Tag fünf Internationales Frauenfilmfestival Dortmund/Köln 2017

[fruitful_alert type=“alert-success“]Bild aus dem Film „Tess“ mit Christia Visser. (Foto: © Frauenfilmfestival)[/fruitful_alert]

Der erste Beitrag an diesem Tag im Rahmen des Internationalen Spielfilmwettbewerbs für Regisseurinnen und auch für den Publikumspreis im Rennen war der Ökothriller „Pokot / Spoor“ (Polen , Tschechische R., Schweden, Slowakische R.) von Agniezka Holland frisch aus dem Jahr 2017.

Die pensionierte Bauingenieurin Janina Duszejko lebt mit ihren beiden Hündinnen in einem kleinen Bergdorf an der tschechisch-polnischen Grenze. Als die beiden Hunde der radikalen Tierschutzaktivistin verschwinden, geschehen wenige Monate später grausamen Morde an angesehenen Gemeindemitgliedern. Alle waren Jäger und wie sich heraus stellt , auch brutale Wilderer. Die Polizei und die katholische Kirche haben kein offenes Ohr für die vielen Klagen der Duszejko gegen die Wilderer. Zu den Morden stellt die hartnäckig etwas verschrobene alte Frau ihre eigene Theorie: Die Morde wurden von wilden Tieren als Rache begannen. Die Situation eskaliert und die Wahrheit über der Morde und das Motiv kommt nach und nach ans Licht…

Die Protagonistin des Films ist ehrlich, radikal, mutig und ein wenig verrückt. Sie hat nicht nur Mitgefühl für Tiere, sondern auch ein Herz für Menschen am Rande der Gesellschaft. Sie ist aber eine durchaus ambivalente Persönlichkeit. So weist sie zum Beispiel den Priester aufgeklärt darauf hin, dass alle Lebewesen, auch die Tiere, gleich viel wert sind, glaubt aber aber gleichzeitig an den Einfluss von Horoskopen und Planeten auf uns Menschen. Die Rebellin und ihre extreme Revolte sollen provozieren und zum Nachdenken anregen. Das Ganze mit einer Portion Humor aufgelockert. Die Naturschönheit und Freundschaft werden in Kontrast zu Korruption und Grausamkeit gesetzt. Eingespielte Rückblenden fördern das Verständnis.

Die Musik spielt eine bedeutende Rolle in diesem Film. Sie untermalt gekonnt jede Stimmung, ob bedrohlich oder heiter.

Der zweite Wettbewerbsfilm „Tess“ (Südafrika 2016) von Meg Rickards ist keine leichte Filmkost. Das Thema Kindesmissbrauch und dessen Folgen für die Betroffenen wird hier in schonungsloser Klarheit offen gelegt. Die junge weiße Tess (Christia Visser) arbeitet als Sexarbeiterin in Kapstadt. Ihr Leben droht vollständig aus den Fugen zu geraten, als sie schwanger wird. In vielen sensibel eingefügten Rückblenden erfahren wir nach und nach etwas über die traurigen und grausamen Kindheitserlebnisse von Tess. Ihr sexueller Missbrauch als Kind, geduldet von der Mutter, macht ihren weiteren Lebensweg verständlich. Sie sieht sich als schmutziges und wertloses Wesen. Das Männer, die sie nach Belieben brutal benutzen, nimmt sie als gegeben hin. Erst als der kleinen Tochter einer Bekannten das gleiche Schicksal wie ihr droht, greift sie mutig ein. Ihr Selbstbewusstsein wächst und findet die Kraft, sich mit ihrer Vergangenheit, speziell mit ihrer Mutter, auseinander zu setzten. Auch im Sinne ihres eigenen Kindes findet sie eine Lösung. Die Stärke diese Filmes liegt nicht nur im gesprochene Wort, sondern besonders darin,was sich in den Gesichtern abspielt und lesen lässt. Auch bei „Tess“ spielt die atmosphärische Verstärkung durch die Hintergrundmusik eine wesentliche Rolle. Ein Spielfilm, der nachwirkt.




Kunst aus Leeds im Torhaus

[fruitful_alert type=“alert-success“]Valerie Zwart (links) und Rachel Hinds vor Zwarts Bild „My Brexit Painting“. [/fruitful_alert]

Die beiden Künstlerinnen Valerie Zwart und Rachel Hinds aus aus Dortmunds Partnerstadt Leeds zeigen vom 09.04. bis 30.04.2017 im Torhaus Rombergpark eine Auswahl ihrer Werke. Sie gehören zur Gruppe der „East Street Arts“ und es gibt schon seit vielen Jahren intensiven Kontakt und Austausch mit der „Dortmunder Gruppe“. Als Organisation für Künstler liegt der Fokus von East Street Arts in Leeds (GB) in der Vernetzung, Entwicklung und Professionalisierung ihrer Mitglieder.
„Wir haben schon lange einen regen Kontakt mit unseren Künstlerfreunden und Freundinnen aus Leeds. Wenn wir uns nicht sehen, rufen wir uns öfter an,“ erklärte Silvia Liebig von der Dortmunder Gruppe.

Bei dieser sechsten Kooperationsprojekt liegt der Schwerpunkt von Zwart und Hinds auf der Malerei. Valerie Zwarts Bilder sind hauptsächlich eine künstlerisch meditative Auseinandersetzung mit einer visuellen Kultur, die immer mehr von der Digitalisierung dominiert wird. So arbeitet sie in ihren Werken auch mit den sogenannten „pixel-sorting glitches“ (Verpixelungen). Ihre Bilder changieren im Spannungsfeld zwischen lebendiger Vitalität und morbiden Elementen. Sie geht in ihren Bildern wie zum Beispiel im „ My Brexit Painting“ auch auf aktuelle politische Ereignisse in ihrem Land ein. Sie verarbeitet darin die Instabilität und Unsicherheit der Situation nach dem Referendum in ihrer Heimat.

Rachel Hinds spielt in ihren Bildern mit experimentellen geometrischen Formen und Abstraktionen sowie mit Farben. Diese entwickeln sich während des künstlerischen Schaffensprozess zu harmonischen Kompositionen. Ein anderer Teil ihrer Kunst befasst sich mit Landschaftsmalerei und Stillleben, bei denen harmonisch übergehenden Naturfarben vorherrschen. Für ihre Gemälde benutzt sie hauptsächlich Acryl-oder Ölfarben.

Die Eröffnung der Ausstellung ist am Sonntag, dem 09.04.2017 um 11:00 Uhr im Torhaus Rombergpark.

Parallel zu dieser Ausstellung findet eine Ausstellung in der blam! Produzentengalerie im Dortmunder Unionviertel statt. Dort wird eine Einblick in die Vielfalt des aktuelle moderne Kunstschaffens mit Installationen von Artist Yoke (Annie Nelson/Chris Woodward) präsentiert.
Info dazu unter www.blamgalerie.de




Die Unmöglichkeit trotz unbegrenzter Möglichkeiten

[fruitful_alert type=“alert-success“]Von diesem Tisch gehen die meisten Episoden aus. (Foto: © Birgit Hupfeld)[/fruitful_alert]

Was ist die Liebe in Zeiten von „alles kann – nichts muss“? Joël Pommerat zeigt uns in „Die Wiedervereinigung der beiden Koreas“ die Schwierigkeiten von Menschen, sich aufeinander einzulassen, ihre Lebensentwürfe in Einklang zu bringen und ehrlich zu anderen zu sein. Die Premiere des Stückes unter der Regie von Paolo Magelli war am 08. April 2017 im Megastore.

er die Liebe. Doch keine Angst, der französische Autor hat keinen großen Eimer Zuckerguss parat, um ihn über das Publikum zu gießen. Kein triefender Kitsch á la „Tatsächlich… Liebe“, bei Pommerat geht es ums Eingemachte in den Beziehungen. Und die können durchaus komisch sein, wie bei einer geplanten Hochzeit, der bei die Braut kurz vorher feststellt, dass ihr Bräutigam doch auch ein Techtelmechtel mit jeder ihrer Schwestern hatte. Mehr ins Genre Horror/Psychodrama geht die Episode einer Babysitterin, die auf die nichtexistierenden Kinder eines Paares aufpassen muss. Natürlich machen sie die Babysitterin für das vermeintliche Verschwinden ihrer Kinder verantwortlich und dem Zuschauer ist es nicht deutlich: Ist das ein perfides Spiel, was die beiden treiben oder nicht.

Die Liebe hat bei Pommerat auch schmerzhafte Facetten: Einer Patientin einer Psychiatrie-Einrichtung soll überzeugt werden, ihr Kind abzutreiben, das sie mit einem anderen Patienten gezeugt hat und die Liebe eines Priesters zu einer Prostituierten steht unter einer harten Belastungsprobe.

In dem Stück stehen die Schauspieler im Mittelpunkt: Besonders wenn alle mehrere Rollen spielen. Die Premiere war auch die Premiere für Christian Freund, der ab der Spielzeit 2017/18 dem Ensemble angehören wird. Zusammen mit Ekkehard Freye, Frank Genser, Caroline Hanke, Marlena Keil, Sebastian Kuschmann, Uwe Schmieder, Julia Schubert, Friederike Tiefenbacher und Merle Wasmuth fügte sich Freund in das gut funktionierende Team ein, das neben Tempokomödie auch die leisen romantischen Töne traf.

Ein großes Lob gebührt dem Bühnenbildner Christoph Ernst. Der Anfang und das Ende war eine Reminiszenz an da Vincis Gemälde „Das letzte Abendmahl“ und der Tisch war ein zentraler Punkt in dem Stück. Rechts und links waren Treppen zu einer Balustrade und ein vergittertes „Dachgeschoss“ zu sehen. Styroporplatten mit sichtbaren Leimspuren und Plastikflaschen als Baluste erzeugten die Anmutung eines Rohbaus. Vielleicht ein Symbol für die Liebe, die immer Veränderungen unterworfen ist. Vielleicht ist es auch unmöglich, der Liebe eine bestimmte, dauerhafte Gestalt zu geben, ebenso unmöglich wie die Wiedervereinigung der beiden Koreas.

Weitere Termine und Karten unter www.theaterdo.de