Sonderbare Rehe auf dem Hauptfriedhof

Der Dortmunder Hauptfriedhof gehört zu einer der eindrucksvollsten Grünanlagen Dortmunds und größten Friedhöfen Deutschlands, wenn man der Wikipedia Glauben schenken mag. Hier war der Schauplatz von „Rehe auf der Lichtung“ von artscenico. Rolf Dennemann, der Kopf von artscenico und sein Team schufen eine sogenannte Stationen-Performance zum Thema Altern. Nach zehn Jahren kehrte Dennemann auf den Hauptfriedhof zurück. Ars tremonia war bei der ersten Tour am 07.07.18 dabei.

Georgios Kouldakidis war unser Guide. Bewaffnet mit einer Vogellockpfeife gingen wir in einer Gruppe von etwa 20 Menschen auf „Safari“. Doch vorher sollten wir unter der mächtigen Platane gegenüber der Trauerhalle für fünf Minuten unseren Gedanken freien lauf lassen, ähnlich den Philosophen in der Antike. Danach machten wir uns auf den Weg.

Ab und an kamen wir an besonders gekennzeichneten Orten vorbei und Georgios lockte eines der Rehe an, die unterschiedliche Verhaltensweisen an den Tag legten. Das scheue Reh zeigte sich nicht, dafür gab es beispielsweise ein tanzendes Reh oder ein quakendes Reh am Teich. Einem Rehkitz wurde die „Internationale“ vorgesungen. Die Darsteller der Rehe waren Laien.

Zwischendurch gab es auch noch Beratungspunkte, bei der den Teilnehmern humorvoll erklärt wurde, wie man im Alter würdevoll leben könnte. Vor allem, damit man nicht das Schicksal der Oma bei der ersten Station erleidet. Sie wurde wie ein Kleinkind behandelt und vom Enkel (Matthias Hecht) zum Lied „Oma so lieb“ von Heintje mit Schokolade gefüttert.

Elisabeth Pleß versucht das "Einsitzen" als Alternative zum Altenheim schmackhaft zu machen.
Elisabeth Pleß versucht das „Einsitzen“ als Alternative zum Altenheim schmackhaft zu machen.

Die weiteren Station brachten handfestere Tipps. Warum nicht im Alter als „Sonderling“ agieren, fragte Thomas Kemper, der es sich in einem Kompostbehälter gemütlich machen. Im Bademantel durch die Gegend laufen ist vielleicht etwas „Dittsche“-like, aber es gibt sicher noch einige Spleens, die man pflegen könnte. Man sollte es mit dem Sonderling nur nicht übertreiben, sonst landet man an etwas ungemütlicheren Orten, die mit „Psych“ anfangen.

Etwas ungefährlicher ist das Hobby „Ornithologie“, die der Vogelkundler (gespielt von Sascha von Zambelly) uns präsentierte. Der Papageno konnte tatsächlich einige Vögel in unseren offenen „Seminarraum“ locken. Sichtlich erfreut war er über das Ausscheiden der „brasilianischen Schreischwalbe“.

Mit vielen Informationen machten weiter auf dem Weg und kamen zu einem Ort, an dem uns Elisabeth Pleß fragte, ob das Einsitzen (Gefängnis) im Alter nicht eine gute Alternative zum Leben im Altenheim sei. Wir überlegten gemeinsam, welches Verbrechen (keine Gewalt!), uns ermöglichen würde, einen bequemen Altersruhesitz in der örtlichen JVA zu bekommen. Cyberkriminalität oder Geldfälschen wären sicher gute Möglichkeiten.

Eine andere Art des angenehmen Lebens im Alter ist die des Heiratsschwindlers. Hier zeigte wieder

Matthias Hecht sein schau-spielerisches Können, indem er uns „Seminarteilnehmern“ die Tricks und Kniffe eines professionellen Herzensbrechers näher brachte. Ob es hilft? Seinen Charme auszuspielen kann in jedem Fall nicht schaden.

Nach diesen intensiven zwei Stunden war dann auch Schluss. Bei Getränken und kleinen Speisen konnten die Besucher mit den Rehen, die von Laien dargestellt wurden, und den anderen Schauspielern ins Gespräch zu kommen.

Eine ironisch-skurrile Stationen-Performance, die eine Anregung sein kann, dem Alter nicht nur passiv und hilflos, sondern vor allem mit Mut und Humor entgegen zu gehen.

Es war zudem eine Entdeckungstour der besonderen Art. Nach der Veranstaltung schaut man doch anders auf den Dortmunder Hauptfriedhof. Auch wenn auf dem Ostfriedhof sicherlich die schöneren Grabmäler zu finden sind (etwas Lokalpatriotismus muss sein), die Weite und die Natur machen den Hauptfriedhof zu einem besonderen Ort.

Auf jeden Fall gilt mein Dank Rolf Dennemann und seinem Team, der uns neue Facetten des Hauptfriedhofes gezeigt hat.




Artothek zeigt Träumereien auf Leinwand von Sanja Djurdjic

In der ersten Etage der Dortmunder Stadt-und Landesbibliothek zeigt die Artothek vom 06.07.2018 bis zum 14.08.2018 insgesamt 33 expressive Bilder der Künstlerin Sanja Djurdjic. Die Malerin und Designerin wurde in Sarajevo geboren und wuchs in Deutschland auf. Nach Studien der Anglistik, Philosophie und Kunst in Paderborn nahm sie seit 2000 intensiven Maluntericht an der privaten Malakademie „Tmema“ Dortmund und seit 2007 beim akademischen Maler Vladimir Kalistratov.

Der Einfluss des Expressionismus ist in ihren farbenfrohen, in kräftigem gelb, orange, flieder, violett und grün-Tönen gehaltenen Passepartouts in Mischtechnik, teilweise Buntstiften, Acrylfarbe, Pastellmalkreide auf säurefreier Leinwand (Karton) und mit Lack versiegelt deutlich zu spüren. Teilweise sind sie auch mit Goldfarbe und Gips gespachtelt.

Hortensien aus Dortmund faszinierten Sanja Djudjic.
Hortensien aus Dortmund faszinierten Sanja Djudjic.

Das feine Spiel von Licht und Schatten, die heitere mediterrane Ausstrahlung einzufangen und auf der Leinwand festzuhalten ist für sie eine Möglichkeit, Stimmungen und Emotionen auszuleben und Ausdruck zu verleihen. Lieblingsmotive sind dabei die Flora unter der Sonne des Südens oder in den versteckten Klostergärten und Parks hier bei uns. Heimische oder exotische Blumen, Zitronen, Orangen und Zypressen, alles wurde in seiner Strahlkraft auf Leinwand fixiert.

Zwei Bilder entstanden als Hommage an Gustav Klimt (1862-1918) und Marc Chagall (1887-1985). Vier Arbeiten sind Blumen und Schmetterlings-Collagen mit Acrylfarbe und zusätzlich angebrachten Materialien. Genutzt wurde etwa Spitze, Stoffblumen, Perlmuttsteine oder ein blauer Lapislazuli.

Der Schwerpunkt liegt auf einer noch nie gezeigten Reihe ihrer neuen Dubrovnik-Serie. Hier springt dem Betrachter die Lebensfreude und Heiterkeit dieser „Perle der Adria“ entgegen.

Nicht nur die gemalte berühmte Stadtmauer oder Altstadt von Dubrovnik rufen Erinnerungen bei denjenigen aus, die schon einmal in ihrem Leben dort gewesen sind. Die Künstlerin fährt, wie sie verriet, immer wieder gerne jedes Jahr für einem Besuch dort hin.

Die Werke sind selbstverständlich auch käuflich zu erwerben. Eine Preisliste liegt in der Artothek aus.

Ansprechpartnerin: Heike Adrian 0231q/50 24970

Infos: artothek@stadtdo.de

Öffnungszeiten:

Dienstag und Freitag: 10.00 – 19:00 Uhr




Franz Klekawka – Schlosser und naiver Maler bei Hoesch

Das Dortmunder Hoesch-Museum zeigt vom 08.07.2018 bis 30.09.2018 in seiner Ausstellung „Franz Klekawka – Schlosser bei Hoesch und naiver Maler“ über 64 Gemälde vom Ende der1950er Jahre bis Ende der 1980er Jahre und naiven Maler Klekawka. Klekawka war Schlosser bei Hoesch.

Einige Bilder stammen aus seinem Nachlass, den die Nichte des Künstlers verwaltet. Noch mit dem ehemaligen Kurator des Hoesch-Museums hat sich ein engagiertes Team gebildet und Klekawkas Werke nach Zeitabschnitten strukturiert. Die Mit-Kuratorin Brunhild Kanstein gab beim Pressegespräch Einblicke in das Leben von Franz Klekawka.(1925 bis 2001).

Er stammte aus einer typischen Arbeiterfamilie. Sein Vater kan kurz nach dem Ersten Weltkrieg aus Galizien (früher Österreich-Ungarn, heute eine Landschaft, die zwischen Polen und der Ukraine liegt) und Franz wuchs in einer Zechensiedlung (Schüren) auf. Von 1955 bis 1982 gehörte er als zur Belegschaft der Hoesch AG und arbeitete als Betriebsschlosser auf der Westfalenhütte.

Im Zuge der Demokratisierungsbemühungen in der Industrie wurde in der Anfangszeit der BRD versucht, die Kreativität der Mitarbeit im Bergbau zu fördern. Die Hoesch AG richtete in den Jahren

1955, 1958, 1962, und 1965 die sogenannten „Steckenpferdturniere“ aus, bei denen eingereichte Hobby-Arbeiten der Belegschaft prämiert wurden. In diesem Rahmen auch Arbeiten von Klekawka. Sein erstes Ölgemälde entstand, so Kanstein, als er 1957 für seine erste Wohnung ein Bild kaufen wollte, jedoch zu wenig Geld hatte. So malte er selbst eins. Er reichte dieses beim „Steckenpferdturnier“ ein. Das war der Anfang.

Typische Szene beim Lohntag auf Hoesch von 1984. (Foto: © Karin Pinetzki)
Typische Szene beim Lohntag auf Hoesch von 1984. (Foto: © Karin Pinetzki)

Ohne Schulung und wirtschaftliches Interesse und ohne Ausrichtung nach Publikumsgeschmack entwickelte er seine ganz eigenständige Kunst, bei der die technischen Fertigkeiten nicht im Vordergrund standen. Es kam hier nicht auf korrekte Proportionen an. Klekawka zeichnete immer aus seiner Erinnerung heraus.

Seine Anregungen erhielt er aus dem Alltagsleben im Ruhrgebiet. Er liebte es, die Menschen in seinem Umfeld farbenfroh darzustellen. Nur die Schwarzen Dächer der Zechenhäuser und die Schlot wurden realistisch dunkel dargestellt. Motive waren etwa die Eckkneipe, Kirmes, ein Hauskonzert, Erinnerungen an Freizeit- und Alltagsgeschehen. Ausflüge, Prozessionen und vieles andere. Dabei beeindrucken seine humorvollen Zeichnungen und genaue Darstellung von Emotionen wie Angst oder Freude bei den gemalten Personen.

Klekawka nahm auch politische Themen auf, die die Menschen seiner Zeit beschäftigten.

An einigen Skizzen ist zu sehen, dass er auch ein guter Karikaturist war. Eine ganze Abteilung ist den Bildern aus seiner Kindheit gewidmet.  Es hatte aber zudem das Bedürfnis zu, seine Gedanken und Erinnerungen als kleine Geschichten aufzuschreiben. In ihnen verwendeter für seine Dialoge und Selbstgespräche das Ruhrdeutsch.  Auch davon sind einige in Vitrinen ausgestellt.

Auch Bilder von ihm zu sehen sind ja gerade in der Ausstellung „Kunst und Kohle“ (04.05 bis 16.09.2018) im Museum Ostwall im Dortmunder U und auch im Museum für Kunst und Kulturgeschichte (MKK) in unserer Stadt.

Bei einigen älteren Besuchern der Ausstellung werden die Bilder sicher ein Schmunzeln und ganz eigene Erinnerungen hervorrufen.

Übrigens! Zur Ausstellung wurde ein interessanter und informativer Katalog (120 Seiten) herausgebracht. Dieser ist für 10,- Euro erhältlich.