Opulentes britisches Oratorium

[fruitful_alert type=“alert-success“]Die Chöre boten unter der Leitung von Granville Walker eine außergewöhnliche Leistung. (Foto: © Bülent Kirschbaum). [/fruitful_alert]

Auf dem Programm des Klangvokal Musikfestivals 2017 stand am Pfingstmontag das bei den Briten sehr beliebte Oratorium „The Dream of Gerontius“ (1900) von Edward Elgar (1857-1934) nach einem Text von John Henry Newman in der Dortmunder Reinoldikirche aufgeführt.

Der Komponist Elgar war in der kleinen Stadt Worcester (Westengland) als Katholik unter einer evangelischen Mehrheit aufgewachsen. Die geistliche Dichtung um Tod und Auferstehung des als Beispiel für „Jedermann“ zu verstehenden Gerontius (alter Mann) weckte seine künstlerisches Interesse. Die Vertonung eines solchen Textes konnte damals durchaus als mutig bezeichnet werden. In einem gewaltigen, von der Musik Richard Wagners beeinflussten opulenten und sehr emotionalen Oratorium, geht es um die Hoffnung auf die Unsterblichkeit der Seele, für den gläubige Elgar ein vertontes persönliches Vermächtnis. Er bezeichnete es selbst als „das Beste von mir“.

Das Oratorium ist musikalisch nicht nur sehr feierlich und in Teilen mystisch, sondern auch von einem starken religiösen Pathos geprägt. Ob eine Person das mag oder nicht, ist sicher auch eine Sache des Geschmacks oder der Mentalität.

Musikalisch ist „The Dream of Gerontius“ anspruchsvoll und beeindruckend. Die Dortmunder Philharmoniker wurde unter seinem britischen Dirigenten Granville Walker einfühlsam geführt und bot wie so oft eine großartige Leistung. Die Mitglieder des Philharmonischen Chor des Dortmunder Musikvereins und des Kammerchors Cantamus (Kirchengemeinde Sankt Josef Münster (Leitung Winfried Müller)) boten einen imposanten Rahmen im Hintergrund und glänzten durch ihren harmonischen Zusammenklang. Ob als Unterstützer im Hintergrund, Dämonen- oder als Engelschöre.

Außerdem waren mit dem australischen Tenor Brenden Gunnell (Gerontius), der schwedischen Mezzosopranistin Ann Hallenberg (The Angel) und den in Dortmund Opernkreisen bestens bekannten Karl-Heinz Lehner (Bass) als The Priest oder The Angel of Agony Sänger von großer Klasse aufgeboten worden.

Sie konnten der eher düsteren Stimmung im ersten Teil, wo es um das Sterben des Gerontius ging, und später die erhabene hoffnungsvoll-gewaltige Atmosphäre mit ihren starken Stmmen gut Ausdruck verleihen.




Chorabend aus den Tiefen der russischen Seele

[fruitful_alert type=“alert-success“]Große Sangeskunst aus dem Baltikum: Der Lettische Rundfunkchor. (Foto: © Bülent Kirschbaum)[/fruitful_alert]

Rachmaninoff stieß bei seinen Zeitgenossen auf geteiltes Echo. Die einen liebten ihn und seine spätromantische Musik, die anderen hielten es mehr mit moderneren Klangkünstlern wie Skrjabin. Doch wenn es darum geht, die Seele des russischen orthodoxen Liturgie in Noten zu setzen, war Rachmaninoff unbestritten die optimale Wahl. Am 04. Juni 2017 präsentierte der Chor des Lettischen Rundfunks unter der Leitung von Sigvards Kļava im Rahmen von „Klangvokal“ „Das große Abend- und Morgenlob“ (op.37) neben kleinen Stücken von skandinavischen und baltischen Komponisten.

„Das große Abend- und Morgenlob“ ist dem Lettischen Rundfunkorchester nicht ganz unbekannt, denn sie haben das Stück 2012 bereits auf CD eingespielt. Rachmaninoffs Kunst ist es, den gregorianischen Gesang mit dem slawischen Klang seiner Heimat zu verbinden. Heraus kamen 15 kleine Meisterwerke mit hohen gesanglichen Ansprüchen, die die Sängerinnen und Sänger famos bewältigten. Leise, schwermütige Klänge wie bei der „Seligpreisung“ wechselten sich mit fröhlichen, rhythmischen Stücken wie bei „Lobet den Namen des Herrn“.

Den Anfang machte Arvo Pärt, dessen kurzes „Virgencita“ mit seiner Klarheit und Einfachheit bestach. Doch danach folgten zwei außergewöhnliche Stücke. „Mouyayoum“ des Schwedischen Komponisten Anders Hillborg ist vielleicht mit dem Begriff Lautmalerei zu beschrieben. Bei dem zutiefst menschlichen Versuch, aus dem gesungenen etwas Verständliches zu interpretieren, wird der Zuhörer auf eine psychedelische Reise mitgenommen, falls er dazu bereit ist. Ein tolles Werk, ein absolutes Highlight.

Naturalistischer gab sich das Stück Mūsu māšu vārdi“ des lettischen Komponisten Pēteris Vasks. Sehr harmonisch geprägte Musik, die ihr nord-osteuropäisches Erbe nie verleugnet, prägt diese Arbeit. Das Vogelgezwitscher an Ende ist ein witziger Einfall von Vasks.

Alles in allem bleibt der Eindruck von starken Stimmen in der Nikolaikirche. Der Lettische Rundfunkchor brachte die Klänge Russland und den Baltikums nach Dortmund und sorgte für einen gelungenen Abend. Eine Entdeckungsreise die sich gelohnt hat.