Die Scheußlichkeit der schönen Momente!

Die Kreuzfahrt kann beginnen. (Foto: © Theater im Depot)

Das ist der Titel des neuen Tanztheaterprojekts der Tanzwerkstatt KOBIseminare in einer Kooperation mit dem Theater im Depot in Dortmund.

Das am Tanz interessierte Ensemble sind Erwachsene , die sich unter Leitung und Choreografie von Birgit Götz gemeinsam das Projektthema entwickeln und es auf humorvoll sinnliche Weise mit Tanz, Sprache und Performance umsetzen. Jeder wird nach seinen tänzerischen Fähigkeiten eingesetzt.

Die Grundsituation stellt sich so dar: 14 Freunde, die sich lange nicht mehr gesehen haben, planen eine gemeinsame Kreuzfahrt. Die Vorfreude und die Erwartungen sind riesig groß. Alles soll schön werden. Die unterschiedlichen Vorstellungen werden auf dem Schiff im engen Miteinander schnell klar. Die Enge auf dem Schiff bringt alle einander näher. Oder eben nicht…

Die 14 Akteure zeigen mit ihrem Tanz, Sprach und Humor, was für scheußlich-schöne Momente sich zwischen Menschen ergeben, die nichts anderes zu tun haben, als sich mit sich selbst zu beschäftigen.

Es wird der Frage der zu hohen Erwartungen nachgegangen und hinterfragt, was eigentlich einen schönen und glücklichen Moment ausmacht.

Die Premiere ist am SA 11.02.2017 um 20:00 Uhr.

Weitere Termine: SO 12.02.2017 um 18:00 Uhr

sowie am Mi 15.02.2017 und am DO 16.02.2017 um 20:00 Uhr.

Kartenreservierung (AK): Theater im Depot: 0231 / 98 22 336 (AB) oder ticket@theaterimdepot.de

Kartenvorverkauf (VVK): DORTMUNDticket,  Max-von-der-Grün-Platz 5-6, 0231 / 18999-444, ticket@dortmund-tourismus.de

Wenn Politik das Private durchdringt

Auf dem Amt: SA-Mann (Frank Genser, 2.v.l.) will den arbeitslosen Bruder (Carlos Lobo 1.v.l.) der Köchin (Uwe Schmider, 4.v.l.) reinlegen. Noch im Bild sind: Bettina Lieder und Alexander Xell Dafov. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Nach dem großen Ensemblestück „Eine Familie (August: Osage County)“ hat Regisseur Sascha Hawemann in dieser Spielzeit Bertholt Brechts Szenencollage „Furcht und Elend des Dritten Reiches“ (Zeitraum 1933 – 1938) im Megastore auf die Bühne gebracht. Hawemann sind dabei aktuelle Bezüge zu unserer Problemen mit zunehmen den Einfluss rechtspopulistischer und fundamental islamistischen Gruppierungen im In-und Ausland von großer Bedeutung. Das zeigt sich nicht nur die Beteiligung des 2015 aus Syrien geflohenen Schauspielers Raafat Daboul. Er steht für die vielen, vor der Gewalt in Syrien geflohenen Menschen. Ars Tremonia war am 05.012.2017 bei einer Aufführung anwesend.

Das Publikum wurde durch einen Graben voll Koffer und losen Textblättern von den Schauspielern räumlich weit getrennt. Dieser Graben stand symbolisch für alle Menschen, die als Juden und aus politischen oder anderen Gründen auf „gepackten Koffern“ saßen und und versuchten (so sie konnten) rechtzeitig zu fliehen.

Friederike Tiefenbacher spielt als jüdische Gattin eines deutschen Arztes (Andreas Beck) ein berührendes Beispiel für diese Flüchtlinge. Sie und ihr Mann versuchen verzweifelt, ihren Fluchtversuch als „kurze Reise nach Amsterdam“ zu erklären. Dem Paar und seine Freunden ist die bittere Wahrheit jedoch schon längst klar.

Durch die elf ausgewählten Szenen führte Uwe Schmieder als Bertolt Brecht engagiert. Neben Videobildern von im Hintergrund erfuhr das Publikums von Brechts „Epischen Theater“ und dem V-Effekt (Verfremdung). Er ist der Überzeugung, dass die Menschen sich aktiv für eine gerechtere, angst freie Gesellschaft einsetzen und kämpfen müssen und können. Brecht hat seine Szenen kaleidoskopisch angelegt, Hawemann versucht ein Band zwischen den Szenen zu finden, indem er Figuren öfter auftreten lässt wie beispielsweise das Dienstmädchen Marie. Dazu lässt er Figuren auftreten wie einen an Gustav Gründgens erinnernden „Mesphisto“ auftreten.

Die Auswirkung des Politischen auf das Privatleben sind allen Szenen gemeinsam. Nur ein paar Beispiele dafür: Frank Genser als brutal-zynischer SA-Mann Theo, der seine Lebensgefährtin Marie, gespielt von Bettina Lieder, jeden kleinsten Widerspruch austreibt. Er provoziert zudem seinen seinen arbeitslosen Nachbarn, gespielt von Carlos Lobo, im Spiel um ihn aufs Glatteis zu führen und zu denunzieren. Das Elternpaar (Merle Wasmuth und Carlos Lobo), das sich ausmalt, wie ihr für kurze Zeit verschwundener Sohn (Raafat Daboul) etwas System kritisches gehört haben könnte und sie eventuell denunziert. Andreas Beck spielt einen Amtsrichter, der zu jeder Rechtsbeugung bereit ist, um sich vor unliebsamen Konsequenzen für sich selber zu schützen. Das stellt sich als gar nicht so einfach da.

Die Szenen wurden zwischendurch musikalisch sensibel live und mit verschiedenen Instrumenten von Alexander Xell Dafov untermalt.

Sprachlos und nachdenklich machten gegen Ende das Paar Marie (Bettina Lieder) die Dienstmädchen und Theo (Frank Genser) der SA-Mann. Während ihrer in festlicher Kleidung zelebrierten Hochzeit erzählen die Beiden ohne jegliche Spur von Empathie in allen Einzelheiten von den grausamen Massenexekutionen in der Ukraine durch die deutsche Wehrmacht und ihren ukrainischen. Einen krasseren Gegensatz kann es nicht geben.

Ein Klima der Angst wird von interessierten Kreisen auch in der Gegenwart wieder geschürt. Wird gehen wir damit um?

Weitere Infos und Termine unter www.theaterdo.de

Der Briefroman wird digital

Wird die virtuelle Nähe durch die reale Nähe durchbrochen oder nicht? Katja Heinrich (Emmi) und Harald Schwaiger (Leo) (Foto: © Mario Perricone)

Die E-Mail hat den Briefverkehr revolutioniert. Zumindest was die Wartezeiten angeht. Dauerte beispielsweise eine Schachpartie zwischen einem Deutschen und jemanden aus Australien mehrere Jahre, ist die Zeit zwischen den Antworten deutlich kürzer geworden. So kann ein moderner Briefroman wie „Gut gegen Nordwind“ von Daniel Glattauer auf die langwierigen Zustellzeiten verzichten. Doch eines bleibt damals wie heute aktuell: Wann schreibt er/sie mir endlich wieder. Zudem variiert Glattauer auch das schöne Thema: Zwei Menschen wollen zusammenkommen, aber irgendetwas passiert immer, dass es nicht klappt. Diese beiden „Königskinder“ werden gespielt von Katja Heinrich und Harald Schwaiger. Ars tremonia war bei der zweiten Vorstellung am 04. Februar 2017 im Theater im Dortmunder U dabei.

„Ever fallen in love with someone you shouldn‘t fallen in love with“ sagen die „Buzzcocks“ 1978. Auf Deutsch: Hast du dich schon mal in jemanden verliebt, in den du dich nicht verlieben solltest? Genau das passiert langsam aber sich den beiden Protagonisten in „Gut gegen Nordwind“.

Das Bühnenbild ist deutlich erkennbar in einen weiblichen und einen männlichen Bereich für die Protagonisten aufgeteilt.

Durch ein Tippfehler sendet Emmi Rothner eine E-Mail an Leo Leike statt an die Zeitschrift „Like“. Daraus entspinnt sich ein Briefwechsel zwischen den beiden, der anfänglich von Distanz geprägt wird, aber sich schnell in Vertrautheit wandelt. Doch so einfach ist es nicht: Leo hat eine kaputte Beziehung hinter sich und Emmi ist verheiratet. So wechselt Anziehung und Distanzierung hin und her.

Wie schnell die technische Entwicklung voranschreitet, sieht man an Glattauers Stück. Waren Briefe jahrhundertelang das A und O der schriftlichen Kommunikation, wurden sie von der E-Mail abgelöst. Doch 2017 wirkt das 2006 erschienene Buch, auf dem die Bühnenfassung von Glattauer und Ulrike Zemme fußt, bereits ein wenig antiquiert. Facebook, Instagram und WhatsApp scheinen für die Kommunikationsprofis – Emmi macht was mit Webseiten und Leo ist Kommunikationsberater und Uni-Assistent für Sprachpsychologie – komplettes Neuland zu sein.

Für die kleinen Unstimmigkeiten in der Vorlage können die beiden Schauspieler nichts. Sie überspielen die aus dem Ruder laufende E-Mail-Kommunikation mit großer Lust und Leidenschaft. In jeder Sekunde bangt man mit Emmi und Leo mit und hofft auf ein positives Ergebnis oder verzweifelt, weil irgendeine Kleinigkeit wieder einen Kompromiss verhindert hat. Heinrich spielt eine Emmi, die zunächst souverän agiert, aber sich immer mehr in ihre E-Mail-Freundschaft verliert. Schwaiger präsentiert einen kühlen, abgeklärten Leo, der ebenfalls wie Emmi, schnell eine Coolness verliert.

Was wäre wohl passiert, wenn Lotte und Werther schon über E-Mails verfügen könnten? Leo geht nicht den Weg von Werther, so viel sei verraten. Doch das Stück hat viele Überraschungen und sehr viel Tiefgang zu bieten. Und was gegen Nordwind hilft, erfahren Sie im Stück.

Zu austropott: 2012 taten sich zum ersten Mal Schauspieler aus Österreich und dem Ruhrgebiet zusammen, um gemeinsam eine Inszenierung auf die Bühne zu bringen – austroPott war geboren. Nach den Inszenierungen Kunst, Indien, Der Kontrabass und Die Wunderübung ist Gut gegen Nordwind die fünfte Produktion der Gruppe.

Infos über weitere Termine und Karten gibt es unter www.austropott.de

Say it loud – Die Fortsetzung folgt

Nach dem ersten Theaterprojekt mit Flüchtlingen „Say it loud- Storys from the brave new world“ unter der Leitung von Andreas Wrosch im Kinder- und Jugendtheater in Dortmund gibt es nun mit „Say it loud II“ eine Fortsetzung.

Im letzten Jahr ging es um die Beweggründe, Erlebnisse, Ängste,Träume, Hoffnungen und Enttäuschungen der Jugendlichen und Erwachsenen aus verschiedenen Fluchtländern. Die Spielfreude und die Dankbarkeit darüber, in Deutschland Schutz gefunden zu haben. Wer beim ersten Teil dabei war, wird einige bekannte Gesichter wieder erkennen.

In der Stückentwicklung zu „Say it loud II“ erzählen die elf jungen Frauen und Männer auf der Bühne nichts mehr über ihr persönliches Leben, sondern arbeiteten in einem Workshop zusammen mit Regisseur Wrosch die Geschichte von „Hänsel und Gretel“ als eine allgemeine Flüchtlingsgeschichte mit komischen und ironischen Elementen um. Aufgelockert wird die Erzählung durch Gesang, Musik und Tanzchoreografie.

Wie das Publikum am 03.02.2017 im Café des KJT schon einmal sehen und hören konnte, wurde das Stück durch den Beitrag eines jugendlichen Stand-up-Comedian mit albanischen Wurzeln mit viel Selbstironie bereichert. Vorurteile und Schubladendenken werden von ihm aufs Korn genommen. Unterstützt wurde das Team zusätzlich tatkräftig durch den kleinen Paul, ein Kind aus dem Umfeld der hiesigen Theaterszene.

Bei den Flüchtlingen blickt Dankbarkeit gegenüber Deutschland und der der Wunsch nach etwas Geduld (zum Beispiel etwa Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache) bei der Bevölkerung durch. Das durch internationale Gäste aus Frankreich, Portugal und Schweden bereicherte Publikum war von der Vorab-Darbietung angetan und spendeten viel Beifall. Die Premiere des Stücks findet am 11.06.2017 um 18:00 Uhr im KJT statt. Weitere Informationen unter : www.theaterdo.de