Naomi Kawase gewinnt den RWE Filmpreis 2015

Beim Internationalen Frauenfilmfestival Dortmund | Köln wurde der poetische Film STILL THE WATER (Futatsume no mado) von Naomi Kawase mit dem 6. RWE Filmpreis ausgezeichnet. Die Jury des Internationalen Spielfilmwettbewerbs wurde von Kawases Arbeit überzeugt: „Naomi Kawases Film zeigt eine herausragende Leistung. Sie erforscht die Stärke und Brüchigkeit des Lebens: Erste Liebe, Beziehungen zwischen Jugendlichen und ihren Eltern, der Umgang mit Verlusten, Krankheit und Tod. Die Kinematographie der Regisseurin, mit der sie kraftvoll die Natur einsetzt um die Emotionen der Figuren herauszuarbeiten oder zu konterkarieren, hat uns mehr als beeindruckt. STILL THE WATER zeugt von höchster filmischer Meisterschaft, ist visuell atemberaubend und steckt bis zum Ende voller Überraschungen.“ (Unsere Rezension hier)

Der RWE Filmpreis ist mit 15.000 Euro dotiert, davon gehen 5.000 Euro an die Regisseurin und 10.000 Euro an den deutschen Verleih, um den Vertrieb des Preisträgerinnenfilms in Deutschland nachhaltig zu fördern.

Die Jury des Internationalen Spielfilmwettbewerbs, an dem acht Spielfilme teilnahmen, war in diesem Jahr mit der deutschen Schauspielerin Lena Stolze („Die weiße Rose“, „Das schreckliche Mädchen“), der ägyptischen Regisseurin und Festivalleiterin Amal Ramsis und der britischen Produzentin Kate Kinninmont, Leiterin von Women in Film and Television UK (WFTV),  besetzt.

Die Jury vergab außerdem eine lobende Erwähnung für die schwarze Komödie BODY der polnischen Regisseurin Małgorzata Szumowska. (Unsere Rezension hier)

Den trailer-ruhr-Publikumspreis (1.000 Euro) für den beliebtesten Film des diesjährigen Festivalprogramms erhielt Amal Ramsis für ihren Dokumentarfilm THE TRACE OF THE BUTTERFLY (Ägypten 2014), eine Reise durch die ägyptische Revolution. Ramsis war in diesem Jahr Mitglied der Jury des RWE Filmpreises.




Berührende Abschiednahme

Mit „Frailer“ wurde am Sonntag, dem 19. April 2015 der letzte Beitrag für den Regiewettbewerb in der Schauburg gezeigt. Der niederländische Film von Mijke de Jong ist ein Zwischending zwischen Fiktion und Dokumentarfilm über das Abschiednehmen von einer Todkranken.

Um den Inhalt richtig zu verstehen, muss man die Vorgeschichte kennen. „Frailer“ – im Original „Brozer“ (Brüchiger), ist quasi der Nachfolgefilm von „Broos“ aus dem Jahre 1997, ebenfalls von de Jong. In dem Film wollen vier Schwestern ihren Eltern zum 40. Hochzeitstag eine Überraschung bereiten und erfahren, dass in der Ehe ihrer Eltern nicht alles glatt ging. Leonoor Pauw spielte in „Broos“ eine der Schwestern, Muis. 2010 machte Pauw bekannt, dass sie unheilbar an Krebs erkrankt ist. Schnell kam die Idee auf, einen zweiten Teil zu „Broos“ zu machen, eben „Brozer“.

„Brozer“ handelt von der Sterbebegleitung von Muis/Leonoor Pauw und wie die drei Filmschwestern und Schauspielkolleginnen damit umgehen. Er zeigt in berührender Weise die Freuden, aber auch die Qualen, die Muis/Leonoor erlebt. Zudem wird deutlich, dass es ab einem bestimmten Zeitpunkt für die anderen Schauspielerinnen eine zu große psychische Belastung wurde. In der letzten Phase wird aus Muis wieder Leonoor und aus der Fiktion wird eine intime Dokumentation über das Sterben. Der Film erspart dem Zuschauer nichts. Die Ängste und die Verzweiflung von Pauw schnüren einem die Kehle zu. Aber ebenso hat de Jong auch komische Elemente eingebaut. So tragen alle „Schwestern“ das gleiche Kleid oder liegen zur Probe im Sarg.

„Frailer“ ist schmerzvoll und berührend, aber gleichzeitig auch lehrreich, denn er zeigt uns, wie wichtig das Abschied nehmen von einem Menschen sein kann und wie beide, der Sterbende und der Angehörige, voneinander profitieren können.