Im tiefen Rausch des Kontrabass

Im Mittelpunkt des 1. Kammerkonzerts der Dortmunder Philharmoniker unter dem Motto „tiefen_rausch“ am 16.10.2017 stand das Kontrabass als wichtigste Instrument im Orchester. Das Publikum hatte im Orchesterzentrum Gelegenheit, sich von der Klangtiefe und Ausdruckskraft dieses Instruments zu überzeugen.

Vier Künstler am Kontrabass und ein kongeniale Begleitung am Cembalo wie am Piano durch Maria Chernousova führten die ZuhörerInnen durch das Programm. Die Spannbreite reichte dabei von Barock-Musik (Antonio Vivaldi 1678-1741) bis hin zu Jazz/Swing von Glenn Miller (1904-1944).

Den Hauptteil des Abend bestritten Manuela Uhlmann (Kontrabassistin bei den Dortmunder Philharmonikern) und Catalin Rotaru, seit 2005 Professor an der Arisona State University (USA) am Kontrabass unter Begleitung von Maria Chernousova.

Schon vor der Pause begeisterten sie mit Vivaldis Konzert für zwei Violoncelli g-Moll RV 531 in der Bearbeitung für zwei Kontrabässe von Bernhard Salles.

Es folgte die sensible Interpretation von César Francks (1822-1890) Sonate für Violine A-Dur durch Catalin Rotaru am Kontrabass begleitet vom Piano.

Es ist schon erstaunlich, was für kraftvoll-warme und intensive Klänge einem so gewaltigen Instrument wie dem Kontrabass entlockt werden können.

Nach der Pause ging es italienisch temperamentvoll weiter mit Giovanni Bottesini (1821-1889) und seiner „Passione amorosa“

Der Kontrabass zeigte sich als wandlungsfähiges Instrument. (Foto: © Christian Seidel / pixelio.de)
Der Kontrabass zeigte sich als wandlungsfähiges Instrument. (Foto: © Christian Seidel / pixelio.de)

Romantisch und aufwühlend wurde es dann mit Robert Schuhmanns (1818-1856) „Adagio und Allegro op. 70“, mit viel Feingefühl von Manuela Uhlmann am Kontrabass und ihrer Begleitung am Piano.

Eine neue Klangnote und argentinisches Flair brachte „Le Grand Tango“ von Astor Piazzola (1921-1992).

Temperamentvolle Stimmung verbreiteten die vier Kontrabassisten Manuela Uhlmann, Catalin Rotaru, Dirk Nolte (Dortmunder Philharmoniker) und Kirill Dubovik mit dem „Ungarischen Tanz Nr. 5“ von Johannes Brahms (1833-1897) in einem Arrangement von Andreas Martin.

In die Neuzeit hinein führten die vier Musiker dann mit einer modernen Fassung der Walzer von Johann Strauss von Daryl Runswick (geb. 1946) „Strauss in the doghouse“ und „American basses“. Ein grandioses Finale folgte mit Glenn Millers „In the mood“.

Tonfiguren als Zeugen Dortmunder Vergangenheit

Im Museum für Kunst und Kulturgeschichte (MKK) wurden am 16.10.2017 neben der achten Ausgabe des Denkmalheftes „Bausteine und Fundstücke“ 08 (Denkmalbehörde der Stadt Dortmund) mit dem Titel „Der mediale Aufbruch am Ende des Mittelalters – Tonfiguren aus Dortmunder Ausgrabungen“ vorgestellt.

Der Autor und Archäologe Dr. Gerhard Jentgens stellte zudem ein neues Fundstück aus einer Ausgrabung (2011) vor. Es handelt sich dabei um eine ca. 6 cm kleine Tonstatuette aus Pfeifenton, gefunden in einem Brunnen zwischen Thomasstraße und Kuckelke. Die Tonfiguren waren Medien am Endes des Mittelalters mit einer universellen Bildsprache, so der Archäologe.

Im ausgehenden Mittelalter gab es das Handwerk des sogenannten „Pfeifenbäckers“. Dieser stellte die in der Zeit beliebten Tonfiguren und Reliefs mit religiösen, Mode- oder erotischen Motiven aus speziellen „Pfeifenton“ her. Nach dem Brennen weist der Ton eine weiße Farbe auf, die dann nach Bedarf auch bunt bemalt werden konnte.

Neu entdeckt aus einem Brunnen an der Kuckelke: Die Tonstatuette wird stolz präsentiert vom Archäologen Dr. Gerhard Jentgens.
Neu entdeckt aus einem Brunnen an der Kuckelke: Die Tonstatuette wird stolz präsentiert vom Archäologen Dr. Gerhard Jentgens.

Der neue Fund stellt Maria und das Jesus-Kind im Vordergrund, und dahinter Marias Mutter, die heilige Anna, dar. Solche Tonfiguren waren für die Bevölkerung erschwinglich und wurden, wie Dr. Jentgens erklärte, zu allen möglichen Gelegenheiten wie etwa Taufe oder Hochzeit verschenkt. Die Menschen suchten damals durch Flucht in die Religion Halt in dunklen Zeiten mit Hungersnöten, Missernten, Naturkatastrophen Krisen und Konflikten. Sie hofften außerdem, durch Gebete vor ihren Statuen einen „Ablass“ für die weltlichen Sünden zu erhalten. Aus Angst vor dem „nahenden Weltuntergang“ wollten die Menschen sich durch zusätzliche „Geldspende“ den „Weg in den Himmel“ ebnen. Eine Kaufmannsmentalität, die Reformatoren wie Martin Luther dazu antrieben, die christliche Lehre wieder auf die Glaubensinhalte zu konzentrieren.

Im MKK sind schon einige Funde aus dem Spätmittelalter gesammelt worden und so der Öffentlichkeit als zeitgeschichtliche Zeugnisse erhalten geblieben.

Der Leiter des MKK, Dr. Jens Stöcker erklärte: „Wann genau die neue Tonstatuette im Museum für Kunst und Kulturgeschichte zu sehen sein wird, erfährt die Öffentlichkeit rechtzeitig durch die Presse.

Das neue Denkmalheft „Bausteine und Fundstücke“ ist jedenfalls ab jetzt im MKK, dem Stadtarchiv und der Dortmunder Denkmalbehörde erhältlich.

Die erstaunliche Aktualität von Shakespeares Hamlet

Als Koproduktion mit dem Theater im Depot, der studiobühneköln und dem Rottstr5 Theater Bochum hat sich das freie Theaterkollektiv „Sir Gabriel Trafique (früher Sir Gabriel Dellmann)“ William Shakespeares „Hamlet“ als Vorlage für ihre sechste Produktion im Depot vorgenommen. Sir Gabriel Trafique wurde 2012 unter dem Label Sir Gabriel Dellmann gegründet. Ohne Stefanie Dellmann wurde eine Namensänderung notwendig. Geleitet wird das Theaterkollektiv von Schauspieler und Regisseur Björn Gabriel und Anna Marienfeld. In wechselnden Konstellationen stoßen jeweils SchauspielerInnen und VideokünstlerInnen zur Gruppe.

Unter der Regie von Gabriel entwickelt sich „Hamlet – Ein multimedialer Parcours nach Shakespeare“. Premiere ist Freitag, der 20. Oktober 2017 um 20:00 Uhr im Theater im Depot.

Wie der Regisseur verriet, erstaunt ihn immer wieder, wie viel Fundament und Aktualität in „Hamlet“ steckt. Heute, wo die humanistischen Säulen unserer Gesellschaft oft mit den Füßen getreten werden. Das Drama steht im Zentrum, weil es auf heute passt. „Die Codes gehen von den Schauspielern aus“, so Gabriel.

Dazu gibt es viele Zitate bei Hamlet wie zum Beispiel „Es ist etwas faul im Staate Dänemark“. Die Welt scheint aus den Fugen geraten, und wie Hamlet suchen wir nach einem moralischen Kompass für unser Leben.

Schwer gemacht wird uns das in der digitalisierten Welt mit seiner Bilderflut, „Fakenews“ und demagogischen Einflüsterern, die uns überfordern. Wie können wir moralisch verantwortlich Leben?

Drei Hamlets suchen nach einem würdevoll Sein oder Nichtsein und finden Orientierung an Shakespeares Klassiker. Unter Anleitung eines digitalen Orientierungssystems wagen sie dabei ein Experiment über das Mensch-Sein.

Gleich drei Hamlets erkunden die unterschiedlichen Möglichkeiten. (Foto: © Sabrina Richmann)
Gleich drei Hamlets erkunden die unterschiedlichen Möglichkeiten. (Foto: © Sabrina Richmann)

Drei SchauspielerInnen on Stage, drei SchauspielerInnen aus der Konserve (darunter Produzentin Anna Marienfeld), ein Live-Videokünstlerin, zwei Livekameras, über hundert Presents und unendliche Produktionsflächen kreieren einen Live-Film, popkulturelle Verführungsmethoden und schaffen immer neue virtuelle Welten. Diese zerfallen durch Offenlegung ihrer Mittel in ihrem Innersten.

Für den musikalischen Soundtrack sorgt die Gruppe AniYo Kore (Melody & Rene).

Sie unterlegen und begleiten das Geschehen atmosphärisch.

Die Vorstellung wird zwei Stunden nicht überschreiten.

Termine für weiter Aufführungen: 21.10.2017/ 09.11.2017/ 10.11.2017 jeweils um 20:00 Uhr im Theater im Depot, Immermannstr. 29, 44147 Dortmund.

Karten: ticket@theaterimdepot.de und an allen bekannten VVK-Stellen.

Landschaftsbilder von Marlies Blauth im Kunstbonbon

Das Kunstbonbon in der Chemnitzer Straße zeigt vom 21.10.2017 bis 18.11.2017 die Ausstellung „Nicht nur Grün“ mit Landschaftsbildern der in Dortmund geborenen Künstlerin Marlies Blauth. Sie hat nicht nur das Talent, sich in malerisch auszudrücken, sondern zudem ist fähig, mit ihrer Lyrik Bilder vor unseren Augen entstehen zu lassen. Egal, ob sie sich an Geräusche, Gerüche oder Gegenden erinnert. Blauth lässt die Menschen mit ihrer eigenen Bildsprache daran teilhaben.

Die Farbe grün spielt bei ihren Landschaftsbildern zwar eine Rolle, steht aber nicht im Vordergrund. Es ist, wie sie sagt, eher ein „Hauch von Grün“, der über ihren Landschaften liegt. Sie mischt das Grün oft mit anderen Farben, damit es nicht dominiert und zu flächig wirkt. Der Eindruck der Räumlichkeit ist der Künstlerin wichtig.

Ihre Bilder lassen die Betrachter die Landschaften scheinbar wie durch Schlieren bei einem fahrenden Zugfenster sehen. Als Halt für die Augen bietet sie oft einen Horizont an, der die Betrachtung ein wenig lenkt.

Beispiel einer Arbeit von Marlies Blauth - zu sehen im Kunstbonbon. (Foto: © Marlies Blauth)
Beispiel einer Arbeit von Marlies Blauth – zu sehen im Kunstbonbon. (Foto: © Marlies Blauth)

Die Vernissage ist am Samstag, den 21.10.2017 um 15:00 Uhr im Kunstbonbon, Chemnitzer Str. 11. Die Künstlerin ist anwesend und wird außerdem ihren neuesten Lyrikband „Dornröschenhaus“ vorstellen.

Öffnungszeiten : di 13-18, fr 15-20 und sa 12-15 Uhr

Der Eintritt ist wie immer frei.

Erstes Philharmonische Konzert 17/18 – Himmelwärts mit Strauss und Mahler

Die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von GMD Gabriel Feltz schickte ihr Publikum beim 1. Philharmonischen Konzert (10.10. und 11.10.2017) im hiesigen Konzerthaus mit Werken von Richard Strauss (1864-1949) und Gustav Mahler (1860-1911) mit viel Sensibilität musikalisch „himmel_wärts“. Die dargebotenen Werke stehen zeitlich im Spannungsfeld zwischen Spätromantik und Moderne.

Auf dem Programm stand zunächst die Tondichtung für großes Orchester op. 24 „Tod und Verklärung“ von Richard Strauss. Nach seiner erfolgreichen Tondichtung „Don Juan“ widmete sich Strauss hier der Thematik „Sterben und Erlösung“.

Der Rückblicken auf Leben und Ideale, Schmerzen und erschöpfte Schafphasen bis hin zu Tod und Erlösung werden vertont und dem Publikum emotional vermittelt.

Nach Strauss verlässt die „Seele in der Todesstunde den Körper, um im ewigen Weltraum das vollendet, in herrlichster Gestalt zu finden, was es hienieden nicht erfüllen konnte.“

Das einsätzige Werk beginnt langsam und schleppend, mit einen von Geigen, Bratschen und Pauke eingeleiteten Largo. Es folgt ein von Streichern und Holzbläsern vorangetriebenes und steigert sich final hin zum aufgewühlten Allegro molto agitato und dem erlösenden Moderato (Musik der Verklärung)

Nach der Pause folgte Gustav Mahlers 4. Sinfonie G-Dur (1900),

Diese ist (wie seine beiden Vorgänger) von den romantischen Gedichten Clemens Brentanos und Achim von Arnim aus dem 19. Jahrhundert („Des Knaben Wunderhorn“) beeinflusst. Im finalen vierten Satz vertont der Komponist daraus „Wir genießen die himmlischen Freuden.“

Mit Richard Strauss und Gustav Mahler eröffneten die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Gabriel Feltz die Konzertsaison. (Foto: © Anneliese Schürer)
Mit Richard Strauss und Gustav Mahler eröffneten die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Gabriel Feltz die Konzertsaison. (Foto: © Anneliese Schürer)

Die Sinfonie ist, bis auf das Sopransolo (Schlusssatz) und den teils unerwarteter Tonarten, eher klassisch und traditionell strukturiert und ihr fehlt der starke Pathos. Die Streicher sind gegenüber den Holzbläsern im Vordergrund, und verschiedene Solo-Instrumente konnten öfter ihr können zeigen.

Der eher bedächtige erste Satz wird mit Schellen im Hintergrund eröffnet. Die scheinbare Heiterkeit der simpel anmutender Themen des Satzes werden von Mahler im weiteren Verlauf immer wieder durch Schellen gebrochen und verfremdet Diese „Verfremdung im zweiten Satz, einem grotesk-komischen Scherzo, weiter getrieben.

Eine Geige spielt zur Irritation eine ganze Tonart höher. Bezeichnend ist der Wechsel von komisch-skurril und geheimnisvoll-mystisch.

Damit setzt der Komponist dem naiven „kindlichen Glauben“ musikalisch etwas entgegen.

Der langsame und romantische dritte Satz ist ein kurzer Bruch in eine andere Welt, bis er fulminant in E-Dur endet.

Der Zwiespalt des „Himmlischen Leben“ wird mit der Vertonung von „Wir genießen die himmlischen Freuden“ (Des Knaben Wunderhorn) und den vorantreibenden, verfremdenden musikalischen Zwischenspielen. Die Sopranistin Jeannette Wernicke übernahm diesen Gesangspart mit professioneller Souveränität.

Margarita Feinstein – Chopin und jüdische Komponistinnen

Klavier & Flügel Maiwald hat am Samstag, den 07.10.2017 in Kooperation mit den Theater- und Konzertfreunden Dortmund zum zweiten Mal ein Foyer-Konzert organisiert. Mit der in der Ukraine geborenen und in Kamen lebenden Pianistin Margarita Feinstein luden sie unter dem Motto „Musikalische Blumen, die das Herz berühren“ zu einem Klavier-Nachmittag in das Dortmunder Konzerthaus ein.

Das zweigeteilte Programm bot auch viel Klavierklänge voll starker Emotionalität und Sensibilität.

Der erste Teil war ganz dem Komponisten und Pianisten Frédéric Chopin (1810 – 1849) und seiner emotionalen Kompositionen, die dem Klavier so eine Fülle von verschiedenen musikalische Stimmungen entlocken kann.

Die Klavierstücke verdeutlichten die Bandbreite der Emotionen, die Chopin zu entfalten vermochte. Die Pianistin spielte die romantisch- melancholische Melodien der Etüde: Nr. 1 op. 10 C-Dur, Preludes: Nr. 18 c-moll, Nr. 22 g-moll, Nr. 7 A-Dur, oder beispielsweise auch das temperamentvoll-aufwühlende Scherzo h-moll Op. 20 mit Sensibilität und gleichwohl kraftvoller Intensität.

Margarita Feinstein präsentierte ein außergewöhnliches Programm. (Foto: © Gerhard Stranz)
Margarita Feinstein präsentierte ein außergewöhnliches Programm. (Foto: © Gerhard Stranz)

Nach der Pause spielte Feinstein Werke von sechs nicht so bekannten , aber äußerst interessanten Komponistinnen. Deren musikalische Zeitspanne reicht von der Vorromantik bis heute. Bemerkenswert dabei ist, dass es sich nicht nur um weibliche, sondern auch um jüdische Komponistinnen handelt. Diese mussten damal entweder aus Nazi-Deutschland flüchten, oder sind deren Nachfahren.

Ihre Musik ist einerseits von ihrer europäischen Tradition und tiefer Emotionalität, andererseits einer gelungenen Mischung aus traditioneller und zeitgenössischer Technik geprägt.

Bei Maria Szyimanowska (1789 – 1831) sind Einflüsse von Chopin zu erkennen. Zeitgenössische Technik und Einflüsse aus Japan prägen Tsippi Fleischer (geb. 1946) und Jekaterina Tschemberdschi (geb. 1960). Besonders rasant und mitreißend waren die beiden letzten Kompositionen von Ludmilla Dzulieva und Ludmila Zhbinskayas.

Die hervorragende Pianistin verdeutlichte dem Publikum eindrucksvoll: Frauen können sehr wohl innovative und starke Komponistinnen sein!

XXS – zwei Festivals in einem

Das Dortmunder Kurzfilmfestival XXS feierte 2017 einige neue Premieren. Zunächst wurde mit dem Opernhaus ein neuer Ort gewählt, zum anderen wurde das Corporate Film Festival zum ersten Mal durchgeführt. Ars tremonia war am 07.10. 2017 auf beiden Festivals dabei.

Große Bühne für kurze Filme. Das Opernhaus öffnete seine Pforten und verwandelte sich in ein Festivalzentrum. Im Operntreff fand ab 15 Uhr zum ersten Mal das „Corporate Film Festival“ statt. 10 Unternehmensfilme buhlten um den Preis der Jury. Spannend zu sehen wie unterschiedlich Unternehmen an die Sache herangingen. Von Selbstironie über kurze emotionale Bilder bis hin zu langatmigen „wer wir sind“-Videos. Dem Rezensenten haben die selbstironischen Beiträge (wie beispielsweise von der Berliner Verkehrsgesellschaft) an besten gefallen und anscheinend der Jury auch. Denn „Entdecke die Zeichen“, der Zeitschrift „Unsere Kirche“ spielt mit religiösen Bildern, die vermutlich selbst Athetisten im Kopf haben wie beispielsweise das berühmte Bild vom letzten Abendmahl.

Neuer Spielort - neue Formate: das XXS Kurzfilmfestival präsentiert sich im Dortmunder Opernhaus. (v.l.n.r. Thomas Steffen (DSW21), Annabell Cuvellier (XXS-Veranstaltungsteam), Melissa Tielesch und Tamara Best (Bildrausch e.V.), Ralf Dreisewerd (Kuratorium), Inez Koestel (WAM), Tobias Ehinger (Ballettmanager) und Daniel Poznanski (Kuratorium).
Neuer Spielort – neue Formate: das XXS Kurzfilmfestival präsentiert sich im Dortmunder Opernhaus. (v.l.n.r. Thomas Steffen (DSW21), Annabell Cuvellier (XXS-Veranstaltungsteam), Melissa Tielesch und Tamara Best (Bildrausch e.V.), Ralf Dreisewerd (Kuratorium), Inez Koestel (WAM), Tobias Ehinger (Ballettmanager) und Daniel Poznanski (Kuratorium).

Bei den vier Studentenbeiträgen siegte ostwestfälischer Humor mit dem Beitrag „Der Sprung vom Tellerrand“ der Hochschule OWL.

Um 19 Uhr wurde es Zeit für die 15 Wettbewerbsfilme des Abends. Aus 400 eingesendeten Beiträgen suchten die Kuratorinnen und Kuratoren 15 Beiträge für die Abendveranstaltung aus. Und fast alles Genre waren vertreten: Drama, Humor, Animation zwischen 2 Minuten und 19 Minuten.

Natürlich gab es auch Preise bei XXS: Drei Jurypreise und den Publikumspreis. Die Jury bestand aus Peggy Lukac, Marcel Glauche, Sascha Biskley, Anna Fischer und Yvonne Pferrer.

Den dritten Platz belegte das Drama um Hausgewalt „112-Pizza“. Der belgisch-französische Film variiert die Geschichte, dass eine Frau den Notruf anwählt, aber den Notruf als Pizzabestellung tarnen muss, da ihr gewalttätiger Mann in der Nähe ist.

Platz 2 ging an „Le plombier“. Auch wieder eine belgisch-französische Produktion. Hier dreht sich alles um das Leben im Milieu der Synchronisation von Pornofilmen. Ein sehr schöner Film mit guten Schauspielern.

Gewinner der Jury war aber „Un Etat d‘urgent“, der sich mit dem Thema Angst nach Terroranschlägen beschäftigt. Der deutsche Film spielt in einer französischen Stadt kurz nach den Terroranschlägen in Paris, zwei Soldaten entdecken auf der Patrouille einen herrenlosen Rollkoffer. Plötzlich wird aus einem eigentlich harmlosen Gegenstand eine Bedrohung.

Das Publikum entschied sich dieses Jahr für den Film „Princess“. Der deutsche Film erzählt die Geschichte des 11-jährigen Ole, der zwischen seiner Männlichkeit und seiner Weichheit hin- und hergerissen ist. Als ihn Mitschülerin Davie erwischt, wie er ein Prinzessinenkleid an hat, überredet sie ihn, ihr bei einem Karaoke-Wettbewerb zu helfen.

Moderiert wurde die Abendveranstaltung von Robert Schell und Alina Höngen, zwei Studierende der WAM.

Blaues Rauschen: Neue Plattform für experimentelle Musik

Seit Jahren hat sich das Archiv für populäre Musik die Bewahrung der Pop-Kultur auf die Fahnen geschrieben. Neben dem Archiv finden als Erweiterung, so Hans Schreiber (Archiv), Veranstaltungen im Bereich Avantgarde, Jazz, Pop und experimentelle Musik in den Räumen vom Schloss Eving statt. Mit der thematischen Vorgabe „wie verändert Technik unser kreatives Handeln“ wurde unter dem Titel „Blaues Rauschen“ (einem Begriff aus der Akustik) in Kooperation mit den Dortmunder Kulturbetrieben, den Städten Essen und Herne sowie dem Regionalverband Ruhrgebiet ein neues Festival-Format für experimentelle Musik entwickelt.

In der Zeit vom 06.10.2017 bis 14.10.2017 kann das interessierte Publikum als Zeichen der überregionalen Kulturpolitik an speziellen Orten in den Städten Herne (6./7./8. Oktober 2017), Essen (12. Oktober 2017) und Dortmund (14. Oktober 2017) diese neuen Musik-Events erleben. Das Angebot reicht von Electronica, Klangkunst, Postdigitalia, Field Recordings, Performance bis hin zu Maschinen-Folk. Alte Tonbänder, Kassetten werden mit moderner digitaler Technik in neue Verbindungen gebracht und zu besonderen, ganz eigenen Klangerlebnissen transformiert.

Dortmund hat einen passenden Ort in drei Räumlichkeiten des Schlosses Eving gefunden. Als früherer Wohlfahrtsort für die Arbeiter der Zeche Minister Stein, repräsentiert es ein Stück weit die „alte und vergangene Kohle- und Bergbau-Zeit“. Das Sterben der Zechen und der folgende Strukturwandel , treffen hier Sinnbildlich mit der alten „analogen“ und die sich rasant entwickelnde modernen „digitalen“ Welt aufeinander. Jeder Act hat ungefähr dreißig Minuten Zeit für seine Performance.

Heimspiel im Schloss Eving für Marsen Jules am 14. Oktober beim Festival "Blaues Rauschen". (Foto: © Marsen Jules)
Heimspiel im Schloss Eving für Marsen Jules am 14. Oktober beim Festival „Blaues Rauschen“. (Foto: © Marsen Jules)

Beim Konzert in Dortmund gibt es gleich drei Premieren. Genutzt wurden Kontakte aus dem Jahr 2010, als neben dem Ruhrgebiet auch die Stadt Pécs in Ungarn Kulturhauptstadt war. So tritt am 14.10.2017 auch Balázs Kovács (Ungarn) mit seiner live-Performance auf. Er arbeitet mit in seinen Geräuschexperimenten mit analogen Effekten und nutzt das Mischpult als Musikinstrument.

Neben ihm treten das Duo BLOORT (GER) mit „Reflect your Future“ auf. Bei dieser analog/digitale Performance zum Ende des Steinkohlebergbaus im Ruhrgebiet arbeiten die Künstler Karl-Heinz Blomann und Richard Ortmann mit historischen Orginalaufnahmen aus der Zeit des Bergbaus sowie digitale erzeugten Klängen. Tonbandgerät versus Laptop.

Gespannt sein darf man auf Marsen Jules (GER) mit „Glast“. Der Dortmunder Musiker Martin Juhls (bürgerlicher Name) nutzt per Mikrofon eingefangene Stimmsignale, Saitenklänge und auch die Stille. Er verfremdet sie hin zu einer neuen Ambient-Drone-Klangskulptur.

Außerdem ist die aus Vietnam stammende Künstlerin Namia Leigh mit ihrer speziellen Lichtmusik an diesem Abend dabei.

Die Zusammenarbeit der drei Städte soll erst der Anfang für das Festival „Blaues Rauschen“ sein. Angedacht sind, so die Organisatoren (open systems e.V.), Kooperationen mit ehemaligen Bergbau-Städten in Europa.

Nähere Informationen über Preise, Orte und Uhrzeiten in den jeweiligen Städten unter www.blauesrauschen.de

Für Kurzentschlossene: Für das Eröffnungskonzert von „Blaues Rauschen“ am 06. Oktober in den Flottmann-Hallen in Herne ist der Eintritt frei. Um 10 Uhr werden die Ergebnisse des Workshops „dis.GUI.sed“ vorgestellt, um 19 Uhr findet ein Join-In-Konzert mit der Gruppe „Native Instruments“ statt.

Ballettgala: Tanz als Zeichen für Verlangen

Wenn man sich die 16 Choreografien bei der 26. Ballettgala am 30. September und 01. Oktober nochmals in Erinnerung ruft, stehen viel im Spannungsfeld zwischen Mann und Frau. Kriegt er sie oder lässt sie ihn stehen? Bei den klassischen Choreografien sieht es meist gut aus, beim modernen Tanz ist das Ergebnis nicht so eindeutig. Dabei stachen an den beiden Tagen die Herren-Duos mit ihrer kunstvollen synchronen Bewegungen heraus.

Die Mischung macht‘s. Verschiedene Tanzstile, verschiedene Gaststars: Am erfolgreichen Rezept musste Ballettdirektor Xin Peng Wang nicht viel ändern, um die Ballettgala zu einem erneuten Erfolg zu machen.

Das Ensemble des Dortmunder Balletts begann und schloss den Abend mit Stücken aus dem Programm „Kontraste“. Zu Beginn präsentiert das Ensemble „Rain Dogs“ und beendete den Abend mit „Unitext“ und seiner sehr industrial-lastigen Musik. Dazwischen wurde mit „Hora“ auch der dritte Teil von „Kontraste“ präsentiert.

Auch unsere ständigen Gastsolisten Lucia Lacarra und Marlon Dino präsentierten im Stück „Penumbra“ nach der neoklasssichen Choreografie von Remi Wörtmeyer ihre feinfühlige Interpretation.

Dieses Mal tanzten Marlon Dino und Lucia Lacarra nicht die Kameliendame, sondern faszinierten mit dem Stück "Penumbra". (Foto: ©Charles Tandy)
Dieses Mal tanzten Marlon Dino und Lucia Lacarra nicht die Kameliendame, sondern faszinierten mit dem Stück „Penumbra“. (Foto: ©Charles Tandy)

Wer an Ballett denke, hat immer die Bilder des klassischen Balletts vor Augen. „Schwanensee“ und andere. „Schwanensee“ gab es dieses mal nicht, aber die Freunde absoluter Körperbeherrschung kamen auf ihre Kosten. Ganz besonders bejubelt wurde das japanische Paar Ayako Ono und Yudai Fukuoka, die bei „Sylvia“ und „Dornröschen“ ihr Können unter Beweis stellen.

Große Klassik war bereits vorher zu sehen bei „Gisele“, getanzt von Jurgita Dronina und Isaac Hernández (National Ballet of Canada/English National Ballet). Die beiden tanzten auch das langsame und sehr intensive neo-klassische Stück „Two pieces for Het“.

Sehr stark war das berührende Solo „Ssss“ nach der Choreografie von Edward Clug. Getanzt wurde es von Marijn Rademacher, der nach langer Verletzung endlich wieder auf der Bühne stehen konnte. Zu den Höhepunkten des Abends gehörten – wie schon erwähnt – die Herren-Duos. „Matching Thoughts“ und „Continuo“ wurden getanzt von Iker Murilo und Vitali Safronkine. Das dritte Stück „Two and only“ präsentierten Marijn Rademacher und Timothy van Poucke.

Aber nicht nur die Choreografien waren abwechslungsreich, sondern auch die Musik. Von einem Madrigal von Monteverdi über Chopin, Tschaikowsky bis hin zu Tom Waits und Indutrialklängen am Schluss reichte die Bandbreite. Wie gewohnt führte Kammersänger Hannes Brock mit seinem Humor durch das Programm.

Ein König zu viel auf der Insel

Das Stück „Ein König zu viel“ (ab 4 Jahren, nach einer Idee von Gertrud Pigor) hatte am Freitag, den 29. September 2017 unter der Regie von Peter Kirschke Premiere im Kinder-und Jugendtheater Dortmund.

Die Geschichte um die Könige Karl und Fritz, die zufällig beide auf einer kleinen Insel stranden und darüber lamentieren, wer der „einzig wahre König“, bietet Zündstoff für Konflikte und komische Situationen. Nach verschiedenen Wettkämpfen, darunter ein Fechtkampf und „Stein, Schere, Papier“ ist immer noch kein Sieger ermittelt Beide neutralisieren und beäugen sich irgendwie. Nach einem Kampf passiert etwas unerwartetes und die Könige müssen sich irgend wie zusammen raufen…

Es war ein gute Idee des Regisseurs, die Rollen der Könige mit zwei Schauspielerinnen zu besetzen. Man merkte Bianka Lammert (König Karl) und Johanna Weißert (König Fritz) ihr Spielfreude als „Könige“ an. Herrschaftlich gekleidet und mit Schnauzbart und Perücke empfingen sie das Publikum huldvoll.

Mit Sprachwitz und Gefühl für komische Situationen brachten sie die kleinen und großen ZuschauerInnen zum Lachen. Da in dieser Inszenierung viel mit Geräuschen und musikalischen Untermalungen zur Darstellung von Situationen gearbeitet wurde, war von den beiden Schauspielerinnen ein gutes Timing gefordert.

Bereits zum Faustkampf König Fritz (Johanna Weißert) und König Karl (Bianka Lammert). Foto: © Birgit Hupfeld.
Bereits zum Faustkampf König Fritz (Johanna Weißert) und König Karl (Bianka Lammert). Foto: © Birgit Hupfeld.

Die hintersinnige, selbstironische Situationskomik kam durch das witzige Spiel der beiden Frauen in Männerkleidung besonders zur Geltung. Anleihen an die gute alte Zeit der Stummfilmkomödie brachten nicht nur die Kinder im Publikum zum Lachen. Die Aufführung und die Schauspielerinnen hatten ihre größten Stärken im nonverbalen Bereich der Gesten und Blicke.An körperlichen Anstrengungen wurde ihnen einiges abverlangt.

Da Könige alles machen lassen, vom Kochen, Putzen bis zum Kämpfen, müssen diese erst lernen, in ihrer Situation zurecht zu kommen.

Eine kluge Geschichte um Hierarchien und notwendige Zusammenarbeit.

Mehr Informationen und Termine finden Sie wie immer unter www.theaterdo.de.