Hannes Brock und seine besondere Abschieds-Gala

Die Abschieds-Gala von und für Kammersänger Hannes Brock am 17.02.2018 im Dortmunder Opernhaus unter dem Motto „Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut“ war in einiger Hinsicht besonders.

Wie er am Ende der Veranstaltung dem ihm lange Jahre treuen Publikum verriet, wird es nicht nur eine zusätzliche „Abschieds-Gala“ am 29.04.2018 im Opernhaus geben, sondern der Abschied wird wohl eher ein Abschied auf Raten sein. Wie heißt es so schön in einem Song von Trude Herr „Niemals geht man so ganz“. Die Gala war keine reine „Rückschau“ auf eine imponierende und erstaunliche Karriere.

Neben Teilen der Dortmunder Philharmoniker unter der schwungvollen Leitung von Philipp Armbruster sorgten „seine“ Band, von denen viele ihn bei seinen zahlreichen Auftritten begleitet hatten, für eine stimmungsvolle musikalische Begleitung.

Die zu Beginn gespielte Ouvertüre aus „La Cage aux Folles“ (Herman) die große Bedeutung dieses Musicals für die Beliebtheit und den Durchbruch für Hannes Brock in unserer Stadt. Eine Neuinszenierung gab es noch im Jahr 2005.

Der Kammersänger bot ein vielfältige Programm, das sowohl seine musikalische Bandbreite, starke Stimme und seine Fähigkeiten als Entertainer unterstrich.

Hannes Brock als "Prinz Sternschnuppe" in der Operette "Frau Luna". (Foto: © Oper Dortmund)
Hannes Brock als „Prinz Sternschnuppe“ in der Operette „Frau Luna“. (Foto: © Oper Dortmund)

Er erfreute sein Publikum nicht nur mit Songs aus verschiedenen Musicals, sondern wagte sich auch an berührende Balladen wie etwa „Der Weg“ von Herbert Grönemeyer, Bob Dylans „Forever young“ oder „Always on my mind“ (Christopher jr./James/Carson). Den Spaß daran konnte man ihm deutlich anhören und ansehen.

Hannes Brock steht seit 45 Jahren auf der Bühne, davon über 25 hier in unserer Stadt. Zu seiner Gala lud er mit Emily Newton und Morgan Moody zwei geschätzte Kollegen ein, beide haben ihm gerne diese Ehre erwiesen.

Emiliy Newton beeindruckte mit ihrer Version von „Goldfinger“(Barry/Bricusse) und im Duett mit Brock (Endless love, Lionel Richie) oder im Duett mit Morgan Moody „Wheels of a dream“ -Ragtime (Flaherty/McNally/Ahrens).

Moody konnte zuvor auch alleine sein Können und Charme bei „Where is the life that late I led?“ aus dem Musical „Kiss me Kate“ (Porter) zeigen.

Bewegte Worte von dem scheidenden Opernintendanten Jens-Daniel Herzog und viel Applaus gab es verdienter Maßen am Ende der Vorstellung.

Schön, dass uns Hannes Brock nicht ganz verloren geht.

Klangvokal – eine besondere musikalische Schatzsuche

In diesem Jahr feiert Klangvokal Musikfestival Dortmund (11.05. bis 10.06.2018) sein zehnjähriges Jubiläum. Grund genug für die Organisatoren unter der Ägide von Festivaldirektor Torsten Mosgraber, sich auf die Suche nach seltenen kulturellen „Schätzen“ der nationalen und internationalen Vokalmusik. Das Festival umfasst die Bereiche Oper, Oratorium, Chor, Jazz, Weltmusik und Pop.

Mit an die 600 KünstlerInnen (plus Chor-Sängern) aus 20 Ländern wird an 23 Aufführungen an zehn Schauplätzen wird wieder ein vielfältiges wie umfangreiches Programm für das Publikum geboten. „Es geht darum, die Vokalmusik zu bündeln und das Spektrum zu erweitern,“ so Mosgraber.

Für den Hauptsponsor Sparkasse Dortmund betonten Uwe Samulewicz und Stadtdirektor Jörg Stüdemann die kulturelle und ökonomische Bedeutung des Klangvokal Musikfestivals in Zeiten des Strukturwandels.

Kleine Einblicke in ein reichhaltiges Angebot

Gewaltig geht es schon mit der Eröffnung (Chor) am 11.03.2018 um 20:00 Uhr im Konzerthaus Dortmund mit „Gloria“ los. Neben Francis Poulenc „Gloria“ stehen noch Peteris Vasks „The fruit of silence“ und unter der Regie von Dirigent Wayne Marshall Werke von Leonhard Bernstein zu dessen 100. Geburtstag auf dem Programm. Rund 150 Mitwirkende aus Dortmund, Essen und Köln, bekannte Chöre und Solistinnen (Sopran und Mezzosopran).

Ein besonderen „Schatz“ zu hören bekommt das Publikum am der öffentlichen Weltpremiere von Claudio Monteverdis L‘ARIANNA in einer Rekonstruktion von Claudio Cavina am 01.06.2018 19:30 Uhr im Orchesterzentrum/NRW.

Tenor Daniel Behle und die Lauten Compagney machen uns mit Liedern und Arien von John Dowland bis Franz Schubert bekannt.

Christina Pluhar und ihr originelles Ensemble L“Arpeggiata locken musikalisch mit einem interessanten Crossover-Projekt „Händel Goes Wild“.

Ein Highlight sicherlich Jules Massenets romantisches Oratorium „Adam und Eva“ mit dem Philharmonischen Chor des Dortmunder Musikvereins und der aus der hiesigen Oper beliebten Eleonore Marguerre (Sopran) als eine der Solisten.

Klangvokal 2018: Fado-Sängerin Gisela João ist am 25. Mai 2018 im domicil zu hören. (Foto: © Estelle Valente)
Klangvokal 2018: Fado-Sängerin Gisela João ist am 25. Mai 2018 im domicil zu hören. (Foto: © Estelle Valente)

Mit Raritäten sind international bedeutende Volksensembles sind der Estnische Philharmonische Kammerchor, Vox Lumiere aus Belgien, das Ensemble Tiburtina aus Prag und die Tallis Scholars aus Großbritannien zu Gast.

Das Domicil bietet im Bereich Weltmusik und Jazz das albanische Ensemble Saz‘iso, die Sängerin Lily Dahab aus Argentinien und das Trio Yorkston/Thorne/Kahn (Großbritannien und Indien) ein spannendes Programm.

Ein Höhepunkt für die Stadt ist wieder das Fest der Chöre am 11.05.2018. Darin beteiligt sind wieder rund 150 Chöre .

Eine würdigen Abschluss am 12.06.2018 in der Reinoldikirche (19:30 Uhr) wird in diesem Jahr mit Antonio Caldaras „Maddalena ai piedi di Cristo“ eines der schönsten Oratorien des Barock bilden.

Das ist nur eine relativ kleine Auswahl aus dem gesamten Festival-Angebot.

Informationen und Vorverkauf:

Die Eintrittspreise sind auf einem relativ niedrigen Niveau im Vergleich zu den letzten Jahren geblieben.

Der Vorverkauf startet ab sofort bei Dortmund-Tourismus (Kampstr. 80), bei den Ruhr Nachrichten und an allen bekannten VVK-Stellen und im Internet unter www.klangvokal.de

Ein ausführliches Festivalmagazin und eine Festivalbeilage in den Ruhr Nachrichten erscheint im April.

Wertvoll – Eine Geschichte um die schwierige Selbstfindung

Die Stückentwicklung „Wertvoll – am besten bist du als du selbst“ von Regisseurin und Schauspielerin Johanna Weißert und Autor Klaus Fehling hat am Freitag, den 23.02.2018 um 19:30 Uhr im Dortmunder Kinder- und Jugendtheater seine Uraufführung. Es ist eine Auseinandersetzung mit unserer modernen „Optimierungsgesellschaft“ und deren Mechanismen.

Protagonist der Geschichte ist der junge Erwachsene Alexander. Ausgangspunkt ist ein Unfall, bei dem dieser wie andere als „Gaffer“ mit dem Smartphone Fotos von dem Geschehen schießt. Die tut er, so die Regisseurin, um überhaupt etwas fühlen zu können. Sein Leben, von seiner Geburt bis jetzt, wird rückblickend dargestellt.

Thorsten Schmidt als "Alexander" im KAmpf mit dem Über-Ichs in "Wertvoll – am besten bist du als du selbst". (Foto: © Birgit Hupfeld)
Thorsten Schmidt als „Alexander“ im KAmpf mit dem Über-Ichs in „Wertvoll – am besten bist du als du selbst“. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Er gehört zur sogenannten „Generation Youtube“ oder Generation C (Verbindung, Gemeinschaft, Kreation und Kuration). Grundstein seiner Entwicklung legen seine „Helikopter-Eltern“, die versuchen, in jeder Situation das Beste aus ihrem Kind herauszuholen. Das sei für ein erfolgreiches Leben doch so wichtig. Sie kontrollieren das Leben ihres Sohnes bis ins kleinste Detail. Es geht nicht darum, sich selbst zu fühlen und eine kritisch reflektierende Persönlichkeit zu werden. Wichtig ist, was in der neuen Social Media Plattformen als Werte für die „Community“ verbreitet wird. Es geht darum, was man nach außen darstellt. Bedeutend sind die „Klicks“, die man auf „Youtube“ und den anderen Plattformen bekommt. Das gewaltige „Über-Ich“ setzt unter Druck. Am Ende steht ein Mensch, der nur „leere Luft entwickelt.“ An seine Liebe aus frühesten Kindertagen kommt er letztendlich nicht heran, weil die „Lebensplanungen“ nicht zusammen passen. Denen wird alles untergeordnet.

Erzählt wird, wie die Regisseurin verriet, viel über Bild-Assoziationen und die Musik wird als Verstärker eingesetzt. Für Johanna Weißert fehlen den Jugendlichen heute Reibungspunkte mit den Eltern (Erwachsenen). Es darf laute Musik gehört werden, und die Eltern kennen sich zumeist mit „Youtube“ aus. Zuhause ist es bequem, und Schwierigkeiten wurden von Kindesbeinen aus den Weg geräumt. Aufführungsdauer ist ungefähr 75 Minuten.

Informationen über weitere Vorstellungsterminen und zu Kartenwünschen erhalten Sie unter www.theaterdo.de.

Ende der Geierabend-Session 2018 mit einem weinendem Auge

Der Ruhrpott-Karneval Geierabend 2018 beendet seine Session mit einem lachenden und einem weinendem Auge.

Wie die Organisatoren beim Pressetermin einem Tag vor Aschermittwoch erklärten, waren die 36 Vorstellungen unter dem Motto „Bye Bye Bottrop“ ausverkauft, mehr als insgesamt 15.000 Zuschauer ließen sich den alternativen Karneval aus Dortmund mit seinen Vorstellungen auf Zeche Zollern nicht entgehen. Der Geierabend ist für viele Menschen im „Pott“ Kult.

Wer nicht dabei sein konnte, kann sich den Drei-Stunden-Mix aus Comedy, Satire und Kabarett zur Zeit im Comedy-Portal des WDR als Videostream in voller Länge anschauen.

„Bye Bye“- heißt es nicht nur für die schöne Session oder für die Steinkohle, sondern auch für zwei langjährige tragenden Säulen des Geierabends. Der kreative Musiker, Autor und Komponist Hans Martin Eickmann (von „Die Zwei vonne Südtribüne“) und Autor, Regisseur Günter Rückert gehen am Ende der Spielzeit nach 21 Jahren in den (Un)-Ruhestand.

Da kam schon bei der Abschluss-Pressekonferenz  ein wenig Wehmut auf. Die Beiden bekamen nicht nur einen großen Blumenstrauß, sondern bedankten sich mit einem auf ihre Geierabend-Zeit umgeschriebene Version von „Schön war, schön war die Zeit“…

Hans Martin Eickmann (links) und Günther Rückert beim Abschiedsständchen. Wehmütig beobachtet vom Präsidenten Roman Henri Marczewski.
Hans Martin Eickmann (links) und Günther Rückert beim Abschiedsständchen. Wehmütig beobachtet vom Präsidenten Roman Henri Marczewski.

Bei der letzten Vorstellung auf Zeche Zollern am Dienstagabend werden sicherlich ein paar Tränen fließen.

Dort erwartet das Publikum aber auch ein besonderer Höhepunkt. Die Verleihung des Pannekopp-Orden aus harten Stahl für „besondere“ Verdienste um das Ruhrgebiet. Während der 36 Geierabenden hatten die Zuschauer Gelegenheit, per Applaus über zwei Kandidaten abzustimmen.

Zum einen war da NRW-Ministerpräsident Armin Laschet als „Herr der Ringe“ für seine Idee, die Olympischen Spiele ins Ruhrgebiet zu holen. Ambitioniert – angesichts eines gewaltigen Sanierungsstaus im Bereich der Sportstätten.

Ebenfalls zur Wahl stand lit.COLOGNE mit ihrem ambitionierten Vorschlag für eine „Alphabetisierung vom Ruhrgebiet“ durch das Literaturfestival.

Das Ergebnis: Bei 34 der 35 Shows und ebenfalls bei der Online-Abstimmung auf der Geierabend-Website lag Laschet deutlich vorn. Ob er den „schweren“ Orden annehmen wird?

Übrigens: Es gibt auch in diesem Jahr ab dem 20. Juli wieder „Geierabend Open Air“ (Tante Amanda, Mosselde 149, Dortmund 44357).

Musikalische Wunderwelten beim 2. Konzert Wiener Klassik

Das 2. Konzert Wiener Klassik der Dortmunder Philharmoniker unter der engagierten Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz im Konzerthaus unserer Stadt stand unter dem Motto „wunder_welten“. Drei Werke des schon früh als „Wunderkind“ bekannten Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) standen auf dem Programm.

Der Abend begann mit einem musikalischen Werk aus der jüngeren Schaffensperiode (1774) von Mozart. Die Ouvertüre zu der Oper „La finta giardiniera“ KV 196 (Die Gärtnerin aus Liebe) entstand in einer schwierigen Umbruchzeit (nach seiner Zeit als Kinderstar) für den Komponisten. Es war eine Auftragsarbeit für eine Oper zur Karnevalssaison im Jahr 1774. Die Ouvertüre nimmt schon den musikalischen Kosmos von Liebesverstrickungen der Oper vorweg.

Hektische Verwirrung bis zur Liebeserfüllung finden ihre Ausdruck in den drei Sätzen. Der erste Satz ist eher unnachgiebig vorantreibend, der zweite eher getragen ruhiger. Der dritte Satz ist eine Art Symbiose aus den ersten beiden, die abschließend zu einem fröhlich-heiteren Finale durch die Streicher führt.

Nur ein Jahr später (1775) entstand eines von Mozart in kürzester Zeit komponierte Violinkonzert. Für das 5.Violinkonzert A-Dur KV 219 konnte als Solist der italienische Violinist Edoardo Zosi (1988 in Mailand geboren) gewonnen werden.

Er bewies seine große Virtuosität am Instrument sowie viel Sensibilität bei den innigen, ruhigen und emotionalen Passagen. Das 5. Violinkonzert endet langsam steigernd und gipfelt in einem großen Finale.

Edoardo Zosi spielte das 5. Violinkonzert von W.A. Mozart. (Foto: © Mino Boiocchi)
Edoardo Zosi spielte das 5. Violinkonzert von W.A. Mozart. (Foto: © Mino Boiocchi)

Nach der Pause wurde mit der Sinfonie C-Dur KV „Jupiter“ eines der bekanntesten Sinfonien aus den späten Krisenjahren Mozarts (1788, drei Jahre vor seinem Tod) gespielt. Der festliche Beginn mit feierlichen Paukenschlägen und mehreren C-Dur Akkorden lässt ahnen, wieso diese Sinfonie „Jupiter-Sinfonie“ genannt wird.

Es folgt ein musikalische Wechselbad. Der eher zurückgenommene zweite Satz (Adagio) mit den von Mozart bekannten „verspielten“, wechselt mit aufwühlenden rasanten Passagen. Mozart liebt das Spiel mit den verschiedenen Farben der Instrumente und im Mittelteil beschleunigt sich das Tempo zu einem flinken Tanz.

Zwischendurch sind aber durchaus auch melancholische Momente.

Den Höhepunkt bildet das grandiose Finale. Aus nur vier Anfangstönen der ersten geigen entwickelt Mozart eine durch die Kraft der Füge entfachtes kompositorisches Meisterwerk. Am Ende werden bis zu fünf Fugen gleichzeitig gespielt!

Mistero Buffo – humanistische Groteske und episches Theater

Das Theater im Depot zeigt am 17.02.2018 in einer Premiere Mistero Buffo – eine humanistische Groteske nach Dario Fo (1926-2016) unter der Regie von Alexander Olbrich. Es ist die zweite Arbeit des jungen Regisseurs nach seinem Abschluss des Studiums an der Folkwang Universität der Künste (Regie).

Mistero Buffo bedeutet groteske Darbietung. Der Stücktext von Dario Fo (1969) ist eine Sammlung von biblisch inspirierten Geschichten, in darauf ausgelegt sind, dass Mitgefühl mit den Abgehängten zu wecken und die Mächtigen der Lächerlichkeit preis zu geben. Dazu muss man wissen, dass in den 70er Jahren des 20igsten Jahrhunderts das epische Theater (in Deutschland durch Berthold Brecht bekannt) auch in Italien Konjunktur hatte. Ziel war die Darstellung großer gesellschaftlicher Konflikte wie Krieg oder soziale Ungerechtigkeiten Revolution oder ähnliches. Mittels eines Erzählers wurde das auf der Bühne dargestellte kommentierend begleitet.

Dario Fo war in den 70er Jahren mit seinem szenischen Monolog Misterio Buffo gleichzeitig gefeiert und als enfant terrible von reaktionärer Seite abgelehnt. Mit einfachen Mitteln des politischen Volkstheaters und der Verfremdung sagte er mit nur einem Schauspieler auf der Bühne den Machthabern verschiedenster Art den Kampf an.

Der Schauspieler in dem Einpersonenstück in der Inszenierung von Olbrich ist der junge Schweizer Severin Mauchle. Der Regisseur greift vier biblisch inspirierte Episoden aus Mistero Buffo auf und aktualisiert sie durch aktuelle Bezüge. Dabei spielt die parodistische Kommentierung des Dargestellten durch einen als „Spielmann“ bezeichneten Person eine wichtige Rolle. Es beginnt mit der Erwartung der Auferstehung des Lazarus.

Regisseur Alexander Olbrich bringt das epische Theater mit Mistero Buffo nach Dortmund.
Regisseur Alexander Olbrich bringt das epische Theater mit Mistero Buffo nach Dortmund.

Musikalisch begleitet wird der Abend auf der Bühne musikalisch von der Maria Trautmann Band (Maria Trautmann Jazz-Posaune und Tom Hellenthal am Schlagzeug).

Da es insbesondere um episches Theater und einem selbstkritischen Umgang mit dem eigenen theatralen Anspruchsdenken geht, tritt der Regisseur, wie verraten wurde, als Teil der Inszenierung zu Beginn mit einem Epilog und dann noch einmal am Ende auf.

Die Aufführung dauert zirka anderthalb Stunden.

Karten für die Premiere am 17.02.2018 um 20:00 Uhr, am 18.02.2018 um 18:00 Uhr oder am 10.03.2018 um 20:00 Uhr sowie den 11.03.2018 um 18:00 Uhr unter Telefon: 0231/9822336 (AB) oder ticket@theaterimdepot.de

Orlando – theatrales Spiel mit Identitäten

Am 11.02.2018 hatte „Orlando“ nach Virginia Woolf (Deutsch von Melanie Walz) in einer Inszenierung von Laura N. Junghanns seine Premiere im Studio des Dortmunder Schauspiels.

Orlando ist der Titel des 1928 erschienen Romans der englischen Schriftstellerin Virginia Woolf (1882-1941). Es ist eine Hommage an ihre jahrelange Geliebte Vita Sackville-West. Es stellt eine Art fiktive Biografie der Schriftstellerin Sackville-West selbst dar. So enthält er beispielsweise Schilderungen über deren Geburtshaus Knole House in Kent.

Die fantastische Geschichte des jungen Adeligen Orlando geht über 350 Jahre hinweg beginnt im Jahr 1586 zu Zeiten Elisabeth I. Nach einer enttäuschten Liebschaft flüchtet er sich als Dichter in die Natur und später als Botschafter in Konstantinopel. Orlando fällt in einen seltsamen „Schlaf“ und wacht als Frau auf. Im nun 18. Jahrhundert in ihre britische Heimat zurückgekehrt, kämpft sie nun als Frau um Ansprüche auf ihre alten Ländereien und Anerkennung als Schriftstellerin.

Ihr ungebundenes Leben stellt sie erst mit Beginn der bedrückend und biederen Viktorianischen Epoche in Frage. Sie heiratet einen Kapitän und der Kritiker Nicholas Greene verhilft ihr zur Publikation des Gedichts „The Oak Tree“. Das Buch endet im Jahr seiner Publikation (1928) mit der 300 Jahre alten Orlando als verheiratete Frau mit Kind von 36 Jahren. Unterschiedliches Klimata, Umgangsformen, Frauen- und Männerbilder oder Literatur in den verschiedenen Epoche werden offenbar.

Bei der im dunklerem Licht gehaltenen Studio-Bühne fällt ein als riesiger Baum stilisierte Lichterketten-Reihe auf. Er ist ein Synonym für den „Oak Tree“. Die Konstruktion umspannt das Studio wie eine Kuppel und kann in verschieden Farben, je nach Stimmung und Bedarf, in seiner Farbe verändert werde.

Für die Inszenierung wurde nicht nur der Roman als Grundlage verwendet. Ein wichtiger Schwerpunkt lag auf dem intensiven Schriftverkehr und das Verhältnis zwischen Virginia Woolf und Vita Sackville-West zur Entstehungszeit von Orlando (1927-1928).

Atmosphärisch sensibel begleitet wurde die Aufführung musikalisch von der Dortmunder Gruppe AniYo kore mit neun Songs ihrer neuesten CD. Diese wurden extra für das Theater arrangiert. Melody und René (AniYo kore) waren ein integraler Bestandteil des Stückes.

Die drei Schauspieler auf der Bühne hatten sichtlich Spaß an dem Spiel mit den Identitäten. Ekkehard Freye hatte einen wunderbaren Auftritt als Elisabeth I. Mit roter Perücke, Kleid und Pumps glänzte als singende Königin. Wobei Melody (AniYo kore) sang, und er den Mund bewegte.

Orlando - ein Theaterabend über Identitäten. Mit Ekkehard Freye, Marlena Keil und Friederike Tiefenbacher. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Orlando – ein Theaterabend über Identitäten. Mit Ekkehard Freye, Marlena Keil und
Friederike Tiefenbacher. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Marlena Keil als Orlando hielt ein eindrucksvolles Plädoyer bei einer dargestellten Gerichtsverhandlung. Sie weigert sich vehement, sich nach dem Geschlechterwechsel“ von Orlando amtlich als Frau deklariert und festgelegt zu werden.

Friederike Tiefenbacher hatte ihren komischsten Auftritt mit weißer Perücke als ein etwas verrückter Kritiker Nicholas Greene.

Auf die Spitze getrieben wird das Vergnügen, wenn Freye und Keil sich zunächst als „Harriet“ und Orlando (Mann) und später unter veränderten Geschlechtern wieder begegnen. Köstlich, wie die Beiden mit festgefahrenen Bilden von „Weiblichkeit“ und „Männlichkeit“ kokettieren.

Die Inszenierung geht aber noch weiter. Am Ende wir das Publikum mit einem andern Ereignis, was mit dem Namen „Orlando“ verbunden ist durch kurze Einspielung originaler Tonaufzeichnungen konfrontiert. In Orlando (Florida) stürmte ein homophober Mann den von einer queeren Community besuchten Nachtclub „Pulse“ und erschoss 49 Menschen.

Ein Theaterabend um aktuelle Themen wie Identitäten, Kategorien und Zuschreibungen nach Geschlechtern.

Weibliche und männliche Anteile gehören beide gemeinsam zu unserem Leben.

Weitere Aufführungstermine und Informationen erhalten sie unter www.theaterdo.de

Alice – ein kraftvolles und poetisches Ballett

Der italienische Star-Choreograf Mauro Bigonzetti hat sich für seine neue Ballett-Inszenierung mit dem hiesigen Corps de Ballet (inklusive NRW Juniorballett) den bekannten fantastischen Stoff von Lewis Carrols „Alice im Wunderland“ vorgenommen. Am Samstag, den 10.02.2018 war die Premiere um 19:30 Uhr im Dortmunder Opernhaus.

Über das „besondere Verhältnis“ von Carroll zu kleine adretten Mädchen aus feinem Hause wurde schon viel geschrieben. Sicherlich war der unter seinem Stottern leidende kluge Mathematiker mit religiösem Hintergrund anfällig für „Fluchten“ in fantasievolle Welten. So entstand auch die Geschichte von der kleinen Alice, die müde einschläft und mit einem sprechenden weißen Kaninchen in eine seltsame „Anders-Welt“ gerät. Dort werden die Regel aus der Realität auf den Kopf gestellt und außer Kraft gesetzt. Es begegnen ihr seltsame Gestalten wie etwa eine Wasserpfeife rauchende Raupe, die gute Ratschläge gibt oder eine Grinsekatze, die ebenso unerwartet auftaucht und dann wieder verschwindet. Ein verrückter Hutmacher, bei dem immerzu Teestunde ist, oder eine cholerische Herzkönigin, vor deren „Kopf ab“-Rufen der Hofstaat der Spielkartenleute erzittert, kreuzen ebenfalls ihren Weg.

Alice wird als zwei Persönlichkeiten dargestellt, mal klein und naiv, dann wieder groß und „vernünftig“. Schließlich erwacht Alice aus ihrem Traum.

Auch die Fortsetzung „Alice hinter den Spiegeln“ wurde mit in diesen Ballett-Abend eingebaut. Wie sieht die Welt auf der anderen Seite des Spiegels aus? Alice lernt hier ein Land kennen, in der Spiegel, Uhren und Schachfiguren lebendig sind und ein imaginäres Schachbrett eine Rolle spielt. Alice trifft wieder auf skurrile Gestalten wie die herrische schwarze und die verwirrte weiße Schachkönigin. In einen Streit gerät sie mit einem Zwillingspaar über Traum und Wirklichkeit. Auch dieser abenteuerliche Traum endet mit dem Erwachen.

Bigonzetti erschuf eine fantasievolle Welt mit verschiedenen Mitteln. Er liebt Kontraste und hat dem Gefüge auf der Bühne die musikalische und gesangliche Begleitung durch Antongiulio Galeandro, ASSURD (Cristina Vetrone, Lorella Monti, Enza Prestia) und Enza Pagliara hinzugefügt. Diese sind Vertreter der ursprünglichen Volksmusik aus Apulien und spielen auf verschiedenen traditionellen Instrumenten. Neben dem Ballett-Ensemble waren die Musiker ein atmosphärisch integraler Bestandteil der Inszenierung. Sie setzten die Instrumente, von einer Spieluhr bis zum Akkordeon effektvoll ein.

Die große (Anna Süheyla Harms) und die kleine Alice (Ida Kallanvaara)im Banne der Königin (Foto: Sae Tamura). (Foto: © Ballett Dortmund)
Die große (Anna Süheyla Harms) und die kleine Alice (Ida Kallanvaara)im Banne der Königin (Foto: Sae Tamura). (Foto: © Ballett Dortmund)

Die fantastischen Kostüme von Helena de Medeiros waren eine weiter bedeutende Zutat für das Gesamtbild.

Als Bühnenbild fungierten veränderbare Projektionen an drei Leinwänden. Sie machte besondere Effekt möglich. Es konnte eine umgekehrte Welt abgebildet werden. So sah man schon mal eine Kaffeetasse von oben aus der Projektionsfläche während der „Tea-Time“ nach unten „fliegen“.

Dem Ballett-Ensemble wurde viel abverlangt. Moderner Ausdruckstanz mit fantasievollen Ideen und Bewegungsabläufen, sowie auch die Unterstreichung ihrer Charaktere durch Gestik und Gesichtsausdruck waren eine Herausforderung, die sie glänzend meisterten.

Ein Ballett-Erlebnis, dass sein Publikum in eine fantasievolle Welt hinein zog, und mi mit dem Wechsel von poetischen Momenten und kraftvoller archaischer Körpersprache spielte.

Wer sich diese Abenteuer nicht entgehen lassen möchte, hat die Gelegenheit, sich über weiter Aufführungsterminen unter www.theaterdo.de zu informieren.

Das Concordia-Ladenlolal als Inkubator für den Kreativsektor

Die KulturMeileNordstadt e.V. feiert in diesem Jahr nicht nur ihr 10-jähriges Bestehen, sondern hat nun zumindest bis zum 30.06.2018 zusammen mit dem ConcordiArt e.V. in dem bekannten Concordia-Haus am Borsigplatz im Norden von Dortmund ein neues Domizil bezogen. In diesem besonderen Gründerzeithaus wurde früher im Lokal zum Tanz gebeten, später fanden darin verschiedenen Künstler und Selbständige ein Zuhause. Dank der Unterstützung durch den Spar- und Bauverein eG von 9.000 € konnte die Anmietung für die ersten sechs Monate in diesem Jahr realisiert werden. Die Kooperation soll sowohl die Vernetzung mit anderen Vereinen wie etwa die Machbarschaft Borsig 11 e.V. oder artsenico e.V. noch verstärken und die bekannte Landmarke langfristig als Kulturort erhalten.

Der Kreativsektor ist nicht nur ein Imagefaktor für die Stadt, sondern auch von wesentlicher Bedeutung für eine umfassende Stadtentwicklung, Kultur- und Kreativwirtschaft, so Thomas Westphal von der Wirtschaftsförderung in Dortmund.

Das Concordia-Haus in grauer Vorzeit. Jetzt soll es zum Kreativ-Zentrum in der Nordstadt werden.
Das Concordia-Haus in grauer Vorzeit. Jetzt soll es zum Kreativ-Zentrum in der Nordstadt werden.

Die Kernbereiche des neuen Inkubators am Borsigplatz bestehen aus Kunstmarkt, Markt für darstellende Künste, Designwirtschaft, Werbemarkt und Musikwirtschaft.

Der Wirkungsbereich soll sich auch bis zum Gebiet der ehemaligen Westfalenhütte erstrecken.

Neben dem Kreativ.Quartier an der Rheinischen Straße (Unionviertel) soll ein weiteres „Kreativ.Quartier Echt Nordstadt“ im Hinblick auf die zukünftige Ausgestaltung einer lokalen Kreativökonomie entwickelt werden.

Annette Kritzler (KulturMeileNordstadt e.V.) betonte beim Pressetermin, dass daneben aber nicht die wichtige Funktion des Concordia-Ladenlokals als CaféTreffpunkt für die Bevölkerung der Umgebung nicht außer acht gelassen werden sollte. Am Borsigplatz gibt es sonst kein gemütliches Café.

Das Internat – ein Theatergemälde im Stil der Schwarzen Romantik

In Kooperation mit Absolventen des 2. Studiengangs Schauspiel der Essener Folkwang Universität der Künste zeigte das Schauspiel Dortmund in einer Uraufführung am 09.02.2018 Das Internat von Ersan Mondtag. Den Text zum Stück lieferten Dramaturg Alexander Kerlin und Matthias Seier.

Mondtag, der sich auch um Ausstattung und Kostüme kümmerte, hat ein wahrhaft opulentes Bühnenbild geschaffen. Eine aufgebaute, sich ständig bewegende Drehbühne, gaben dem Publikum Einblicke in die verschiedenen Räumlichkeiten der in schwarz und rot gehaltene düstere, sehr spartanische Internatskaserne in einem burgähnlichen Gebäude. Die Atmosphäre mit dunklem Wald und gotischen Bögen stimmen auf die bekannten gruselig-schaurigen Welten ein. Ein Gittergerüst verstärkte den Kasernencharakter.

Einflüsse der sogenannten „romantischen Schauerliteratur“ (Gothic Novel) aus der Zeit um vor und um 1900. Als Folge der Grausamkeiten der Französischen Revolution kam es zur Abkehr von der durch die Vernunft geleiteten Aufklärung. Die Schwarze Romantik zeichnet sich durch irrationale Züge oder verklärte Todessehnsucht und Naturliebe, wie etwa bei den Gemälden von Casper David Friedrich zu sehen ist. Auch bei der darstellenden Kunst gibt es genügend Beispiele, etwa „Nosferatu“ (F. W. Murnau).

Auch bei dieser Inszenierung wechseln ernst-schaurige Momente mit romantisch-schön verklärenden. So wird beispielsweise bei der Beerdigung eines Getöteten das melancholische Herbstlied „Bunt sind schon die Wälder (Text: Johann Gaudenz von Salis-Seewis und Musik: Johann Friedrich Reichhardt 1799) gesungen.

Oder wenn der Chor der Internatskinder „Zwielicht“ von Eichendorff als Tischgebet rezitiert. Hier wird die Angst vor der Dämmerung und vor Verlusten thematisiert.

Das Internat ist ein autoritärer Ort mit strengen Regeln, Gewalt und Züchtigungen. Bei diesem geschlossenen System werden unliebsame „Quertreiber“ auch schon mal getötet. Die Internatsinsassen sind als Personen in ihrer Individualität nicht mehr zu erkennen. Ihre gleichen Uniformen und Bemalungen sowie die reduzierte, roboterhaft steifen Bewegungen taten ihr übriges. Für die zehn Absolventen der Folkwang Universität der Künste und die sechs beteiligten Schauspieler des Dortmunder Ensembles gab es keine Gelegenheit, sich besonders hervor zu spielen.

Alle waren Teil eines Systems, dass wie ein Uhrwerk zu funktionieren hatte.

Die „Internatsinsassen“ sprechen keinen Text sondern zeichnen sich durch nonverbale Ausdruckskraft aus.

Widerstand wird nicht geduldet. Aber die Widerstandsbewegung wächst und stürzt ihre Unterdrücker. Dann werden sie zu den Unterdrückern. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Widerstand wird nicht geduldet. Aber die Widerstandsbewegung wächst und stürzt ihre Unterdrücker. Dann werden sie zu den Unterdrückern. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Nur eine sich als „das tote Kind“ bezeichnende einschmeichelnde Stimme (Alicja Rosinski) gibt leise flüsternd Auskunft über „das Internat“. Als ein neuer Internatsschüler hinzu kommt, versucht sie ihn zum Widerstand und Revolte gegen das System zu bewegen. Ihre martialischen verbalen Aufstachlungen, die im Kontrast zu ihrer leisen Stimme stehen, zeigen Wirkung. Immer mehr schließen sich dem Widerstand an und das alte System wird abgelöst, doch die Mechanismen von Gewalt, Rache und Spiel mit den Ängsten bleiben die selben. Frei nach „Die Revolution frisst ihre Kinder.“ Oder in den Worten des „toten Kindes“: „Mal sind wir Revolte, mal sind wir Regime.“

Eine wichtige Rolle im atmosphärischem Gesamtgefüge spielte die Musik. Ein großes Kompliment an Tommy Finke, der mit seinen wunderbaren elektronischen Klangteppichen die Ausdruckskraft des Visuellen noch potenzierte.

Obwohl nicht gerade für depressive Menschen geeignet, entlässt dieses assoziative Stück das Publikum mit viel Raum für nachhaltige Gedankengänge. Über ihre eigenen Ängste vor dem „Unbekannten“, der möglichen Anfälligkeit für Einflüsterungen von rechtspopulistischer Seite, die sich als „Heilbringer für schnelle Lösungen von Problemen“ anbieten. Aber auch, ob es noch „Hoffnung Mensch“ gibt, der das Potenzial für ein friedlicheres und gerechteres Miteinander hätte.

Karten und Termine finden Sie unter www.theaterdo.de.