Barockakademie der Musikschule Dortmund unter der Leitung von Barbara Bielefeld-Rikus spielen Werke u.a. von Bach, Lully, Dowland und Purcell. Kulturdezernent Jörg Stüdemann sowie Paul Stamm, ehemals Superintendent der Ev. Kirche, sprechen Grußworte.

Der Eintritt zu der Auftaktveranstaltung und den weiteren Veranstaltungen ist frei. Um Spenden bittet der gemeinnützige Förderverein Dortmund-Marten und Germania e.V. über seine Website www.dortmund-marten.de oder auf sein Konto IBAN: DE61 4405 0199 0061 0218 25, bei der Sparkasse Dortmund unter dem Stichwort „Vielfalt“.

Zu den Partner der Kampagne gehört neben dem Martener Forum die Evangelische Elias-Kirchengemeinde Dortmund, die Katholische Kirchengemeinde Heilige Familie Marten im Pastoralen Raum Dortmunder Westen, die Neuapostolische Kirche – Marten, Musikschule Dortmund, das Orchesterzentrum NRW, die Auslandsgesellschaft NRW und die Koordinierungsstelle für Vielfalt, Toleranz und Demokratie der Stadt Dortmund.

Die Organisatoren der musikalischen Veranstaltungsreihe hoffen auf viele Besucher. (Foto: © Stadt Dortmund)

Gerhard Stranz, der Initiator dieser Kampagne, ist begeistert von der großen Bereitschaft vieler und insbesondere junger Musiker und Musikerinnen, mit aktivem Tun ein Zeichen für ein friedvolles Zusammenleben zu setzen und vom Zusammenhalt der Beteiligten in Marten, die in kurzer Zeit die Voraussetzung geschaffen haben, dass diese Begegnungen über Musik möglich werden.

Weitere Konzerte sind bereits verabredet und geplant, so mit dem Jugendsinfonieorchester Dortmund, Schulorchestern, Schul-Big-Band und Schulchören. Die Mitwirkung von Menschen mit Migrationshintergrund und Fluchterfahrungen, auch für Familien mit ihren Kindern ist vorgesehen.

Die Konzertreihe versteht sich als Bestandteil des Stadtprojektes für Vielfalt, Toleranz und Demokratie.

Weitere geplante Veranstaltungen:

Am 21. März, am internationalen Tag gegen Rassismus, werden das Schulorchester, Big Band und Chöre des Bert-Brecht-Gymnasiums sowie der Chor der Neuapostolischen Kirche in Marten spielen. „Unsere Zukunft liegt in deiner Hand“ lautete das Motto dieser Veranstaltung, Beginn 19 Uhr, Altenrathstraße 8.

Am 3. April spielt im Rahmen der Ausstellungseröffnung von Günter Rückert das Transorient-Duo Andreas Heuser und Kioomars Musayyebi unter dem Titel „Weltmusik auf 100 Saiten“ (Im „Meilenstein“, Nachbarschaftswerkstatt Marten, In der Meile 2).

Unter dem Titel „So klingt Vielfalt“ werden am 7. April, 19 Uhr das Dortmunder Jugendorchester DOJO und Solisten ein Klavierkonzert und Einzelstücke unter der Leitung von Achim Fiedler in der Ev. Immanuelkirche (Bärenbruch 17-19) in Marten spielen. Bürgermeisterin Birgit Jörder und der Kabarettist Bruno „Günna“ Knust werden die Veranstaltung eröffnen.

Am 13. April singt der Konzertchor Aplerbeck unter dem Titel „Verzagt nicht!“ Auszüge aus der Johannespassion in der Kath. Kirche Heilige Familie, Sadelhof 16, in Marten.

Im Stadtteil werden weitere Veranstaltungen zum Thema Vielfalt stattfinden. Marten versteht sich als vielfältig und bunt.

 Weitere Informationen finden sie unter www.dortmund-marten.de

Quelle: Stadt Dortmund

Ibsens Hedda Gabler – Ein Konflikt zwischen zwei Lebensmodellen

Im Studio des Schauspiel Dortmund steht am 15.02.2019 um 20.00 Uhr das Drama „Hedda Gabler“ von Henrik Ibsen (1828 – 1906) unter der Regie von Jan Friedrich auf dem Programm. Der junge Regisseur kann dabei seine in einem Studium erworbenen Kenntnisse der Zeitgenössische Kunst für seine erste Inszenierung für das Schauspiel Dortmund einbringen.

Obwohl die Aufführung nah am Text von Ibsens Drama bleiben wird, wird der Stoff mit modernen Stilmitteln für die heutige Zeit aufbereitet. Wie beim Pressegespräch erklärt wurde, wird die Inszenierung als Barbie-Sitcom, mit Masken und allem was dazu gehört, beginnen. Man darf gespannt sein, welche Bühnen Barbie-Ken-Welt das Publikum erwartet. Mit der Zeit bröckelt allerdings die bürgerliche Fassade und wird nach und nach schauspielerisch zerfallen.

Zum Stück: Hedda Tesman, geborene Gabler und Tochter eines hohen Generals, führt frisch verheiratet ein scheinbar perfektes Leben mit ihrem Mann Jörgen. Dieser ist ein vielversprechender und aufstrebender Kulturwissenschaftler, der ihr ein finanziell gesichertes Leben und eine hohes gesellschaftliches Ansehen bietet. Das sie ihn nicht liebt, er sie nicht wirklich beachtet und nur als schönes Objekt betrachtet, stört sie da zunächst wenig. Die Aussicht auf eine lukrative Professorenstelle für Jörgen und die Hoffnung auf den baldigen Nachwuchs sowie ein ansehnliches Haus sind ein „gutes Trostpflaster“für die Langeweile mit ihren Mann. Konfliktverdrängung und oberflächliche Freundlichkeit sind für ihn bezeichnend. Da taucht ihre Jugendliebe, der faszinierende Lövborg, inzwischen ebenfalls ein Kulturwissenschaftler, überraschend wieder in der Stadt auf. Er hatte gerade erst ein Aufsehen erregendes kulturwissenschaftliches Buch heraus gebracht. Das ist für ihre Zukunftspläne und „Bilderbuchglück“ eine Bedrohung und bringt ihr Lebenskonzept und ihre Gefühle durcheinander. Hatte sie sich doch damals gegen Lövborg entschieden, da sie seine erfolgreiche Entwicklung nicht erwartete. Wohl eine falsche Entscheidung. Geschickt macht sie sich daran, den Ruf und Ansehen von Lövborg zu demontieren. „Ein einziges Mal in ihrem Leben die Herrschaft haben über ein Menschenschicksal“…

Hedda Gabler (Bettina Lieder) lebt eigentlich  in einer perfekten Welt, ist aber dennoch unzufrieden. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Hedda Gabler (Bettina Lieder) lebt eigentlich in einer perfekten Welt, ist aber dennoch unzufrieden. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Der Regisseur sieht dieses Drama als Folie für eine perfekte kleinbürgerliche Fassade, hinter die er schonungslos blicken lässt. Bis auf die Figur Hedda Gabler werden die anderen Schauspielerinnen und Schauspieler jeweils zwei Rollen im Stück übernehmen. Begleitet wird die Aufführung mit Musik (Klangeinspielungen) und Videoart bereichert.

Die Premiere am 15.02.2019 und der zweite Termin am 22.02.2019 sind schon ausverkauft.

Es lohnt sich, schnell Karten für den 02. 03.2019, 08.03.2019 um 20:00. oder am 14.04.2019 um 18:30 Uhr rechtzeitig unter 0231// 50 27 222 oder www.theaterdo.de zu reservieren und sich nähere Informationen zu holen.

Wortgefechte und skurrile Figuren

Es hatte ein wenig von Loriot oder von Monty Python, wenn die beiden Schauspieler Thomas Kemper und Jörg Hentschel im „HERRENspezial“ in den Sketchen mit Worten und Begrifflichkeiten duellierten. Ars tremonia war am zweiten Abend am 10. Februar 2019 im Theater Fletch Bizzel dabei.

Keine Angst. Bei „HERRENspezial“ geht es nicht um die berühmt-berüchtigten Herrenwitze von Fips Asmussen und Co, auch wenn das Outfit der beiden Herren und der Wackeldackel durchaus in die Zeit passen könnten. Doch die Texte von Hentschel zielen bei weitem nicht unter die Gürtelline, obwohl bei einem Sketch das leidige Thema „Nicht-Wasserlassen-können“ per Video präsentiert wurde. Durchaus eben in der Tradition eines Loriots, aber immer mit einer skurrilen Note. Viele Sketche scheinen gegen Ende fast ins Surreale abzugleiten.

Ein gutes Beispiel ist die Nummer in der Fleischerei, bei der es zunächst um Fleisch für ein Rezept geht, nach einigen Missverständnissen und Wortklaubereien, dreht sich das Gespräch um die intime Beziehung der eingeladenen Freunde des Kunden. Dieses Feuerwerk an absurden Dialogen war das Markenzeichen des Abends.

Showlesen mit Kaktus präsentieren Thomas Kemper und Jörg Hentschel im Programm "HERRENspezial" im Theater Fletch Bizzel.
Showlesen mit Kaktus präsentieren Thomas Kemper und Jörg Hentschel im Programm „HERRENspezial“ im Theater Fletch Bizzel.

Diese Dialoge um „des Kaisers Bart“ waren natürlich eine Verbeugung vor den berühmten Komikerduos der Geschichte. Angefangen von Stan Laurel und Oliver Hardy über Karl Valentin und Lils Karlstadt bis hin zu Lorot und Evelyn Hamann.

Es gab nicht nur geistreiches auf der Bühne: Wenn der Abend „Herren-Spezial“ heißt, dann war es auch logisch, dass Hentschel und Kemper diesen Kräuterschnaps aus dem Münsterland dem Publikum kredenzten.

Das Herrenpaar Hentschel und Kemper ist noch am 06. und 07. April im Fletch Bizzel erleben. Es lohnt sich – nicht nur wegen des Kräuterschnapses.

Karten unter 0231 14 25 25 oder www.fletch-bizzel.de

Dramatische Oper um Rache, Macht und Liebe

Die „Chinawochen“ im Opernhaus Dortmund gehen weiter. Nach der Operette „Im Lande des Lächelns“ hatte am Samstag, den 09.02.2019 die dramatisch-lyrische Oper „Turandot“ von Giacomo Puccini (1858 – 1924) unter der Regie von Tomo Sugao seine umjubelte Premiere.Das Libretto der letzten und unvollendeten Oper von Puccini stammte von Giuseppe Adami und Renato Simoni. Musikalisch sensibel begleitet wurde die Aufführung von der Dortmunder Philharmoniker unter der engagierten Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz.

Der Opernchor Theater Dortmund unter der Leitung von Fabio Mancini sowie die Statisterie und Kinderstatisterie Theater Dortmund sorgten für eine berührende und atmosphärische starke „Volks-Begleitung“.

Dem chinesischen Hintergrund der Oper wurde mit einem relativ statischen Bühnenbild mit rot-schwarzer intensiver Farbe an den Wänden und der Decke oder dreigeteilten Kammern mit chinesischen Lampen Rechnung getragen. Für spezielle Effekte und Auftritte ließ sich hinten eine Luke öffnen. Die Kostüme waren fantasievoll und passend für eine Fabel kontrastreich ausgestattet. Glanzvoll bei den Herrschaften am Kaiserpalast und ärmlich für das Volk. Eine besondere Bedeutung bei der Inszenierung zur Unterstreichung der verschiedenen Gemütszustände hatte die Beleuchtung. Ein großes Kompliment an Ralph Jürgens, der für das Licht verantwortlich war.

Die Geschichte der von Rachegelüsten zerfressenen und in sich zurückgezogenen Prinzessin Turandot und deren Öffnung für die Liebe am Ende, eindrucksvoll gespielt und gesungen von Stéphanie Müther, wird kontrastiert durch den starken Charakter der Sklavin Liù . Durch ihre wahrhaftige Liebe für den Werber um Turandot, den tatarischen Prinz Calef, ist sie diejenige, die eigentlich die Veränderung bei der chinesischen Prinzessin bewirkt und ihren „Drachenpanzer“ langsam durchdringt. Mit spielerischer Leidenschaft und Stimmgewalt begeisterten Sae-Kyung Rim (Liù) und Andrea Shin als Calaf in diesen Rollen das Publikum. Überzeugen konnte auch die hier gut bekannte Karl-Heinz Lehner als Timur (entthronter König der Tataren) und Kammersänger Hannes Brock als Altoum (Kaiser von China). Das auf Machterhalt und Rache ausgerichtete autoritäre System wird in seiner Brutalität dargestellt. Die Männer kommen in der Oper eher schlecht weg. Der Prinz Calaf ist kein Held , der nur um seine Liebe kämpft, sondern zuerst jemand, der sich etwas beweisen muss. Er will vor allem Kaiser und als Herrscher von China Macht und ein Reich zurück gewinnen. Dazu opfert er auch seine eigentliche Liebe zu Liù.

Im kalten blauen Mondlicht fühlt sich Turandot (rechts) am wohlsten. Sie zörgert nicht einmal, Liù (links) und Timur (unten) zu foltern, um an den Namen ihres Herausforderers zu kommen. (Foto: © Theater Dortmund)
Im kalten blauen Mondlicht fühlt sich Turandot (rechts) am wohlsten. Sie zörgert nicht einmal, Liù (links) und Timur (unten) zu foltern, um an den Namen ihres Herausforderers zu kommen. (Foto: © Theater Dortmund)

Die Männer, in der Geschichte wirken bis auf Calaf, eher hilflos und auf den Erhalt des Systems gerichtet. Calaf ist dagegen gerissen, und schlägt die Prinzessin am Ende mit ihren eigenen Waffen, indem er ihr selbst ein Rätsel stellt.

Eine besondere Rolle als zynische Komiker spielen die aus der Commedia dell‘ Arte entnommenen Figuren dreier Minister Ping (Morgan Moody), Pong (Sunnyboy Dladla) und Peng (Fritz Steinbrecher). Die drei füllten diese Aufgabe mit viel Sinn für Humor und Stimme gut aus. Sie wollen eigentlich kein Blutvergießen und wünschen sich die „alten Zeiten“ zurück. Sie sind aber ein Teil des Systems und denken nur an ihr Vergnügen. Hier kommen Komik, Groteske und Grausamkeit zusammen.

Beeindruckend inszeniert Regisseur Sugao das Volk. Wie eine geifernde Zombiehorde weidet sie sich am Tod des persischen Prinzen zu beginn und freut sich schon auf das nächste Opfer. Doch das Volk ist eine beeinflussbare Masse, die mal „köpft ihn“ruft, dann wieder Mitleid für einen an den Rätseln der Prinzessin gescheiterten „schönen Prinzen“ hat.

Die Beeinflussung der Menschen durch die sozialen Medien ist heute ungleich größer und unberechenbarer. Das konnte Puccini sich damals natürlich in seinen kühnsten Träumen nicht vorstellen. Die Härte und Extreme und Mechanismen an „Turandot“ sind uns leider auch heute immer noch zu vertraut.

Musikalisch bietet die Oper eine Vielfalt unterschiedlichen Stilen. Melodien aus der aus einer chinesischen Spieldose und dem Buch „Chinese Music“ (Shangai, 1884), emotionale italienische Arien wie die die berührende „Nessun dorma“, oder etwa von Richard Strauss, Claude Debussy sowie Igor Strawinsky musikalisch beeinflusste Passagen. Außerdem setzte Puccini ein nur aus fünf Tönen bestehendes exotisch anmutendes System ein.

Eine Inszenierung mit starken Stimmen, Bildern und Gegensatzpaaren.

Informationen zu weiteren Aufführungsterminen erhalten Sie wie immer unter www.theaterdo.de