Unter die Räuber gefallen
Yasmina Rezas „Gott
des Gemetzels“ meets Schillers „Räuber“. So könnte man das
neueste Stück der Theatergruppe „Sir Gabriel Trafique“
charakterisieren. „Die Räuber.Live“ mit dem schönen Untertitel
„Utopien aus deutschen Lenden“, zeigte den eindringenden Wahnsinn
in einen aufgeklärten linksliberalen Freundeskreis mit der Hoffnung,
das Schillers „Räuber“ die Lösung zeigt. Doch tut er das? Ein
Bericht von der zweiten Aufführung vom 13. Januar 2019 im Theater im
Depot.
Der erste Teil der
Inszenierung von Björn Gabriel, dem Kopf hinter „Sir Gabriel
Trafique“, wirkt ein wenig wie aus „Gott des Gemetzels“. Zwei
Pärchen aus dem gleichen Milieu – sie sind wohl alle auch
Schauspieler – treffen sich zum Klönen. Essen, trinken, grillen und
in die „360°-Sauna mit Musik“. Dabei wird nicht der Fehler
gemacht, die Szenerie übertrieben naturalistisch darzustellen, das
Bühnenbild von Anna Marienfeld war reduziert und sehr symbolhaft
gestaltet.
Im Laufe der
Unterhaltung, die sich hauptsächlich um die Bedrohung von Rechts
dreht, eskaliert unter den vier Protagonisten und der Fernseher(!),
quasi als „deus ex machina“, empfiehlt, sich mit Schillers
„Räuber“ auseinanderzusetzen. Vielleicht stünde da ja des
Rätsels Lösung. Gesagt, getan, die beiden Pärchen übernehmen vier
Rollen und wir sind mitten im klassischen Stück der
„Sturm-und-Drangzeit“.
Besonders gelungen
war die Darstellung der beiden Pärchen. Die eigentlich weltoffenen
Gastgeber (Dominik Hertrich und Aischa-Lina Löbbert) zeigten sehr
gut die Angst vor dem Unbekannten draußen. Richtig glücklich waren
sie nur in ihrem Zuhause mit ihrem schicken Sprachsystem „Alexandre“
und der bereits erwähnten 360°-Sauna, sozusagen eine schwere Form
des „Cocooning“. Das andere Pärchen bestand aus zwei Frauen
(Fiona Metscher und Mirka Ritter). Zwischen den Pärchen begann es
nicht nur verbal zu knistern, auch erotisch ging es zur Sache. Hier
war die Weltoffenheit aber schnell vorbei.

Im zweiten Teil
verwandelte sich das Stück in eine Art moderner Inszenierung mit
Versatzstücken aus Schillers Räuber. Hier übernahmen die Vier
Rollen aus Schiller und die Geschichte der Brüder Karl und Franz
entfaltet sich. Natürlich wurde nicht der komplette Schiller
gespielt. Monologe wurden zusammengefasst, verbunden, gekürzt und
bearbeitet. Gabriels Intention war natürlich auch, die Forderung
der AfD nach „mehr deutschen Stoffen“ im Theater auf die Spitze
zu treiben. Denn Schillers hochpolitisches Werk dreht sich um den
erwachenden Kampf des Bürgertums gegen den Feudalismus.
Letztlich bleibt
auch die Frage: Wo stehen wir? Stehen wir kurz vor 1933 oder sind wir
noch weit davon entfernt? Ist es der letzte Moment, wo man noch aktiv
eingreifen kann, um ein neues 33 zu verhindern? Am Ende bleibt:
Resignation und ein „Egal“, ein Weg den manche Künstler und
Intellektuelle im 3. Reich gingen.
Wer möchte, kann
das sehenswerte Stück noch am 28. und 29. März im Theater im Depot
(jeweils um 20 Uhr) erleben. Wer das früher möchte, muss nach Köln
zur studiobühneköln fahren. Hier wird es vom 31.01. bis 04.02.
jeweils um 20 Uhr aufgeführt.
Infos und Karten
unter www.sirgabrieltrafique.de