Hoffnung auf Erlösung!?

Faust (Marlon Dino) im Banne von Helena (Lucia Lacarra). Foto: ©Bettina Stöß, Stage Picture
Faust (Marlon Dino) im Banne von Helena (Lucia Lacarra). Foto: ©Bettina Stöß, Stage Picture

Nach „Faust I – Gewissen“ hat sich Ballettdirektor Xin Peng Wang als erster Choreograf nun an „Faust II – Erlösung!“ heran getraut. Er tat dies mit einen auffallend klaren Bezug zu unserer aktuellen globalen Realität. Verzweifelte Flüchtlingen, die um ihr Leben kämpfen und oft genug bei ihren gefährlichen Überfahrten elendig ertrinken. Die Bilder sind uns allen vor Augen. Die Fragestellung in Goethes Alterswerk „Faust II“ ist von nicht nur (gerade) heute von aktueller Brisanz. Schafft es der Einfluss des „Bösen“ (etwa Profitgier auf Kosten anderer, Vergnügungssucht), repräsentiert von Mephisto; den Menschen, in diesem Fall Faust, von dem Weg der selbstbewusst-selbstlosen Mitmenschlichkeit für immer fern zu halten?

Faust gelingt dies erst nach einer langen traumhafte Odyssee durch verschiedene Zeitepochen und und einem ernüchternden Liebeserlebnisses mit der schönen Helena. Erst im hohen Alter und kurz vor seinem Tod überwindet Faust seinen Egoismus. Er hat die Vision, den Meer Land für die Besitzlosen Flüchtenden abzutrotzen und einen Deich bauen zu lassen.

Eine der emotionalen Highlights war die Menschwerdung des „Homunculus“ als Symbol der Entfremdung von der Natur. Diese wurde musikalisch live auf der Bühne vom Cello begleitet.

Eine geniale Idee von Wang war allerdings die Zusammenarbeit mit dem renommierten chinesischen Lichtkünstler Li Hui. Seine gezielt und nicht überfrachtend eingesetzten Lichtinstallationen waren beeindruckend und sorgten mehrfach für einen Wow-Effekt.

So wurde für das Publikum zum Beispiel durch Lasereffekt der Eindruck von „realen Wellen“ auf der Bühne vermittelt, in denen flüchtende Menschen um ihr Leben rangen.

Gelungen war die Darstellung der „Walpurgisnacht“ als Mephistos Traum:. Eine Gesellschaft von als Affen verkleideter Tänzer und Tänzerinnen, die in der Glückswarteschleife eine Dauerparty feiert. Ein Festival mit verschiedenen Musikfragmenten und Musikparodien. Musikalisch wurde „Faust II“ live begleitet von der Dortmunder Philharmoniker und geleitet mit viel Feingefühl von Philipp Armbruster.

Das Zusammenspiel von klassischer und moderner Ballettkunst, gelungener Musikauswahl von Hans Abrahamsen, Lois Andriessen, Lucioan Berio, Michael Gordon, David Lang Pēteris Vasks und den Lichtinstallationen von Hui sorgte ein ganz besonderes emotionales Erlebnis für das Publikum.

Die Beteiligten von der Dortmunder Ballett-Compagnie zeigten wieder einmal ihr Können.

Daneben hatte Wang aber auch glänzende international renommierte Solisten wie Lucia Lacarra als Helena (Margrethe), Marlon Dino als Faust, Dann Wilkinson, Giacomo Altovino als Homunculus und das Sonnenkind Denise Chiarioni für seine Faust II – Inszenierung gewinnen können.

Einen berührenden Auftritt hatte Madita Herzog, die symbolisch stand für alle Kinder, die während ihrer Flucht gestorben sind. Wer denkt da nicht an den kleinen Aylan, der tot an den Mittelmeer-Strand angespült wurde. Was bedeuten uns die Werte-Ideale von Goethe? Ist das sogenannte Abendland und ins besondere die privilegierte reiche Oberschicht bereit, den Schutzsuchenden und der ärmeren Bevölkerung Überlebensräume und Lebensperspektive zu schaffen?

Es war ein ganz besonderes Ballett-Erlebnis.

Informationen zu weiteren Terminen und Karten für weitere Aufführungen unter: www.theaterdo.de

Reduzierte Farbigkeit mit Akzenten

Elke Emmert präsentiert Objekte, Malerei und Photografie.
Elke Emmert präsentiert Objekte, Malerei und Photografie.

Die aktuelle Ausstellung in der Galerie Dieter Fischer im Depot Dortmund zeigt Objekte, Malerei und Fotografie von Elke Emmert unter dem Titel „Akzente“. Die Künstlerin, die auch ein Atelier im Depot hat, zeigt neben reduzierter Farbigkeit auch Fotografie, bei der architektonische Motive und strenge Linien dominieren. Die Ausstellung läuft noch bis zum 13. November 2016.

Die Ausstellung trägt den Titel „Akzente“ von einer Serie, bei der Emmert überwiegend in Weiß und Grau arbeitet, aber dafür einen frechen Farbtupfer in Neonpink hinzufügt. Die Bilder in 30×30 cm haben für die Künstlerin den Vorteil, dass das Format sehr vielseitig sei.

Emmert arbeitet gerne in Serien, wie auch in der Serie „Konkret“. Hier dominiert Schwarz und weiß-schimmernden Collagelementen aus Transparenzpapier. Hierfür hat Emmert viele Schichten übereinander gemalt.Aus der Entfernung wirken diese Bilder wie eine Tafel mit Kreide.

Doch die Künstlerin kann auch bunt. Hochformate spielen mit Blau und Türkisfarben und auch andere abstrakte Werke zeigen punktuell gesetzte Farbakzente.

Zum ersten Mal stellt Emmert auch Fotografie aus. Hierbei stehen Linien und architektonische Elemente im Fokus. Das Thema wird wie in ihrer Malerei minimalistisch in Szene gesetzt.

Die Öffnungszeiten der Ausstellung sind von Donnerstag bis Sonntag von 17 bis 20 Uhr.

 

 

Der Mensch als Ware

Andreas Beck zeigte wie bei "Steve Jobs" eine unglaubliche Präsenz. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Andreas Beck zeigte wie bei „Steve Jobs“ eine unglaubliche Präsenz. (Foto: © Birgit Hupfeld)

„Money makes the world go round“, singt Liza Minelli im Film „Cabaret“. Übersetzt: Geld regiert die Welt. Und wer sorgt dafür, dass Geld fließt? Der Handel. Gehandelt wurde schon immer über Grenzen, Kontinente und Völker. Das Mittelmeer war schon immer ein Zentrum des Handels. Angefangen über die Phönizier über die Römer und Venedig bis hin zu den heutigen Statten. Natürlich kann nicht alles legal ablaufen. Waffen, Drogen oder Menschen werden gerne „schwarz“ gehandelt und mit einer „schwarzen Flotte“ transportiert. Wer verdient daran? Wer sind die Hintermänner? Aus einer Recherche von Correctiv machte Dramaturgin Anne-Kathrin Schulz ein bewegendes Ein-Personen-Stück unter der Regie von Kay Voges. Hier brillierte Andreas Beck wie bereits in „Agonie und Extase des Steve Jobs“. Dank seiner Präsenz wurde aus der „schwarzen Flotte“ ein packendes Erzählstück. Ein Premierenbericht vom 23. Oktober 2016.

Welche Wege geht der Journalismus? Print, Online und TV/Radio haben alle ihre Vor- und Nachteile. David Schraven hat es vor einigen Jahren neue Wege beschritten und hat seine Recherche „Weisse Wölfe“, über Verbindungen von Neonazis in Europa, als Comic herausgegeben. Für „Die schwarze Flotte“ haben Mitglieder des „correctivs“ Cecilia Anesi, Frederik Richter, Giulio Rubino und Schraven recherchiert. Jetzt ein Theaterstück. Kann man trockene Recherche in ein knapp 90-minütiges Stück verarbeiten? Klare Antwort: Ja.

Mal angenommen Sie hätten einen Frachter. Alt, kaum seetüchtig. Keine Versicherung der Welt würde das Schiff noch versichern, weil es zu riskant wäre. Die einzige Möglichkeit, um noch etwas Geld zu verdienen, ist das Schiff nach Indien zu schleppen und für 300.000 Dollar zu verschrotten. Dann bekommen Sie ein spezielles Angebot: Flüchtlinge über das Mittelmeer nach Griechenland oder Italien zu bringen. Der Vorteil ist, die Menschen zahlen vorher und es ist, im Gegensatz zu Drogen oder Waffen, egal, ob das Schiff ankommt oder nicht. Über 2 Millionen Euro würden Sie garantiert erhalten, denn so ein Ticket nach Europa ist teuer und begehrt. Wie würden Sie entscheiden?

Das war nur ein Aspekt, den Andreas Beck in der „schwarzen Flotte“ ansprach. Mit der Baseballcap wirkte er auf den ersten Blick wie Autor und Regisseur Michael Moore. Und ähnlich wie Moore verkörperte Beck einen Rechercheur, jemanden, die Dingen gerne auf den Grund gehen möchte. Dabei lernte der Zuschauer viel über die Methoden von Journalisten, die Wahrheit herauszufinden. Regisseur Kay Voges war auch für die Bühne zuständig und verwandelte sie in einen kleinen Multimedia-Tempel mit kleinen Monitoren, einer Kamera und großer Videowand im Hintergrund. Das Schöne daran war, dass Beck im Mittelpunkt blieb und es schaffte, dass die Zuschauer an seinen Lippen hingen trotz vieler Schiffsnamen und Personen.

Denn die Wahrheit ist vertrackt. Sie versteckt sich gerne in Piräus oder den Marschall-Inseln. Denn Schiffe gehören in der Regel nicht einer Person, sondern einer Gruppe von Menschen. Das hat den Vorteil, dass man das Risiko und den Gewinn auf mehrere Schiffe verteilen kann. Für die Rechercheure ein Problem. Wem gehört jetzt das Schiff, das Drogen oder Waffen transportiert hat. Beck führt uns auf den harten Weg der Wahrheitsfindung, der auch Rückschläge beinhaltet. Doch ist die gleiche syrische Elite, die gegen ihre eigene Bevölkerung Krieg führt auch diejenige, die an der Flucht profitiert? Die Frage bleibt offen.

Beck spricht in dem Stück auch über die „weisse Flotte“. Diejenige, die legal Waffen an Staaten wie Saudi-Arabien oder Katar liefert, selbst in dem Wissen, dass damit in anderen Regionen Krieg geführt wird. Deutschland ist vorne mit dabei. Der aktuelle Rüstungsexportbericht spricht eine deutliche Sprache. Die Ausfuhr von Munition für Kleinfeuerwaffen hat sich im aktuellen Jahr verzehnfacht.

Das Stück begann und endete mit Lucy. Lucy? Ein Schiffsname? Nein, Lucy war 1974 eine wissenschaftliche Sensation. Lucy gehörte zu den „südlichen Affen aus der Afar-Region“, wie ihr wissenschaftlicher Name übersetzt heißt. Ihre Art war die erste, die den aufrechten Gang entwickelte. Der aufrechte Gang ist etwas, was uns heute sehr gut zu Gesicht stehen würde.

Weitere Termine und Infos unter www.theaterdo.de

Heldenhafter Kampf gegen die Monotonie

Die Damen von der Telefonzentrale (Dortmunder Sprechchor) erzählten von Burnout und Depressionen. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Die Damen von der Telefonzentrale (Dortmunder Sprechchor) erzählten von Burnout und Depressionen. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Herzlich willkommen zum „Tag der offenen Tür“ in ihrem Finanzamt. Was wie eine komische Idee klingt, gab und gibt es aber in der Realität. Julia Schubert präsentiert – zum ersten Mal als Regisseurin – in den Kulissen der „Borderline Prozession“ eine irre Reise durch die Räume eine fiktiven Steuerbehörde. Merkwürdiges, Verzweifeltes, Komisches wechseln in jeder Runde ab. „Heimliche Helden“ könnte der skurrile Zwillingsbruder der „Borderline-Prozession“ sein. Auch bei den „Heimlichen Helden“ sieht der Zuschauer nicht alles, es sei denn, er kommt öfter wieder. Da wir von Ars tremonia zu Zweit unterwegs waren, konnten wir bei der Premiere am 21. Oktober 2016 einen Blick in alle Räume erhaschen.

Wie bereits geschrieben, das Stück findet in den Kulissen der „Borderline-Prozession“ statt, genauer gesagt, im vorderen Teil. Es gibt acht Räume und den Garten, aber nur sieben Runden, die jeweils um die 10 Minuten dauerten. Natürlich unterbrochen von der Mittagspause („Mahlzeit“) Jeder Zuschauer erhält eine Karte mit einer Nummer. Dort ist penibel (wir sind ja in einer deutschen Steuerbehörde) aufgezeichnet, welche Räume in welcher Runde man zu besuchen hat. Nicht, dass noch etwas durcheinander kommt.

Doch am Anfang erzählte uns Frank Genser im Wartebereich über die „heimlichen Helden“: Die Beamten in der Steuerbehörde, die treu gegen die Monotonie ihres Tagesablauf ankämpften. Ich halte es aber eher wie Schriftsteller Terry Pratchett, der in seinem Buch „Das Licht der Fantasie“ eine Figur folgendermaßen charakterisierte: „Er machte graue Durchschnittlichkeit zu einer erhabenen Kunst, und in seinem Bewusstsein herrschte die gleiche dunkle, gnadenlose Logik wie in einer Beamtenseele“.

Stichwort: Grau. Schauspieler und Mitglieder des Sprechchores trugen beinahe allesamt diese schöne unbunte Farbe.

Für mich begann der Zug durch die Büros bei Herrn Genser, der gekonnt die Möglichkeiten darbot, wie man sich die Zeit vertrieb, wenn man nichts zu arbeiten hatte. Gekonntes Kugelschreiber bewegen von rechts nach links und ein kleines Theaterstück mit Spielfiguren. Danach hatte ich gleich in zwei Räumen die Konfrontation mit dem negativen Auswirkungen der sich ständig wiederholenden Arbeiten. Depression bei den Damen vom Telefondienst und Marlena Keil präsentierte eine Mitarbeiterin mit persönlichen Problemen.

Hier noch ein kleiner Einschub: Innerhalb der Räume wechseln sich die Szenen auch noch ab, so dass kaum jemand den gleichen Abend erleben wird.

Eine besondere Rolle spielte Uwe Schmieder, alias Herr Krüger. In ziemlich mitgenommener Kleidung schlürfte er schon zu Beginn durch den Gang. In dem kleinsten grottenartigen Raum der „Büros“ konnten die Besucher erfahren, das er schon über 35 Jahre im Steuerbüro gearbeitet hat und nun in den Ruhestand geschickt wird. Sein Wellensittich im Einweckglas hat diese Zeit nicht überlebt. Tragisch-komisch dargestellt.

Neben „normalen“ Büros, gab es auch noch sehr besondere Räume: Im Garten wurde das Betriebsfest vorbereitet und die Zuschauer durften mit Hand anlegen. Käsewürfel zurecht machen, an einer Büroklammergirlande basteln oder Buchstaben ausschneiden. Der abgefahrenste Ort war sicherlich das Auto mit den Einschusslöchern der Borderline Prozession. Hier unterhielten Ekkehard Freye und Thorsten Bihegue die Besucher auf ihre spezielle Art.

Zum Abschluss des Tages der offenen Tür stieg dann noch das Betriebsfest, bei dem der altgediente Kollege Krüger verabschiedet wurde und der Alleinunterhalter Rene Carmen drei Lieder sang.

Julia Schubert schafft es, zusammen mit dem Ensemble und dem Sprechchor, ein warmherziges Stück auf die Bühne zu bringen. Ein liebevoller und humorvoller Blick auf Typen und Situationen von Menschen, die eben nicht 24 Stunden, sieben Tage die Woche kreativ arbeiten müssen, dafür aber nach 17 Uhr den Stift fallen lassen können. Welches Leben ist das bessere? Das muss jeder Besucher für sich selber entscheiden.

Wann ist wieder Tag der offenen Tür in der Finanzbehöre? Am 01. und am 27. November 2106 oder unter www.theaterdo.de nachschauen.

Zwischen Show und Realität

Noch zeigt Katja (Merle Wasmuth) dem Journalisten Pierre (Carlos Lobo) die kalte Schulter. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Noch zeigt Katja (Merle Wasmuth) dem Journalisten Pierre (Carlos Lobo) die kalte Schulter. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Am 21.10.2016 hatte der junge Regisseur Maximilian Lindemann sein Debüt mit dem Stück „Das Interview“ von Theodor Holman nach dem gleichnamigen Film (2003) von Theo van Gogh im Dortmunder Megastore.

Fans des „Studios“ können sich freuen. „Das Interview“ bringt die besondere Atmosphäre der Bühne in den Megastore. Das spannende Kammerspiel zwischen dem 26-jährigen Soap-Star Katja, gespielt von Merle Wasmuth und dem Politik-Journalisten Pierre Petersen (45 Jahre), gespielt von Calos Lobo, findet vor ein kargen Bühne mit zwei geräumigen Ledersesseln und einer langen Ledercouch statt und die übrige Wohnung wird von einem glitzer-behangenem, durchgängigen Vorhang verborgen.

Der Reiz dieses Stoffes liegt vor allem an dem Zusammenprall dieser beiden unterschiedlichen Charaktere. Beide sind dabei absolute Medienprofis. Es geht immer um die Frage, wie komme ich hinter der Oberfläche? Das Stück wirkt wie eine Art Boxkampf mit Worten. Jeder versucht den anderen aus seiner Deckung zu locken, und wie es beim Boxkampf häufig vorkommt, tragen beide am Ende Narben davon.

Katja ist der von einem Millionen-Publikum bewunderte, junge und schöne Star im Showbusiness. Ihr ist klar, dass ihre äußere Hülle das besondere Kapital für ihre Karriere ist. Um ihr Gesicht nicht zu verlieren, setzt sie wie der Journalist immer wieder neue Masken auf. Sie kokettiert dabei geschickt mit Rollenerwartungen und Klischees, so zum Beispiel Drogen, Silikonbrüste oder ständiges Handygebimmel. Sie kann jeden Mann haben, den sie will.

Ihr unterschwelliger Wunsch nach Respekt und Wahrnehmung ihrer Persönlichkeit blitzt dazwischen immer wieder durch.

Pierre ist ein angesehener investigativer Politik-Journalist mit Erfahrung im Balkan-Krieg. Den Unfalltod seiner damals neunjährigen Tochter hat ihn tief getroffen. Nur durch Zufall und Ersatz für einen Kollegen nimmt er eher mit Widerwillen an. Ist dieses Interview nicht unter seiner Würde?

Schon bei ihrer ersten Begegnung sehen sich die beiden Protagonisten sehr lange abschätzend an.

Die (anfängliche) Ignoranz des Journalisten, der den Soap-Star kaum kennt, weiß Katja schlagfertig zu kontern. Es entwickelt sich ein witzig-bissiger Schlagabtausch zwischen den beiden Personen. Wahrheit und Lüge sind da bald nicht mehr zu unterscheiden. Langsam kommt es auch zu einer vorsichtigen Annäherungen zwischen diesen unterschiedlichen Menschen.

Nicht nur ihre Einsamkeit, sondern auch ihre dunklen Geheimnisse kommen am Ende ans Tageslicht.

Merle Wasmuth spielt die schlagfertige Schauspielerin mit Sexappeal in all ihren Facetten glaubwürdig. Das gilt für die witzig-ironischen Momente genau so wie in ihrer Traurigkeit.

Carlos Lobo im edlen Zwirn überzeugt als Politik-Journalist, der hin und her gerissen ist zwischen seinen anfänglichen Ignoranz dem wachsenden Interesse an der Person Katja.

Es ist schon eine schwierige und beachtliche Leistung über anderthalb Stunden das Publikum zu unterhalten und bei der Stange zu halten.

Informationen und Karten für die weiteren Vorführungen erhalten sie unter www.theaterdo.de

Ein Blick auf unbeachtete Schönheiten

Rosa Fehr-von Ilten vor ihren beiden Bildern "Big Bags" und "Streugutcontainer".
Rosa Fehr-von Ilten vor ihren beiden Bildern „Big Bags“ und „Streugutcontainer“.

„Da macht ein Hauch mich von Verfall erzittern“, die Zeile aus Georg Trakls Gedicht „Verfall“ passt sehr gut in die Ausstellung von Rosa Fehr-von Ilten im Torhaus Rombergpark, die den Titel „So kann man es auch sehen“ trägt. Zu sehen ist sie vom 23.10 bis 13.11. 2016.

Was bei Trakl die vergehende Natur ist, sind bei Fehr-von Ilten vergessene oder vom Abriss und Verfall bedrohte Orte und Gegenstände sowie unbeobachtete Schönheiten jenseits gefälliger Motive. So porträtiert sie große Abfallsäcke oder auch von blauen Tüchern verhülltes Objekt in einem Hinterhof. Ihre Motive findet sie neben dem Torhaus und dem benachbarten Rombergpark im Unionsviertel, an der Lindemannstraße und an der Borsigstraße.

So haben es beispielsweise der Künstlerin die Scharten im Erdgeschoss des Torhauses angetan. Ihrer ursprünglichen Funktion beraubt, dienen sie als architektonische Elemente. Dabei arbeitet sie mit reduzierten Flächen, die die Wirkung der Scharten als Lichtquelle noch verstärkt wird.

Faszinierend ist auch das Eins zu Eins-Bild einer Ofenklappe, die im Laufe der Jahre Rost angesetzt hat. Sehr detailreich setzt Fehr-von Ilten die verschiedenen Rostflecken in Szene. Ähnlich detailreich ist das Bild „Stragula 3“. Stragula ist eine alte Linoleum-Imitation, die später duch PVC abgelöst wurde. In alten Wohnungen findet man bei Renovierungen Lagen von Stragula. Wie archäologische Ausgrabungen wirkt dieses Werk. Die neue Nutzung einer Tankstelle weckt bei der Künstlerin ebenfalls Interesse. Was sind das für Gegenstände, die vor dem Gebäude stehen? Wie auch in den anderen Bildern ist die Fantasie des Betrachters gefragt.

Zusätzlich zu den 18 Bildern in der Ausstellung zeigt Fehr-von Ilten auch noch 18 Zeichnungen (30×40 cm) aus der Umgebung des Rombergparkes.
Internetseite der Künstlerin: www.rosafehr.de

Hohe Wellen im Konzerthaus

Am 18. und 19. Oktober 2016 luden die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz zum 2. Philharmonischen Konzert unter dem Thema „wasser_spiele“ in das Dortmunder Konzerthaus. Für Teil zwei des Abends mit fünf orchestrierten Schubert-Liedern, konnte der renommierte dänische Bariton Bo Skovhus als Gesangssolist gewonnen werden. Ars tremonia war am 19. Oktober dabei.

Mit der Ouvertüre zu „Der fliegende Holländer“ von Richard Wagner (1813–1883) ging es schon von Anfang an emotional bewegend und dramatisch los. Die Streicher, Bläser und Trommelwirbel übertrugen die gespenstische Stimmung auf dem Schiff des „fliegenden Holländers“ mit den brausenden Emotionen für das Publikum im Konzertraum. Wie bekannt, musste der „Holländer“ nach sieben Jahren auf See zur Erlösung durch die Liebe an Land kommen. Das Englischhorn kündigt den Auftritt von Senta, die die Ankunft eines Erlösers hofft mit leiseren und sanfteren Tönen an. Das traurige Ende der Geschichte ist bekannt. In dieser Ouvertüre steckt schon die ganze Dramatik und emotionalen Höhen und Tiefen dieser Wagner-Oper.

Bo Skovhus überzeugte mit warmen und kraftvollen Bariton danach mit seiner Interpretation der für das Orchester bearbeiteten fünf Lieder von Franz Schubert (1797-1828).

Die von dem Dänen Karl Aage Rasmussen (geb. 1947) für das Orchester instrumentierte Version des „Taucher“ hatte überhaupt erst am 12.März 2012 in Groningen Premiere gehabt.

Bei der Geschichte taucht ein mutiger Jüngling nach einem goldenen Becher, den der König in die tosenden Wellen der See geworfen hat und danach noch ein zweites Mal um einem Ring und die Hand der Königstochter. Da verschlingen ihn die Fluten. Es geht also um emotionale und sprichwörtliche „Wasserwellen“.

Danach folgen der mystische „Prometheus“ (Instr. Carl Nielsen), das an den „Sturm und Drang“ beeinflusste „An Schwager Kronos“,(Intr. Johannes Brahms) sowie das ebenfalls von Brahms instrumentierte „Geheimes“. Hier spielen Horn und Streicher eine besondere Rolle bei der Vermittlung eines pulsierenden Schlagens des verliebten Herzens.

Die bekannte Ballade von Johann Wolfgang von Goethe, der „Erlkönig“ in der dramatischen Bearbeitung von Hector Bérlioz bildeten den stimmungsvollen Abschluss.

Nach der Pause führten die Philharmoniker und ihr Dirigent das Publikum durch das musikalisch emotionale Wechselbad der Sinfonie Nr.7 von Antonin Dvořák.

Der kämpferische 1. Satz: Allegro maestoso beginnt musikalisch eher ruhig aber bedrohlich-düster. Das zweite Thema des Satzes ist klanglich optimistischer, jedoch immer im Kampf mit dem düsteren Motto-Thema. Das verlangt vom Orchester und Dirigent vollen (körperlichen) Einsatz.

Die kraftvolle und kämpferische Stimmung kennzeichnet auch den 2. Satz: Poco adagio.

Das sanfte, von den Holzbläsern dominierte Hauptthema wird immer wieder unterbrochen und sich als kraftvolle Eruption des gesamten Orchesters steigert.

Der 3. Satz: Scherzo Vivace ist von folkloristisch-böhmisch mit tänzerischen Klangelement geprägt und im kämpferischen Moll gehalten.

Der 4. Satz: Finale Allegro führt nach einer emotionalen Achterbahn zu einer fulminanten Coda, einer dramatischen ausklingenden musikalischen Bedeutungseinheit.

Steht am Anfang ein rhythmisches, starkes Streicher-Motiv, folgt danach immer drängender und optimistischer werdende Hauptthema. Doch die düstere Grundstimmung versucht sich immer wieder mit geballter Kraft bis zu leicht zuversichtlichem Ende durchzusetzen.

Ein bewegender Konzertabend.

Die etwas andere Heimatkunde in der Schule

Keine Angst, es gibt keine Klassenarbeiten und Vokabelprüfungen bei der „performativen Heimatkunde in Klassenzimmern“ der „Abendschule“ von artscenico. Am 21. und 22. Oktober 2016 können die Besucher die Luft in den Klassenzimmern der Kreuz-Grundschule spüren. Der Einlass ist jeweils um 18:30 Uhr, der Schulbeginn um 19 Uhr.

„Es ist Heimatkunde im weitesten Sinne“, erklärt Rolf Dennemann, der künstlerische Leiter von artscenico. „Aber man kann sich der Tatsache entziehen, dass man wieder in der Schule ist“. Der Geruch von Kreidestaub wird wieder in der Luft hängen und die Tafel lässt alte Erinnerungen wieder hochkochen.

Es wird insgesamt sechs Unterrichtseinheiten geben, die gleichzeitig stattfinden. Nach der ersten Stunde zu 45 Minuten gibt es fünf Minuten Pause, danach kommt die zweite Stunde. Nach der großen Pause beginnt dann die dritte Stunde. Das heißt, wenn man alle sechs unterschiedlichen Unterrichtsstunden erleben will, muss man beide Tage zur Schule gehen. Zu Beginn wird jeder Besucher nach dem Zufallsprinzip in eine Fächerkombination gesteckt.

Worüber handeln die Unterrichtsstunden? Rolf Dennemann hat wieder sein bewährtes Team von Schauspielern um sich geschart. Elisabeth Pleß wird etwas über „Enthusiasmus und Hirnforschung“ erzählen, Matthias Hecht klärt auf über „Sicherheit“ und das Thema von Matthias Scheuring ist das Pausenbrot.

Für Dennemann ist wichtig zu erläutern, dass von den Besuchern kein Wissen abgefragt wird. Niemand wird in eine Verlegenheit gebracht. Vielmehr wird beispielsweise beim „Pausenbrot“ einiges über gesunde Ernährung erzählt.

Wer die Stücke von artscenico kennt, kann gespannt sein, was passieren wird. Denn ein „normaler“ Unterricht wird es kaum werden, wenn Theater auf eine reale Kulisse wie eine Schulklasse trifft. „Das ganze ist nicht humorfrei“, kommentierte Dennemann.

Unter der Leitung von Rolf Dennemann sind Matthias Hecht, Elisabeth Pleß, Martina Kock, Matthias Scheuring (Schauspieler), Photini Meletiadis (Tänzerin), Karin Brindöpke (Expertin) und Frank Niehusmann (Musiker) die Stoffvermittler.

Für Ordnung sorgen unsere Hausmeister  Jürgen Dilling und Rezan Kanat. Schulleitung: Marianne von Berzestowski

Wir bitten um Voranmeldungen wegen begrenzter Plätze. orga@artscenico.de, Tel: 0231-8634113

Eintritt 15,00/10,00 – für jeweils beide Tage 20,00/12,00

  1. & 22.10.2016 Kreuz-Grundschule – Kreuzstraße 145 – 44137 Dortmund 18.11. & 19.11.Rudolf-Steiner-Schule Bochum – Hauptstraße 238 – 44892 Bochum

jeweils 18.30 – Abendschulbeginn 19.00 Uhr

Luther im Theater im Depot

Luther (mit dem Doktorhut). Foto: (© glassbooth)
Luther (mit dem Doktorhut). Foto: (© glassbooth)

Das Theaterstück „Luther“ von John Osbourne wird am 23. Oktober 2016 um 18 Uhr von mit Profis und Laien aus Gladbeck und der Region unter der Leitung der Theatergruppe „glassbooth“ in Theater im Depot aufgeführt.

 

Inhalt: Das 1960 verfasste Theaterstück von John Osborne umspannt den Zeitraum von 1506-1530. Martin Luther (Dominik Hertrich) ist hier kein Held im klassischen Sinne. Osborne führt Luther vielmehr als Zweifler vor, nicht nur als Zweifler an Papst und Kaiser, sondern vor allem als Zweifler an sich selbst, als einen Getriebenen, zerrissen zwischen Geist und Welt, zwischen eigenen Idealen und väterlichen Erwartungen, zwischen Hoffnung auf Erlösung und Einsicht in die eigene Fehlbarkeit.

 

Dadurch, dass in die Produktion Menschen aller Bevölkerungsschichten einbeziehen und Laien mit erfahrenen Theatermachern zusammenarbeiten können, werden vermeintliche Barrieren abgeschafft und alle Beteiligten hatten und haben die Möglichkeit voneinander zu lernen und zu profitieren.

Im Blick auf das kommende Lutherjahr 2017 können sich interessierte reformatorische Zentren und Kirchen in NRW als Gastspielorte bewerben und die Produktion buchen. Mehr Infos unter www.glassbooth.de

Die freie Theatergruppe glassbooth wurde im November 2003 von Jens Dornheim gegründet. Der für den (deutschen) Betrachter zunächst ungewöhnliche Name geht zurück auf die erste Produktion der Gruppe: „Der Mann im Glaskasten“ („The man in the glassbooth“) von Robert Shaw, das im Oktober 2004 als deutsche Uraufführung auf die Bühne gebracht wurde. Seither adaptiert die Gruppe unter der Leitung von Jens Dornheim jedes Jahr neue Stoffe, oft ungewöhnlich oder kontrovers – für Gesprächsstoff sorgt die Theaterformation jedoch immer.

2015 gewann glassbooth den Sonderpreis der Jury bei den Petra Meurer Theatertagen für das erste selbstverfasste Stück der Gruppe, „Containr Love“, das 2014 und 2015 gespielt wurde.

Die Aufführung im findet am Sonntag den 23. Oktober um 18:00 Uhr im Theater im Depot, Immermannstr. 29 statt. Vorverkauf über www.depotdortmund.de und 0231-982120
Ticketpreise: 14 Euro VVK, 16 Euro AK

Walzer zur Verzweiflung

Das 1. Philharmonische Konzert in der Spielzeit 2016/17 stand zwar unter dem Titel „zauber_bilder“, es war aber auch ein sehr emotionales Konzert. Denn Tschaikowskys 5. Sinfonie zeigte den Komponisten in einem Zustand emotionaler Zerrissenheit und Depression. Genau diese Emotionen brachten die Dortmunder Philharmoniker unter GMD Gabriel Feltz am 28. September wunderbar zum Klingen.

Die Schicksalsmelodie zum Tanz. Der dritte Satz der 5. Sinfonie von Tschaikowsky ist sehr ungewöhnlich, er lockert die teilweise doch sehr düstere Stimmung auf. Sein Schicksalsmotiv erklingt durch alle Sätze und wird am Ende wieder prominent aufgenommen. Das Stück in seiner Perfektion war der Höhepunkt des 1. Philharmonischen Konzertes.

Begonnen hatte es mit dem „Zauberlehrling“ von Paul Dukas. Ein bekanntes Stück für die Dortmunder Philharmoniker, denn es wurde bereits in der letzten Spielzeit unter GMD van Steen 2012/13 (ebenso wie die 5. Sinfonie von Tschaikowsky) zur Aufführung gebracht. Der „Zauberlehrling“ handelt von Goethes gleichnamiger Erzählung und wurde weltberühmt als Filmmusik für Walt Disneys Zeichentrickfilm mit Mickey Maus als Zauberlehrling. Das Stück enthält viele komische Elemente, z.B. wenn der Zauberlehrling versucht, sich an den Zauberspruch zu erinnern, werden seine Fehlversuche in unterschiedlichen Tonarten gespielt.

„Ibéria“ ist von Debussys „Images – Drei Bilder für Orchester“ wohl das bekannteste. Ibéria, das klingende Bild von spanischen Straßen und Wegen, von Düften der Nacht und dem Morgen eines Fests, wurde mit viel spanischen Flair dargebracht. Schlagwerk und Celesta entführten die Besucher des Konzerthauses in ein wildromantisches Spanien.