Digitalisierung ist Thema bei der 5. Konferenz des Deutschen Bühnenvereins in Dortmund

Am 14. und 15.
Februar 2019 fand die 5. Konferenz der Theater-, Tanz-und
Musikpädagoginnen und Pädagogen des Deutschen Bühnenvereins
Landesverband Mitte in Dortmund statt. Im Theater Dortmund berieten
und informierten sich Theaterpädagogen von aus Nordrhein-Westfalen,
Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland erstmals durchgehend mit
einem Thema.

Es ging um die
zukunftsweisende Frage, welchen Einfluss die Digitalisierung auf das
Theater und die jeweiligen wichtigen vermittelnden pädagogischen
Maßnahmen ausübt. Da ist Dortmund als digitaler Theater-„Hot
Spot“ und der geplanten „Akademie für Digitalität und Theater“
genau der richtige Ort für die Konferenz.

Wie Lina Zehelein
(Staatstheater Darmstadt) verriet, das man sich in diesem Jahr über
die große Teilnehmerzahl von achtzig Personen freuen konnte.
Erfreulich auch, die Zahl der männlichen Theaterpädagogen ist in
den letzten Jahren von zwei auf zwanzig gestiegen!

Die digitale Welt wird auch das Theater umkrempeln. Die Theaterpädagoginnen und -pädagogen machen sich fit für die Zukunft. (v.l.n.r.) Monika Menezes-Kuth (Deutscher Bühnen-Verein), Luisa Schumacher (Staatstheater Wiesbaden), Sarah Jansinszczak (Theater Dortmund), Svenja Riechmann (Theater Dortmund) und Lina Zehelein (Staatstheater Darmstadt).
Die digitale Welt wird auch das Theater umkrempeln. Die Theaterpädagoginnen und -pädagogen machen sich fit für die Zukunft. (v.l.n.r.) Monika Menezes-Kuth (Deutscher Bühnen-Verein), Luisa Schumacher (Staatstheater Wiesbaden), Sarah Jansinszczak (Theater Dortmund), Svenja Riechmann (Theater Dortmund) und Lina Zehelein (Staatstheater Darmstadt).

Im Theater Dortmund
informierten sich die Beteiligten mit Hilfe zahlreicher
Impulsvorträgen und Workshops über die Frage: „Wie kann, muss und
wird sich unsere Arbeit ändern“, um auch im 21. Jahrhundert Kinder
und Jugendliche, aber auch neue Zuschauerschichten im
Erwachsenenbereich an Kultur heranzuführen. Gerade in der jetzigen
Zeit ist es besonders wichtig, ein freies und reflektierende
kritisches Korrektiv in einer immer komplexer und für viele
bedrohlich wirkenden gesellschaftlichen Verhältnissen zu haben.

Die Dortmunder
Theaterpädagogin Sarah Jasinszczak betonte, dass sich die
Wahrnehmung der Jugend durch die modernen Technologien stark geändert
hat. „WhatsApp“ , „Instagram“, und schnelle Suchmaschinen wie
Google oder Enzyklopädien wie Wikipedia, PC-Gaming oder
Mannequin-Challenge (das regungslose Verharren in Posen, die
alltägliche Situationen nachstellen) gehören zu ihrem Leben.

Es ist die Frage,
wie wir sie in ihrer Lebensrealität abholen, ihr Interesse wecken
und in einen konstruktiven Dialog mit ihnen treten kann. Es gibt
gerade in Dortmund eine Vielzahl an kulturvermittelnden Angeboten für
Babys bis zu Seniorinnen und Senioren. So z.B. Baby-Konzerte,
Konzerte für junge Leute, Jugendclubs, Senioren-Tanztheater und
vieles mehr.

So können, wie
schon im Schauspiel Dortmund geschehen, Gaming-Formate, wie zum
Beispiel das von Anna Kpok, ausgetestet werden. Eine Verbindung von
analoger und digitaler Welt ist ein Ziel sowie Geschichten zum
weiterentwickeln (Beispiel: Misson Possible – Musiktheater im
Revier Gelsenkirchen).

Bedeutsam und
wichtig ist aber auch eine gute Kooperation mit den Schulen (wir
berichteten über solche Kooperationsverträge in Dortmund) und
Vernetzung mit anderen kulturellen Bildungsträgern.

So besuchten am
15.02.2019 zum Beispiel die KonferenzteilnehmerInnen das Zentrum für
kulturelle Bildung, der UZWEI auf der zweiten Etage im Dortmunder U.
Dort bot die gerade laufende digitale Camping- Erlebnis-Ausstellung
genügend Stoff für einen regen Austausch.

Die nächste
Konferenz 2020 soll übrigens in Wiesbaden stattfinden. Beim
Pressegespräch war auch Luisa Schumacher vom hessischen
Staatstheater Wiesbaden anwesend. Sie konnte wichtige Eindrücke und
Erfahrungen aus der Konferenz in Dortmund mitnehmen.




Hedda Gabler – destruktiv aus Langeweile

Das hatte sich Hedda
irgendwie anders vorgestellt: Die Ehe mit dem Gelehrten Jörgen
Tesman ist nicht im geringsten aufregend, zumal seine Ernennung als
Professor in den Sternen steht, die alte verschmähte Jugendliebe
wird plötzlich erfolgreich und selbst einfältige Landfrauen wie
Frau Elvsted begehren aus ihrer kleinbürgerlichen Welt auf. Für
Hedda steht fest: The thrill is gone. Langeweile macht sich breit und
diese Langeweile gebiert Monster. Um ihre bürgerliche Sicherheit und
die positive Perspektive für ihren Ehemann zu erhalten, macht sich
Hedda dran, Menschen zu manipulieren und zu zerstören. Sie schafft
sie es nicht, sich zu emanzipieren und für ihre Jugendliebe Lövborg
zu entscheiden. So endet sie schließlich tragisch. Regisseur Jan
Friedrich durchbricht in seiner Inszenierung das naturalistische
Stück und erzählt es als Art Seifenoper mit Lachern vom Band. Ein
Premierenbericht vom 15. Februar 2019.

Die literarische
Figut der Hedda Gabler von Henrik Ibsen kommt nicht gerade
sympathisch daher. Sie hasst ihren Ehemann Jörgen und seine Tante
Julle, ist eifersüchtig auf ihre Bekannte Thea Elvsted, da sie
zusammen mit Heddas Jugendliebe Lövborg ein neues Leben plant. Daher
versucht sie das Leben von Lövborg und Thea zu zerstören. Nebenbei
hat sie noch ein Verhältnis mit dem Hausfreund Brack. Auf einer
Sympathieskala von 0 bis 10 würde sie wahrscheinlich im
Negativbereich landen.

Das große Problem
von Hedda ist, dass sie aus einer gutbürgerlichen Schicht (sie ist
die Tochter eines Generals) durch die Heirat mit Jörgen Tesman in
die Kleinbürgerlichkeit abgestiegen ist. Ihre einzige Hoffnung ist,
dass ihr Mann eine Professorenstelle bekommt und dadurch ihr sozialer
Status wieder steigt. Doch mittlerweile hat sich in ihrem Leben die
Langeweile breit gemacht.

Auch der perfekte Hausmann Jörgen (Ekkehard Freye) kann Hedda (Bettina Lieder) nicht aus ihrer Langeweile befreien. (Foto: © Birigt Hupfeld)
Auch der perfekte Hausmann Jörgen (Ekkehard Freye) kann Hedda (Bettina Lieder) nicht aus ihrer Langeweile befreien. (Foto: © Birigt Hupfeld)

Friedrich inszeniert
das Stück in zwei Ebenen. Die erste ebene ist durch Künstlichkeit
geprägt und findet in einer sauberen „Barbie und Ken“-Welt
statt. Hier tragen die Schauspieler Puppenmasken werden von externen
Kolleginnen und Kollegen quasi „synchronisiert“. Wie in einer
Seifenoper – inklusive Lacher vom Band – wird die scheinbar heile
Welt, in der es keine Konflikte gibt, dargestellt. Doch wehe, wenn
die Masken fallen.

Bettina Lieder als
Hedda Gabler hat einen schweren Job und sie meistert ihn vorzüglich.
Denn neben der oberflächlichen Barbie-Hedda, muss sie auch die
intrigante Hedda zeigen. Sehr eindringlich gelingt ihr das beim
Quälen von Thea Elvsted. Keine Angst, hier wurde Thea durch eine
Puppe gespielt.

Hedda hat es mit
sehr schwachen Männern zu tun. Ihr Ehemann Jörgen (gespielt von
Ekkehard Freye) ist ein Bücherwurm par exellance und ganz in seiner
Kleinbürgerlichkeit gefangen. Er setzt seine Frau mit seinem
Kinderwunsch unter Druck und bemerkt nicht, dass er keinen richtigen
Kontakt zu ihr bekommt. Eine typische Szene ist, als Jörgen sich
freut, dass Tante Julle ihm seine Pantoffel mitgebracht hat. Er ist
halt ein echter „Pantoffelheld“. Hedda nennt sie ihm am Anfang
des Stückes konsequent „Herr Tesman“. Doch ihre Manipulationen
führen nicht zum gewünschten Erfolg, auch Lövborg nimmt ḱeinen
„schönen Tod“. In letzter Konsequenz tötet sich Hedda selbst.
Tod durch Langeweile.

Ejlert Lövberg
(gespielkt von Christian Freund) könnte zum Held des Stückes
werden, ja wenn er etwas gefestigter im Leben wäre. Er verachtet
Thea Elvsted, obwohl sie für ihn ihren Mann verlassen will und ihn
von seinem Alkoholismus befreit hat. Doch leider ist er standhaft wie
ein Kartenhaus und unter Heddas Einfluss beginnt er wieder zu trinken
und verliert das Manuskript seines kommenden Buches.

Den schmierigen
Charakter Brack spielt Uwe Rohbeck. Brack ist ein Mensch, der genau
weiß, wo und wie er einen Vorteil bekommt. Er erkennt sofort die
Differenzen zwischen Jörgen und Hedda und nistet sich als Liebhaber
ins Hause Tesman ein. Darüber hinaus bekommt er mit wie Hedda das
Manuskipt von Lövborg vernichtet.

Jetzt könnte man
sagen, Hedda ist eine starke Frau, die sich gegen drei schwache
Männer durchsetzen muss, aber leider behandelt sie ihre
Geschlechtsgenossin Thea Elvsted (Alexandra Sinelnikova) genauso
mies. Thea wird als Gewinnerin aus der Geschichte herausgehen, denn
sie hat als einzige den Mut, sich aus der kleinbürgerlichen Ehe zu
emanzipieren. Sie verlässt ihren Mann und wird höchstwahrscheinlich
mit Jörgen zusammenkommen, da die beiden an den erhaltenen Notizen
von Lövborg weiterarbeiten werden.

Bleibt als weitere
Figur Tante Julle (Marlena Keil). Die Ausgeburt der
Kleinbüprgerlichkeit und dient quasi als Sidekick für die
Inszenierung. Sie opfert ihr Leben und ihr Geld wie
selbstverständlich für ihren Neffen und lässt sich auch durch
Heddas Verachtung nicht aus der Ruhe bringen.

Sicher, die
Inszenierung eines Stückes aus der Zeit des Naturalismus mit
Barbie-Puppen und Lachern aus dem Off wird nicht jedem gefallen. Doch
es zeigt sehr gut die Künstlichkeit, die sich hinter der Fassade
versteckt. Bettina Lieder ist mit ihrer Präsenz und Wandelbarkeit
eine nahezu perfekte Hedda, ebenso in ihren verletzlichen wie
boshaften Momenten.

Infos über weitere
Termine und Karten gibt es unter www.theaterdo.de