Barocke Frömmigkeit

Selten gehörte Werke meisterhaft ausgeführt: Das Ensemble Correspondances. (Foto: © B. Kirschbaum)
Selten gehörte Werke meisterhaft ausgeführt: Das Ensemble Correspondances. (Foto: © B. Kirschbaum)

Die musikalische Reise beim Festival Klangvokal führte uns am 04. Juni 2015 in der Reinoldikriche in die Zeit des Früh- und Hochbarocks in Frankreich und Italien. Während weite Teile des damaligen Deutschen Reiches durch den 30-jährigen Krieg in Schutt und Asche gelegt wurden, blühte in Frankreich und Italien das musikalische Leben. Das „Ensemble Correspondances“ präsentierte Musik aus der Zeit des Sonnenkönigs Ludwigs des XIV. und ins Rom der Kardinäle.

Das französische „Ensemble Correspondances“ hat sich zur Aufgabe gemacht, eher unbekannte Komponisten aus der Barockzeit wieder an Licht der Öffentlichkeit zu holen. Die acht Sängerinnen und Sänger sowie die zehn Musikerinnen und Musiker unter der Leitung von Sébastian Daucé spielten Werke von Louis Constantin, Étienne Mouliné, Antoine de Boësset und François de Chancy, Stefano Landi und Luigi Rossi, die vermutlich nur Experten der Barockmusik ein Begriff sein dürften.

Der erste Teil war den „Franzosen“ gewidmet, dessen fromme Lieder aus Latein oder Französisch den Geist der Gegenreformation. In den Liedern wie „Conseille moy mon coeur“ von Boësset dringt eher der alttestamentarische „große Rachegott“ durch und die Sorge, dass die Seele auf alle Zeiten im Fegefeuer brät, als ein verzeihender Gott. Und so klang die Musik auch. Etwas pietistisch und reduziert.

Im zweiten Teil erklangen die „Italiener“. Es war sofort zu spüren, warum die italienische Barockmusik so einen Erfolg hatte und ihren Einfluss weit in den Norden ausdehnte. Sie war leichtfüßig und gab den Sängerinnen und Sängern Raum, Emotionen zu zeigen. Selbst wenn es in den Werken von Rossi über die Sterblichkeit des Menschen geht, klingt seine Musik eher wie ein kraftvolles Lied über die Liebe.

Natürlich spielt das „Ensemble Correspondances“ Instrumente, die in der Barockzeit üblich waren. So konnten die Zuhörer neben den beiden Gamben auch zwei Theorben bewundern. Daucé führte seine Musiker souverän durch das Programm. Die Sängerinnen und Sänger standen ihren Musikerkollegen in nichts nach. Bei der klaren Stimmführung war jede Stimme sehr gut heraushörbar, aber dennoch gelang es den Künstlern einen guten Zusammenklang herzustellen. Wenn man jemand herausheben wollte, wäre es Lucile Richardot (Alt), die die Allegorie der Stadt Rom aus dem „Prologo d’il Sant Slessio“ von Stefano Landi in wirklich beeindruckender Weise sang. Auch die beiden Bassisten Etinne Bazola und Renaud Bres konnten gefallen.

Musiker und Sänger konnten vor allem bei dem „italienischen Teil“ glänzen, mit dem Höhepunkt „La Cecità del misero mortale“ von Rossi, bei dem die Sänger nicht nur chorisch, sondern auch solistisch ihr Können zeigen konnten.

Insgesamt ein gelungener Streifzug zu den noch eher unbekannten Schätzen der Barockmusik.




Die Orestie in der Zirkusmanege

Der antike Stoff der Orestie wurde in einen Zirkus verpackt. (Foto © Joachim Schmitz)
Der antike Stoff der Orestie wurde in einen Zirkus verpackt. (Foto © Joachim Schmitz)

Eine verblüffend überraschende Aufführung bot am 4. Juni 2015 das Theater an der Ruhr Mülheim mit ihrem Stück „Die Orestie“ und deren besondere Interpretation im Kinder-und Jugendtheater Dortmund. Das Ganze im Rahmen des Festivals Unruhr 2015.

Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben sich lange mit der Orestie und der griechischen Mythologie beschäftigt und etwas Neues geschaffen. Das Geschehen wurde kurzerhand in eine Zirkusmanege verlegt. Agamemnon, König von Mykene wird zum Zirkudirektor, der zunächst die beteiligte Personen in der Manege vorstellt. Diese bekommen alle einen eigenen Charakter zugeschrieben. So ist seine Gattin Klytämnestra eine bestimmende, emanzipierte Domina, die ihm nie verzeihen konnte, dass er ihre Tochter Iphigenie opferte. Diese ist , wie wir erfahren werden, aber am Leben, und wurde gerettet.

Nachdem Troja gefallen ist, kehrt Agamemnon nach Jahren in Begleitung der Seherin Kassandra, die sein Schicksal voraus sieht, in die Heimat zurück. Da Klytämnestra nicht weiß, dass Iphigenie lebt, ermordet sie Agamemnon. An seinem Gab treffen die seit Jahren getrennten Geschwister aufeinander. Elekta, die von Hass auf die Mutter zerfressen ist und in dem Stück als Raubkatze dargestellt wird, ihre Schwester Chrysothemia, die für Vergebung plädiert und nicht fassen kann, dass ihr Vater wirklich tot ist sowie der Thronfolger Orest mit seinem Gefährten Pylades, die als eher traurige Clowns eine schwierige Entscheidung treffen müssen: Rache oder nicht?

Begleitet und beobachtet wird die ganze Geschichte von Apollon, als Vertreter der Götter. Er wird mit einer Klangschale angerufen.

Die Aufführung ist durch eine starke Körperlichkeit und Symbolik gekenzeichnet, so dass die Geschichte der Orestie etwas in den Hintergrund gedrängt wurde. Da ist etwas Eigenes, voller Farbe, Bildersprache und Dynamik entwickelt worden. Den Darstellern merkte man an, dass sie gut aufeinnander abgestimmt sind. Alle waren weiter in ihren Rollen, auch wenn sie nicht im Mittelpunkt standen.

Die jungen Besucherinnen und Besucher waren begeistert.




Das Geheimnis eines Koffers

Der Jugendclub des Westfälischen Landestheaters Castrop-Rauxel erzählte den Zuschauern eine Familiengeschichte, die ihre Wurzeln in Russland hat. (Foto: © ©WLT Castrop-Rauxel)
Der Jugendclub des Westfälischen Landestheaters Castrop-Rauxel erzählte den Zuschauern eine Familiengeschichte, die ihre Wurzeln in Russland hat. (Foto: © ©WLT Castrop-Rauxel)

Der Beitrag vom WLT Castrop-Rauxel zum Festival Unruhr 2015, „Unter uns“, wurde im Schauspiel Dortmund am 4. Juni 2015 aufgeführt. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen Darsteller erzählten in ihrem Stück eine geheimnisvolle Geschichte, die in die 90iger Jahre des letzten Jahrhunderts nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion hineinreicht.

Ella, die 17 Jahre alte Tochter von russischen Einwandern,möchte nicht in die alte Heimat ihrer Eltern zurück und wohnt deswegen bei ihrer Großmutter Galina in Castrop-Rauxel auf einem Dachboden. Als sie sich dort einrichtet, findet sie einen Koffer mit seltsamen Inhalt. Jede Menge Geld, ein Stapel Liebesbriefe in russischer Sprache, und sogar eine Pistole. Die Liebesbriefe sind an einem gewissen Viktor adressiert. Dazu findet sie Fotos aus den 90iger Jahren, die diesen Viktor zusammen mit ihrem Vater zeigen. Was hat es damit auf sich? Ihre Großmutter lenkt jedes Gespräch darüber auf ein anderes Thema ab. Ihr neidische und eifersüchtige Kusine Katja und ihr Freund Felix sind bei der Lösung des Rätsels keine wirkliche Hilfe. So nimmt Ella das Heft in die Hand und schreibt einen Brief an die Adresse in Russland. Auf diesem Weg kommt später in Kontakt mit dem jungen Ilya, der seinen Vater laut seiner Mutter bei einem Unfall verloren hat. Ella hat nun mit ihrem langsam wachsenden Gefühlen für Ilja und der Eifersucht ihres Freundes zu tun. Nach und nachlüftet sich das Geheimnis um den Koffer und um den wahren Vater von Ilya.

Das Thema des Stückes ist intressant und spannend und die jungen Darsteller engagiert. Ein guter Idee war die Zwiesprachen von Ella mit der Emscher (eine Gruppe der Darsteller hat sich in eine blauer Folie gehüllt) oder die lustig-intressanten Gespräche von Ilja mit seiner Katze. Wenn es nach Russland ging, traten drei Matrjoschkas auf.

Die Aufführung war durch ständige Szene-und Requisitewechsel sowie von vielen kurzen Anrissen von verschiedenen Musikstücken gekennzeichnet. Je nach Situation mal klassisch, oder auch rockig. Das sorgte für eine gewisse Zerissenheit und Unruhe im Stück.Leider sprachen die Darsteller manchmal zu leise und waren in den hinteren Reihen des Dortmunder Schauspielhauses nicht immer genau zu verstehen.