Eine besondere Zeitreise mit dem Seniorentanztheater

Das Dortmunder Seniorentanztheater hat sich mit ihrer neuen Produktion „Believe it or not“ unter der Leitung des Choreografen Mark Hoskins und der Organisation durch Barbara Huber auf eine besondere Zeitreise begeben. Ars tremonia war am 01.07.2018 (ein Tag nach der Premiere) im Schauspielhaus anwesend.

Die Gruppe bestand aus 21 Frauen und und 6 Männern im Alter zwischen 58 und 82 Jahren. Gemeinsam gingen sie tänzerisch und spielerisch der Frage nach, was sich in unserem leben eigentlich Unglaubliches ereignet hat. Ein Abend in mehreren Akten.

Dabei standen bestimmte Zeiträume und Zeitgeschehen unserer Historie im Mittelpunkt. Flott los ging es mit den Roaring Twenties, dem Tanz auf dem Vulkan und Lebensgier kurz vor dem Abgrund und den Tänzen der Zeit. Mit dem ständigen Wechsel von Gruppentanz, Tanz zu zweit oder auch mal ausdrucksstarke Solotanz-Einlagen bei der Aufführung entwickelte sich immer wieder eine ganz eigene Dynamik. Bedrohlich wurde die Stimmung dann mit dem aufkommenden Schrecken und Grauens des Nationalsozialismus bis in die Zeit des kalten Krieges. Das Publikum konnte den Fall der Mauer und das Ende der Ost-West-Konfrontation ebenso wie das Aufkommen nie für möglich gehaltener Technologien und Personen im Weißen Haus empathisch in Bewegung dargestellt erleben.

Lothar Porschen hatte, wie schon im letzten Jahr bei „Knockin‘ On Heaven‘s Door“ (damals als „Gott“) , eine besondere Rolle als US-Präsident Donald Trump. Er tanzte nicht nur, sondern sprach und spielte diesen auch drastisch als narzisstisch, infantil und selbstherrliche Person.

Mit voller Energie sorgte das Ensemble des Seniorentanztheaters für einen gelungenen Abend. (Foto: © Piotr Gregorowicz)
Mit voller Energie sorgte das Ensemble des Seniorentanztheaters für einen gelungenen Abend. (Foto: © Piotr Gregorowicz)

Bei einem anderen Zeitabschnitt, vor dem Bau der Berliner Mauer, wurde die Original-Stimme von Walter Ulbricht (1961) „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“ von Band eingespielt.

Die Musik war wunderbar auf das Handlungsgeschehen ausgerichtet. Oft als rhythmische Untermalung als Geräuschkulisse, aber auch als Ausdruck der Lebensfreude und Hoffnung in den Zwischenphasen.

Die Auswahl umfasste Musik von Max Richter, Divan Gattamorta, Joey Scarbury, Rachel Barry, Johannes Gockel und anderen. Scarbury hatt einen Hit mit dem Ttiel des Stücks „Believe it or not“, die die Titelmelodie zur Serie „The Greatest American hero“ war.

Es war erstaunlich, wie beweglich und mit welcher Ausdruckskraft die „rüstigen Senioren“ agierten. Ob als Solotänzer, zu zweit oder als Gruppe bewiesen sie Mut sowie Tanz und Spielfreude. Mit starker Mimik und Gestik, wie etwa beim „Ich hab noch einen Koffer in Berlin“ (Bully Buhlan) überzeugten sie auch in romantischen und traurigen Momenten.

Moderner Technik in Form vom passenden Video-Bildern und Sequenzen wurde geschickt Verstärker auf der Leinwand im Hintergrund eingesetzt. Sehr eindrucksvoll vor allem als Hintergrund für die aufkommende Technologie. (Darstellung des Menschen als Hologramm).

Ein Kompliment auch für die gelungene Kostümideen von Mark Hoskins und Barbara Huber. Das schöne am Tanztheater ist, dass es viel Assoziationsräume für das Publikum lässt. Die Akteure wurden jedenfalls vom Publikum am Schluss gebührend gefeiert.




Internationale Ballettgala mit Weltmeister-Qualität

Die 27. Internationale Ballettgala am 30.06 und 01.07. 2018 im Dortmunder Opernhaus, wieder einmal mit Humor und Begeisterung von Kammersänger Hannes Brock moderiert, bot internationale Spitzenstars auf höchstem Niveau. Ars tremonia war am 30. Juni mit dabei.

Ballettdirektor Xin Peng Wang und sein Team hatten eingeladen, und sie kamen wieder alle gerne nach Dortmund.

Das Programm zeigte die Vielfalt des modernen und klassischen Balletttanzes in seiner atemberaubenden Präzision. Zu Anfang hatte das NRW Juniorballett bei dem gruppendynamischen „Versus Standard“ (Jacopo Godani) die Gelegenheit, dem Publikum ihr großes Potential und Können zu zeigen. Später dann auch noch beim temperamentvollem „Quiza/ Perhaps/ Vielleicht (

Ludmila Pagliero und Karl Paquette, zwei Spitzensolisten des Balletts von der Pariser Oper, entführten in emotional bewegende Sphären.

Das Ballett Dortmund konnte unter anderem mit einem Auszug aus der neuen Produktion von Xin Peng Wang „Rachmaninow“ und am Ende aus dem zweiten Teil „Tschaikowsky“ überzeugen.

Bei „Tschaikowsky“ begeisterten dabei die charismatischen Solisten Lucia Lacarra und Marlon Dino. Sie konnten ihre Klasse und Perfektion auch bei Tschaikowskys „Weißer Schwan“ unter Beweis stellen. Giacomo Altovino (Ballett Dortmund) hatte einen großen Auftritt als Solotänzer mit einem Auschnit aus Faust II – Erlösung (Xin Peng Wang).

Atemberaubend und amüsant war das immer wieder gern gesehene „Sofa“ (Itzik Galili) in der Besetzung Denise Chiarioni, Andrei Morariu und Giuseppe Ragona (Ballett Dortmund)

Den Atem raubten uns auch Laura Hidalgo und Victor Estévez (Queensland Ballet) mit ihren Auszügen aus „Le Corsaire“ (Marius Petipa). Ein Leckerbissen für Freunde des klassischen Balletts.

Das Stück "Trois Gnossiennes" von Hans von Manen tanzten in Dortmund Ludmila Pagliero und Karl Paquette. (Foto: © Theater Dortmund)
Das Stück „Trois Gnossiennes“ von Hans von Manen tanzten in Dortmund Ludmila Pagliero und Karl Paquette. (Foto: © Theater Dortmund)

Bei einem ruhigeren Part nach der Pause standen wunderbare tänzerische Interpretationen zu klassischer Musik auf dem Programm. Zunächst präsentierten Laura Hidalgo und Victor Estévez (Queensland Ballet) tänzerisch Musik von Franz Lizt (Jack Lister), danach Svetlana Lunkina, Evan McKie (The national Ballet of Canada) Musik von Antonio Vivaldi (Douglas Lee). Es folgte dann noch „Le Parc“ (Angelin Preljocaj) mit Musik von Wolfgang Amadeus Mozart in der Besetzung Ludmila Pagliero und Karl Paquette (Ballett der Pariser Oper).

Einer der Höhepunkte des Abend war sich auch die bewegende tänzerische Umsetzung von „House of the Rising Sun“ (Choreografie: Marcelo Gomes) durch Daniel Ulbricht (New York City Ballet) und Joseph Gatti.

Mit einer besonderen Choreografie (Victor Ullate) von „Carmen“ zwischen klassischem und modernen Ballett sorgten Lucia Laccara (Ballett Dortmund) und Josué Ullate (Ballet Victor Ullate) für Furore.

An diesem Abend gab es auch zwei beeindruckende Uraufführungen. Noch vor der Pause zeigten Luca-Andrea Lino Tessarini und Sebastian Kristensen Haynes (Nederlands Dance Theatre) bei der Uraufführung von „Persuasion“ (Kristian Lever) was modernes Ballett kann und welches Ausdrucksvermögen darin steckt.

Im zweiten Block konnte sich das Publikum dann über eine speziell für diese Internationale Ballettgala von Xin Peng Wang entwickelte Choreografie „Chopin“ freuen. Zu Live-Musik Begleitung am Klavier von Annika Treutler tanzten Polina Semionova (Staatsballett Berlin) und ihr Bruder Dmitry Semionov (Ballett Dortmund) sensibel und eindrucksvoll zu Chopins Klavierkonzert Nr. 23.

Eine „weltmeisterliche“ Internationale Ballettgala wurde am Ende stürmisch gefeiert.