Dada in Dortmund

Das "Huelsenherz" von A. Diéga wird am Grab von Huelsenbeck reanimiert.
Das „Huelsenherz“ von A. Diéga wird am Grab von Huelsenbeck reanimiert.

Dieses Jahr feiert die Kunstrichtung Dada ihren 100. Geburtstag. Auch in Dortmund gab es Dadaisten und ihr Hauptvertreter hieß Richard Huelsenbeck. Was liegt also näher, als dieses Ereignis gebührend zu feiern. 100 Tage lang – vom 21. April bis zum 29. Juli 2016 – werden vornehmlich Dortmunder Künstler unter dem Label „DADADO 100“ Dortmund mit dadaistischer Kunst beglücken. Literatur, Musik, bildende Kunst oder Performance alles wird dabei sein.

Den Startschuss gibt ein Symposium zu „Dada“. Die Kunsthistorikerin Uta Schmidt wird am 21. April 2016 im Evinger Schloss eine Einführung über die Kunstrichtung geben. Am 23. April 2016 findet die erste große Veranstaltung statt und eigentlich sind es zwei: Zunächst treffen sich die Teilnehmer um 15 Uhr am Südwestfriedhof. Am Grab von Huelsenbeck wird das von A. Diéga gestaltete „Huelsenherz“ reanimiert. Danach zieht der Marsch weiter zur Pauluskirche. Dort beginnt um 18 Uhr der zweite Teil mit einen vielfältigen kulturellen Programm. Dieser Teil wird etwas kosten. Der Eintritt beträgt 19,16 € plus 0,84 € Spende für gemeinnützige Zwecke.

Dabei sein werden die Dadainen (vier Frauen vom Dortmunder Sprechchor), Eberhard Kranemann (Gründungsmitglied von Kraftwerk) und weitere Künstlerinnen und Künstler.

Das sind aber noch keine 100 Tage, wird vielleicht der eine oder andere bemerken. Richtig, denn am endgültigen Programm wird noch gestrickt. Geplant sind Veranstaltungen in ganz Dortmund wie dem Balou in Brackel oder dem domicil. Mitte März werden die Programmflyer gedruckt und verteilt.

Für die Organisatoren Anette Göke, Richrad Ortmann und Dieter Gawohl (A.Diéga) steht also noch einiges an Arbeit bevor. Die rund 20 Veranstaltungen sollen auf jeden Fall höchst unterschiedlicher Art sein und auch neben der Geschichte des Dada die aktuelle Dadaszene porträtieren.

Informationen gibt es auch auf der Homepage www.dadado100.de




Wissen und Verantwortung

Harold Quintero (Der alte Faust), Dann Wilkinson (Mephisto) & Corps de Ballet ©Bettina Stöß (Stage Picture GmbH)
Harold Quintero (Der alte Faust), Dann Wilkinson (Mephisto) & Corps de Ballet
©Bettina Stöß (Stage Picture GmbH)

Nach dem Handlungsballett „Zauberberg“( Literarische Vorlage von Thomas Mann) hat sich Ballettdirektor Xin Peng Wang mit der Bearbeitung des „Faust I“ (J.W. von Goethe) für seine Company einer weiteren großen Herausforderung gestellt. Die Premiere war am 13. Februar 2016.

Im Laufe der Geschichte der letzten Jahrhunderte haben sich viele Künstler (Schauspiel, Oper, Ballettintendanten oder auch Puppenspieler) an den schwierigen und immer aktuellen Themenkomplex des „Faust“ gewagt. Am Beginn steht die Wette zwischen Gott und Teufel. Ist der Mensch nur ein Spielball seiner Leidenschaften und Instinkte, oder wohnt in ihm ein Wissen um das Gute, Wahre, Aufrechte und den rechten Weg? Gelingt es, ihn bis in die Seele verderben?

Der Teufel Mephisto will es am Beispiel des rastlos Wissbegierigen Dr. Faust beweisen. Er verspricht diesem allumfassende Erkenntnis, wenn er dafür dessen Seele erhält. Dies hat hat katastrophale Folgen für die unschuldige Margarethe. Mephisto führt sie erst den in Leidenschaft entbrannten Faust zu und ermordet dann deren Tante Marthe. Als Margarethe für Mephistos Tat zum Tode verurteilt wird, lässt sie Faust im Stich. Die Reue kommt zu spät ….

Die Inszenierung von Xin Peng Wang ist modern, von der Musikauswahl, dem Bühnenbild, der Choreografie, bis hin zu aktuellen Zeitbezügen, die per Video und Live-Ticker über der Bühne rasen, in die Mephisto Faust die Zukunft (unsere Zeit) sehen lässt.

Geschickt gewählt war ein Schachbrett-Muster auf der Bühne, auf dem die Tänzer als Figuren des Lebensspiels agierten. Der Teufel Mephisto, wunderbar getanzt von Dann Wilkinson, muss sich zunächst mit einem Eimer am Fuß bewegen. Er versucht, aus der Enge der gegebenen Strukturen auszubrechen.

Ein überdimensionaler großer Spiegel hängt über der Bühne und spiegelt als gelungener Effekt das Geschehen auf der Bühne. Für das Publikum wird das Ausbrechen von Mephisto visuell als Krümmung der Begrenzung einzelnen Schachfelder wahrgenommen. Als Projektionsfläche zur Darstellung der einzelnen Wissenschaften, wurden diese per Video effektvoll auf einzelne, herunter gezogene Leinwände erstellt.

Eine drehbare Hebebühne wurde punktuell, zum Beispiel für die Dämonen der Walpurgisnacht ausgenutzt. Eindrucksvoll umgesetzt wurde die Idee, den Faust einmal als alte Version (Harold Quintero), und dann durch den aus „Bilderrahmen“ kommenden jungen Faust (Javier Cacheiro Alemán) darzustellen. Das erinnerte an „Das Bildnis von Dorian Gray“ (Oskar Wilde).

Die Tänzerinnen und Tänzer zeigten, was moderner Ausdruckstanz bedeutet. Angefangen bei Barbara Melo Freire als Margarethe, Jelena-Ana Stupar als Marthe Schwerdtlein, Javier Cacheiro Alemán als junger Faust, Harold Quintero als alten Faust oder Dann Wilkinson als Mephisto brachten sie als Solisten oder in kongenialem Zusammenwirken mit den Geistern, Wissenschaftlern, Dämonen und Engeln eine große tänzerische Leistung auf die Bühne.

Wichtig für die Vermittlung der unterschiedlichsten Emotionen wie Leidenschaft oder Verzweiflung ist das punktgenauem Zusammenspiel von Bewegung und Musik. Eine große Herausforderung war die moderne Musikauswahl für die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Philipp Armbruster. Für den Faust wurde moderne zeitgenössische Musik von verschiedenen Komponisten ausgewählt. Dabei spielte die disharmonische moderne Musik des polnischen Komponisten Henryk M. Gόrecki (1933 – 2010) die Hauptrolle. Außerdem erklang Musik von Igor Wakhevitch, Michael Daugherty und Bryce Dresser. Eingespielt wurde der „Faust Step von Super Flu und zur Walpurgisnacht das archaische „Ich will“ von Rammstein.

Für einige im Publikum war die Musik vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, aber war passend zur musikalischen Verstärkung zum Geschehen auf der Bühne und deren Aussagekraft.

Die vielen Effekt oberhalb der Bühne machten es manchmal etwas schwer, die Augen konzentriert auf das Tanzgeschehen zu halten. Die beeindruckenden Kostüme (Bernd Skodzig) für die Geister, die vier Wissenschaften, Dämonen und Engel waren aufwendig und mit Fantasie ausgewählt.

Die Inszenierung zeigt die zeitlose Aktualität des „Faust“. Auch wir leben in Zeiten der Verunsicherung. Im Faust gibt es kein schwarz-weiß Denken, kein Gut und Böse. Wissenschaftliche Erkenntnis an sich ist nicht schlecht oder gut. Es kommt darauf an, mit seinem Wissen verantwortungsvoll umzugehen und die Folgen seiner Handlungen zu bedenken.

Das Publikum war begeistert und am Ende gab es lang anhaltenden Beifall und Standing Ovations für die Akteure. Es lohnt sich sicher, dieses Handlungsballett noch einmal anzusehen.