Die dunkle Seiten der Märchen

Märchen haben eine
dunkle Seite, auch wenn sie durch die Zeiten als Kinderliteratur
verniedlicht wurden. So manche Märchen der Gebrüder Grimm sind
düster wie „Der Gevatter Tod“ oder „Der Grabhügel“. Die
Kulturbrigaden loten im Theater Fletch Bizzel in „Freaks“ diese
dunkle Seiten aus.

Wer die Produktion
von Rada Radojcic kennt, der wird von den „Freaks“ nicht
enttäuscht sein. Die Regisseurin packte die sechs Schauspielerinnen
und Schauspieler wieder in fantasievolle Kostüme. Die jungen Mimen
zeigten eine ebenso fantasievolle Variante verschiedener Märchen.
Natürlich gehörte „Hänsel und Gretel“ ebenso dazu wie etwa
„Dornröschen“, auch „Gevatter Tod“ wurden verarbeitet. Von
Hans Christian Andersen wurden ebenfalls Stoffe auf die Bühne
gebracht. Dabei durfte sein bekanntestes Märchen, „Die kleine
Meerjungfrau“, natürlich nicht fehlen. Weniger bekannt sind „Die
roten Schuhe“, in dem ein Mädchen rote Tanzschuhe tragen muss die
sie nicht mehr ausgezogen bekommt.

Die "Freaks" luden zur Märchenstunde der dunklen Art ein. (Foto: © Wulf Erdmann)
Die „Freaks“ luden zur Märchenstunde der dunklen Art ein. (Foto: © Wulf Erdmann)

In dem kurzweiligen
Stück mit viel Musik – unter anderem der Walzer von Tschaikowsky aus
„Dornröschen“) oder „Tanz mit Laibach“ von der gleichnamigen
Gruppe – wurde besonders auf Choreografien geachtet, was ein
Verdienst der langjährigen Primaballerina des Dortmunder Balletts,
Monica Fotescu-Uta, zu verdanken ist. Dazu kommen witzige Videos im
Hintergrund von Hänsel und Gretel auf dem Dortmunder
Weihnachtsmarkt. Aber auch aktuelle Themen wie Missbrauch oder die
Rolle der Frau in der Gesellschaft werden in dem Stück thematisiert.

Ein wirklich schönes
atmosphärisches Stück der „Freaks“. Es zeigt sich wieder, dass
Radojcic ein gutes Händchen für Stoffe und immer spielfreudige
Akteure findet. Hinzu kommt, dass Dixon Ra ein gutes Gespür bei der
Musikauswahl hat, sodass aus dem Theaterstück ein gelungenes
Gesamtwerk wird.

Es bleibt zu hoffen,
dass es noch den einen oder anderen Aufführungstermin 2019 gibt.




Im Rausch der Formen und Farben

2015 präsentierte
das „Theater der Klänge“ im Theater im Depot das „Triadische
Ballett“ von Oskar Schlemmer. Vier Jahre später kehren sie an den
selben Ort zurück und zeigen mit dem „Lackballett“ in der
Inszenierung von Jörg U. Lensing eine weitere Hommage an Oskar
Schlemmer. Wieder verwandelt sich die Bühne in einen Dreiklang
zwischen Farbe, Form und Musik. Ars tremonia war am 31.01.2019 dabei.

Der Maler, Bildhauer
und Bühnenbildner Oskar Schlemmer (1888-1943) war mehrere Jahre lang
als Lehrer im Bauhaus tätig. Nach der Machtergreifung der
Nationalsozialisten wurde seine Farbpalette traurig und düster.
Zudem hatte er als „entarteter Künstler“ mit finanziellen
Problemen zu kämpfen. 1940 kam Schlemmer nach Wuppertal, wo er im
Wuppertaler Arbeitskreis des Lackfabrikanten Kurt Herberts
Möglichkeiten fand, seine künstlerische Arbeiten weiterzuführen.

Hier entstand 1941
zum 75. Jubiläum der Firma das „Lackballett“. Ähnlich dem
Triadischen Ballett treten sogenannte Figurinen auf. Das Ballett
tanzte zur Musik von Händel und das Stück dauerte nur vier Minuten.
Das „Theater der Klänge“ versuchte keine Rekonstruktion des
„Lackballetts“, die auch wegen der spärlichen Unterlagen
unmöglich wäre, sondern produzierte eine Hommage an den Künstler.

Eine der farbenfrohen Figurinen aus dem "Lackballett" von Oskar Schlemmer. (Foto: © Theater der Klänge)
Eine der farbenfrohen Figurinen aus dem „Lackballett“ von Oskar Schlemmer. (Foto: © Theater der Klänge)

Schon beim
„Triadischen Ballett“ faszinierten die Formen und Farben der
einzelnen Figurienen. Beim „Lackballett“ ist es ähnlich. Ob nun
die Segelfigurine mit ihren geschwungenen „Segeln“ in Rot, Blau,
Gelb und Grün oder die Kugelnfigurine mit ihren silbernen Kugeln,
die Kostüme fantasiereich gestaltet. Die Choreografie haben die
Tänzerinnen und Tänzer selbst entwickelt.

Begonnen wurde mit
Tüchern. Jeder der Tänzer und Tänzerinnen hatte ein farbiges Tuch
bei sich, aus denen sich teilweise kunstvolle Gebilde formen ließen.
Die tänzerischen Bewegungen wurden ebenso wie die Farben und Formen
live und online in bewegte Bilder umgesetzt. Zusätzlich zu den
elektronischen Klängen entstand eine Mischung zwischen digitaler
Malerei, Tanz und Musik, das sich zu einem Gesamtkunstwerk vereinte.
Das machte die fast psychedelische Kraft der Performance aus.
Zwischendurch kam Miriam Gronau (die auch die Kugelnfigurine tanzte)
auf die Bühne und erzählte aus dem Leben von Oskar Schlemmer.

Ein großes Lob gilt
den Tänzern und Tänzerinnen, die die einzelnen Figurinen in ihren
prächtigen Kostümen zur Geltung brachten. Zunächst zeigten sich
die Selgelfigurine, die Fächerfigurine, die Scheibenfigurine, die
Blütenfigurine, die Kugelnfigurine und die Draht-Lichtfigurine
einzeln, bis sie dann zur Musik von Händel alle auf der Bühne
standen.

Die beiden Termine
im Theater im Depot waren sehr schnell ausverkauft. Daher bleibt zu
hoffen, dass es vielleicht weitere Vorstellungen in Dortmund gibt.