Geometrie als Basis

Albert Wagner und eines seiner auf geometrischen Strukturen reduzierten Bilder.
Albert Wagner und eines seiner auf geometrischen Strukturen reduzierten Bilder.

Aus der Entfernung könnte man die Bilder von Albert Wagner für Drucke halten. Doch seine, auf die geometrische Struktur reduzierten, Werke sind überwiegend mit Acrylfarbe gemalt. Die Ausstellung „Der zweite Blick“ in der Artothek (vom 07. Oktober bis zum 18. November 2016) präsentiert den Bochumer Künstler mit seinen neueren Arbeiten.

Kennen Sie diese Wackelbilder? Bei denen Augen und Gehirn einen Streich spielen und man die Perspektiven ändern kann. Das gleiche gilt für viele Bilder von Wagner. Seine abstrakten, auf die geometrischen Formen reduzierten Bilder lassen durch ihre geschickte Farbwirkung dreidimensionale Räume entstehen. Der Betrachter kann nun entscheiden, welche Perspektive er am liebsten hat oder er hat die Möglichkeit, zwischen den verschiedenen Ebenen hin und her zu wechseln.

Die Liebe zu geraden Linien scheint bei Wagner aus seinen Erfahrungen als technischer Zeichner zu stammen, während seiner späteren Arbeit als Therapeut lernte er die Gestalttheorie kennen. Gegenständliches, wie beispielsweise ein Segelboot, wird auf einfache geometrische Figuren reduziert und dank monochromer Malweise eine räumliche Illusion erzeugt. Die Bilder erzeugen manchmal den Eindruck, als würde das Bildmotiv sich bewegen.

Der Arbeitsaufwand für ein Bild ist durchaus hoch. Teilweise arbeitet Wagner über drei Monate an einem Bild. Vor allem seine Lasurtechnik mit rund 40 bis 45 Farbaufträgen ist sehr aufwändig.

Die Artothek der Stadt- und Landesbibliothek ist dienstags und freitags zwischen 10 und 19 Uhr geöffnet.

Mehr Infos über den Künstler auf seiner Internetseite www.wagner-albert.de

Die Dinge an sich

Die beiden Kuratorinnen Gaby Peters (links) und Nina Nowak mit dem Playboy in Blindenschrift von Caroline Douglas.
Die beiden Kuratorinnen Gaby Peters (links) und Nina Nowak mit dem Playboy in Blindenschrift von Caroline Douglas.

Die Ausstellung „Thingness – Über die Dinge“ im Künstlerhaus Dortmund zeigt eine Auswahl internationaler Künstlerinnen und Künstler, die der Frage nachgehen, wie Dinge und unbelegte Objekte unser Leben beeinflussen. Die Ausstellung läuft vom 07. Oktober bis zum 13. November 2016.

Kaifeng Chun aus Singapur erhebt die alltäglichen Dinge in eine Art höheren Status. Sein Objekt „Not much to see“ besteht aus zwei Flip-Flops, die durch LEDs einen heiligenscheinartigen Rahmen bekommen. Dadurch wirken sie beinahe wie eine Ikone.

Dinge können auch eine gewisse Erwartungshaltung besitzen. So präsentiert Caroline Douglas aus Großbritannien einen Playboy in Blindenschrift. Auf einem Video wird rund 5 Minuten daraus vorgelesen. Somit ergibt sich ein Dialog von Objekt und gesprochenen Wort. Die Arbeit reflektiert natürlich auch die Geschlechterbeziehungen. Wobei in der Playboy-Aufgabe in Blindenschrift keine ertastbaren Bilder vorhanden sind.

Die Verbindung zwischen Wissenschaft und Kunst hat Marcel Große im Visier. In seiner Arbeit „Kreisbeschleuniger“ wird elektrische Spannung von Lichtbögen in Fotografien übersetzt. Das eingesetzte Material ist entscheidend für den verlauf des glühenden Teilchens. Elektromagnetismus goes art.

Ein Ding kann auch einen Menschen beeinflussen. Die Dänin Lea Gulditte Hestelund transformierte sich innerhalb eines Jahres mit Hilfe eines Personal Trainers in die Statur eines griechischen Diskuswerfers. Spannende Reflexion über Körperkult in unserer fitnessorientierten Gesellschaft.

Dinge werden zu Musikautomaten bei Ragnhild May (USA/DK). Sie bastelt mit Motoren und Flöten eine mechanische Orgel, die sie mit eigener komponierter Musik bespielen lässt.

Die Gesetze der Fliehkraft durchbricht scheinbar Till Nowak in seinen Computerzeichnungen und seinem Video „The Experience of Fliehkraft“. Auf den ersten Blick hat es den Anschein, als seien die Bilder des Videos auf einem ganz normalen Rummelplatz aufgenommen worden, doch zeigt sich, dass irgendwas nicht stimmen kann. Die Fliehkräfte wären viel zu stark für einen Menschen oder manche Fahrgeschäfte gar nicht zu erreichen. Ein kritischer Blick auf das „schneller, höher, weiter“ in den Vergnügungsparks.

Christiane Overvad Hansen (DK) zeigt auf drei Screen drei Filme über merkwürdige Maschinen, die sich in ihrer Wohnung befinden. Sind die mechanisierten Objekte Erweiterungen des Körpers oder wird der Körper selbst zum Instrument?

Der Däne Emil Toldbod ging auf Tauchgang. Seine vier Objekte in der Ausstellung sind allesamt aus diesem Tauchanzug. Toldbod ging auf die (vergebliche) Suche nach einer seltenen Schneckenart. Hier geht es um Dinge, die den Körper erweitern und schützen, eben den Tauchanzug.

Nisrek Varhonka ist ebenfalls wie Marcel Große auf wissenschaftlichen Pfaden unterwegs. In ihrer Denkmütze und ihrem genähten schwarzen Loch hüpft sie im Rahmen der Fernsehinstallation „das schwarze Loch“ durch die Ausstellungsräume.

Eine ausstellungsbegleitende Publikation ist dank der Kunststiftung NRW auch entstanden. Neben Portraits der teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler haben vier Theoretikerinnen und Theoretiker unterschiedliche Perspektiven zum Thema Dinge aus Philosophie und Kunstgeschichte beigesteuert.

Öffnungszeiten des Künstlerhauses sind: Donnerstag bis Sonntag von 16 bis 19 Uhr.

Künstlerischer Blick auf Dortmund

Mit diesem Truck geht es auf die Reise durch Dortmund.
Mit diesem Truck geht es auf die Reise durch Dortmund.

Vom 06. Oktober bis zum 05. November 2016 haben die Dortmunder die Möglichkeit sich mit einem Truck durch Dortmund fahren zu lassen und an sieben ungewöhnlichen Stationen sieben kleine Hörspiele zu erleben. Ars tremonia fuhr am 05. Oktober bei der Generalprobe von „TruckTracks Ruhr – Album Dortmund“ mit. Das Konzept stammt von „Riminiprotokoll“, die diese TruckTouren schon in Oberhausen, Duisburg und Recklinghausen durchgeführt haben.

Zugegeben, es ist ziemlich ungewöhnlich in einen Lastwagen einzusteigen, der drei kleine Zuschauertribünen besitzt. Man schaut zunächst auf drei Leinwände, die Kamerabilder von außen projizieren. Aber ist es wirklich die Realität, die 1:1 auf die Leinwände fällt?

Das Prinzip ist folgendes: Die Zuschauer werden an sieben Orte gefahren, die Leinwände werden hochgezogen, wir sehen den Ort und erleben ein kurzes Hörspiel. Eine Seite des Trucks ist nämlich so verspiegelt, dass wir zwar heraussehen können, aber die Passanten nicht in den Wagen hinein.

Da die Fahrt am Megastore startet (das Dortmunder Schauspiel ist eines der Kooperationspartner), liegen die ersten Stationen in der Nähe, nämlich in Hörde. Eine leerstehende Fabrik(?) und eine leere Halle auf dem Phönix-West-Gelände werden als erstes angefahren. Cool war es, mit hochgezogenen Leinwänden durch Dortmund zu fahren. Als wir auf der B1 bei den Westfalenhallen vorbei fuhren, erklang passende Geigenmusik zum Plakat für ein David-Garrett-Konzert und natürlich gab es Torjubel beim Passieren des Westfalenstadions.

Die weiteren Stationen waren eine Tankstelle an der Rheinischen Straße, der Hafen, ein besonderer Punkt, mit besonderer Sicht auf die Skyline von Dortmund, die Mallinckrodtstraße in der Nordstadt und die Katharinentreppe. Die Fahrt endete am Dortmunder U (auch der Hartware Medien Kunstverein ist Kooperationspartner), wobei es die Möglichkeit gab, zum Megastore zurückgefahren zu werden.

Die beteiligten Künstler sind Danckwart und Kühlein (Berlin), Jens Heitjohann (Berlin), Herborth/Mohren (Stuttgart), Richard Ortmann (Dortmund), Jean Peters und Joel Vogel (Berlin), Marike Splint und Jonathan Snipes (Amsterdam / Los Angeles), Subbotnik (Köln/Düsseldorf). Die Musik stammt von Rasmus Nordholt.

Termine und Tickets unter: http://www.trucktracksruhr.de/de/album/dortmund

Trialog mit dem Domino

"Irrlicher" vom Künstlerinnenensemble "Triple B" (Beringer, Brinkmann-Grempel, Ring).
„Irrlicher“ vom Künstlerinnenensemble „Triple B“ (Beringer, Brinkmann-Grempel, Ring).

Seit anderthalb Jahren bilden Susanne Beringer, Birgit Brinkmann-Grempel und Barbara Ring das Künstlerinnenensemble „Triple B“. Hier erarbeiten die drei Künstlerinnen gemeinsam Werke, die zwischen künstlerischer Individualität und künstlerischem Miteinander liegen. Zu sehen sind aktuelle Arbeiten unter dem Titel „Das Dominokonzept“ in der Galerie Dieter Fischer im Depot, die vom 07.10. bis 23.10 2016 läuft.

Schon in der Ausstellung „von Burgen und Fräulein“ im Torhaus Rombergpark präsentierten sie ihre Spezialität: drei individuelle Einheiten verschmolzen zu einem Ganzen. Jede Künstlerin bearbeitete eine Acrylplatte und daraus entstand eine Einheit oder besser gesagt, eine Dreiheit. Die Durchsichtigkeit ermöglichte es dem Betrachter die Figuren aus unterschiedlichen Positionen zu betrachten. Der Sockel ermöglicht es sogar die einzelnen Platten zu verschieben.

Von diesen Arbeiten sind auch einige in der Ausstellung in der Galerie Dieter Fischer zu sehen. Doch die drei Künstlerinnen haben sich auch weiterentwickelt. Wie Forscherinnen arbeiet sie an neuen Strukturen wie dem Würfel oder konzentrieren sich auf kleinformatige Arbeiten (20×20 cm). Diese kleinen Quadrate werden wie Dominosteine kombiniert. Einem Anlageprinzip folgend reagiert ein Dominostein auf den anderen. Sei es formal, inhaltlich oder farblich. Auch wird darauf geachtet, dass alle drei Beteiligten mit der gleichen Anzahl von Ebenen vertreten ist, quasi eine gerechte Kombination.

Kunst zum Erforschen

Bis zum 13. November 2016 zeigt das Museum Ostwall die Ausstellung „Material und Struktur“ im dortigen Foyer. Rund 900 Schülerinnen und Schüler aus 40 Dortmunder Schulen haben sich mit der Sammlung des Ostwall Museums auseinander gesetzt, sind nach draußen gegangen und haben Farben selber gemischt. Die Ergebnisse sind auf vielen 13×13 cm großen Leinwänden zu sehen.

Es war ein kleines Forschungsexperiment, das Sabine Held für die Kinder vorbereitet hatte. Für jede Schule gab es einen Termin, vormittags von 10 -13:30 Uhr. Die ganze Aktion lief vom April bis September.

Ganz am Anfang stand die Frage: welche Kunstwerke passen zum Thema „Material und Struktur“? Ausgewählt wurde unter anderem George Brechts „Crystal Box“ oder Werke der „Nouveaux Rèalistes“, die mit Alltagsmaterialien arbeiteten. Danach ging es nach draußen in die Umgebung des Dortmunder U. Hier wurden Frottagen von interessanten Oberflächen gemacht und Collagen erstellt und im dritten Schritt Farben selbst hergestellt.

Anders sein als Bereicherung

Das Ensemble des Stückes: (v.l.n.r.) Andreas Ksienzyk, Thorsten Schmidt, Bianka Lammert, Bettina Zobel, Rainer Kleinespel, Philip Pelzer und Talisa Lara. Foto: © Birgit Hupfeld)
Das Ensemble des Stückes: (v.l.n.r.) Andreas Ksienzyk, Thorsten Schmidt, Bianka Lammert, Bettina Zobel, Rainer Kleinespel, Philip Pelzer und Talisa Lara. Foto: © Birgit Hupfeld)

Am 30. September 2016 war Premiere für „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ ( ab 10 Jahre) nach dem Preisgekrönten Jugendroman von Andreas Steinhöfel in der Bühnenfassung von Felicitas Loewe im Kinder-und Jugendtheater Dortmund. Regisseurin Antje Siebers und das Schauspiel-Ensemble des KJT gelang es mit Sensibilität und Humor, die von Steinhöfel liebevoll und ohne erhobenen Zeigefinger gezeichneten verschiedenen Figuren auf die Bühne zu bringen.

Einzelne Zimmer verschiedener Etagen eines Wohnhauses in Berlin-Kreuzberg wurden auf der Bühne für das Publikum offen einsehbar. So konnten die Zuschauerinnen und Zuschauer auch das parallele Geschehen beobachten. Der 11-jährige Rico Doretti (Thorsten Schmidt) lebt mit seiner allein erziehenden Mutter Tanja (Bianca Lammert), einer Geschäftsführerin in einem Nachtclub in einem Haus in Berlin-Kreuzberg. Rico ist anders als die meisten Kinder. Er hat ADS (Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom), kann sich schlechter konzentrieren, ist hibbelig und im Denken etwas langsamer. Dabei geht er offen auf die Menschen zu, und kommt zu besonderen Überlegungen, wenn er in seinem Lexikon nach Begriffserklärungen sucht.
Heute würde man sagen, er lebt in prekären Verhältnissen. Aber seine Mutter wird als sehr liebevoll dargestellt. Die ebenfalls im Haus wohnende Frau Dahling (Fleischverkäuferin) besucht Rico oft. Sie gucken zusammen Liebesfilme oder Krimis und essen Leberwurstbrote. Ab und zu zeigt sich aber doch, das Rico sich alleine fühlt.Bettina Zobel spielt Frau Dahling als Berliner Schnauze mit viel Herz fast wie aus einer vergangenen Zeit. Im Haus wohnt auch der Nachbar Fitzke. Er ist Rentner, oft am motzen und ein Fiesling. Wunderbar gespielt von Andreas Ksienzyk. Dann ist da noch der smarte Kommissar Simon Westbühl (Philip Pelzer). Er zieht neu als Nachbar der Dorettis ein. Welche Rolle spielt der der humorvoll-skurrile Marrak (Rainer Kleinespel), Inhaber einer Sicherheitsfirma?

Die Geschichte: Ein Kindesentführer, Mister 2000, macht die Gegend unsicher. Sein Name rührt daher, weil er von den Eltern nur 2.000 € für die Freilassung ihrer Kinder verlangt. Inzwischen lernt der „tiefbegabte“ Rico den „hochbegabten“ Oskar (Talisa Lara) kennen. Der ist übervorsichtig, und hat immer einen Helm zum Schutz vor eventuellen Unfällen auf. Wie sich die beiden unterschiedlichen Jungen nach anfänglichen Vorurteilen und Schwierigkeiten annähern, gegenseitig voneinander lernen und profitieren, wird in seiner Entwicklung behutsam dargestellt. Als auch Oskar entführt wird, ist Rico gefordert und schließlich wird auch das Geheimnis der „Tieferschatten“ gelüftet und am Ende auch die Geschichte des Todes von Ricos Vater.

Die eigens für das Stück komponierte Musik von Michael Kessler und passende Geräusche wurden atmosphärisch gut eingesetzt.

Die Aufführung des engagierten Ensembles mit viel Humor wurde vom Publikum mit viel Applaus bedacht.