Renaissance-Polyphonie aus Böhmen

Mit dem Konzert des Ensembles Cappella Mariana am 10. Juni 2016 im Rahmen des Festivals Klangvokal erklang in der Marienkirche eine selten gehörte Spezialität: Lieder aus dem Codex Speciálník, einem böhmischen Liederbuch aus dem späten 15. Jahrhundert.

Neben vielen unbekannten Komponisten ist der Einfluss flämischer oder französischer Komponisten im Codex Speciálník deutlich. Werke des franko-flämischen Komponisten Gaspar von Weerbeke sind ebenfalls darin verzeichnet wie die von Johannes Touront oder des Deutschen Heinrich Finck.

Vojtěch Semerád, der Leiter des Ensembles hatte das Konzert zweigeteilt: Für den ersten Teil hatte er Lieder aus dem Codex für eine typische Messe – also Credo, Gloria u.a. – zusammengestellt, nach der Pause erklangen Lieder für besondere Feste.

Die Musik der Renaissance kann man sich ohne Humanismus nicht vorstellen. Natürlichkeit und „Vermenschlichung“ der Musik waren die Forderungen. Klanglich war das beim Konzert der „Cappella Marinan“ deutlich zu hören. Musik, die man im heutigen Konzertbetrieb leider viel zu wenig zu hören bekommt. Ein großes Lob an die Sänger und Musiker.




Dem Vergessen entrissen – De profundis

Als Sonderkonzert der Dortmunder Philharmoniker im Rahmen des Klangvokal Festivals unter der Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz wurde das 2012 angedachte Projekt „De Profundis“ im Konzerthaus verwirklicht. Der Hörder Historiker Willig Garth ist auf den Hörder Komponisten Eduard Wilsing aufmerksam geworden, hat nachgeforscht und die Fragmente von De Profundis zusammengetragen. Diese ganze Arbeit ist dann unter anderem im Rahmen der Schriftenreihe des Heimatvereins Hörde veröffentlicht worden.

Das zweiteilige Konzert mit sechs beteiligten Chören ( 300 Sängerinnen und Sänger) und fünf renommierten Solo-Sängern widmete sich im ersten Teil Felix Mendelssohn Batholdys „Die erste Walpurgisnacht“ und als Erstaufführung nach der Pause dem Musikwerk „De profundis“ des weniger bekannten geistlichen Tonsetzers Daniel Eduard Wilsing (1809 – 1893).

.Beide waren Schüler von Ludwig Berger. Eine gute Idee und keine leichte Aufgabe, das großartige geistlich Chorwerk von Wilsing in seiner heimatlichen Umgebung aufzuführen und so dem Publikum zugänglich zu machen und vor dem Vergessen zu entreißen.

Mendelssohn Bartholdys „Die erste Walpurgisnacht“ nach einer Ballade von J.W. Goethe stellt die frömmelden „Paffenchristen“ den den Heiden gegenüber, die troz Verbot an ihrem Frühlingsfest festhalten. Sie inszenieren einen spektakulären Spuk, um ihre christlichen Gegenspieler möglichst fern zu halten. Der Kammerchor der TU Dortmund und Klangfarben-Konzertchor Dortmund und die stimmgewaltigen Gerardo Garciacano (Bariton), Roman Payer (Tenor), Luke Stoker (Bass) sowie Natascha Valentin (Alt) setzten das Spektakel mit tatkräftiger Unterstützung der Dortmunder Philharmoniker grandios in Szene.

Nach der Pause war es schon alleine beeindruckend, wie die 300 Sängerinnen und Sänger der sechs Chöre nach und nach die gesamte Bühne und der Chorempore ihre Plätze besetzten. Verstärkt wurde „De profundis“ noch durch die Sopranistin Ashley Thouret und wieder von dem Tenor Roman Payer. Es war ein gewaltiges, eindrucksvolles und emotional berührendes Klangerlebnis, das mit einem gemeinsamen „Amen“ aller beteiligten sein grandioses Ende fand.

Das überzeugende wechselseitige Zusammenspiel von den Musikern, Chören und Solo-Sängern begeisterte auch das Publikum im Konzertsaal.