Fredenbaumpark im Mittelpunkt von „Heimat Dortmund“

Neben dem Romberg- und Westfalenpark ist jetzt auch dem Fredenbaumpark ein Heft gewidmet. (v.l.n.r.) Günter Spranke, Hermann Josef Bausch, Klaus Winter, Adolf Miksch und Stefan Mühlhofer.
Neben dem Romberg- und Westfalenpark ist jetzt auch dem Fredenbaumpark ein Heft gewidmet. (v.l.n.r.) Günter Spranke, Hermann Josef Bausch, Klaus Winter, Adolf Miksch und Stefan Mühlhofer.

Wer heute den Fredenbaumpark betritt, der kann sich kaum vorstellen, was sich in der Vergangenheit dort abspielte. Der Lunapark, eine Art Vorläufer von Parks wie Fantasialand, und der Saalbau war ein Anziehungspunkt für die Dortmunder, bis der Zweite Weltkrieg alles in Schutt und Asche bombte. Die neue Ausgabe von „Heimat Dortmund“ widmet sich der Geschichte des Fredenbaums.

Zu Beginn war der Fredenbaum eine Grenze. Hier stand ein Schlagbaum, der den Frieden für die Stadt sichern sollte, eben der „Fredenbaum“. Aus dem städtischen Wald wurde allmählich ein Freizeitgebiet für die immer industrialisierte Stadt. Der „Lunapark“ enstand. Wie wissen möchte, wie der Lunapark damals aussah, kann das Modell im Museum für Kunst und Kulturgeschichte bewundern.

Doch auch andere Aktivitäten gab es im Fredenbaum, wie das Heft aufzeigt. Es gab Bürgerschützen, Ballonfahrer und sogar eine Radrennbahn.

Der Saalbau war nicht nur der Treffpunkt für kulturelle Veranstaltungen, sondern auch die Arbeiterbewegung machte den Ort zu einem Sammelpunkt ihrer politischen Arbeit.

Das Heft ist für fünf Euro im Buchhandel und im Stadtarchiv Dortmund erhältlich.

Dvořák remixt

Klassische Musik und Elektronik, klingt auf den ersten Blick ungewöhnlich, ist aber in Dortmund ein Erfolgsrezept, dank Barbara Volkwein. Am 27. Oktober 2015 präsentierten zum dritten Mal die Dortmunder Philharmoniker und ihre Gäste die „Groove Symphony“. Dieses Mal wurde die 9. Sinfonie von Antonín Dvořák remixt.

Alec Tronic und Gabriel Vitel hatten diesmal die Aufgabe, die berühmte Sinfonie von Dvořák, zu bearbeiten. Sie taten dies anscheinend mit großen Spaß und hatten sogar eine Besonderheit: Gesang. Die Musik der beiden klang ein wenig nach „Wolfsheim“ und Peter Heppner und passte sich wunderbar der klassischen Musik von Dvořák an.

So war es ziemlich überraschend, dass das Konzert bereits nach einer Stunde zu ende war, doch spielten die Musiker noch einige Zugaben.

Ein ausverkauftes Konzerthaus war der beste Beweis, dass das Konzept auch beim dritten Mal funktierte. Ich kann mir gut vorstellen, dass Besucher, die eher von der Elektronik-Seite her kommen, jetzt auch mal die Lust verspüren, Dvořák mal „im Original“ zu hören.

Spraydose und Acrylfarbe

Gefangen in der digitalen Welt der Einsen und Nullen? "Mit Sicherheit nicht", von Kirian, 150x180 cm, Acrylfarbe, Sprühfarbe, PAstellkreide, Marker.
Gefangen in der digitalen Welt der Einsen und Nullen? „Mit Sicherheit nicht“, von Kirian, 150×180 cm, Acrylfarbe, Sprühfarbe, PAstellkreide, Marker.

Ab dem 31. Oktober 2015 präsentiert die Galerie „der kunstbetrieb“ zum ersten Mal in einer Einzelausstellung Arbeiten des Graffitti-Künstlers und Malers Kirian. Schon seit der Schulzeit hat sich Kirian mit Street-Art auseinandergesetzt, in denvergangenen Jahren hat sich der Künstler (Jahrgang 1990) auch mit Pinsel und Acrylmalerei auseinandergesetzt. Die Ausstellung ist bis zum 28. November 2015 zu sehen.

Kirian stellt ein uraltes Motiv in der Kunst in den Mittelpunkt seiner Ausstellung: Das Porträt. Dabei mischt er Selbstporträts und Fremdbildnisse. Seine gemalten Gesichter haben eine starke Ausdruckskraft, sie wirken oft herausfordernd und scheinen auf Antworten zu warten.

Die beiden ältesten Bilder der Ausstellung stammen von 2014. „Mensch I“ und „Mensch II“ sind noch sehr stark von der Graffitti-Kultur geprägt und wirken wie Skizzen für ein Projekt draußen. Hier arbeitete Kirian noch ausschließlich mit Sprayfarbe. Doch die technische Beschränktheit des Materials ließ ihn weitere Arbeitsweisen ausprobieren. So benutzt Kirian in seinen späteren Arbeiten Acrylfarbe oder Tusche. Aber die Dose lässt ihn nicht los, in manchen Werken kombiniert er Acrylfarbe mit Sprayfarbe.

Neben Leinwänden bemalt er auch gefundene Holzplatten, die durchaus beschädigt sein können oder Strukturen aufweisen. Das gibt den Bildern noch eine gewisse Verletzlichkeit, die im Kontrast zu den meist bunten Farben stehen. Mehr zum Künstler aus seiner Homepage: www.kirian.eu

der kunstbetrieb, Gneisenaustraße 30
Öffnungszeiten; montags bis freitags 11 bis 13 Uhr und 15 bis 18 Uhr, samstags von 11 bis 13 Uhr.
http://www.derkunstbetrieb.de

Sehnsucht nach Wärme

Der Rahmen für den Chansonabend „Paul et Manon“ am 25.10.2015 mit Désirée von Delft und Peter Sturm im Jugendcafé des Dortmunder Kinder-und Jugendtheater war gut gewählt. Tische mit erleuchteten Teelichtern und Glühweinduft schafften eine schöne Atmosphäre für das Publikum.

Obwohl Chanson-und Erzählabend trifft es genauer. Denn die Chansons waren in eine besondere Geschichte eingebettet. Dargeboten wurde eine reizvolle Kombination aus Berliner Chansonkultur der zwanziger Jahre und poetischen französischen Chansons.

Der Schauspieler und Musiker Sturm lebt den verkrachten Philosophen Paul mit vollem Engagement vor. Dieser kommt gerade von einer Reise aus dem warmen Griechenland nach Berlin zurück und will seinen besten Freund Mario in dessen Marionettenkneipe „Marionetta“ besuchen. Leider findet er dort nur die vier Marionetten. Picasso, eine Butler-Marionette, „Oma Susi“ und eine Marionette nach Marios Ebenbild. Dann ist da noch eine größere, seltsam „lebendig“ wirkende Marionette (Désirée von Delft), die Paul an seine große Liebe vergangener Jahre Franϛoise erinnert.

Zunächst erzählt Paul von seiner Sehnsucht nach Wärme und dem Vagabundenleben.Wenn es in Deutschland kalt wird, zieht es ihn immer wieder nach Griechenland in den Süden, „wo die Herzen brennen“.

In der Kneipe angekommen, spielt Paul (Peter Sturm) die frechen Berliner Balladen vom „Ganoven Harry“ und „Frieda“ auf dem Akkordeon. Da sein Freund leider nicht auftaucht, erzählt Paul die Geschichte, wie sie sich damals kennengelernt haben und über seine Reisen über die Schweiz und Italien nach Griechenland. Sturm zeigt dann sein Können als Bauchredener, als er seine Murmeltier-Freundin Lotte, ein Stoss-Murmeltier mit lustiger Sonnenbrille vorstellt. Immer beobachtet wird er dabei von der „lebendigen Marionette“ Manon. Wunderbar das Mimenspiel von Désirée von Delft.

Komische und anrührende Momente, zum Beispiel, als Paul einen alten Liebesbrief seiner alten Liebe aus der Tasche holt und beide ihn lesen, wechseln sie sich ab und eine langsame Annährung geschieht. Im Hintergrund die Einsamkeit des „Vagabunden“.

Désirée von Delft sang zum Teil in deutscher, teils französischer Sprache bekannte Chansons wie „La vie en rose“ oder „Milord“ von Edith Piaff. Eine perfekte Ergänzung zu Peter Sturm für diesen gelungenen Chansonabend.

Familiäre Kernspaltung

Wer den Tod vor Augen hat wie Violet, kann auch mal Tacheles reden! (v.l.n.r.) Andreas Beck, Marlena Keil, Frank Genser, Carlos Lobo, Bettina Lieder, Merle Wasmuth, Janine Kreß und Friederike Tiefenbacher. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Wer den Tod vor Augen hat wie Violet, kann auch mal Tacheles reden! (v.l.n.r.) Andreas Beck, Marlena Keil, Frank Genser, Carlos Lobo, Bettina Lieder, Merle Wasmuth, Janine Kreß und Friederike Tiefenbacher. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Die Familie ist der Kern der Gesellschaft, so heißt es. Und wenn es zur Kernspaltung kommt, dann entsteht auch zerstörerische Energie, die wehtut und Narben hinterlässt. Wenn dann noch ein gut gehütetes Geheimnis wie eine Bombe in die Familie platzt, sind wir bei „Eine Familie“ von Tracy Letts in der Inszenierung von Sascha Hawemann. Ein Premierenbericht.

„Eine Familie“ ähnelt ein wenig dem Stück „Das Fest“, das von Kay Voges vor einigen Spielzeiten inszeniert wurde. In beiden Stücken geht es um den Zerfall einer Familie, wobei beim „Fest“ ein dunkles Geheimnis des Familienpatriarchen im Mittelpunkt stand, während bei der „Familie“ die Matriarchin und ihre Töchter ein bitteres Resümee ihres Lebens ziehen müssen.

Kurz zur Geschichte: Nachdem der alkoholkranke Beverly eine Pflegekraft für seine krebskranke und tablettensüchtige Frau Violet gefunden hat, verschwindet er. Violet ruft ihre Schwester sowie ihre drei Töchter zu sich, später kommt die Nachricht über Beverlys Selbstmord. Auf der Trauerfeier eskaliert die Situation.

Schmutzige Wäsche waschen ist ein viel zu harmloser Begriff, was in den mehr als drei Stunden auf der Bühne von Sascha Hawemann passiert, es ist eine knallharte Abrechnung der Matriarchin Violet (Friederike Tiefenbacher), die erkennt, dass ihr Matriarchin-Gen in ihren Töchtern nicht weiterlebt. Barbara (Merle Wasmuth) wird von ihrem Mann Bill (Carlos Lobo) verlassen und ihre 14-jährige Tochter Jean (Marlena Keil) entgleitet ihr. Karen (Bettina Lieder), der Typ Karrierefrau, hat mit ihrer neuen Eroberung zur Verwirklichung ihrer Kleinmädchenträume auch keinen Glückstreffer gelandet, denn Steve (Frank Genser) macht sich an Jean ran. Ivy (Julia Schubert) ist die tragische Gestalt des Stückes, denn die jüngste Tochter, die noch in der Nähe ihrer Mutter wohnt und von ihr nicht ernst genommen wird, erlebt bei ihrem Emanzipationsversuch – sie will mit ihrem Cousin Little Steve (Peer Oscar Musinowski) nach New York – eine persönliche Katastrophe. Dazu bekommt auch Violets Schwester Mattie Fae (Janine Kreß) mit ihrem Mann Charlie (Andreas Beck) ordentlich ihr Fett weg.

Jeder der Charaktere in dem Stück ist nicht ohne Fehler, und solche aufzudecken ist die Spezialität von Violet, die mit ihrem Mundhölenkrebs die „passende“ Krankheit hat, denn aus ihrem Mund kommen fast nur Gehässigkeiten.

Während die Elterngeneration noch Werte und Ideale der 68er Generation hochhält, nicht umsetzt erscheinen auf der Drehbühne Begriffe aus dem Gedicht „The hollow men“ von T.S. Eliot, in dem es um den moralischen Verfall der Gesellschaft geht, die letztlich daran zugrunde geht. Die Warnerin vor diesem Verfall ist Violet. Ihre Töchter sind alles Produkte einer narzisstischen Gesellschaft, die letztlich aber scheitern. Oft hält Violet ihren Töchtern das Alter vor. „Du kannst mit einer jüngeren Frau nicht mithalten“, wirft sie Barbara an den Kopf.

Hawemann nutzt in seiner Inszenierung exzessiv die Drehbühne und fordert von seinen Schauspielern höchsten Einsatz. Besonders beeindruckend war das Konterfei von Beverly (ebenfalls gespielt von Andreas Beck) während der Trauerfeier. Als schwebte sein Geist noch über der Familie.

Eine kleine, aber wichtige Rolle spielte Alexander Xell Dafov als unterstützende Pflegekraft Johnna, der auch noch live die Musik auf der Gitarre und dem Akkordeon spielte.

Ein monumentales Stück, das vor allem nach der Pause an Schwung und Dramatik gewinnt. Hier stehen nicht nur die Frauen im Mittelpunkt, sondern auch der Wertewandel von Generation zu Generation. Von einer Familie zu einer Gemeinschaft, mit der man nur zufällig genetisch miteinander verbunden sei, wie zu Ivy ihren Schwestern sagt. Nicht mehr von „Blut ist dicker als Wasser“. Hier werden Familienbande nicht nur gelöst, sondern auch radikal gekappt.

Auch die Frage „Was machen wir mit Mutter?“ steht im Raum. In Hawemanns Inszenierung bleibt letztendlich Barbara bei ihr, da sich ihr Familienglück komplett aufgelöst hat, während Ivy und Karen das Weite suchen.

Pazuzu was here

Tja, wo ist das Buch "Exorzismus für Dummies" wenn man es mal braucht? (v.l.n.r.) Björn Gabriel, Sarah Sandeh und Ekkehard Freye. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Tja, wo ist das Buch „Exorzismus für Dummies“ wenn man es mal braucht? (v.l.n.r.) Björn Gabriel, Sarah Sandeh und Ekkehard Freye. (Foto: © Birgit Hupfeld)

„Besessen“ ist eindeutig zweideutig. In dem Stück von Jörg Buttgereit geht es nicht nur um den Film „Der Exorzist“, sondern auch um die Besessenheit nach allem, was mit Horrorfilmen zu tun hat. So ist Hauptperson Gerd Friedekind wahrscheinlich nicht nur eine Anspielung an den Exorzist-Regisseur William Friedkin, sondern ist auch sicherlich autobiografisch gefärbt. Ein Premierenbericht.

Ob wohl so die erste eigene Bude von Jörg Buttgereit aussah? Kaum Möbel, aber dafür einen großen Schrank mit Videokassetten von allerlei Horrorfilmen samt Kuriositäten und Relikten wie Kurzfassungen auf Super8 oder seltene Filmplakate. Eben, was so ein Horrorfilm-Nerd so braucht. Natürlich auch einen Kühlschrank mit Bier und einen Freund, der das Abendessen (Pizza, was sonst!) mitbringt. Den Horrorfilm-Freak Gerd Friedekind spielt Ekkehard Freye mit ungewohnter Langhaarperücke, seinen Freund Marian Karras Björn Gabriel. Fans vom „Exorzisten“ haben es sicher erkannt: Marian Karras ist die Verknüpfung von Lankaster Merrin und Damian Karras, die beiden Priester, die den Exorzismus durchführen.

„Besessen“ ist nicht nur eine Hommage an den „Exorzist“, sondern im Laufe des Stückes tauchen weitere Anspielungen an Horrorfilme auf wie „Rosemarys Baby“, „Wiege des Bösen“, „Angel Heart“ oder Cronenbergs „Videodrome“. Aber echte Fans werden sicher noch viele weitere Anspielungen gefunden haben.

Das ist auch der Knackpzunkt an Buttgereits Stück. Stellten seine vorherigen Produktion wie „Kannibale und Liebe“ oder „Elefantenmensch“ das sogenannte Monster in den Mittelpunkt oder sind eine Hommage an Horrorfilmtraditionen wie bei „Nosferatu lebt“, feiert in „Besessen“ die Horrofilmkultur sich selbst. Wer kaum oder kein Interesse an Horrorfilmen hat, wird eher irritiert sein.

Doch für Freunde des Genres ist „Besessen“ ein Riesenspaß. Das liegt neben Gabriel und Freye auch an den Gast Sarah Sandeh als „Linda“ und natürlich an Uwe Rohbeck. Kein Buttgereit in Dortmund ohne Rohbeck und „Besessen“ macht keine Ausnahme. Rohbeck spielt das „Böse“ wie Robert De Niro „Louis Cyphre“ in „Angel Heart“. Auch die berühmte „Ei-Pell-Szene“ aus dem Film wird zitiert. Auch Sandeh gibt in ihrer Rolle der Besessenen (und weiterer Horrorfilmfiguren) alles.

Der Hauptteil der Handlung wirkt surreal: Plötzlich entsteigt aus dem Fernseher „Linda“ (ist das nicht eigentlich ein Markenzeichen von japanischen Horrorfilmen wie beispielsweise „The Grudge“?) und schon sind wir in einer Welt zwischen Realität und Fiktion. Im Laufe von Lindas Besessenheit mit dem Dämon Pazuzu vermengen sich „Der Exorzist“ mit „Rosemarys Baby“ und „Die Wiege des Bösen“. Es wird also auch etwas kunstblutig. Ein Höhepunkt ist auf alle Fälle der Auftritt von Uwe Rohbeck als „Das Böse“, der Heiner Müllers „Engel der Verzweiflung“ aus der Hamletmaschine rezitiert.

Klarer Fall: Wer Fan von Horrorfilmen ist, insbesondere die der 70er Jahre, sollte auf jeden Fall der Bude von Gerd Friedekind einen Besuch abstatten. Wer mit dem Horrorgenre überhaupt nichts anzufangen weiß und eventuell religiös empfindlich ist, sucht sich besser ein anderes Stück aus. Alle anderen erleben vier Schauspieler in Hochform.

Weitere Termine unter www.theaterdo.de.

 

Trauer, Dramatik, Hoffnung

Alle Beteiligten haben sich den Riesenapplaus redlich verdient. (Foto: © Müller-Girod)
Alle Beteiligten haben sich den Riesenapplaus redlich verdient. (Foto: © Müller-Girod)

Neben Beethovens Neunter und Gustav Mahlers Achter gehört die 2. Sinfonie des letztgenannten Komponisten sicherlich zu den Höhepunkten der Sinfoniekomposition mit Chor. Zusammen mit Lavinia Dames (Sporan) und Tanja Ariane Baumgartner (Mezzosopran) dem Tschechischen Philharmonischen Chor Brno sorgten die Dortmunder Philharmoniker mit ihrem Dirigenten Gabriel Feltz für einen Abend, der bis an seine Grenzen ging. Ein Bericht vom 21. Oktober 2015.

Zwei Solisten, ein Chor, ein volles Orchester (darunter zwei Harfen, zehn Hörner, neuen Musiker für das Schlagwerk): Mahler sparte in seiner zweiten Sinfonie nicht an Mensch und Material. An Gabriel Feltz lag es, alle Mitwirkenden aufeinander abzustimmen und wie ein Mischpult für einen ordentlichen Gesamtklang zu sorgen. Und das gelang ihm.

Mahlers Zweite ist dafür bekannt, dass sie in den „apokalyptischen Phasen“ im ersten und vor allem am Ende des fünften Satzes eine enorme Lautstärke erreichen kann, doch sie hat auch ihre leisen und zärtlichen Phasen. Die Stärke von Feltz und dem Dortmunder Philharmonikern ist, dass sie auch bei den piano-Stellen einen guten Klang erzeugen und so für einen Ausgleich sorgen.

Bei einer solchen Sinfonie muss das Orchester in seiner Gesamtheit an ihre Grenzen gehen. Von daher wäre es ungerecht, wenn man einzelne Musiker herausnehmen müsste, doch da die „Pauken und Trompeten“ eine besondere Rolle gespielt haben, sind den Blechbläsern und den Schlagzeugern ein besonderes Lob zu zollen.

Kunst als Energieform

Elisabeth Heil mit ihrem Automaten "XXL".
Elisabeth Heil mit ihrem Automaten „XXL“.

Fest – flüssig – gasförmig. Diese drei Aggregatzustände existieren. Doch dazwischen gibt es einen Schwebezustand, ein Schwanken zwischen Körper und Raum und der Punkt des Wechsels in einen anderen Zustand. Sechs Künstlerinnen und Künstler präsentieren fünf unterschiedliche Positionen in der Ausstellung „Aggregatzustand. Fest, flüssig, gasförmig. Kunst als Ladungsträger“ vom 24. Oktober bis 22. November 2015 im Künstlerhaus Dortmund. Kuratiert wird die Ausstellung von Laura Eschweiler und Maria Gerdwilker.

„Es ist keine thematische Ausstellung“, so Laura Eschweiler. „Es ist auch für kein bestimmtes Medium gedacht. Es finden sich hier Malerei, Skulptur und Performance.“

Becker Schmitz hat ein außergewöhnliches Objekt geschaffen. Denn es geht über zwei Räume. Denkt der Betrachter im ersten Raum noch, es ist nur ein „müder Sack“ zu sehen, ist im anderen Raum alles voller sperriger Module. Herrscht im einen Raum die Passivität, geht es im anderen Raum aktiv zu. Schmitz baut mit einfachen Mitteln dynamische Strukturen. (www.beckerschmitz.com)

Gleich zwei Arbeiten zeigt Elisabeth Heil. Ihr Automat „XXL“ soll eine Art Exoskelett des Besuchers dienen, der diese Maschine betritt. Denn er ist von allen Seiten zu sehen, wenn auch nur ein wenig. Der Besucher kann verschiedene Knöpfe bedienen und erhält eine Botschaft, die ein wenig an Glückskekszettelchen erinnert.

Zur Eröffnung am 23. Oktober um 20 Uhr fordert Heil die Besucher eine halbe Stunde lang zum Kräftemessen ein. Das Ergebnis wird nicht nur per Video aufgezeichnet, sondern die Leistung auch aufgeschrieben und evaluiert.

Idyllisch sieht die Arbeit von Fabian Nehm aus. Ein kleines Häuschen, ein Baum und Wege. Während der Ausstellungseröffnung soll auch noch etwas im Haus passieren. Alltäglich Dinge werden vom Künstler analysiert und nachgeahmt. (www.fabian-nehm.de)

Eine mehr dokumentarische Funktion nehmen die beiden Niederländer Onno Dirker und Christian van der Kooy. Ihr Film handelt vom Feuerwerk zur Eröffnung eines neuen Theaters in Den Haag. Das Tagesfeuerwerk zog etwa 500-600 Zuschauer an und kostete 25.000 €. Mit zehn Kameras haben sie die Vorbereitungen und das Feuerwerk genau analysiert. Daneben sind Überreste vom Feuerwerk in der Ausstellung zu sehen. Den beiden Künstlern wollen in ihrer Arbeit die Nutzung und Gestaltung des öffentlichen Raums untersuchen. (www.dirker.nl / www.christianvanderkooy.com)

Auf den ersten Blick scheinen die Bilder von Fee Kleiß florale Elemente zu zeigen, doch sieht man genauer hin, ist es eine fiktive Botanik, diese Pflanzen können hier nicht wachsen. Es sind Rohre mit verschnürten und verklammerten Blättern. Kleiß fragt sich: Wie könnten Pflanzen aussehen, die auf fremden Planeten wachsen. (www.feekleiss.de)

Die Öffnungszeiten des Künstlerhauses (Sunderweg 1) sind: Donnerstag bis Sonntag von 16 bis 19 Uhr. Am 22. November findet um 16 Uhr eine Kuratorenführung statt.

Steine bewegen

Horst Wegener zeigt einige seiner Arbeiten im Torhaus.
Horst Wegener zeigt einige seiner Arbeiten im Torhaus.

Die neue Ausstellung im Dortmunder Torhaus Rombergpark lautet „Rolling stones“. Sie hat aber nicht mit Musik zu tun, sondern es dreht sich alles um die Arbeiten von Horst Wegener. Seine Steinskulpturen spielen sehr oft das Thema „Bewegung“.

50 Kilo können sehr schwer sein. Vor allem, wenn man sie in den Ausstellungsraum des Torhaus Rombergpark hieven muss. Aber Horst Wegener arbeitet halt mit Stein. Und er bearbeitet sie künstlerisch. So entwickelt der schwere Stein eine Leichtigkeit und Beweglichkeit. Das ist vor allem in seinen Automodellen zu sehen. Sein „Meisterwerk“, wie Wegener seinen Porsche aus Carrara Marmor nennt, überzeugt durch die Schönheit der Form. Wegener zeigt aber auch die Kehrseite, in dem er einen Porsche mit Unfallschaden aus Marmor schafft. Das Auto scheint irgendwo vor einer Laterne gefahren zu sein, zerstörte Motorhaube und andere Beschädigungen sind herausgearbeitet.

Auch andere Modelle von Autos sind zu sehen wie ein VW-Käfer (mit abnehmbaren Dach), ein eine Isetta, ein Chevrolet und ein Trabbi. Letztgenanntes stand im Garten und trägt Spuren der Naturrückeroberung. Das macht die Arbeit aber noch spannender, ähnlich wie ein von Moos überwachsender Manta, den der Künstler auch noch entzwei gehauen hat. Es könnte auch der Grabstein eines vergessenen Manta-Liebhabers sein.

Währen die Modelle (es gibt noch ein Kofferradio oder ein Motorradfahrer zu sehen) eher aus dem Bauch heraus entstehen, gibt es noch die „Werke des Verstandes“. Hier löst sich der Künstler vom gegenständlichen und modellhaften und arbeitete stark abstrahiert. Im Zentrum der Ausstellung ist die Arbeit „Cubus“. Eeine Kugel ist in einem Kubus gefangen. Wie kommt die Kugel dort hinein? Ist es die Kugel des Glücks, die mal hierhin oder dorthin rollt? Oder muss das Runde eben ins Eckige?

Eine besondere Arbeit ist der „Global Buddha“. Der Buddha ist über den globalen Handelsweg zu uns gekommen. Er steckt noch in seiner Versandkiste und kann mittels Bindfaden und Rollen überall hingefahren werden.

Öffnungszeiten des Torhaus Rombergparks:

dienstags bis samstags 14 bis 18 Uhr

sonntags und feiertags 10 bis 18 Uhr.

Auf Tatortsuche in Dortmund

Su Turhan sucht seine Inspiration in der Nordstadt und in der Stadt- und Landesbibliothek.
Su Turhan sucht seine Inspiration in der Nordstadt und in der Stadt- und Landesbibliothek.

Die achte Anthologie der Krimireihe „Mord am Hellweg“ steht in den Startlöchern. 2016 soll es soweit sein. Unter dem Titel „Glaube.Liebe.Leichenschau“ sucht der in München wohnende Regisseur und Autor Su Turhan ein passendes Setting für seine Krimi-Kurzgeschichte.

Natürlich der Fußball. Woher ist Turhan die Stadt Dortmund bekannt, natürlich durch den heimischen BVB. Sein Weg durch die Stadt aus Recherchezwecken führte ihn durch die Nordstadt und zum Hauptfriedhof.

Die Nordstadt faszinierte den türkischstämmigen Autor. „Das türkische Leben ist in Dortmund offener als in München“, so Turhan begeistert. „Hier bekommt man alles mögliche an Essen.“ Auch die Kioskkultur vermisst er in München. Die Stadt hat Turhan offenbar so fasziniert, „dass ich mir vorstellen könnte, hier zu leben.“

Beim Besuch durch die Nordstadt hat sich Turhan wie ein offenes Gefäß von den Gerüchen und anderen Eindrücken füllen lassen. Dazu hat er eine Menge Fotos gemacht. Das alles wird in eine 12-seitige Kurzgeschichte komprimiert, bei der auf jeden Fall ein Mord passieren muss.

Was genau passiert, verrät Turhan natürlich noch nicht, aber „Humor werden sie bei mir wiederfinden.“ Auf keinen Fall wird sein „Kommissar Pascha“ den Fall übernehmen. „Die Ermittlerfigur ist noch unklar, es muss keine staatliche Institution sein“, so Turhan.

Insgesamt werden für die achte Krimianthologie von „Mord am Hellweg“ 23 Kurzgeschichten veröffentlicht. Die Autoren haben kleine Orte wie Oelde oder andere Ruhrgebietsstädte wie Gelsenkirchen besucht. Turhan wollte nach Dortmund. „Ich bin ein Großstadtschreiber. Ich mag es schon sehr städtisch“, erklärte der Autor.

Die Anthologie ist ein wichtiger Teil des internationalen Krimifestivals, das vom 17. September bis zum 12. November 2016 stattfindet in den 23 teilnehmenden Städten der Hellweg-Region stattfinden wird.