Das Leben findet im Hinterhof statt

[fruitful_alert type=“alert-success“]Gruppenbild der Laiendarsteller mit Gartenzwerg.[/fruitful_alert]

Die Nordstadt hat eine Vielzahl von interessanten Hinterhöfen mit alten Gebäuden, die seit Jahrzehnten darauf warten, wach geküsst zu werden. Für Rolf Dennemann, dem Kopf von artscenico, sind Hinterhöfe auch ein Ort der Kommunikation. In seinem Stück „Tal der fliegenden Messer (Tohuwabohu)“ präsentiert er mit Laien und Profi-Schauspielern im Hinterhof an der Missundestraße 10 das raue Leben. Ars tremonia war bei der Premiere am 06. Mai dabei.

Skurrile Typen gibt es in dem Stück genug und dennoch scheinen sie auf dem realen Leben der Nordstadt herausgegriffen zu sein. Die Oma, die Mitarbeiterin vom Pflegedienst, die Nachbarn, die neu Hinzugezogenen oder die Schnorrerin. Bei der hat die Inflation gnadenlos zugeschlagen, denn mit Kleingeld gibt sie nicht nicht zufrieden, ein Zehner sollte es schon sein.

Nicht nur die Typen sind skurril, auch die Geschichte, die uns Dennemann präsentiert, ist ein wenig „strange“. Kalla und Walla haben der Rentenkasse den Tod ihrer Mutter verheimlicht und kassieren ihre Rente. Natürlich wissen die Nachbarn Bescheid und verlangen Schweigegeld. Nachdem das zu viel wird, versucht sich Walla als erfolgloser Heiratsschwindler.

Daneben geht das Leben im Hinterhof seinen Gang, kleine Gärten werden gepflegt, der Grill wird an geschmissen und ein spanisches Paar hat es sich als Obdachlose auf einem Sofa bequem gemacht.

Das Stück lebt hauptsächlich von seiner sehr ungewohnten Freiluftatmosphäre. Das Setting in einem Hinterhof war zunächst ungewöhnlich, doch man gewöhnte sich daran. Auch dass Nachbarn ab und zu aus dem Fenster schauten, um zu erfahren, was los ist oder eine Katze sich vom Dach das Stück näher ansah.

Der zweite Teil spielte im hinteren Bereich des Hinterhofes, wo mehrere schöne alte Garagen auf den Besuch der Zuschauer warteten. Die Zeit wurde unterdessen genutzt, um vorne alles für die Gartenparty vorzubereiten, womit das Stück auch beendet wurde.

Das Stück ist ideal für alle diejenigen, die das Nordstadtflair lieben und gerne neue Orte entdecken. Dazu zeigt Dennemann ein Kaleidoskop an Nordstadt-Typen und Nordstadt-Leben, das sich deutlich vom Leben in einer Reihenhaus-Siedlung am Stadtrand unterscheidet. Hinzu kommt auch die gelungene Melange von Laien und Profis zu einem einheitlichen Stück.

Mit dabei sind unter anderem: Matthias Hecht, Thomas Kemper, Elisabeth Pleß, Linus Ebner, Denise Rech, Rezan Kanat, Anna Hauke und Jürgen Dilling, Cynthia Teresa Scholz-Tovar, Ismael José Monagas Caraballo, Baran Drbas, Heike Hundeiker, Uwe Lagoda, Taher Güliesstan, Gerlinde Albers, Hans Eckert, Werner Rosenberg.

Musiker gab es natürlich auch. Gregor Hengesbach und Volker Wendland spielten Gitarre.

Weitere Aufführungen gibt es am 13. und 14. Mai 2017 – jeweils ab 19.30 Uhr. Infos und Karten unter orga@artscenico.de. Eintritt 12,00/ermäßigt 7,00€




Muss Einer immer der Erste sein?

[fruitful_alert type=“alert-success“]Einer (Andreas Ksienzyk) und Zweier (Bianka Lammert) möchten gerne Vögel sein. Da diese angeblich nicht zählen können. Dreier (Rainer Kleinespel) auf der Stange schaut belustigt zu. (Foto: © Birgit Hupfeld)[/fruitful_alert]

Carsten Brandau hat mit seinem Theaterstück für ALLE (ab 4 Jahre) „Dreier steht Kopf“ ein einfach verdichtetes, aber auch philosophisch komplexen Theaterstück für ALLE (ab 4 Jahre) entwickelt.

Unter der Regie von Regisseurin Johanna Weißert hatte das Stück am Freitag, den 05.05.2017 Premiere im Kinder-und Jugendtheater Dortmund. Die drei handelnden Personen Einer (Andreas Ksienzyk), Zweier (Bianka Lammert) und Dreier (Rainer Kleinespel) werden von der Regisseurin in das Obdachlosen-Milieu platziert.

Worum geht es: Einer ist bei allem was passiert, immer der Erste. Das ist so , war so, und wird so bleiben. Wer zählen kann, weiß doch – Eins kommt vor Zwei und so weiter. An dieser Ordnung hält Einer pedantisch fest. Als Zweier, eher ängstlich und unterwürfig, einmal Erster ist, scheint das fast ungeheuerlich und peinlich. Heimlich träumen beide aber davon, aus dem festgefahrenen Schema auszubrechen und wie die Vögel scheinbar frei von einer festen, reglementierenden Ordnung zu leben. Die können ja nicht zählen. Erst als als der rebellische Dreier zu ihnen stößt und sich den Regeln widersetzt, kommt etwas in Bewegung und die Welt steht auf den Kopf. Was nun….

Mit seiner humorvollen, reduzierten Kunstsprache lässt Brandau in seinem Text viel Raum für neue Gedankenspiele. Widersprüche werden deutlich. Es ist amüsant zu erleben, wie sich Einer und Zweier oft krampfhaft bemühen, ihre feste Ordnung aufrecht zu erhalten.

Auf der Bühne waren neben einem Mülleimer an der Seite , einigen Gegenständen auf dem Boden, einem großen rotem Klettergerüst mit drei weißen großen Wolken darüber, einem Fahrrad auch ein umgedrehter kleiner Baumstrauch an einem Band zu sehen. Der Regisseurin gelang es mit Hilfe von an den Seiten befestigten bunten Kabel, die Welt per Flaschenzug auch sichtbar auf den Kopf zu stellen.

Dieses quasi philosophische Stück legt subtil die Mechanismen von festgefügten Ordnungen offen. Diese machen unfrei, grenzen aus und bevormunden die Menschen. Außerdem sind sie hinderlich für die menschliche Weiterentwicklung und wecken zumeist Widerstand. Weiter werden hier auch Fragen der Identität aufgeworfen. Wer bin ich und wer will ich sein?

Die drei SchauspielerInnen mit ihrem lebendigen spiel, die eingespielte Musik und Geräusche und das schöne Ende mit dem extra konzipierten Video sorgten für ein unterhaltsamen und zum nachdenken anregenden Theaterabend im KJT.

Weitere Informationen und Vorstellungstermine erhalten Sie unter www.theaterdo.de