Dennemanns Mixtape

Diejenigen, die die Programme von Rolf Dennemann, dem Kopf von artscenico, bereits länger verfolgen, werden bei seinem neuen Programm „Rosinenblues II“ einige bekannte Geschichten wiederentdecken. Doch Dennemann schafft es, die Texte so vorzutragen, dass sie auch beim zweiten Mal noch spannend und interessant klingen. Dabei halfen ihm die Musiker Thomas Erkelenz und Gregor Hengesbach. Ein Bericht vom 08.07.2017 aus dem Theater im Depot.

Dennmann mixt beim „Rosinenblues II“ Texte aus seinem ersten Rosinenblues-Programm aus dem Jahre 2014 mit seinen Krankenhaus-Geschichten „Unterwegs mit seinem Körper“ von 2015. Auch das Setting ist wie beim ersten „Rosinenblues“: Dennemann erzählt, Erkelenz und Hengesbach spielen dazu, machen Geräusche, die nach Weltmusik oder „Ethno“ klingen und gut zu den ab und an ins surreale abdriftenden Geschichten passen.

Gut ist Dennemann immer, wenn er als akribischer Beobachter die Realität beschreibt und die ist manchmal skurriler als mancher Traum. Denn er bekommt nach eigener Aussage Albträume,wenn er Rosinenbrot mit Käse isst. Daher der Titel.

Mit der lakonischen Gelassenheit eines Ruhrgebietlers beschreibt er die Erlebnisse als Alleinreisender im Restaurant oder den Tag in einem Krankenhaus. Seine gesprochene und gesungene Hommage an seine Geburtsstadt Gelsenkirchen darf natürlich nicht fehlen. Bei Dennemann wird Gelsenkirchen zu „Gelsenkirky“.

Was bleibt vom „Rosinenblues II“? Die, die Dennemann schon länger kennen, würden sich sicher über mehr neue Geschichten freuen, für alle die es noch nicht kennen: Es lohnt sich.

Natur-gewaltiges Musikerlebnis im Konzerthaus

Einen imposanten Abschluss der Spielzeit 2016/2017 bot die Dortmunder Philharmoniker unter der engagierten Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz unter dem Motto „natur_erlebnis“ beim 10. Philharmonischen Konzert am 04. und 05. Juli 2017 mit der 3. Sinfonie d-Moll von Gustav Mahler (1860-1911) im Konzerthaus der Stadt. Das gigantische Werk versucht nicht nur einen musikalischen Abriss der menschlichen Entwicklungsgeschichte, sondern bemüht dazu neben einer großen Orchestrierung auch noch einen Frauen- und einen Knabenchor, sonder auch noch Solo-Partien für Mezzopsopran mit Textausschnitten aus Friedrich Nietzsches „Also sprach Zarathustra“ (4. Satz: Oh Mensch! Gib Acht!) und aus „Des Knaben Wunderhorn“ von Achim von Arnim und Clemens Brentano (5. Satz: „Es sungen drei Engel“). Das zeigt schon einen starken Drang Mahlers zum Gigantischen.

Die Damen des Dortmunder Opernchors (Einstudierung: Manuel Pujol), Damen des Kammerchors der TU Dortmund (Einstudierung: Ulrich Lindtner) und der Knabenchor der Chorakademie Dortmund (Einstudierung: Jost Salm) sowie die Mezzosopranistin Janina Baechle übernahmen an den Abenden tatkräftig den unterstützenden Part.

Das höchst anspruchsvolle Programm zeichnet sich durch teils schroffe Nebeneinander von höchst unterschiedlichen musikalischer Elemente. Diese Collagetechnik mit melodisch-harmonischen Passagen, Brüchen und Dissonanzen bis hin zu extremen musikalischen Überhöhungen entspricht den sechs Stufen der Entwicklung. Diese gehen über die Materie, Flora und Fauna, Menschen mit Lust und Leid, bis hin zur Apotheose im „Himmel“. Als höchste Stufe der Entwicklung in den Sätzen vier bis sechs kumuliert sie für Mahler am Ende in der allumfassenden und unendlichen Liebe („Gott“) .

Die Sinfonie ist in zwei Abteilungen aufgeteilt. Der erste Satz alleine umfasst schon die erste Abteilung. Er beginnt mit einem starken Weckruf durch gleich acht Hörner und kann als zündender Funke, der die Dinge in Gang setzt, gesehen werden. Als Gegenwelt zur beherrschenden Materie meldet sich die Natur mit Hilfe der Streicher, Oboen und Trompetenklängen. Sie wirkt aber nur kurz und ziellos, auch wenn sie sich endlich zu einem schnellen Marsch mit gewaltigem Getöse entwickelt, dass am Ende ins Leere läuft.

Die zweite Abteilung mit den Sätzen zwei bis sechs zeichnen ein Bild von scheinbar harmonischen blühender Landschaften mit Flora Und Flaura, deren scheinbare „Idylle“ (unterstützt durch Glockenspiel und Harfen) aber immer wieder durch musikalische Dissonanzen gestört wird. Der fünfte Satz kommt zunächst etwas naiv und mit dem „Armer Kinder Bettlerlied“ (Wunderhorn) daher, wird aber am Ende mit dem Mezzosopran-Solo „Es sungen drei Engel“ ernster.

Im letzten Satz steigert sich die Musik zu einem grandiosen und leidenschaftlichem Finale.

Begegnungskunst im Depot

Als neue Theaterproduktion des Theater im Depot Dortmund im Rahmen der KUNST DER BEGEGNUNG nach „Schau mich an“ (2016) geht die Folgeproduktion „Sprich mit mir – Eine Recherche nach Geschichten aus der Nordstadt“ einen Schritt weiter. Stand im letzten Jahr der Erstkontakt und Beachtung der noch fremden Person im Mittelpunkt, geht es jetzt um die Kommunikation miteinander. Als wichtige Grundlage für ein gesellschaftliche soziales Zusammenleben ist Kommunikation und die Bereitschaft zur offenen Begegnung von existenzieller Bedeutung. Geschichten werden erzählt und es geht um das gegenseitige Zuhören. Das performative Bühnengeschehen steht auf drei Säulen. Der Dialog zwischen den Personen, die erlebten Geschichte von uns oder von anderen, sowie lebendige Bewegungsbilder.

Die Bühne wird zu einer Art Versammlungsstätte, einem öffentlich erlebbaren Live-Ort, der unterschiedlichsten Menschen mit ihrem großen Spektrum an erzählten Geschichten wie in einem Mikrokosmos zusammenführt.

Mit dabei sind einerseits das Ensemble aus Menschen in der Nordstadt, die schon bei der ersten Phase bei der Begegnungskunst teilgenommen haben, sowie neu Hinzugekommende (und noch Hinzukommenden). Es sind Geschichte aus der urbanen Lebensrealität mit ganz persönlichen Erzählungen aus der Vergangenheit, die ihre dunklen Schatten bis in die Gegenwart werfen. Ein kleines direkt erfahrbares Abbild „Wir: Du und Ich, Hier und Jetzt“ des großen Kontextes „Wir: Gesellschaft, Menschheit“-Geschehen. So sollen die Szenen zum Kaleidoskop der Wirklichkeit werden.

Die Premiere der Theaterproduktion „Sprich mit mir – Eine Recherche nach Geschichten der Nordstadt“ unter der Regie von André Wülfing ist am Donnerstag, den 13. Juli 2017 um 20:00 Uhr im Theater im Depot.

Am Freitag, den 14. Juli 2017 um 20:00 Uhr ist ein weiterer Aufführungstermin.

Kartenreservierungen (AK9: Theater im Depot: 0231/ 98 22 336 (AB) oder ticket@theaterimdepot.de .

Rosinenblues: Die Fortsetzung folgt

[fruitful_alert type=“alert-success“]Rolf Dennemann (links) und seine Mitstreiter Gregor Hengesbach und Thomas Erkelenz. (Foto: © Theater im Depot)[/fruitful_alert]

Die erfolgreiche Text und Musik-Performance „Rosinenblues I“ von Rolf Dennemann aus dem Jahr 2014 mit Unterstützung der beiden Blues-Musikern Thomas Erkelenz und Gregor Hengesbach findet mit „Rosinenblues II“ am Samstag, den 08.07.2017 um 20 Uhr im Dortmunder Depot seine Fortsetzung.

Aus der umfangreichen Textsammlung, die sich aus seiner guten Beobachtungsgabe, Selbsterfahrung und Alltagserlebnissen speist, liest Dennemann nicht nur vor. Er „bearbeitet“ sie für die Bühne mit seiner Stimme und mit dem Mittel der Mimik und Gestik. „Meine Stimme ist der Hauptakteur“, sagt Dennemann. Je nachdem, wie er sie benutzt, ob laut oder leise, wie Pausen eingesetzt werden, spielt eine wesentliche Rolle.

Durch inspirierenden Humor und Übertreibung zum Ende hin macht er seine Lese-Performance zu einem besonderen Erlebnis. Das Publikum kann sich in den erzählten Situationen, wie beispielsweise alleine Essen gehen in einem Restaurant oder ein Erlebnisse bei einem Zahnarztbesuch, hinein versetzen und oft wiederfinden.

Die beiden Blues-Musiker sind wieder in das Gesamtkonzept eingebunden und ein wesentlicher Bestandteil mit wichtigen Funktionen.

Wir haben mit unseren verschiedenen Instrumenten zum einen eine atmosphärisch aus-gestaltende Funktion für den Text, aber auch als Intermezzo zwischen den Textpassagen“, erklärte der neben Akustik- und Elektrogitarre auch auf den Bongos aktive Gregor Hengesbach.

Als neuer Posten kommt die Kategorie „Pop-Song“ hinzu. Es wird einen Mischung aus Blues, Balkan-Pop und Sprechgesang zu hören sein. Beteiligt ist hierbei Rolf Dennemann mit einem Sprechgesang. (Titel „Kann sein“). Er versucht sich außerdem als „Rohr-Musiker“. Lassen Sie sich überraschen!

Neben dem Termin der Dortmunder Premiere am 08.07.2017 um 20:00 findet im Juni auch noch eine Aufführung am 09.7.2017 um 18:00 Uhr im Depot statt.

Karten hierfür erhalten Sie unter der Telefonnummer: 0231/ 9822336.

Künstlerischer Blick hinter die Fassade

[fruitful_alert type=“alert-success“]Susanne Beringer ist fasziniert von der Weitsicht. [/fruitful_alert]

In der Artothek der Dortmunder Zentralbibliothek stellt die Künstlerin und Diplom-Sozialarbeiterin Susanne Beringer (Jahrgang 1965) vom 30.06.2017 bis zum 11.08.2017 sechzehn größere und ein paar kleinere Arbeiten. Es handelt sich dabei hauptsächlich um Acryl- und Ölbilder aber auch Drucke und Radierungen. Was ihr wichtig ist, sind die „Weitsichten“, die in unseren Großstädten schwer zu finden sind. Ihre Werke sind in Landschaftsbilder und sensible Potraits von Menschen in Großformat aufgeteilt. Bei den Naturaufnahmen ist ihr wichtig, wie sie sagt, Kontraste herauszuarbeiten und hinter die Fassaden der zu zeichnenden Motive zu blicken.

Das Atmosphärische herauszuarbeiten und nicht das Sichtbare ist dabei wesentlicher Bedeutung. Inspiration bekommt sie durch ihre vielen Reisen, die sie bis nach Spanien oder sogar Vietnam geführt haben. Die spezielle Atmosphäre und Stimmung dieser Landschaften versucht sie, durch Überschichtungen und Reduktion einzufangen. Das gelingt ihr sowohl mit unterschiedlichen Grautönen und hellen Lichtblicken bei einer weiten Meersicht an einem trüben Tag, wie auch bei den in blau-grün und Rottönen gehaltenen bunteren spanischen Ansichten.

Bei den menschlichen Portraits blickt sie mit ihren Bildern hinter die Fassade der jeweiligen Person. Es geht um Emotionen wie Freude , Schmerz, Nachdenklichkeit oder Traurigkeit, die in einen Bildern eingefangen werden.

Die Künstlerin kratzt mit ihren Werken sprichwörtlich an der sonst so glatten Fassade gestellter Fotografien, wie wir sie kennen. Das Wesentliche hinter der Oberfläche will sie erkennbar machen.

Ein ganz wesentlicher Bestandteil ihrer zeichnerischen und malerischen Arbeiten die Linie als Informations-, Erkundungs- oder Bewegungsspur.

Mehr zur Künstlerin erfahren Sie unter www.susanneberinger.de

Die Ausstellung ist dienstags und freitags zwischen 10 und 19 Uhr in der Artothek zu sehen.

Zwischen Lebenslust und Melancholie

[fruitful_alert type=“alert-success“]Jeder fragt sich, was erwartet einen am Ende des Lebens? Geht man mit erwartungsvoller Freude oder mit Angst? (Foto: © Seniorentanztheater)[/fruitful_alert]

Bei der Premiere von „KNOCKIN‘ ON HEAVEN‘S DOOR“ am 30.06.2017 im Ballettzentrum unter der Leitung von Barbara Huber und der Choreografie von Mark Hoskins zeigten die zweiundzwanzig Akteure (63 bis 81 Jahre alt) des Dortmunder Seniorentanztheaters nicht nur ihre körperliche Fitness, sondern bewiesen neben Humor vor allem Spaß an Tanz und Bewegung.
In einer zunehmend älter werdenden Gesellschaft setzen sie sich mit einem brisanten Thema auseinander, was uns alle betrifft. Was kommt nach dem irdischen Leben und wie geht man seinen Ängsten und Hoffnungen um? „Das kann doch nicht alles gewesen sein“, frei nach Wolf Biermann.
Auf der Bühne steht eine blaue „Himmelspforte“ und zweiundzwanzig nummerierte Stühle. Sie symbolisieren die Plätze, die Menschen in ihrem Leben einnehmen. An der Seite prangt ein Schild „No Exit“ (Kein Ausgang). Lothar Porschen, einer der Beteiligten, hat eine besondere Rolle. In einem weißen Anzug, ähnlich dem von Morgan Freeman in dem Kinofilm „Bruce allmächtig“ (2003), stellt er eine Art höheres Wesen oder „Gott“ dar. Dieser holt die Personen auf der Bühne nach und nach hinter die Himmelstür. Diese gehen mehr oder weniger freiwillig mit ihm mit. Sie schwanken alle zwischen verhohlener Neugierde auf das, was sie dahinter erwarten könnte und ihrer Lebenslust. Sie haben zumeist noch offene Lebensträume und verrückte Ideen, die sie verwirklichen möchten. Musikalisch drückt sich das besonders gut in dem „Highway to Hell“ (AC/DC) aus, den sie mit einer wunderbaren Choreografie zelebrieren.
Die gelungene Musikauswahl reicht von AC/DC (mit Hells Bells ein weiterer Klassiker) über Bob Dylan, Glenn Miller, Eddy Arnold, Queen, Sting bis hin zum Ende mit klassisch-sakralen Klängen der britischen Gesangsgruppe All Angels.
Die leisen melancholisch-nachdenklichen Momente wechselten sich mit starken Ausdrucksformen von Lebenslust und Freude ab. Stühle wurde dabei gehörig durch die Gegend bewegt und verrückt. Beim furiosem Ende singen alle zusammen den aus dem „Leben des Brian“ (Monty Python) bekannten Song von Eric Idle „Always look on the bright side of life“ (Karaoke).
Das zeigt, worum es geht: nämlich das Leben im hier und jetzt bewusst und bestmöglich zu gestalten.