Am Boden – Monolog um das Leben einer Kriegspilotin

Im Studio des Dortmunder Schauspiels findet am Freitag, den 30.11.2018 die Premiere von „Am Boden“ (George Brant) unter der Regie von Thorsten Bihegue statt.

Es ist der erste Soloabend von Alexandra Sinelnikova, seit der Spielzeit 2017/18 festes Mitglied im Ensemble am hiesigen Schauspielhaus. Ihr zur Seite steht der Musiker Manuel Loos live am Schlagzeug.

In Form eines inneren Monologes spielt Sinelnikova eine erfolgreiche und selbstsichere Air Force-Pilotin, die von sich in der „Ichform“ spricht. Nachdem sie ihren Traummann kennengelernt hat, wird sie schnell schwanger. Nach ihrem Schwangerschaftsurlaub wird sie zurück in ihre Heimat Nevada versetzt. Sie soll ab jetzt am Boden vor dem Bildschirm sitzen und Kampfdrohnen durch Afghanistan navigieren. Die Schießbefehle erfolgen anonym via Kopfhörer. Sie nimmt diese Bilder mit nach Hause, wo ihr zweites Leben als Mutter und Ehefrau wartet.

"Am Boden" ist ein Soloabend für Alexandra Sinelnikova. (Foto: © Birgit Hupfeld
„Am Boden“ ist ein Soloabend für Alexandra Sinelnikova. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Ihre berufliche Situation, die Überwachungssituation und die Einengungen durch ihre Kleinfamilie, so der Regisseur, hinterlassen bei der jungen Frau ihre Spuren. Der Krieg wird zum Berufsalltag, die Grenzen zwischen Freund und Feind, Heimat und Kriegsgebiet , Wahrheit und Illusion verschwimmen immer mehr. Die Situation wird allmählich immer surrealer und düsterer. Am Ende entsteht die Leere nach einem zerplatzten Traum.

Die Musik, zunächst noch an Soul und Hip-Hop angelehnt, wird dem sicherlich Rechnung tragen.

Es sollen aber, so Bihegue, durchaus auch lustige Momente zu Anfang eingestreut werden, bis die Stimmung zum Ende hin kippt.

Es ist ein knallhart recherchierter Monolog zwischen Kriegsdrama und Psychothriller. Die speziellen Video-Arts dazu stammen von Mario Simon. Zum einen ein ungewohnter Einblick in das Leben und Fühlen dieser jungen Kriegspilotin, und gleichzeitig in die moderne technologisch-virtuelle Kriegsführung unserer Gegenwart.

Für die Premiere am 30.11.2018 um 20:00 Uhr im Studio (Schauspiel Dortmund) gibt es noch Restkarten.

Nähere Informationen über weitere Aufführungstermine finden Sie wie immer unter www.theaterdo.de oderTel.: 0231/ 50 27 222




Molières „Tartuffe“ – zeitloses Theaterstück im Dortmunder Schauspiel

Das Dortmunder Schauspielhaus zeigt mit der Premiere von „Tartuffe“ (Molière)unter der Regie von Gordon Kämmerer (schon als Regisseur von „Biedermann und Brandstifter /Fahrenheit 451 oder„Kasimir und Karoline“ in guter Erinnerung) am Samstag, den 01.12.2018 um 19:30 Uhr ein Stück von zeitloser Aktualität. Erstaunlich, dass es schon über 350 Jahre alt ist! Die erste Version vom 12. Mai 1664 wurde danach sogar verboten, da sie zu Religionskritisch war und den Klerus erzürnte.

Es ist die aberwitzige Geschichte einer gut situierten Familie mit drei Generationen unter einem Dach und mehreren Dienstboten. Familienoberhaupt ist Orgon, der trotz allem eine Leere empfindet. Er sucht einen Sinn im Leben und vor allem Antworten auf seine Fragen nach Gott. Da bietet sich der selbstverliebte und betrügerische Tartuffe an und nistet sich beider Familie ein. Er ist ein raffinierter Stratege und guter Schauspieler, der behauptet, dass Leben der Familie zu ordnen. Während sich Orgon immer mehr von Tartuffe einfangen und beeinflussen lässt, ahnt der Rest der Familie nach und nach, dass der scheinbar so fromme und weise Tartuffe ein Heuchler ist, dem es nur Macht und Profit geht. Doch ihre ersten Versuche, Orgon die Augen zu öffnen, scheitern. Denn Orgon möchte unbedingt an den Himmel, die klare Trennung zwischen Gut und Böse und natürlich an Tartuffe glauben. Diesen Mann, der Ordnung, Sicherheit und Frieden auf Erden verspricht. Das geht so weit, das er sogar seine Tochter Mariane mit ihm verheiraten will, obwohl diese schon verlobt ist, und ihn schließlich als Alleinerben einsetzt. Die Spirale geht immer mehr ins Absurde.

Die Sehnsucht nach Sicherheit, Ordnung, der Glaube an „etwas Höheres“ ist tief in uns Menschen verwurzelt. Darin besteht aber auch die allgegenwärtige Gefahr, den scheinbar einfachen „Lösungen“ und Versprechungen von Populisten zu erliegen.

Da hat sich Orgon eine Laus in den Pelz gesetzt. Wie wird man Tartuffe wieder los? (v.l.n.r.) Uwe Rohbeck, Kevin Wilke, Marlena Keil und Uwe Schmieder. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Da hat sich Orgon eine Laus in den Pelz gesetzt. Wie wird man Tartuffe wieder los? (v.l.n.r.) Uwe Rohbeck, Kevin Wilke, Marlena Keil und Uwe Schmieder. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Mit zwölf Schauspielern ist ein große Anzahl des hiesigen Ensemble beteiligt. Mit dabei sind auch die vier Schauspielstudenten aus Graz, die in dieser Spielzeit Ensemblemitglieder am Schauspiel Dortmund sind.

Die passende Musik dazu kommt wieder von Max Thommes, der auch schon beiden anderen Produktionen von Kämmerer die Kompositionen übernommen hatte. Tobias Hoeft wird für die Video Art verantwortlich sein.

Für die Premiere am Samstag , den 01.12.2018 um 19:30 Uhr gibt es noch (Rest-) Karten.

Informationen zu den weiteren Aufführungsterminen erhalten Sie wie immer unter www.theaterdo.de oder Tel.: 0231/ 50 27 222.




El ojo de Hamlet (Nirgendwo) – eindringliches Theater im Depot

Das Theater im Depot zeigte am Sonntag, den 25.11.2018 die zweite Premiere von Rolf Dennemanns artscenico zum Heimatbegriff, Heimatverlust sowie Flucht oder Verbannung unter dem Titel „El ojo de Hamlet – Nirgendwo“. Regisseurin des Stückes, Cynthia Scholz und der Schauspieler Chino Monagas als Auswanderer aus Venezuela, zeigten, was das bedeutet.

In ihrer Aufführung,zwischen analogem Schauspiel und moderner ironisch-deutlicher Videoprojektion, widmen sie sich teils in deutscher, teils in spanischer Sprache dem Thema Exil in Person des Prinzen Hamlet (Shakespeare) und in zusätzlicher Anlehnung an die „Hamletmaschine“ von Heiner Müller.

Hamlet steht sozusagen stellvertretend für alle Migranten und Flüchtlinge, die unter Schuldgefühlen gegenüber den in ihrer Heimat bleibenden Menschen, einen schwierigen Anpassungsprozess an eine fremde Kultur schaffen müssen. Ein schmerzvoller Prozess. Es bleibt die Hilflosigkeit, seine Wurzeln und Liebsten daheim verlassen zu haben. Die mussten bleiben und konnten nichts dagegen tun.

Symbolisch sitzt „Hamlet“ in einem selbst gebastelten Rollstuhl mit Holzlehne und Rollen von einem Einkaufswagen. In der Hand hält er eine Spieluhr, die eine träumerische Melodie spielt,

Schon zu Beginn fällt sinngemäß der enttäuschte Satz eines frustrierten Menschen: „Das Leben und die Geschichte folgen immer den gleichen Mechanismus. Alles wiederholt sich.“

In verschiedenen Episoden verdeutlichen die eindrucksvollen Videoprojektion die Problem der Migranten. Die analoge Welt verschmilzt mit der Projektion. Wenn etwa die Schauspielerin Cynthia Scholz als Ophelia verzweifelt in dem virtuellen Fluss scheinbar versinkt, oder als virtuelle Ophelia Hamlet Vorwürfe macht, sie verlassen und verraten zu haben.

Die Themen Heimat, Flucht und Zurücklassen wurden von Chino Monagas und Cynthia Scholz in Rahmen von Hamlet präsentiert. (Foto:   © Guntram Walter)
Die Themen Heimat, Flucht und Zurücklassen wurden von Chino Monagas und Cynthia Scholz in Rahmen von Hamlet präsentiert. (Foto: © Guntram Walter)

Der Übergang von der deutschen zur spanischen Sprache geht oft fließend und zeugt von der Zerrissenheit zwischen den Kulturen. Bilder und Gesten, sowie der Ausdruck der Sprache sorgten für Verständnis.

Gerade der deutliche Gegensatz von analoger, fast poetischer Welt und interessanter eindringlicher Bildsprache in Verbindung mit den starken Videoprojektionen machen den Reiz der Aufführung aus.

Die Verzweiflung der Zuflucht suchenden Menschen vor Verfolgung, Krieg und bitterer Armut oder anderen Bedrohungen, wird für das Publikum lebendig vor Augen geführt. Auch die Enttäuschung von den nicht eingehaltenen Versprechungen des „Sozialismus“, etwa in Venezuela, ist unüberhörbar.

Trotz eines gewissen Defätismus hören die Menschen nicht auf, wie im Stück gesagt wird, von einer „besseren Welt zu träumen.




Café International im Theater im Depot

Kennen Sie das Spiel„Café International“? Dort muss man Personen unterschiedlicher Nationalität und in ausgewogener Geschlechter-Verhältnis an einen Tisch setzen. Rolf Dennemann und artscenico haben mit „Zuflucht /Time Lines“ verschiedene Charaktere ins Café gesetzt, als etwas dramatisches passiert und die Zeit stehen bleibt. Ein Premierenbericht vom 24.11.18 aus dem Theater im Depot.

Das Thema lautet„Heimat“. Was erinnert die Darsteller auf der Bühne an ihre Heimat, aus der sie aus unterschiedlichen Gründen nach Deutschland gekommen sind. Ein Syrer, eine Griechin, eine Polin und zwei Menschen aus Venezuela. Was auffällt, ist schon eine gewisse Form von Dankbarkeit an Deutschland, dass das Land es ihnen ermöglicht hat, ihr künstlerisches Leben zu entwickeln.

 Ismael Monages und Anna Hauke im Gespräch. (Foto © Guntram Walter)
Ismael Monages und Anna Hauke im Gespräch. (Foto © Guntram Walter)

Der größte Teil des Stückes bestand aus der Vorstellung der Darsteller inklusive Kindheitsfotos. Es war sehr spannend zu erfahren, wie die Kindheit der Protagonisten verlief und auch die Fotos brachten Einblicke in das Leben als Kind in Venezuela oder Griechenland.

Was auffallend ist: Es geht sehr viel um Gerüche, Gerüche aus der Kindheit. Wie roch das Meer, die ersten Süßigkeiten. Vor allem das Wasser hat es den meisten angetan, bis auf Rezan Kanat, der die Wüste liebt.

Mit dabei waren Ismael Monagas (Venezuela), Cynthia Scholz (Venezuela), Anna Hauke (Polen), Rezan Kanat (Syrien) und Photini Meletiadis (Griechenland).