Das Tierreich – ein Abbild vom Erwachsen werden

Der Jugendclub Theaterpartisanen des Schauspiel Dortmund hat unter der Regie von Theaterpädagogin Sarah Jasinszczak und in zweiter Kooperation mit der Jungen Tanzwerkstatt vier.D (Choreographie Birgit Götz) ein Stück nach „Das Tierreich“ von Nolte Decar entwickelt.

Dahinter verstecken sich das Autorenduo Jacob Nolte und Michael Decar.

Im Rahmen des Herbstcamps unter dem Motto „COME AS YOU ARE“ im letzten Jahr ist die Idee einer weiteren Zusammenarbeit und dem Stück als Grundlage entstanden.

Worum geht es? Die Sommerferien haben gerade angefangen. Sechzehn Jugendliche freuen sich auf eine schöne Zeit mit Baden, Federball spielen, Flirten und mehr. Sie fahren nicht in den Urlaub, sondern bleiben hier in ihrer Heimatstadt. Vor dem Hintergrund von Sonne, Federball, entfaltet sich ein regelrechtes Panorama des Erwachsenwerdens: Der erste Kuss, philosophische Fragen, romantische Verirrungen und deutsche Widerstandsgeschichte spielen eine Rolle. Als das „Schicksal“ in Form eines auf die Schule abstürzenden Leopard-II-Panzers in die Schule schlägt, ist die Unbeschwertheit gestört und die Jugendlichen müssen sich irgendwie dazu verhalten…

Die sechs jungen Theaterpartisanen (16-21 Jahre) und die sechs Beteiligten Damen (15 -21 Jahre) von der Jungen Tanzwerkstatt vier.D stellten sich die Fragen zum Thema Ferien: Was macht man,und was passiert in dieser Zeit.

Das Geschehen wird in dieser Inszenierung nach Dortmund-Hörde mit dem Phönix-See verortet.

Es werden viele Szenen gespielt, die (auch) durch atmosphärisch passender Hintergrundmusik unterlegt werden. Wie die Theaterpädagogin verriet, wird auch ein eine kleine Amateurband mit Luftgitarre (Federballschläger) mit einer Sängerin in der Gruppe dabei sein.

Die sechs jungen Damen von der Tanzwerkstatt haben neben den Tanzchoreografien eine wichtige Funktion.

Jeweils drei von ihnen verkörpern die beiden Zwillinge Elisabeth und Franziska Fürle. Diese kommentieren schön, böse und ironisch das Geschehen und die Charaktere der dargestellten Figuren. „Sie interagieren mit den Figuren,“ so Jasinszczak. Es ist eine Art „Verfremdung“.

Theaterpartisanen + Tanztheaterwerkstatt vier.D entführen ins "Tierreich". (Foto: ©Schauspiel Dortmund)
Theaterpartisanen + Tanztheaterwerkstatt vier.D entführen ins „Tierreich“. (Foto:
©Schauspiel Dortmund)

Die Figuren entwickeln sich unterschiedlich. Sie werden politisiert oder ziehen sich eventuell zurück. Dann ist da ja noch die Liebe. Am Ende der Ferien haben sich die jungen Menschen verändert. „Es ist ein Abbild vom Erwachsen werden und die Frage: Wie gehe ich mit „Schicksalsschlägen“ um?

Der Titel „Das Tierreich“ hat in mehrfacher Hinsicht seine Bedeutung. So wird auf der einen Seite im Stück ein grüner „Jaguar“ gefahren, der herabstürzende Leopard-II Panzer zu sehen, oder es spielt ein Chinchilla eine Rolle. Genau wie jedes Tier haben die Menschen ihre ganz eigene Individualität.

Für die Premiere am Samstag, den 17. März 2018 um 20:00 Uhr gibt es noch Rest-Karten.

Weitere Termine: Sonntag, der 18. März 2018 um 18:30 U oder am 25. April 2018 um 19:00 Uhr.

Weitere Informationen zu Terminen und Kartenbestellungen erhalten Sie wie immer unter: =231/ 50 27 222 oder unter www.theaterdo.de

Gorillawood – Männer im Affenkostüm

Charles Gemora, Ray Corrigan, Emil Van Horn – Helden einer untergegangenen zeit. Sie und einige andere verdienten ihren Lebensunterhalt als Schauspieler in Gorillakostümen. Jörg Buttgereit lud zum zweiten „Nackt und zerfleischt“ am 09. März im Studio des Dortmunder Schauspiels. Als Gast hatte er Ingo Strecker mitgebracht, der das Buch „Gorilla-Wood“ verfasst hat, das sich den tapferen Männern in den Kostümen annahm.

Da wir uns ja in einem Theater befanden, las Frank Genser das Vorwort zu „Gorilla-Wood“, natürlich stilecht im Affenkostüm. Und Jörg Buttgreit? Hat er auch mal was mit Affen gemacht? Nicht direkt, aber zu Beginn zeigte er das Video zu Klaus Beyers Version von „Shaolin Affen“ der Band Osaka Popstar, zu dem er Regie geführt hat.

Filmanekdoten der besonderen Art. Jörg Buttgereit (links) im Gespräch mit Autor Ingo Strecker.
Filmanekdoten der besonderen Art. Jörg Buttgereit (links) im Gespräch mit Autor Ingo Strecker.

Die Blütezeit der „Gorilla-Männer“ waren die 20er bis 50er Jahre. Danach wurden andere Special Effects verwendet, um wilde Gorillas auf Film zu bannen. Und in der heutigen Zeit regiert das Digitale. Das stand damals nicht zur Verfügung und so mussten sich Germora, Corrigan und Co. auch bei heißen Temperaturen in ihre schweren Kostüme zwängen. Die Kostüme hatten die jeweiligen Schauspieler selber gebaut und ihnen sogar Namen gegeben. Anhand dieses Kostüms konnte der kundige Zuschauer auch erkennen, welcher Schauspieler im Kostüm steckt.

Der 2 ½-stündige Abend wurde durch Fotos und vor allem Filmszenen aufgelockert, die die Helden in den Affenkostümen zeigte. Vom melancholischen Gorilla über den lustigen bis hin zum aggressiven Killer war in den Filmbeispielen alles dabei. Der Abend war eine große Verbeugung vor diesen tapferen Schauspielern.

VIVA! – Großes lateinamerikanisches Kulturfestival im Dietrich-Keuning -Haus

Im letzten Jahr hatte das lateinamerikanische Kulturfest „VIVA!“ mit mehr als 500 Gästen seine erfolgreiche Premiere im Dietrich-Keuning-Haus (DKH) in Dortmund. Deshalb findet in diesem Jahr am 16. und 17. März 2018 eine große Neuauflage mit einem zweitägigen Kulturfestival im DKH statt.

„Das soll ein riesiges Fest werden“, so der kommissarische Leiter des DKH Levent Arslan. Gastland in diesem Jahr ist Peru. Dreizehn Länder mit unterschiedlichen Gruppen (vier Gruppen aus Peru) aus Lateinamerika sind beteiligt.

Zwei Tage lang gibt es Einblicke in die lateinamerikanische Kultur. Das Spektrum reicht von landetypischer Musik und Tänzen über Literatur und Handwerk bis zu den kulinarischen Genüssen wie beispielsweise Ceviche oder Getränken wie Pisco Sour.

Am Freitag , den 16.03.2018 geht es um 18:00 Uhr los.

Dann stellt sich das Gastland Peru vor. Der Gitarrist Juan Carlos Arancibia Narvarro entführt das Publikum zu einer musikalischen Reise von Spanien bis zu den Anden. Im mittelpunkt steht dabei auch klassische peruanische Musik aus dem 15. bis 19. Jahrhundert.Das Konzert beginnt um 19:00 Uhr.

Dieses Jahr steht Peru im Zentrum des lateinamerikanischen Kulturfestivals "VIVA!" im Dietrich-Keuning-Haus vom 16. bis zum 17. März 2018.
Dieses Jahr steht Peru im Zentrum des lateinamerikanischen Kulturfestivals „VIVA!“ im Dietrich-Keuning-Haus vom 16. bis zum 17. März 2018.

Neben einem reichhaltigen und vielseitigem Angebot der peruanischen Küche wird um 20:30 Uhr der einstündige Film „Das Terrassenwunder von Peru“ gezeigt. Mit dem Film von Erika Harzer und Kalle Staymann geht es auf eine Reise in das Hochland von Peru. Im Quellgebiet des Rio Canete, in einer riesigen, Jahrtausende alten Terrassenlandschaft. Diese wurde von Inka-Völkern über Hunderte Höhenmeter in den Berg eingearbeitet. Hier verbinden die Bewohner alte und neue landwirtschaftliche Traditionen.

Der Eintritt kostet inklusive Verkostung: 8,- Euro (Karten gibt es im Vorverkauf).

Ende: 22.00 Uhr

Am Samstag, den 17.03.2018 geht es um 14:00 Uhr los.

Eine Mischung aus Profis und Amateuren, Künstler und Tanzgruppen aus den Ländern Bolivien, Brasilien, Chile, Ecuador, Kolumbien, Kuba, Mexiko, Peru, Uruguay und Venezuela präsentieren die lateinamerikanische Kultur. Die Dominikanische Republik wird mit einem Stand mit Essensspezialitäten präsent sein. Als Prominenter Gast ist der Konsul von Peru , Daniel Loarte, anwesend.

Um nur wenige Beispiele aus dem vielfältigem Programm ab 14:30 Uhr zu nenne: Die Gruppe „ Amigos de Bolivia“ werden den den „Tanz der Lamahüterinnen“ (traditioneller alter Tanz) vorführen. Die Lamas stehen symbolhaft für Nahrung und als Rohstofflieferanten.f

Musik mit traditionelle Instrumente aus Peru bietet die Gruppe „Color Peru“. Für das Auge werden bunte Kostüme und Masken zu sehen sein, die an süddeutsche Mummenschanz und Karneval erinnern. Gespannt sein darf man auf die argentinische Gruppe „Cirque Tango“, die Akrobatik mit Tango verbinden.

Für die Kinder gibt es ein Extra-Programm von 15:00 bis 18:00 Uhr. Wer an Tanzworkshops teilnehmen will, kann das von 17:00 bis 19:00 Uhr. Ab 20:00 Uhr ist Partytime mit der Live Band Gamero.

Moderiert wird das Kulturfestival von Melissa Hernandez und Pablo Castro Villacorta.

Eintritt am Samstag: 5,- Euro Kinder bis 15 Jahre frei.

Schirmherrin des Festivals ist Bürgermeisterin Birgit Jörder.

Informationen und Vorverkauf unter: 023150-25 145 oder www.dortmund.de/dkh

Nabucco – Fundamentalismus sorgt für fehlendes Happy End

Die Intendanz von Jens-Daniel Herzog an der Dortmunder Oper neigt sich so langsam dem Ende zu. Als letzte Oper unter seiner Regie hatte am Samstag, den 10.03.2018 die Oper „Nabucco“ von Giuseppe Verdi (1813-1901) mit dem Libretto von Temistocle Solera hier vor Ort Premiere.

Es ist ein dramatisches und leidenschaftliches lyrisches Drama (Uraufführung 1842) um Macht, Fundamentalismus, Liebe, und der Sehnsucht nach Freiheit, Einheit und Selbstbestimmung. Inspirieren ließ sich Herzog bei seiner Inszenierung von der 444 Tage andauernden Geiselnahme in der in der US-Botschaft in Teheran (1979-1981) durch fanatische Khomeini-Anhänger.

Die Herrschaft wankt. Nabucco (Sangim lee) mit seiner Tochter Fenena (Almerija Delic) und seinem Getreuen Abdallo (Fritz Steinbacher). Foto: © Thonas Jauk, Stage Picture
Die Herrschaft wankt. Nabucco (Sangim lee) mit seiner Tochter Fenena (Almerija Delic) und seinem Getreuen Abdallo (Fritz Steinbacher). Foto: © Thonas Jauk, Stage Picture

In diese Zeit wurde auch diese Operninszenierung verlegt, wie das Publikum auch an Kleidung erkennen konnte. Eine Drehbühne führte in verschiedene Räumlichkeiten. Je nach Bedarf in den Königspalast, einem religiösen Schulungsraum, einem „Krankenzimmer“ für den zeitweise „wahnsinnigen“ babylonischen König Nabucco (bibl. Nebukadnezar) oder eben als bedrückendes Gefängnis für die unterdrückten Israeliten.

Babylon mit den Götzen Baal gegen den Gott Jahwe, König Nabucco gegen den jüdischen jüdischen Hohepriester Zaccaria. Inmitten dieser politischen Feinschaft als Katalysator der Eskalation ein Dreieck von Liebenden. Nabuccos vergötterte sanfte jüngere Tochter Fenena und die ältere Adoptivtochter Abigaille lieben beide den Israeli Ismaele. Eine brisante Mischung aus Gefühlen und politischem Kalkül entwickelt sich, als Ismaele seine Gunst Fenena schenkt. Abigaille ist gleich doppelt getroffen. Zurückgesetzt durch die Affenliebe seines Vaters zu seiner leiblichen Tochter und verschmäht von Ismael. In ihrer Rachsucht wendet sie sich gegen alle, die sie als ihre Feinde sieht. Fenena, Ismaele, ihren Vater und ganz Israel. Das ist die Stunde der Fundamentalisten, die diese Gemengelage für ihre Zwecke instrumentalisieren. Der Oberpriester des Baal befeuert den Konflikt geschickt und bestärkt Abigaille in ihrer Rachsucht. Auf der anderen Seite gießt der jüdische Hohepriester Öl ins Feuer und beeinflusst das jüdische Volk mit religiösen Fundamentalismus. Das kann für alle nicht gut ausgehen. Ein Happy End scheint es nur im Jenseits zu geben….

Eine großartige Leistung bot der Chor und Extrachor des Theaters Dortmund unter der Leitung von Manuel Pujol sowie die Statisterie. Interessant war zu sehen, wie sich die Kostümauswahl (Sibylle Gädeke) s den Einfluss der religiösen Fundamentalisten im Lauf der Aufführung veränderte.

Als Nabucco konnte der scheidende beliebte Bariton Sangmin Lee nicht nur sein gesangliches Können beweisen. Stark auch in seiner Zerrissenheit zwischen Staatssaison und der großen Liebe zu seiner leiblichen Tochter, die ihm so ähnlich war. Diese Rolle füllte Almerija Delic wunderbar aus. Thomas Paul wusste mit seiner starken Stimme zu gefallen. Gastsängerin Gabriele Mouhlen berührte mit starker Stimme und Empathie in ihrer Rolle als tragische Person Abigaille. Morgan Moody hatte als Oberpriester des Baal eine zurückgezogenere ,aber wichtige Rolle im Hintergrund. Es lohnt sich, ihn bei seiner „Hintergrund-Arbeit“ zu beobachten. Charismatisch und mit seinem warmen tiefen Bassbariton Karl-Heinz Lehner.

In kleinen aber feinen Nebenrollen gefielen Enny Kim (Anna) und Fritz Steinbrecher (Abdallo).

Was wär „Nabucco“ ohne die eindringlich-emotionale Musik von Guiseppe Verdi? Die Dortmunder Philharmoniker unter der sensiblen Leitung von Motonori Kobayashi ließ sie für die Inszenierung für das Publikum lebendig werden.

Eine moderne und aktuelle Inszenierung in einer Zeit, wo Fundamentalisten jeglicher Art in den Startlöchern sitzen, um immer mehr Einfluss auf das Weltgeschehen zu nehmen.

Mehr zu Terminen und Karten unter www.theaterdo.de

Jens-Daniel Herzog – Erinnerungen an sieben tolle Opern-Jahre

Sieben Jahre bewegende Intendanz von Jens-Daniel Herzog liegen hinter uns. Am 10.03.2018 um 19:30 Uhr ist die Premiere von Verdis „Nabucco“. Die letzte Opernpremiere hier in Dortmund unter seiner Regie vor dem Wechsel nach Nürnberg ist sicher nicht nur für ihn etwas besonderes.

Pünktlich zur Premiere erscheint nun ein weiß eingebundenes Erinnerungsbuch unter dem Titel „Addio Dortmund“.

Es ist eine wunderbare Reminiszenz an gut sieben Jahre Operngeschichte unter Jens-Daniel Herzog in unserer Stadt. Zu sehen sind viele Fotos der Aufführungen der letzten Jahre sowie interessante Interviews mit der Journalistin Julia Gaß sowie dem Journalisten Stefan Keim und dem Musikprofessor Holger Noltze.

Intensive sieben jahre Operngeschichte in Dortmund zwischen zwei Buchdeckel: Jens-Daniel Herzog sagt "Addio Dortmund". (Foto: © Oliver Schaper)
Intensive sieben jahre Operngeschichte in Dortmund zwischen zwei Buchdeckel: Jens-Daniel Herzog sagt „Addio Dortmund“. (Foto: © Oliver Schaper)

In den Interviews geht dabei um große oder weniger große Erfolge sowie den Platz und die Zukunft der Oper in der Stadtgesellschaft. Persönliche Erlebnisse und Anekdoten über Begegnungen dürfen natürlich nicht fehlen. Jens-Daniel Herzog berichtet über die großen Herausforderungen im zeitgenössischen Musiktheater unter den sieben Themenkomplexen: „Spielplan und Inszenierungen“, „Musik und Sänger“, „Unterhaltung“, „Junge Oper“, „Zuschauerzahlen, „Dortmund und seine Oper“ und „Ein Theater leiten“.

Am Ende steht eine Chronik der Inszenierungen sowie eine Liste aller beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von von 2011 bis bis 2018.

Dieses „Erinnerungsbuch“ ist eine großartige Idee und für die Zuschauerinnen und Zuschauer im Opernhaus ab der Premiere von „Nabucco“ am 10.03.2018 im Opernhaus erhältlich.

Dieser Rückblick auf einen kleinen Abschnitt der neuen Theatergeschichte unserer Stadt ist etwas bleibendes und eine gute Idee!

Ruth Baumgarte – eine Illustratorin der Zeitgeschichte

Es gibt nur wenige Frauen, die sich mit der Industriekultur, Technik und Arbeit künstlerisch auseinander gesetzt haben. Zu ihnen gehörte die in Coburg geborene Künstlerin und Illustratorin Ruth Baumgarte (1923 – 2013). Die Mutter war Schauspielerin, der Vater Regisseur. Es zog sie zunächst zur künstlerischen Ausbildung (Illustratorin) nach Berlin. Dann wandte sie sich ausschließlich der freien Kunst zu. Im zweiter Ehe heiratete sie 1952 in zweiter Ehe Hans Baumgarte, den Eigentümer eines Bielefelder Eisenwerks. So ist ihr Interesse für die der Industrietechnik und ihren wirtschaftlichen Hintergründen sowie den sozialen Auswirkungen auf die dort arbeitenden Menschen gewachsen. Später erweiterte sie ihren Fokus mit einem auch kritischen Blick auf die Auswirkungen der der nach Afrika exportierten Industriewerke.

Das Dortmunder Hoesch-Museum zeigt nun vom 11.03.2018 bis zum 06.05.2018 in einer Ausstellung unter dem Titel „Ruth Baumgarte und das Wirtschaftswunder. Farbrausch am Kessel“ über 60 Aquarelle ihrer Zeichnungen und Gemälde (1940 bis 1970) zu Industrie und Arbeit.

Die Schau ist in drei Abteilungen gegliedert: Produktionswelten, Arbeitsalltag sowie Wirtschaftswunder und Expansion. Sie ist in Kooperation mit der Kunststiftung Ruth Baumgarte (gegründet 2012) entwickelt worden. Deren Vorsitzender und Sohn der Künstlerin Alexander Baumgarte war beim Pressegespräch anwesend und konnte Interessantes über das Lebenswerk seiner Mutter berichten.

Was machte ihre Arbeit aus? Ihre Werke sind durch ausdrucksstarke, zum Teil expressive Farbigkeit gekennzeichnet. Formen und Farbflächen gehen teils ins abstrakte, sind aber beeindrucken gleichzeitig durch ihre enorme Detailgenauigkeit. Es ist erstaunlich, mit wie viel unterschiedlichen Stilmitteln Ruth Baumgarte gearbeitet hat. Die Spannbreite geht von Kohle/Grafit auf getönten Grund, Kreide auf getönten Grund oder Aquarelle-Malerei. In ihren letzten Lebensjahrzehnten sind in ihren Werken Einflüsse der „Pop-Art“ zu erkennen.

Man merkt jedem Bild ihre genaue Beobachtungsgabe an Sie ist eine klug-kritische Begleiterin der industriellen Werkprozesse gewesen. Dabei waren ihre Arbeiten immer von Respekt gegenüber den „Malochern“ geprägt, die das „Wirtschaftswunder“ der Nachkriegszeit erst möglich gemacht haben.

Zeigen Werke von Ruth Baumgarte im Hoeschmuseum. (v.l.n.r.) Martin Fenner (Kunststiftung Ruth Baumgarte), Dr. Jens Stöcker (Diektor MKK), Michael Dückershoff (Leiter des Hoesch-Museums) und Alexander Baumgarte (Vorsitzender der Ruth Baumgarte Kunststiftung).
Zeigen Werke von Ruth Baumgarte im Hoeschmuseum. (v.l.n.r.) Martin Fenner (Kunststiftung Ruth Baumgarte), Dr. Jens Stöcker (Diektor MKK), Michael Dückershoff (Leiter des Hoesch-Museums) und Alexander Baumgarte (Vorsitzender der Ruth Baumgarte Kunststiftung).

Wer genau hinsieht, kann in ihren Werken eine gesellschaftskritische ambivalente Haltung heraus sehen. Alexander Baumgarte verriet: „Meine Mutter war immer an den Menschen und den sozialen Brennpunkten interessiert.“ Man könnte sie als eine humanistische Sozialistin bezeichnen.

Die Schau ist zum großen Teil eine malerisch oder grafisch Dokumentation der deutschen Nachkriegsgeschichte und auch ein wacher Blick hinein in die heutige Zeit.

Die Vernissage findet am Sonntag, den 11.03.2018 um 11:00 im Hoesch-Museum statt.

Die bekannte Schauspielerin Hannelore Hoger, die mit Baumgarte bekannt war, wird ausgewählte Texte zur Industriearbeit von Martin Walser und Egon Erwin Kisch lesen. Eine wissenschaftliche Einführung zur Ausstellung werden der Kurator Prof. Hanno Sowade sowie Beate Reifenscheid (Direktorin des Koblenzer Ludwig Museums und Ruth Baumgarte-Kennerin) geben.

Wegen des zu erwartenden großen Andrangs lohnt es sich, frühzeitig vor Ort zu sein und sich gegebenenfalls anzumelden.

Mehr Infos unter www.hoeschmuseum.dortmund.de

Torhaus Rombergpark im „blauen“ Kunstrausch

Die Städtische Galerie Torhaus Rombergpark zeigt vom 11.03.2018 bis zum 01.04.2018 unter dem Titel „Blau“ Malerei und Objekte des im Ruhrgebiet lebenden Künstlers Christoph Mandera (*1955).

Unter diesem Leitthema wird mit 14 Werken ein Querschnitt aus dem Schaffen des Mitglieds des Bundesverbandes bildender Künstler des Bezirks Westfalen (BBK Westfalen) gegeben.

Die gezeigten Werke weisen formal eine große Spannbreite auf, die von monumentale, 240 x 150 cm über extreme Hochformate von 200 x 30 cm, bis hin zu schmalen querformatigen 30 x 90 cm geht.

Diese sind rund herum an den Wänden des Torhauses angeordnet. Die Betrachter werden durch einen traumhaft surrealen Weg geleitet. Die Acryl-Werke sind durch eine intensiv blaue, mit gelb und roten Fragmenten kontrastierten Farbigkeit gekennzeichnet. Ein Querschnitt der letzten künstlerischen Jahre mit dazwischen geschalteten, herausgeschnittenen phantastischen Tier- und Menschenwesen wie etwa der Freischwimmer, eine Mischung aus Fisch und Mensch. Mandera zaubert eine traumhafte „blaue“ Welt aus Figuren, Zeichen, Chiffren, Symbolen und Bewegungslinien auf Leinwand und Holzgrund.

Er verarbeitet die gesamte Breite menschlicher Erfahrungen aus den letzten Jahrzehnten und verbindet sie mit Alltagssymbolen, Gegenständen und von ihm eigens kreierten Chiffren.

Figurative Farbkombinationen von Christoph Mandera sind unter dem Titel "Blau" im Torhaus Rombergpark zu sehen.
Figurative Farbkombinationen von Christoph Mandera sind unter dem Titel „Blau“ im Torhaus Rombergpark zu sehen.

Dabei sind seine Werke natürlich auch aus dem reichen Schatz seiner eigenen Erfahrungswelt gespeist. Seine Themen sind von Musik seiner Jugendzeit geprägt. So zum Beispiel von „All You need is love“ (The Beatles), „A night at the opera“ (Queen) oder „Talking about a revolution“ (Tracey Chapman).

Beeinflusst sind die Arbeiten von der Pop Art-Kunst und Comics, aber auch vom Surrealismus. In seinen plakativ-üppigen Bildern verfremdet er Vorgefundenes, um es in neue Zusammenhänge zu bringen. Seine gefühlsbetonten Arbeiten zeigen Anklänge an den Neo-Expressionismus.

Seine wuchtigen, farbgewaltigen Bilder sprechen die Sinne an und laden zu einer spannenden Entdeckungsreise ein. Sie kann zu immer neuen Einsichten und Selbsterkenntnissen führen, wenn wir uns darauf einlassen.

Die Vernissage findet am 11.03.2018 um 11.00 im Torhaus Rombergpark statt.

Der Kunsthistoriker (M.A.) Carsten Roth wird eine Einführung in die Ausstellung geben.

Kammerkonzert als musikalische Entdeckungsreise

Auf eine spannende musikalische Entdeckungsreise schickten fünf KünstlerInnen der Dortmunder Philharmoniker das Publikum beim 4. Kammerkonzert am 05.03.2018 im hiesigen Orchesterzentrum. Außer den vier Streichinstrumenten Violine (Shinkyung Kim und Joowon Park), Viola (Hindenburg Leka) und dem Violoncello (Markus Beul) kam noch eine Klarinette (Martin Bewersdorff) zum Einsatz.

Es wurden sowohl klassische, wie auch ein modernes zeitgenössisches Stück geboten. Das ermöglichte neben einem besonderen Klangerlebnis die Gelegenheit, das künstlerische Können der Musiker und Ausdrucksmöglichkeiten der Instrumente zu erleben.

Das Programm fing klassisch mit dem Quintettsatz für Bassettklarinette und dem Streichquartett B-Dur KV Anh. 91 (516c) von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) an. Mozart schrieb diese Musik wenige Jahre vor seinem Tod. Die Besonderheit war, dass der Allegro-Satz nach 94 Takten abbrach und unvollendet blieb. Erst der 1947 in New York geborene amerikanische Pianist Robert Levin vollendete dieses Fragment ganz in einer Mozart entsprechenden Art mit einer ansprechenden Leichtigkeit.

Mutig ging die Entdeckungsreise mit dem Nachtstück „Nel Fiume eterno“ per clarinetto di bassetto e quartetto d‘archi des zeitgenössischen Komponisten Hannes Pohlit (*1976 in Heidelberg) weiter.

In diesem modernen Stück mit Dissonanzen tritt die sich ständig verwandelnde Wasserfee Undine auf. Der zweiten Satz führt die Zuhörer in einen tiefen rauschhaften Traum, bevor die Musik (Undines Gesang) sich im letzten Satz durch hin zu einem erlösenden Schluss steigert.

Nahm das Publikum mit auf eine musikalische Entdeckungsreise: (v.l.n.r.) Markus Beul (Violoncello), Shinkyung Kim (Violine), Martin Bewersdorff (Klarinette), Joowon Park (Violine) und Hindenburg Leka (Viola). (Foto: © Dortmunder Philharmoniker)
Nahm das Publikum mit auf eine musikalische Entdeckungsreise: (v.l.n.r.) Markus Beul (Violoncello), Shinkyung Kim (Violine), Martin Bewersdorff (Klarinette), Joowon Park (Violine) und Hindenburg Leka (Viola). (Foto: © Dortmunder Philharmoniker)

Wenn man sich darauf einließ, verleitete die Komposition dazu, dass Bilder vor dem inneren Auge entstanden. So konnte man etwa rauschendes Wasser hören oder sich einen vorbei flatternden Schmetterling vorstellen. Hannes Pohlit war anwesend und konnte sich seinen Applaus selbst abholen.

Nach der Pause ging es mit dem bewegend Streichquartett Nr. 2g-Moll von Sergej Rachmaninow (1873-1943) weiter. Die Experten sind sich nicht einig, ob es sich hierbei um ein unvollendetes Fragment handelt, oder ob es so von dem Komponisten von Anfang an konzipiert war. Ein besonders Erlebnis ist der sehr emotionale Trauermarsch im zweiten Satz. Für diesen gibt es zwar eine Tempoangabe, die aber verschieden interpretiert werden kann. Die Dauer des Satzes kann zwischen sieben Minuten und zwanzig Minuten schwanken (Spieldauer an diesem Abend insgesamt fünfzehn Minuten).

Zum Schluss gab es Einblick in das Quintett für Klarinette und Streichquartett op. 10 des heute weniger beachteten Londoner Komponisten Samuel Coleridge-Taylor (1875-1912). Als Sohn von afroamerikanischen Einwandern aus Sierra Leone versuchte er, die Musik seiner westafrikanischen Heimatwurzeln mit der romantischen westliche Kunstmusik zu verbinden. Das wird vor allem im dritten Satz (einem vielseitigen Scherzo) deutlich.

Die große Sehnsucht nach „Nimmerland“

Viele Träume sind mit der Geschichte von Peter Pan verbunden. Nicht von ungefähr haben sich die dreizehn Beteiligten des neuen integrativen Theaterprojekt (vorwiegend geflüchteten Jugendlichen und jungen Erwachsenen) unter der Regie von Christina Keilmann und Marc Ossau diese Story als Grundlage ausgewählt. Es hat schließlich sehr viel mit ihren Wunschgedanken vor ihrer langen Flucht nach Deutschland zu tun.

Die Uraufführung von „Im Herzen Peter Pan“ fand am Sonntag, den 04.03.2018 im Dortmunder Kinder- und Jugendtheater statt. Die weiblichen Protagonisten wurden mit zwei nicht geflüchteten Personen (Julia Kubensky und Mareike Stötzel) besetzt. Außerdem spielten noch zwei „heimische“ Kinder mit, die auch schon bei den beiden vorherigen Projekten engagiert dabei waren. Die neun anderen Rollen wurden von geflüchteten jungen Männern aus verschiedenen Krisengebieten eindrucksvoll und mit Herz ausgefüllt.

Die „Lost Boys“ und Wendy träumen von einem Land ohne Krieg und Gewalt, Freiheit und ohne Langeweile. So steht es auch in einem Buch der „Reality Boys“ über Peter Pan und sein Paradies.

Als nachdem sie sich schlafen legen, ist er tatsächlich da. Peter Pan führt sie nach „Nimmerland“, wo die Reality Boys“ unter der Führung der intrigante Tinker Bell sie erstaunt empfangen. Auf dem ersten Blick ist alles vollkommen. Ein liebevoller Umgang und die Möglichkeit der freien Entfaltung scheinen hier ein glückliches Leben zu garantieren. Doch Eifersucht, Neid und Missgunst drohen die friedliche Fassade zu zerstören….

Mit einfachen und fantasievollen Mittel gelang es der Gruppe, eine sensible und eindringliche Parabel über Wunschträume, Toleranz und ein friedliches Miteinander. Dem Publikum zwei Alternativen für die Entwicklung am Ende des Stückes angeboten. Wie schon bei den letzten Projekte wurde mit bedacht Musik im Hintergrund und ein live gesungener Song eingebaut.

Im Herzen Peter Pan ist ein Integratives Projekt mit Jugendlichen. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Im Herzen Peter Pan ist ein Integratives Projekt mit Jugendlichen. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Großartiges hat auch Marc Ossau mit seinem schwierigen Körper- und Sprachtraining bei der Projektgruppe geleistet. Eine gute Choreografie und schon erstaunliche Ausdrucksfähigkeit bei den geflüchteten jungen Menschen waren das Ergebnis.

Die Farbe Rot steht sowohl für Liebe wie für Hass, Blut und Gewalt. Das wurde bildhaft mit zwei roten Bällen dargestellt.

Es war eine trotz aller Melancholie mit Humor gespickte Vorstellung. Eins wird klar. Für ein friedliches Zusammenleben von „Einheimischen“ und „Fremden“, die wegen verschiedenster Bedrohungen ihrer Existenz zu uns geflüchtet sind, müssen alle Seiten etwas tun. Alle Menschen haben ihren berechtigten Wunsch nach einem friedlichen, nicht von Gewalt jeder Art oder vom Klimawandel bedrohten Leben. In Zukunft werden die Migrations-Bewegung in der ganzen Welt wohl weiter zunehmen. Einfache Lösungen wird es nicht geben, auch wenn uns das rechte „Populisten“ weiß machen wollen. Dabei heißt: Wachsam bleiben und sich nicht gegeneinander ausspielen zu lassen und sich für bestimmte Machtinteressen instrumentalisieren zu lassen.

Weitere Vorstellungen: Freitag, den 09.03.2018 und Samstag, den 10.03.2018 jeweils um 20:00 Uhr im KJT Dortmund, Sckellstraße 5-7.

Karten & Info: 0231/50 27 222 oder mobil buchbar unter: awendelstigh@theaterdo.de

After Life – Poetische Annäherung an die Erinnerung

Was ist, wenn man eine einzige Erinnerung nach seinem Tod behalten könnte? Diese Idee stammt vom Japaner Hoirokazu Koreeda, der daraus den Film „After Life“ gedreht hat. Thorsten Bihegue entwickelte daraus einen Bühnenstück mit dem Dortmunder Sprechchor. Ein Premierenbericht vom 04. März 2018.

„Sie sind soeben gestorben“. So wurden die Anwesenden Zuschauer vom bleich geschminkten Sprechchor begrüßt. Es ist wahrhaftig ein Erlebnis, wenn man im relativ kleinen Studioraum in der Mitte ist und wie auf einer Schulbank oder vor Gericht auf der Anklagebank sitzt. Aber das Jüngste Gericht ist eher ein Unternehmen. Es bietet allen sogar die Chance, eine Erinnerung ins Jenseits mitzunehmen…

Der Dortmunder Sprechchor begrüßt in seiner Rolle als Angestellte die "Neuankömmlinge". (Foto: © Birgit Hupfeld)
Der Dortmunder Sprechchor begrüßt in seiner Rolle als Angestellte die „Neuankömmlinge“. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Tja, welche Erinnerung nimmt man jetzt? Ich vermute, dass sich die meisten Zuschauer das gefragt haben und ihr Leben rekapituliert haben. Erinnerungen prägen unser Leben. Sie geben uns unsere Identität. Es ist schwierig, davon eine bestimmte auszuwählen. Zumal klar ist: Erinnerungen sind sehr subjektiv und Hirnforscher haben herausgefunden, dass unser Gehirn die Wirklichkeit verfälscht. Erinnerungen werden immer wieder neu bewertet.

Bihegue benutzt die gleiche nüchterne Atmosphäre wie Koreeda in seinem Film. Kein übersinnliches Bling-Bling oder ähnliches. Routine eben. Fühlt man sich bei Koreeda wie beim Arbeits- oder Finanzamt, wirkt Bihegues Inszenierung Dank des Sprechchores wie eine Art Anhörung.

Die Mitglieder des Chores ziehen uns unwillkürlich tiefer in die Geschichte. Sie erzählen von Personen, die Schwierigkeiten gehabt haben, sich eine besondere Erinnerung auszusuchen oder die sich verweigert haben. Begleitet wird dies von Familienaufnahmen aus den 60er/70er Jahren, die typische Feierszenen zeigen. Passend dazu war das Lied der Carpenters „Yesterday Once More“ das musikalische Leitmotiv, auch hier geht um Erinnerungen.

Ein schönes, kurzes, aber intensives Theaterstück zum Nachdenken über das Leben und was einem wirklich wichtig ist unter Beteiligung des engagierten Sprechchores, der diesmal Unterstützung bekam vom Kindersprechchor.

Termine und Karten: http://www.theaterdo.de