Ausdruckstarke Tortugas

Diskussion beim Mittagessen. (v.l.n.r.) Johannes Hebsacker, Marlon Otte, Dina Wälter sowie im Hintergund ein Teil der Tortugas. (Foto: © ©Björn Hickmann / Stage Picture GmbH)
Diskussion beim Mittagessen. (v.l.n.r.) Johannes Hebsacker, Marlon Otte, Dina Wälter sowie im Hintergund ein Teil der Tortugas. (Foto: © ©Björn Hickmann / Stage Picture GmbH)

Am 13. Juni 2015 gaben die Darsteller des Jugendclubs der Oper Dortmund, die „Tortugas“ dem Publikum mit der Premiere ihrer neuen Produktion „Die Tortugas in ausDruck“, unter der Regie von Alexander Becker in ihren stressigen und von immensem Druck geprägten Alltag.

Beim Eintritt in der Jungen Oper wurde das Publikum von den 14 Tortugas, einheitlich gekleidet in schwarzen Hosen, weißen Hemden und gelbem Schlips in reger Betriebsamkeit empfangen.

Überall an den Wänden, auf dem Boder oder in den Händen der Darsteller waren unzählige Zettel zu sehen, das sollte die ständigen Aufgaben symbolisieren, die noch zu tun sind. In einem kleinen Orchestergraben befand sich die aus sechs Personen bestehende Band des Märkischen Gymnasiums Iserlohns, die die Aufführung mit Gitarren, Keyboards und Schlagzeug musikalisch unterstützten.

Vor Beginn der Produktion muss eine der Darstellerinnen, Nela, gleich auf „Couch“ eines Psychologen und verspätete sich. Danach ging es los mit dem gnadenlosen Wecker am Morgen. Die müden Schüler quälen sich aus dem Betten. Als lustige Einlage bringt ein „Butler“ ihnen ihre Zahnbürsten. In der Schule geht der Druck durch die Lehrerin, gespielt von der zweiten Erwachsenen, schon los. Ein Jahr vor dem Abitur sollen die Schüler auf Leistung geeicht werden. Die verschiedenen Typen in der Klasse, ob Streberin, „Loser“, der Gleichgültige oder Individualist, werden vorgestellt. Nach der Schule geht es in zwei unterschiedliche Elternhäuser zum Essen in die Familie.

Da ist die gutbürgerlicher Familie, wo der Vater mal eben den befreundeten Arzt beim Golfspiel stört, damit dieser ihm bei der Behebung von „Konzentrations- und Aggressions-Problemen“ des Sohnes mit Pillen zur Leistungsoptimierung behilflich ist. Auf der anderen Seite ist da eine prollige Unterschichtenfamilie mit arbeitslosem Vater in Feinrippe-Unterhemd und rauchender Mutter zu sehen. Für deren Sohn kommt ein Austauschjahr im Ausland nicht in Frage. Richtig gekocht wird dort auch nicht. Ehrgeizige Oberschichts-Eltern und sozial benachteiligte Jugendliche die lieber schnell irgendeine Job annehmen sollen, um ihre Eltern zu unterstützen, bilden die beiden Pole.

Auch die wenige Freizeit ist mit Hobbys wie Musik, Ballett, Yoga, Fußball oder Stricken verplant. Als reichte das nicht, gibt es da auch den Druck innerhalb der Freundes-Gruppe. Wer möchte schon gerne zum „Trottel des Abends“ auserkoren werde und ein albernes Käferkostüm tragen? Einer der Darsteller baut seinen Frust und Druck beim „Zocken“ am Computer mit „Ballerspielen“ab. Eindringlich und bedrückend, wie die Leinwand zum „Computerspiel“ wird, in der die Spielfigur rund um den Wasserturm in Dortmund alle seine Mitschüler virtuell erschießt. [Anmerkung des Redaktions-Zockers: Ich finde die Analogie von Egoshootern und Amoklauf etwas ärgerlich. Im 18. Jahrhundert wurde noch vor der Lesesucht(!) gewarnt, dann kamen die Comics und das Fernsehen. Jetzt sind halt Killerspiele im Fadenkreuz.]

Als Ruhe-Geschenk an das Publikum und alle Darsteller wurde dann ein paar Minuten in absoluter Stille geschwiegen.

Am Abend war Party bis zum abwinken angesagt, um den“wahrhaften Moment“ zu erleben. Es folgt der Kater danach. Am Ende zeigt sich, wie wichtig es besonders in dieser reizüberfluteten und hektischen Zeit ist, einen Ort der Ruhe für sich zu finden. Ziel sollte sein, dass es möglichst jedem einzelnen Individuum gelingt, den persönlichen Traum zu leben.

Für die Aufführung wurde passend zur Situation bekannte deutschsprachige Musik aus den Genre Rock, Pop, Rap und Klassik gespielt und gesungen. Das ging von „Kurz die Welt retten“ (Tim Bendzko), über „Ich bin morgens immer müde“ (Trude Herr), „Atemlos“(Helene Fischer), „Vier Wände (Rio Reiser), „Kids“ (Marteria), „54-74-90-2010“ (Sportfreunde Stiller) oder „Fremde“ (Max Herre). Besonders anspruchsvoll war die Arie aus dem dritten Akt des „Rosenkavalier“ (Richard Strauss) zur verrinnenden Zeit., beeindruckend gesungen von Nela Rötzel.

Bei dieser gelungenen Produktion waren viele Gesangs- und schauspielerische Talente zu sehen und zu hören. Ganz große Klasse von allen Beteiligten!

Überzeugen können sie sich davon noch bei den weiteren Vorstellungen:

Mi, 17.0615, 11.00 Uhr

So, 21.06.15 11.00 Uhr

Di, 23.06.15 11.00 Uhr

Do, 25.06.15. 18.00 Uhr




21. Ballettgala wieder auf hohem Niveau

'Little Monsters': Stephanine Ricciardi und Francesco Nigro. (Foto:  ©Bettina Stöß)
‚Little Monsters‘: Stephanine Ricciardi und Francesco Nigro. (Foto:
©Bettina Stöß)

Die Mischung macht’s: Internationale Gäste, das neue NRW Juniorballett und Mitglieder des Dortmunder Ensembles zeigten am 13. Juni 2015 über drei Stunden hochklassiges Ballett. Natürlich wurde die Veranstaltung in gewohnter Weise moderiert von Kammersänger Hannes Brock. Am 14. Juni 2015 gibt es noch einmal die Gelegenheit, die Ballettgala zu sehen.

Die Dortmunder Ballettfreunde haben einen neuen Liebling: Der Kubaner Osiel Gouneo, Mitglied beim Norwegischen National Ballet, zeigte zusammen mit seiner Tanzpartnerin Whitney Jensen vom Boston Ballet in den beiden klassischen Pas de deux „Le Corsiare“ und „Flamme de Paris“ höchste Kombination von Technik und Sprungkraft. Anhand des Applauses merkte man, dass der klassische Tanz in Dortmund sich sehr großer Beliebtheit erfreut. Von daher waren in dem umfangreichen Programm mehrere Pas de deux enthalten wie „Don Quichotte“ oder das von George Balachine choreographierte „Pas de deux“ aus „Schwanensee“ von Tschaikowski.

Auch Freunde des modernen Tanzes kamen natürlich auf ihre Kosten. Hier begeisterte vor allem der Australier James O’Hara. Seine schier unglaubliche Körperbeherrschung zeigte er in zwei Choreografien „Exhausting space“ sowie „Ondos do mar“. Ein sehr atmosphärisches Stück mit Licht und Schatten zeigten Jurgita Dronina und Fabien Voranger vom „Nationale Ballet Amsterdam“ in „A sweet spell of oblivion“ mit der Musik von Johann Sebastian Bach.

Etwas Besonderes boten Robert Tewsley und Thomas Gallus von „Ballet de l’Opéra de Lyon“. Sie tanzten das Pas de deux aus dem „Feuervogel“ von Strawinsky. Während der Feuervogel normalerweise von einer Frau getanzt wird, sind in der Choreografie von Marco Goecke sowohl der Feuervogel als auch der Prinz beides Männer. Der Tanz von Tewsley und Gallus erinnerte an die beiden tschechischen Tänzer Jiří und Otto Bubeníček

Für regelmäßige Besucher des Dortmunder Balletts gab es ein Wiedersehen mit vielen Stücken, die in den letzten Spielzeiten zu sehen waren. Das leidenschaftliche „Closer“, getanzt von Clara Hernandez und Andrei Moriariu vom Ballett Dortmund war ebenso dabei wie das großartig getanzte „With a little help from my friends“. Hier zeigte Giacomo Altovino vom Dortmunder NRW Juniorballett eine beeindruckende Leistung. Auch „Little Monsters“ mit der Musik von Elvis Presley und getanzt von Stephanine Ricciardi und Francesco Nigro (Ballett Dortmudn) verzauberte die Zuschauer. Szenen aus „Geschichten aus dem Wiener Wald“, „Der Traum der roten Kammer“, „Zauberberg“ und „Schwanensee“ rundeten das hochkarätige Programm ab.