Schnittkanten und Leerstellen

"Die Treppe" ist eine Arbeit von Katja Pfeiffer.
„Die Treppe“ ist eine Arbeit von Katja Pfeiffer.

Nein, das Dortmunder Künstlerhaus verwandelt sich nicht in einen Friseurladen. Die Ausstellung „cut & go“ präsentiert nicht die schönsten Künstlerfrisuren, sondern es geht um den Prozess des Trennens und Zerschneidens. Was bleibt übrig? Wie sieht es an den Schnittkanten aus? Sieben Künstlerinnen und Künstler haben sich darüber Gedanken gemacht. Zu sehen ist diese Ausstellung bis zum 15. September 2016.

Petra Johanna Barfs kommt aus Emden und beschäftigt sich mit maritimen Themen. In ihren Arbeiten teilt sie ein Bild, das sie aus Bildbänden entnimmt und reißt es entzwei. Während der obere Teil das Originalbild ist, besteht der zweite Teil aus der umgedrehten Fotokopie des ersten Bildes.

Wie sieht unser Bild der Natur aus, fragt sich Regula Dettwiler. In der Serie „Herbarium No. 1 – Drawn from Matisse“ werden die einzelnen herbarisierten Blätter so bearbeitet, als wenn sie aus den Arbeiten von Matisse stammen.

Substraktiv arbeitet Andrea Pesendorfer, denn sie fügt nichts hinzu, sondern nimmt weg. Statt eine Leinwand zu bemalen, entfernt sie die Fäden. Somit bekommt die Arbeit durch die Schwerkraft und leichte Luftbewegungen einen zarten, fragilen Charakter. Zudem verwandeln sie sich aus ihrem zweidimensionalen Zustand in eine skulpturale Wesenheit.

Katja Pfeiffer ist fasziniert von modernen Ruinen. Dabei hat sie aber nicht den oft morbiden Charme der Innenräume im Sinn, sondern die Provisorien, mit denen die Außenbereiche vor dem Zusammenstoß gesichert werden. Wie Zahnspangen sehen diese Befestigungen manchmal aus, die die Aufgabe haben, die Mauern nicht einstürzen zu lassen. Dieses Fragmentarische wird in der Installation „Treppe“ besonders schön zum Ausdruck gebracht.

Moderne Schnittmuster scheint Hansjörg Schneider zu produzieren, doch auf den zweiten Blick drehen sich die Motive seiner Werkreihe „Global Ground“ um Ausschnitte urbaner Infrastruktur in globalen Metropolen. Der Gegensatz zwischen glatten und grob faserigen Flächen erzeugt ein Relief. Eingearbeitete Pigmente verstärken den Eindruck von Wasser, Land oder Erde.

Holger Stark nutzt den vorhandenen Raum im Künstlerhaus. Seine Arbeit „2/3 Zoll“ referenziert an die unterschiedlichen Deckenhöhen in der ehemaligen Waschkaue.

Noch weiter geht Ella Ziegler. Sie hat kein Atelier, sondern begreift den offenen Raum als ihren künstlerischen Arbeitsplatz. Sie schafft dennoch ein bemerkenswertes narratives Potential. Dies ist zum Beispiel in ihrer Arbeit „Reisertausch“gut zu sehen. Dabei geht es um den Austausch von Reisern – Zweigen, die zur Baumveredlung benutzt werden – zwischen Tschechien und Deutschland.




Zwischen den Ichs und dem Nichts

Olga Pedan, "Trollagem Trollerei Rumpetroll"; 2016
Olga Pedan, „Trollagem Trollerei Rumpetroll“; 2016

Mit der Ausstellung „Ichts“ präsentiert der Dortmunder Kunstverein bis zum 30. Oktober fünf spannende Künstlerinnen und Künstler. Ein Spiel zwischen dem körperlichen Ich und dem körperlosen Nichts. Oder um mit einem Philosophen zu fragen: Wer bin ich und wenn ja, wie viele?

Trolle sind im Internetzeitalter nicht mehr nur die nordischen Sagengestalten, sondern auch die körperlosen und meist anonymen Personen, die Diskussionen und Unterhaltungen zerstören. Olga Pedan gibt diesen fiktiven Charakteren eine Art von Identität. Dabei spielt sie mit dem Niedlichen und Komischen, wobei sie auch das Unförmige und Groteske dieser Kreaturen betont.

Ein zentraler Ort für Menschen sind Plätze. Frieder Haller baut sie auf vorgefundenen Materialien wie Holz, Moos oder industriellen Abfallprodukten. Die Miniaturplätze wirken wie Relikte vergangener Zeiten oder sie scheinen aus einer dystopischen Zukunft zu stammen.

Beim Tod wird aus dem Ich das Nichts. Sam Andersons Skulptur „Helpful Waitress Angel“ greift eine Friedhofsskulptur aus Barcelona auf. Hier wird das geflügelte Skelett in eine Kellnerin transformiert, der die männliche Figur aus den Händen gleitet. Der Tod als Zwischenzustand.

Groteske Figuren entdeckt man bei Aleksander Hardashnakov. In seinen zeichnerischen Arbeiten variiert der Künstler das Konzept der Körperlichkeit bis zu seiner Auflösung.

Die Arbeiten von Arjan Stockhausen beschäftigen sich mit dem menschlichen Körper und seiner Hybridität, die Betrachter sind aufgefordert, über die Wahrnehmung des eigenen Körpers zu sinnieren.




Geschichten in Bildern

Welf Schiefer, Die War-Peace-Maschine.
Welf Schiefer, Die War-Peace-Maschine.

Wer bei den Arbeiten von Welf Schiefer an Dix oder Grosz denkt, der liegt nicht ganz verkehrt. Die Personen in Schiefers Zeichnungen sind ähnlich skurril wie die der alten meister. Der Künstler präsentiert in seinen Bildern Geschichten und zeigt einen enormen Detailreichtum. Zu sehen sind rund 30 Werke bis zum 30. September 2016 in der Galerie Art isotope am der Kampstraße 80.

Die Themen seiner Bilder nimmt Schiefer teilweise aus der Grimms Märchenwelt oder der Geschichte von „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“. Dabei kann die Ausführung durchaus blutig oder frivol sein. Eines seiner Kennzeichen ist sein unruhiger Strich beim Zeichnen.

Ausgestellt werden auch Druckgrafiken. Hierbei benutzt Schiefer eine alte Technik, in dem er farbige Papiere in die Drucke einbaut, somit entstehen Unikate.

Seit etwa zwei Jahren beschäftigt sich Schiefer mit einer Mischtechnik zwischen Zeichnung und Collage. Hierbei mischt der Künstler verschiedene Zeichnungen und klebt sie mit einem speziellen Lack auf seine Bilder. Damit ergibt sich ein auf den ersten Blick ein einheitliches Bild, erst beim genaueren Hinsehen, erkennt der Betrachter die Kleberänder.




Künstlerinnen zeigen Präsenz

Keine Frauen zu sehen? Die Ausstellung "präsenz" in der Galerie "der kunstbetrieb"  will auf die prekäre Situation von Frauen in der bildenden Kunst aufmerksam machen.
Keine Frauen zu sehen? Die Ausstellung „präsenz“ in der Galerie „der kunstbetrieb“ will auf die prekäre Situation von Frauen in der bildenden Kunst aufmerksam machen.

Auch 2016 werden Frauen in gesellschaftlich relevanten Bereichen benachteiligt, findet Sabine Spieckermann von der Galerie „der kunstbetrieb“. Das gelte auch für die Kultur und Kunst. Bildende Künstlerinnen haben laut KSK 2014 ein Durchschnittseinkommen von 11.000, während Männer immerhin auf 16.000 kommen. Beides ist natürlich extrem besorgniserregend, die Situation für Frauen scheint noch immer einen Tick schlechter zu sein. Bis zum ersten Oktober 2016 präsentiert die Galerie unter dem Titel „präsenz“ Arbeiten von fünf Frauen.

Almut Rybarsch, Anne Jannick, Anke Droste, Sylvia Reuße und Paola Manzur zeigen in ihren Werken ihre Sichtweisen auf die Gesellschaft und Gegenwart. Dabei nutzen die Künstlerinnen auch unterschiedliche Herangehensweisen: Malerei, Installation, Grafik und Objektkunst ist in der Galerie zu sehen. Ein weiteres interessantes Detail:Die kompletten Räumlichkeiten der Galerie wurden benutzt. So wurden die Wände zu temporären Kunstwerken.

Droste zeigt eine Kombination von Installation und Malerei unter dem Titel „in die ferne, heimwärts“. In ihrem großformatigen Bild thematisiert sie das Thema „Flucht“. Rybarsch zeigt mit der „Büchse der Pandora“ eine ihrer mythisch angehauchten lebensgroßen Figuren. Hier ist Anfassen erlaubt. Bei der Installation von Reuße hingegen nicht, denn ihr Familienkästchen ist gefüllt mit persönlichen Erinnerungen. Der Lebensbaum/Stammbaum an der Wand präsentiert die Wurzeln und die Verbundenheit mit der Geschichte und Gegenwart. Anne Jannick bleibt ihrem Wasserthema treu und erschafft in den Farben gelb, grün und blau fliessende Bewegung. Ihr Objekt wirkt auf den ersten Blick wie ein Wasserfall, doch es entpuppt sich auf den zweiten Blick als Weide. Manzur zeigt ein eindrucksvolles Bild aus der chilenischen Wüste.

Noch mehr Frauen gibt es am 17. September zur Museumsnacht. Denn der Frauenchor belcando wird in der Galerie ein Konzert geben.




Positive Bilanz für „Sommer am U“

Zuifrieden mit dem Sommer am U: v.l.n.r. Jannis Kötting (Projektkoordination), Kurt Eichler (Leiter Dortmudner U), Jasmin Vogel (Marketing) und Wolfgang Bödeker (DSW21).
Zuifrieden mit dem Sommer am U: v.l.n.r. Jannis Kötting (Projektkoordination), Kurt Eichler (Leiter Dortmudner U), Jasmin Vogel (Marketing) und Wolfgang Bödeker (DSW21).

Nach über drei Monaten endet am Dienstag, den 30.08.2016 die Veranstaltungsreihe „Sommer im U“ mit einer Magazin-Release-Party samt Podiumsdiskussion rund um den BVB. Das Magazin „Bodo“ stellt ab 18.00 Uhr auf der Leonie-Reygers- Terrasse (Paletten-Garten) ihre Extra-Ausgabe „BVB“ vor. Die Podiumsdiskussion wird von Gregor Schnittker geleitet. Vorab zogen die Veranstalter schon einmal eine Festivalbilanz.

Für das erfolgreiche Zustandekommen des Programms hat das U mit 20 lokalen Partnern wie etwa den Urbanisten, dem „Rekorder“ in der Nordstadt, dem Club „Oma Doris“, DEW21 Kultur und anderen kooperiert. „Ohne die finanzielle und organisatorische Unterstützung der DEW21, Bloedorn Container, der Firma WestPal und den Dortmunder Brauereien wäre das Festival nicht möglich gewesen“, erklärte Jasmin Vogel vom Marketing des U.

Im gemütlichen Rahmen des urbanen Paletten-Gartens vor dem U gab es drei Monate lang satt Konzerte, Kunst, Slams, HipHop, Lesungen und Performances. „Wir sind froh über 7300 Besucher während der über 50 Veranstaltungen“, so Jasmin Vogel. Die Rückmeldungen des Publikums auf die Veranstaltungen war durchweg positiv.

Projekt-Koordinator Jannis Kötting verriet: „Die ersten beiden Monate war das Wetter nicht immer schön. Es musste aber nur die „Rollschuh-Disco“ wegen Regen ausfallen.“ „Die Idee für dieses Festival war raus zu kommen und Schwellenängste beim potenziellem Publikum für das Dortmunder U abzubauen. Das Programmprofil ist auf das Publikum hier im Viertel ausgerichtet“, erläuterte Kurt Eichler ( Leiter Dortmunder U). Mit Sofas wurde zusätzlich eine Wohnzimmeratmosphäre geschaffen.

Wolfgang Bödeker von der DEW21 erklärte: „Wir haben immer versucht, flexibel auf das unterschiedliche Publikum bei den Veranstaltungen einzugehen.“ So wurde für Veranstaltungen mit überwiegend älterem Publikum zusätzlich Stühle mit Lehnen aufgestellt. Ab dem 15.09.2016 werden die Paletten und Container für dieses Jahr abgebaut.

Die gute Nachricht: Das seit drei Jahren erfolgreiche und inzwischen etablierte Festival wird auch im nächsten Jahr fortgesetzt.