Liebesabenteuer in 140 Zeichen

Es ist die wohl berühmteste Liebesgeschichte: Romeo und Julia. Die Tragödie von William Shakespeare hat zahllose Komponisten inspiriert, beispielsweise Hector Berlioz, Sergej Prokofjew oder in einer aktuellen Version Leonard Bernstein. Barbara Volkwein inszenierte den Stoff beim 3. Konzert für junge Leute am 27. April 2015 im Konzerthaus Dortmund mit den Dortmunder Philharmonikern, der Sängerin Natascha Valentin und den beiden Tänzern der Dortmunder Ballettcompagnie Clara Hernandez und Dayne Florence.

Das Leben, die Liebe, alles mittlerweile auf 140 Zeichen heruntergebrochen. Die Idee Shakespeare, Romeo und Julia mit eigenem Twitter-Profil auszustatten, machte die Geschichte ein wenig frischer, eine ähnliche Idee hatte aber bereits die Royal Shakespeare Company, die den Stoff 2010 unter dem Namen „Such Tweet Sorrow“ in die Neuzeit brachte.

Gespielt wurde hauptsächlich Musik von Berlioz (Romeo et Juliette), Prokofjew (Romeo and Juliet) sowie George Gershwin (An American in Paris), obwohl das präsentierte Stück in New York spielt.

Dazu spielten die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Elisabeth Fuchs auch ein paar moderne Töne wie beispielsweise „Tico, Tico“ von Zequinha de Abreu oder „You can’t take back a step“ von Gregg Alexander.

Hernandez und Florence setzten dank der guten Choreografie die optischen Glanzpunkte, die eingeblendeten Twitternachrichten setzten die Geschichte „altersgerecht“ um, denn schließlich spielt sich bei vielen der jungen Besucher das soziale Leben und auch die Liebe auf sozialen Plattformen wie Facebook oder Twitter ab.

Beim Blick durch die Reihen konnte man feststellen, dass das Konzept der Konzerte für junge Leute mit Erfolg angenommen wird.

Höhepunkt des Kunstliedes

Wenn es so etwas wie ein Destillat der Romantik gäbe, dann wäre es wohl zusammen mit der „Winterreise“ der Liedzyklus „Die schöne Müllerin“, beide von Franz Schubert. Romantische Gedichte kombiniert mit romantischer Musik machten aus der „Müllerin“ einen Evergreen des Kunstliedes und viele Interpreten haben es gesungen, darunter Dietrich Fischer-Dieskau. Bei der letzten Liedmatinee in der aktuellen Spielzeit am 26. April 2015 sang Bariton Gerardo Garciacano die „Müllerin“ unterstützt von Sonja Lohmiller am Klavier.

Die 20 vertonten Lieder des Dichters Wilhelm Müller erzählen die Geschichte eines wandernden Müllergesellen („Das Wandern ist des Müllers Lust“), der sich in die Müllerstochter seines neuen Arbeitgebers verliebt („Der Neugierige“). Zunächst macht sie ihm anscheinend Hoffnungen („Mein!“), aber dann verliebt sie sich in den Jäger („Der Jäger“), was den Zorn des jungen Mannes erregt („Eifersucht und Stolz“). Letztlich begeht der arme Müllergeselle Selbstmord („Der Müller und der Bach“) und ertränkt sich. Das letzte Lied „Des Baches Wiegenlied“ singt der Bach, der in dem Zyklus eine übernatürliche Rolle spielt, denn er führt den Gesellen zunächst zu seinem vermeintlichen Glück, das sich aber als Unglück entpuppt.

Garciacano, der in den Da Ponte-Opern von Mozart mitspielte, aktuell singt er den „Don Giovanni“, zog die Zuhörer mit seiner Stimme in die Lieder hinein und vermittelte eindrucksvoll die Stimmungen des Müllergesellen. Von zarter Liebe über wütende Eifersucht beim Lied „Der Jäger“ bis hin zu Trauer und Verzweifelung – Garciacano konnte alle Register ziehen. Dabei wurde er von Sonja Lohmiller auch kompetent begleitet.

Einen kleinen Bonus gab es auch: Georg Holzer, Chefdramaturg der Oper, las vier der fünf nichtvertonten Gedichte von Müller.

Friedensgrüße per Postkarten

Eine kleine Auswahl von künstlerisch gestalteten Postkarten hängen im Atelier Anschnitt an der Wand.
Eine kleine Auswahl von künstlerisch gestalteten Postkarten hängen im Atelier Anschnitt an der Wand.

Postkarten scheinen aus der Mode zu kommen. Wurden 1952 noch über 900 Millionen von ihnen verschickt, waren es 2006 nur noch 225 Millionen, klärt uns Wikipedia auf. Zum siebten Mal widersetzt sich das Atelier Anschnitt von Tanja Melina Moszyk diesem Trend und präsentiert seit dem 26. 04. 2015 Künstlerpostkarten zum Thema „Friedenszeichen“.

„Der Blick nach vorn“ und „Erwartungshorizont“ – so lauteten die Themen der zwei vergangenen Jahre. 2015 stehen „Friedenszeichen“ im Mittelpunkt und so haben 56 Künstler 69 Postkarten geschickt und ihre Kunst in dieses kleine Format gezwängt.

Herausgekommen sind vielfältige Beiträge, die zwar eine gewisse Taubenlastigkeit besitzen, aber in Form, Stil und Machart einen bunten Querschnitt durch verschiedenste Kunststile bieten.

Daneben haben auch Jugendliche aus dem Dortmunder Norden und Süden getrennt voneinander „Friedenszeichen“ gestaltet. „Der Norden“ ist entstanden aus dem Kunstprojekt „Wo geht Kunst?“,

gefördert durch die Bundesaktion „Bündnisse für Bildung“. Unter der Organisation der Jugendkunstschule balou e.V. in Zusammenarbeit mit der Stadtteilschule und Kulturmeile Nordstadt. „Der Süden“ besteht aus zwei Malgruppen aus dem Atelier Anette Göke.

Am Volkswillen zerbrochen

Wenn Saul (Christian Sist) wütend wird, muss David (Ileana Mateescu) Angst haben. (Foto: © Björn Hickmann / Stage Picture GmbH)
Wenn Saul (Christian Sist) wütend wird, muss David (Ileana Mateescu) Angst haben. (Foto: © Björn Hickmann / Stage Picture GmbH)

Nach „Elias“ (Mendelssohn-Bartholdy) und die „Schöpfung“ (Haydn) konnte das Publikum in der Oper Dortmund am 25.04.2015 mit der Premiere von „Saul“ (Georg Friedrich Händel) zum dritten Mal ein szenisches Oratorium erleben. Die Koproduktion mit dem Staatstheater Kassel wurde unter der Regie von der Regisseurin Katharina Thoma, den Opern-Fans durch schon sieben Produktionen auch als Spezialistin für barocke Stoffe, wie zum Beispiel „Eliogabalo“ (Cavalli) bekannt, für die Dortmunder Bühne bearbeitet.

Das Libretto von „Saul“ Charles Jennens hat als biblische Grundlage das Buch Samuel.

Unter der punktgenauen und lockeren musikalischen Leitung des 1. Kapellmeisters Motonori Kobayashi spielte ein kleines Ensemble der Dortmunder Philharmoniker: Cembalo/Orgel: Wallewei Witten, Luca Di Marchi und an der Theorbe Andreas Nachtsheim.

Thoma legte bei ihrer Inszenierung ein besonderes Augenmerk auf die Wirkung der „Volksmasse“ auf das Individuum und auf dessen Umgebung. Das gibt dem Opernchor des Theaters Dortmund unter der Leitung des „reaktivierten“ Granville Walker eine große Bedeutung und Chance, sein Können zu zeigen und einmal im Vordergrund zu stehen.

Das Bühnenbild von Sibylle Pfeiffer war minimalistisch aber praktisch gestaltet. Ein großes transparentes Plateau auf der Bühne und ein Zweites von der Decke hängend, dienten als Tempel oder Königshof. Das Deckenplateau war multifunktional verwendbar und diente als Symbol für eine höhere Macht.

Das Libretto orientiert sich überwiegend an die biblische Geschichte. Saul wird per Los zum König der Stämme Israels gewählt. Doch mit der Bürde kommt er schlecht zurecht. Schon gar nicht, als ein junger Kriegsheld, namens David, ihm die Sympathie des Volkes streitig macht. Saul verheiratet David zwar mit seiner Tochter Michal, nachdem ihm die ältere Tochter Merab abgelehnt hatte, aber plant nichtsdestotrotz Davids Tod. Saul fühlt sich von Allen verlassen und sucht in seiner Verzweiflung Rat bei den Mächten der Unterwelt. Der Geist Samuels erklärt, das Saul wegen der nicht Befolgung eines Gottesbefehls seine Herrschaft an David abtreten muss und mit seinem Sohn Jonathan auf dem Schlachtfeld ums Leben kommen wird.

Thoma legt in ihrer Inszenierung einen deutlichen Fokus auf die Psychologie der Protagonisten. Saul treibt die gefühlte Ablehnung des Volkes in eine Art bipolarer Störung. Erst sehr freundlich, dann einen Tag später zum Mord gegen David entschlossen. Saul Wahnsinn führt letztendlich zu seinen eigenen Tod. Interessant ist auch die Beziehung zwischen David und Jonathan, Sauls Sohn. Wenn beide sich treffen, ist eine deutliche homoerotische Beziehung erkennbar, die durch Jonathans Tod abrupt beendet wird. Auch Davids Trauer um Jonathan spricht Bände: „Great was the pleasure I enjoy’d in thee, And more than woman’s love thy wondrous love to me!“(Groß war die Wonne, die mir ward von dir, und mehr als Frauenlieb‘ war deine Liebe mir!)“.

Christian Sist, mit seiner überragenden Körpergröße und Stimme eine passende Besetzung für Saul,

Er zeigt die wachsende Verzweiflung, Neid und Eifersucht auf den neuen Günstling des Volkes überzeugend. Mit ihrem klaren Mezzosopran und viel Empathie spielte und sang Ileana Mateescu, schon fast spezialisiert auf „Hosenrollen“, zuletzt im „Rosenkavalier (Richard Strauss), den David.

Tamara Weimerich als zunächst hochmütige Merab, gelang auch spielerisch den Haltungswechsel gegenüber David überzeugend darzustellen. Als kongenialer Gegenpart spielte Julia Amos die sanfte Michal, der oberflächlicher Standesdünkel fremd ist.

Eine besondere Herausforderung gab es für Lucian Krasznec als Jonathan. Neben dem Vater-Sohn Konflikt gab es noch die besondere Freundschaft zu David. Die Darstellung der unterschwelligen homoerotischen Tendenz der Beziehung von David und Jonathan, wurde mit Feingefühl gemeistert.

Als vielseitiger Mann für skurrile Rolle zeigte sich wieder einmal Kammersänger Hannes Brock. Neben den Hohepriester fungierte er als Abner und als Hexe von Endor aus der Unterwelt.

Den kürzesten Auftritt hatte Min Lee. Als ein Amalekiter, der die traurige Botschaft vom Tod Sauls und Jonathans überbringt, wird er bald von David ermordet.

In der Rolle des Doeg sowie als eindrucksvolle Projektion und Stimme von Samuels Geist war Morgan Moody zu erleben.

Besonders bewegend war der Chor. Er symbolisierte die Volksmasse. Die Masse, die sich leicht formen lässt und (blind) dem nächsten „Superstar“ folgt. Frei nach dem Motto: Vox populi, vox dei – Die Stimme des Volkes ist die Stimme Gottes. Thoma schuf mit dem Chor wunderbare Bilder, beispielsweise als sie David mit ihren Händen vor der Wut und dem Zorn Sauls schützten.

Ein großes Kompliment geht auch an die Kostümabteilung unter Irina Bartels. Sie zeigte verschiedenste epochenübergreifende Kostüme. Ob bunt barock-höfisch, einheitliches schwarz des Chores, mal ohne oder mal mit Verschleierung, oder zeitgenössische Bekleidung der Sängerinnen und Sänger. Das unterstreicht die Zeitlosigkeit des Themas. Es gibt genug Beispiele in der Gegenwart, wie schnell sich die Gunst der Bevölkerung zum Beispiel bei Politikern wenden kann.

Ein eindrucksvolles Zeichen, als am Ende bei der Ernennung Davids zum König bei der Übergabe eines Schwertes Blut am Hemd von David zu sehen ist. Symbolhaft für das Blut der Opfer der kommenden Kriege.

Ein gelungener Abend, der mit viel Beifall honoriert wurde. Die Entscheidung von Jens-Daniel Herzog, in Dortmund Oratorien auch szenisch aufzuführen, zahlt sich aus. Händels Musik passte ideal zu einer „Veroperung“, denn Händel verknüpfte in „Saul“ große Chormusik mit Arien, die mehr in Richtung der italienischen „Opera seria“ gingen. Nicht nur für Barockfreunde empfehlenswert.

Weitere Termine: Fr, 08. Mai 2015, So, 17. Mai 2015, So, 24. Mai 2015, Do, 18. Juni 2015, Sa, 20. Juni 2015 und Fr, 26. Juni 2015.

Künstlerische Zweierbeziehung

 

Die Arbeit von Frans van Tartwijk lautet "Dief", Acryl unf Wasserfarbe auf Papier auf Holz, 2011
Die Arbeit von Frans van Tartwijk lautet „Dief“, Acryl und Wasserfarbe auf Papier auf Holz, 2011

Es gibt einige berühmte Beispiele: Frida Kahlo und Diego Rivera, Paula Becker und Otto Modersohn. Manchmal gibt es Künstler auch im Doppelpack. Was passiert, wenn beide Partner künstlerisch aktiv sind? Inspiriert man sich gegenseitig? Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede gibt es? Diesen Fragen geht die Ausstellung „Artist Sweethearts“ im Dortmunder Künstlerhaus nach, die seit dem 25. April läuft und bis zum 14. Juni 2015 zu sehen ist. Elf Künstlerpaare stellen ihre Werke aus.

„Es durften keine Gemeinschaftsarbeiten dabei sein“, erklärte Kurator Cornelius Grau, „ansonsten war die Ausschreibung relativ frei gehalten. Grau interessierte die Frage:Wie arbeiten Paare zu- oder miteinander? Die elf ausgewählten Paare bieten den Zuschauern die Möglichkeit, sich selbst auf die Suche nach einer Antwort zu begeben. Laut Aussage von Grau hat sich kein homosexuelles Paar gemeldet. Dass Künstlerbeziehungen auch von temporärer Natur sein können, zeigte sich darin, dass sich ein Paar während der Vorbereitung zur Ausstellung getrennt hatte.

Im großen Raum im Erdgeschoss haben zwei Paare ihren Platz gefunden. Wobei die Videoarbeit von Susanne Kutter bereits im Treppenhaus zu sehen ist. Hier geht es ihr um die Zerstörung von Idylle. In ihrer Arbeit „I will kill you anyway“ von 2015 verwandelt sie eine harmlose Neonleuchtschrift wie sie zu Werbezwecken gebraucht wird, in eine tödliche Botschaft. Ihr Freund, Markus Willeke, malt Bilder in unterschiedlichen Formaten, aber immer direkt, ohne Korrekturmöglichkeiten.

Daneben sind Werke von Torben Laib und Madelaine Christin Leroy aus Kiel zu sehen. Laib hat eine Klanginstalltion (Reflex (Wo ist das Mikro versteckt?) von 2105 die mit knisternden Aluminumschnipseln arbeitet, Leroy verwandelt Fahrradschläuche in eine Installation, die in den Raum greift. Dabei verwandelt sie das Material, so dass etwas Neues entsteht.

Auch ein Paar aus den Niederlanden ist dabei. Guda Koster schafft durch ihre Arbeit mit Formen und Mustern neue Sehgewohnheiten in ihren Installationen, Photographien und Skulpturen. Frans van Tartwijk hingegen setzt seinen Fokus auf die eher peinlichen Momente im Leben. Betrunkene, tanzende Nackte malt er mit schnellem Pinselstrich.

Susanne Maurer, die auch in einer Einzelausstellung in der Galerie ART-Isotope zu sehen ist, zeigt ihre Landschaftsbilder, während ihr Partner Marc Taschowsky eine Art abstrakter Portraits malt.

Im selben Raum zeigen Michel Aniol und Meike Kuhnert ihre Arbeiten. Aniol präsentiert mit „Draft for an Okziriental Lounge“ eine Installation, die die Entstehung einer neuen Weltkultur durch die Globalisierung zum Thema hat. Kuhnert benutzt für ihre Malerei alltägliche Stoffe, die sie auf Keilriemen spannt und als Malfläche benutzt.

Auch im Keller gibt es etwas zu sehen und zu hören. Mandy Krebs und Marko Schiefelbein zeigen Videoarbeiten.

Die Künstlerpärchen sind:

Michel Aniol und Meike Kuhnert

Pascal Aperdannier und Anne Paschvoß

Klaus Erich Dietl und Stephanie Müller

Guda Koster und Frans van Tartwijk

Mandy Krebs und Marko Schiefelbein

Susanne Kutter und Markus Willeke

Torben Laib und Madeleine Christin Leroy

Katharina Maderthaner und Christian Schreckenberger

Susanne Maurer und Marc Taschowsky

Kihyu Park und Florian Rosier

Fotokünstler in a box

Alle zwei jahre biette die Kunstbox einen Einblick in neue künstlerische Positionen. Hier ein Foto aus 2013. (Foto: © Jan Schmitz)
Alle zwei Jahre bietet die Kunstbox einen Einblick in neue künstlerische Positionen. Hier ein Foto aus 2013. (Foto: © Jan Schmitz)

Zum vierten Mal präsentiert das Depot Dortmund am 25. und 26. April die Kunstbox. 34 Künstlerinnen und Künstler aus dem Bereich künstlerische Fotografie präsentieren an diesem beiden Tagen ihre Arbeiten.

Über 100 Künstlerinnen und Künstler haben Interesse bekundet, eine unabhängige Fachjury hat davon 34 für die Kunstbox 2015 ausgewählt. Wolfgang Schmidt, der künstlerische Leiter, hat eine kleine Sortierung vorgenommen. So gibt es vier Schwerpunkte: Portrait, Experimentell, Orte und Stimmungen. Von den 34 Künstlerinnen und Künstler kommen drei aus Dortmund. Anja Bohnhof, Marina Paula de Abrantes und Alexander Hügel nehmen an der Kunstbox 2015 teil.

Die Besucher haben auch die Möglichkeit, einen der Teilnehmer mit dem Publikumspreis auszuzeichnen. Dazu haben sich die Organisatoren etwas Besonderes einfallen lassen: Jeder der 34 Künstlerinnen und Künstler hat zum Thema „Abgelichtet – Energie ist erneuerbar“ eine Arbeit eingereicht, die etwa Postkartengröße besitzt und in einer Auflage von 100 erscheint. Die Besucher können Karten von den Künstlern kaufen, die sie am besten fanden. Aber nur jeweils eine von jedem Künstler. Die Künstlerin oder der Künstler von der/dem die meisten Postkarten gekauft wurde, bekommt den Publikumspreis. Diese Auszeichnung wird am 26. April um 16 Uhr vom Autor und Kabarettisten Fritz Eckenga übergeben.

Doch auch die Juroren kommen während den beiden Kunstbox-Tagen noch einmal zusammen und küren mit der „BestBox“ den Künstler mit dem besten Messeauftritt. Die „BestBox“ ist mit einem Geldpreis von 500 € verbunden sowie einer Einzelausstellung in der Galerie im Foyer des RWE-Towers in Dortmund. Auch diese Preisverleihung ist am Sonntag um 16 Uhr.

Der Eintritt beträgt 3 €.

Naomi Kawase gewinnt den RWE Filmpreis 2015

Beim Internationalen Frauenfilmfestival Dortmund | Köln wurde der poetische Film STILL THE WATER (Futatsume no mado) von Naomi Kawase mit dem 6. RWE Filmpreis ausgezeichnet. Die Jury des Internationalen Spielfilmwettbewerbs wurde von Kawases Arbeit überzeugt: „Naomi Kawases Film zeigt eine herausragende Leistung. Sie erforscht die Stärke und Brüchigkeit des Lebens: Erste Liebe, Beziehungen zwischen Jugendlichen und ihren Eltern, der Umgang mit Verlusten, Krankheit und Tod. Die Kinematographie der Regisseurin, mit der sie kraftvoll die Natur einsetzt um die Emotionen der Figuren herauszuarbeiten oder zu konterkarieren, hat uns mehr als beeindruckt. STILL THE WATER zeugt von höchster filmischer Meisterschaft, ist visuell atemberaubend und steckt bis zum Ende voller Überraschungen.“ (Unsere Rezension hier)

Der RWE Filmpreis ist mit 15.000 Euro dotiert, davon gehen 5.000 Euro an die Regisseurin und 10.000 Euro an den deutschen Verleih, um den Vertrieb des Preisträgerinnenfilms in Deutschland nachhaltig zu fördern.

Die Jury des Internationalen Spielfilmwettbewerbs, an dem acht Spielfilme teilnahmen, war in diesem Jahr mit der deutschen Schauspielerin Lena Stolze („Die weiße Rose“, „Das schreckliche Mädchen“), der ägyptischen Regisseurin und Festivalleiterin Amal Ramsis und der britischen Produzentin Kate Kinninmont, Leiterin von Women in Film and Television UK (WFTV),  besetzt.

Die Jury vergab außerdem eine lobende Erwähnung für die schwarze Komödie BODY der polnischen Regisseurin Małgorzata Szumowska. (Unsere Rezension hier)

Den trailer-ruhr-Publikumspreis (1.000 Euro) für den beliebtesten Film des diesjährigen Festivalprogramms erhielt Amal Ramsis für ihren Dokumentarfilm THE TRACE OF THE BUTTERFLY (Ägypten 2014), eine Reise durch die ägyptische Revolution. Ramsis war in diesem Jahr Mitglied der Jury des RWE Filmpreises.

Berührende Abschiednahme

Mit „Frailer“ wurde am Sonntag, dem 19. April 2015 der letzte Beitrag für den Regiewettbewerb in der Schauburg gezeigt. Der niederländische Film von Mijke de Jong ist ein Zwischending zwischen Fiktion und Dokumentarfilm über das Abschiednehmen von einer Todkranken.

Um den Inhalt richtig zu verstehen, muss man die Vorgeschichte kennen. „Frailer“ – im Original „Brozer“ (Brüchiger), ist quasi der Nachfolgefilm von „Broos“ aus dem Jahre 1997, ebenfalls von de Jong. In dem Film wollen vier Schwestern ihren Eltern zum 40. Hochzeitstag eine Überraschung bereiten und erfahren, dass in der Ehe ihrer Eltern nicht alles glatt ging. Leonoor Pauw spielte in „Broos“ eine der Schwestern, Muis. 2010 machte Pauw bekannt, dass sie unheilbar an Krebs erkrankt ist. Schnell kam die Idee auf, einen zweiten Teil zu „Broos“ zu machen, eben „Brozer“.

„Brozer“ handelt von der Sterbebegleitung von Muis/Leonoor Pauw und wie die drei Filmschwestern und Schauspielkolleginnen damit umgehen. Er zeigt in berührender Weise die Freuden, aber auch die Qualen, die Muis/Leonoor erlebt. Zudem wird deutlich, dass es ab einem bestimmten Zeitpunkt für die anderen Schauspielerinnen eine zu große psychische Belastung wurde. In der letzten Phase wird aus Muis wieder Leonoor und aus der Fiktion wird eine intime Dokumentation über das Sterben. Der Film erspart dem Zuschauer nichts. Die Ängste und die Verzweiflung von Pauw schnüren einem die Kehle zu. Aber ebenso hat de Jong auch komische Elemente eingebaut. So tragen alle „Schwestern“ das gleiche Kleid oder liegen zur Probe im Sarg.

„Frailer“ ist schmerzvoll und berührend, aber gleichzeitig auch lehrreich, denn er zeigt uns, wie wichtig das Abschied nehmen von einem Menschen sein kann und wie beide, der Sterbende und der Angehörige, voneinander profitieren können.

Beziehungskomödie „all-inklusive“

Einen Beitrag für mehr Toleranz und Offenheit lieferte die Regisseurin Jasmilla Žbanić mit ihrer Komödie „Love Island“ mit ihren Beitragsfilm für den Regiewettbewerb beim Internationalem Frauenfestival 2015.

Grebo (Ermin Bravo) und seine hochschwangere Frau Liliane (Ariane Labed) verbringen ihren Urlaub. Die Idylle wird jedoch gestört, als die verführerische Flora (Ada Condeescu) auftaucht. Grebo fühlt sich zu der attraktiven Tauchlehrerin sofort hingezogen, doch Liliane hat selbst ein Geheimnis, das mit Flora zu tun hat…

Sonne, Sand und Meer. Aus einem Urlaubstrip entwickelt Žbanić eine bunter Beziehungskomödie mit einem durchaus ernstem Hintergrund. Denn Liliane und Flora hatten früher eine Liebesbeziehung. Die Gefühle aller Beteiligten geraten völlig durcheinander. Kombiniert wird dieser Film durch Musik und Tanz, das man in manchen Momenten das Gefühl hat, man sei in einem Bollywood-Film. Žbanić vertraut wie der polnische Beitrag „Body“ auf eine Anzahl skurriler Gäste auf der Ferieninsel. Beispielsweise Francis „Django“ Nero als italienischen Marquis Polesini.

Die Situation auf dem Balkan ist für Homosexuelle noch immer schwierig, mit der leichten Sommerkomödie bricht Žbanić eine Lanze für homosexuelle Menschen und für Toleranz in einer offenen Gesellschaft.

Mutter-Sohn Konflikt in einer Macho-Kultur

Im Spielfilm „Pelo Malo (Bad Hair)“ aus dem Jahr 2013, eine Koproduktion von Venezuela, Peru, Argentinien und Deutschland, gibt die Regisseurin Mariana Rondón Einblicke in eine noch stark von „Machismo“ geprägten geprägten südamerikanischen Gesellschaft in Venezuelas Hauptstadt Caracas. Die Zuschauer erleben ein von Homophobie, Gewalt und Armut bestimmtes Umfeld einer riesigen Plattenbausiedlung.

Die arbeitslos gewordene Marta (Samantha Castillo) lebt mit ihren beiden Söhnen unter beengten Verhältnissen in einer ärmlichen Plattenbausiedlung in Caracas und schlägt sich mühsam durch das Leben. Während ihre Beziehung zu ihrem Baby liebevoll und unkompliziert ist, schafft sie es nicht, sich verständnisvoll mit dem neun Jahre alten Junior (Samuel Lange) auseinander zu setzten.

Der spielt nicht wie die „richtigen Jungen“ Fußball, sondern träumt von glatten Haaren für ein Schülerjahrbuch und einer Karriere als Popstar, wie er es im Fernsehen auf dem Bildschirm täglich zu sehen bekommt. Seine Mutter reagiert zunehmend aggressiv auf seine Vorliebe für das Tanzen und singen. Ihre große Angst ist, dass ihr Sohn, der nur auf der Identitätssuche ist, schwul sein könnte. Wie weit sie geht zeigt sich, dass sie sogar vor den Augen ihres Sohnes mit ihrem ehemaligen Chef schläft, um ihn auf einen“normalen Weg“ zu bringen und sich ihre Arbeit wieder zu sichern. Je mehr Junior verzweifelt um die Liebe und Beachtung seiner Mutter kämpft, desto härter behandelt sie ihn und versucht am Ende, seinen Willen zu brechen.

Die schauspielerische Leistung, vor allem auch des Jungen ist beeindruckend. Leider ist der Film nicht ganz frei von einigen Längen. Der Film kritisiert neben der Homophobie auch den Schönheitswahn der venezolanischen Gesellschaft. Während sich anderswo Menschen für teures Geld extra eine Dauerwelle machen lassen, damit sie „krause Haare“ bekommen, ist Junior mit seiner Haarpracht unglücklich.