Glanzvoller Abschluss der Spielzeit mit Gustav Mahlers 8. Sinfonie

Mehr als 40 Jahre war die 8. Sinfonie Es-Dur von Gustav Mahler (1860 – 1911) in Dortmund nicht mehr zu hören gewesen. Es war das wichtigste Werk des Komponisten und der Höhepunkt seines Schaffens und sprengte alle bis dahin bekannten Maßstäbe.

Im hiesigen Konzerthaus entführte Dortmunder Philharmoniker unter der schwungvollen Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz ihr Publikum zum Abschluss der Spielzeit mit der außergewöhnlichen Sinfonie im 10. Konzert am 03. und 04. Juli 2018 ins „himmel_reich“. Ars tremonia war am 03.07.2018 mit dabei.

Diese prachtvoll-gigantische Vokal-Sinfonie hat nicht nur eine riesigen Orchestrierung mit mehreren Harfen, sieben Posaunen, acht Hörner und Trompeten, Orgel sowie selten verwendete Instrumente wie Harmonium, Basstuba und Mandoline. Für die umfangreichen Vokal-Passagen kamen neben zwei gemischten Chören, ein Knabenchor, fünf Sängerinnen und drei Sänger zum Einsatz. Deswegen wird sie auch oft als „Sinfonie der Tausend“ bezeichnet

Die Sinfonie ist Oratorium, Messe, Oper und Kantate zugleich und wird fast vollständig durch gesungen.

Mit dem tschechischen Philharmonischen Chor Brno (Einstudierung: Petr Fiala), dem Slowakischen Philharmonischen Chor Bratislawa (Einstudierung : Jozef Chabroň) und dem Knabenchor der Chorakademie Dortmund (Einstudierung: Jost Salm) konnten erstklassige Chöre für das Konzert gewonnen werden.

Als hervorragende Sänger und Sängerinnen zeigten die hier bestens bekannte Emily Newton (Sopran), Ashley Thouret (Sopran), Michaela Kaune (Sopran), Iris Vermillon, Mihoko Fujimura (beide Alt), sowie Brenden Patrick Gunnell (Tenor), Marcus Eiche (Bariton) und Karl-Heinz Lehner (Bass) ihr Können.

Die Sinfonie ist in zwei Teile gegliedert:

Die Texte aus dem Hymnus „Veni creator spiritus“ aus dem neunten Jahrhundert (Rabanus Maurus) und dem 1832 veröffentliche „zweite Faust“-Teil von Goethe. Die beiden Jahrhunderte haben als inhaltlichen Zusammenhang . Zum einen die nach dem Schöpfergeist sehnende „unzulänglichen Menschen, Eros und Liebe als erlösendes Prinzip und deren Macht sowie der Vorstellung eines „höheren Wesens“, von dessen Gnade sie abhängig seien.

Für den vom jüdischen Glauben zum Katholizismus konvertierten Komponisten, entsprechend dem Dichter Goethe, mündet alles hin zur Überwindung des Todes.

Gabriel Feltz dirigierte das 10. Philharmonische Konzert mit der monumentalen 8. Sinfonie von Mahler. (Foto: © Magdalena Spinn)
Gabriel Feltz dirigierte das 10. Philharmonische Konzert mit der monumentalen 8. Sinfonie von Mahler. (Foto: © Magdalena Spinn)

Im ersten Teil seiner Sinfonie ist musikalisch gekennzeichnet durch alte Kompositionstechniken mit kompliziertem Kontrapunkt und einem dichte Geflecht von Motiven, die sowohl Einheit wie auch Bedeutungszusammenhänge schaffen. Wechselseitiger Gesang der Chöre im Zusammenspiel mit dem Orchester, einzelnen Instrumenten (zum Beispiel der Solovioline) und den Solisten (Gesang).

Dabei wechselt die Stimmung von andächtig über atmosphärisch spannungsgeladen (ähnlich wie auf einem Schlachtfeld) und dann wieder mit Hilfe der „Himmelstonart“ E-Dur in höhere Sphären gleitet. Mit dem hymnischen „Gloria“ endet der erste Teil.

Der zweite „Faust II“-Teil befasst sich vor allem in verschiedenen Variationen mit dem Thema Liebe.

Nach einem Beginn als instrumentales Naturstück steigert sich die Musik und der Gesangstext bis hin zu überirdisch-heiteren „himmlischen Sphären“. Als höchste Steigerung stand gegen Ende die „unberührbare Mater Gloriosa“ (Ashley Thouret) erhöht auf der linken Seite des Konzertraumes und sang dazu mit ihrem klaren und hellen Sopran. Das ganze gipfelt in einer letzten Verherrlichung und Erhöhung (Apotheose), in der das Leitmotiv ein letztes Mal beschworen wurde. Der Schluss ist eine Art Hymne auf den „ewig-weiblichen“ Eros und dessen Kraft.

Es war ein würdiger Ausklang zum Ende der interessanten und vielfältigen Spielzeit.




Integration, Baby! – ein Videowalk mit „Vogel-Führung“

Wie geht Integration? Welche Ängste und Hoffnungen aber auch Chancen sind damit verbunden?

Kann Kultur dabei eine wichtige Rolle spielen. Diesen Fragen stellten sich das Kinder- und Jugendtheater Dortmund (KJT) in Kooperation mit „pulk fiction“, „Pottfiction“ und dem VMDO (Verbund sozial-kultureller Migrantenvereine DO e.V.) in ihrem neuen Projekt „Integration, Baby!“.

Unter der künstlerischen Leitung von Clara Minckwitz (Regie) und Norman Grotegut (beide von pulk fiktion) entwickelten, filmten und präsentierten Jugendliche mit und ohne Fluchterfahrung sowie Mitglieder des KJT-Ensembles einen einen besonderen Videowalk zur Thematik im Dortmunder Unionviertel. Ars tremonia war am 29.06.2018 mit dabei.

Ausgangspunkt war das Haus der Vielfalt in der Beuthstraße. Zwei Personen gingen jeweils mit einem Tablet und Kopfhörern ausgestattet auf eine interessante Reise. Nach einer Kurzen Einführung ging es los. Das vorproduzierte Videomaterial beschrieb einen Weg, den man zeitgleich parallel zum Film abgehen musste. Geführt wurden die Teilnehmer von einem der Jugendlichen, die als „Wellensittich“ verkleidet gleich selbst als Vogel mit Migrationshintergrund von seinen Erfahrungen berichten konnte. Eine pfiffige Idee der Organisatoren. Auf dem Weg kamen die Teilnehmer an verschiedenen Stationen vorbei, um Halt zu machen. Dort erfuhren sie von geflüchteten Menschen und anderen zumeist jungen Bewohnern der Viertel, von ihren Träumen, aber auch Schwierigkeiten in ihrem persönlichen Leben. Alle realen Personen, auf die man traf, waren sehr freundlich und offen. Einer von ihnen beeindruckte durch ein Zauberkunststück. Nebenbei wurde Hintergrundwissen zu den Fluchtgebieten vermittelt und konnte Einblicke in das Innere einer Moschee gewinnen. Die Ensemble-Mitglieder des KJT gaben Information in die längere Zeit zurückliegende Migration von Menschen aus Polen, Krieg als Hauptgrund für Flucht, und Chancenungleichheit für die Kinder der Migranten im Bildungssystem.

Andreas Ksienzyk erzählt über die polnische Immigration ins Ruhrgebiet. (Foto: Edi Szekely)
Andreas Ksienzyk erzählt über die polnische Immigration ins Ruhrgebiet. (Foto: Edi Szekely)

Videobilder verschränkten sich mit den Live-Szenen und Installationen auf dem Hintergrund des realen, alltäglichen Lebens der Stadt. Inszenierung und Zufall verbanden sich zu einem einmaligen Erlebnis und verwischten Grenzen.

Aufgelockert wurde der Gang zudem mit Musikeinspielungen. So war zum Beispiel das Lied vom Wellensittich als Fremdling unter Spatzen zu hören.

Der liebevoll und kurzweilig aufgebaute Videowalk (ab 14 jahre) dauerte etwa eine Stunde.

Es war ein gute Gelegenheit, sowohl das Viertel etwas besser kennen zu lernen, sowie auf einer niederschwelligen Ebene, wenn auch nur für kurze Zeit, junge Menschen aus anderen Kulturen zu treffen. Nur mit Hilfe solcher Begegnungen kann der Abbau von Ängsten, Verständnis füreinander und am Ende Integration gelingen.

Es zeigte sich aber auch. Sprache ist das wichtigste Mittel für eine erfolgreiche Integration. Alle an diesem Projekt beteiligten jungen Menschen mit Fluchterfahrungen sprachen recht gut deutsch.

Schnell die deutsche Sprache zu lernen und sie auch im Kontakt mit hiesigen deutschsprachigen Personen zu gebrauchen, ist daher von immenser Bedeutung.