Schulalltag im Ersten Weltkrieg

Eine Seite aus dem Gedenkbuch des Westfälischen Lehrervereins
Eine Seite aus dem Gedenkbuch des Westfälischen Lehrervereins.

Wie bekamen Schulkinder den Ersten Weltkrieg 1914-1918 mit? Natürlich direkt, wenn der Vater oder der ältere Bruder im Feld waren oder wenn die Nachricht kam, dass ein Lehrer gefallen war. Doch auch indirekt spielten die Ereignisse und Folgen des Krieges in den Schulalltag. Das Westfälische Schulmuseum in Marten zeigt in der Ausstellung ab dem 22. März „…und stricken für’s liebe Vaterland“ Dokumente aus dem Schul- und Alltagsleben in dieser Zeit.

Haben Sie schon einmal den Begriff „Siegfrei“ gehört? Damals bekamen die Kinder schulfrei nach der Siegesfeier einer gewonnenen wichtigen Schlacht. Natürlich musste das in Preußen genau geplant werden und daher bekamen die einzelnen Schulen von der Königlichen Regierung in Arnsberg Rundschreiben zugeschickt, die sie dann an die entsprechenden Lehrer weitergaben. Die Dokumente sind nicht sehr spektakulär von ihrem Aussehen, doch sie erzählen sehr viel vom Alltagsleben an der Heimatfront.
Die Siegfeiern und das Siegfrei gab es vermehrt zu Beginn des Krieges, danach spielten die Alltagsnöte eine immer stärkere Rolle. So wurden Brotmarken in der Schule von den Lehrern verteilt, wegen Ledermangel sollten Holzschuhe mittels Sportwettbewerben populärer gemacht werden und das Fehlen von männlichen Lehrer sorgte dafür, dass in den Schulen gefragt wurde, ob denn „Zucht und Ordnung“ leide.
Später, als es in Deutschland an allen Ecken und Enden Versorgungsengpässe gab, wurden die Schülerinnen und Schüler zum Sammeln von allen möglichen Dingen aufgefordert: Angefangen von Obstkernen zur Margarineherstellung über Eicheln und Roßkastanien bis hin zu Altmetall und Knochen. Daneben wurde gewarnt, dass das Stehlen von fremden Gras (für die Fütterung der eigenen Kaninchen und Ziegen) bestraft wurde.
Auch wurden den Kindern eingeimpft, dass die Mütter in den Briefen an ihre Männer und Söhne nicht ständig jammern sollten, denn die Briefe könnten abgefangen und als feindliches Flugblatt benutzt werden.

Neben diesen Dokumenten ist ein imposantes Buch des Westfälischen Lehrervereins. Über 620 gefallene Lehrer hatte der Verein zu beklagen und ehrte die Toten 1923 mit einem opulenten Gedenkbuch, in dem an jedem Lehrer mit Foto und kurzem Text gedacht wurde.

Der Titel der Ausstellung stammt übrigens von einem Foto einer strickenden Mädchenklasse, das sogenannte Liebesgaben an die Soldaten schickte. Auch dieses Foto ist in der Ausstellung zu sehen.

Nach den Osterferien kann ein erstes Schulklassenprogramm zur Ausstellung gebucht werden, zu einem Preis von 54 Euro bei einer 90-minütigen Dauer oder für 72 Euro bei einer 120-minütigen Dauer.
Die ersten Sonntagsführungen finden am 29.3., 12.4., 10.5., und 14.6.2015 um 14.30 Uhr statt.
Die Teilnahme kostet drei Euro pro Person zuzüglich zum Museumseintritt.
Das Westfälische Schulmuseum, An der Wasserburg 1, in Dortmund Marten ist immer dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet und der Eintritt beträgt 2,50 Euro (ermäßigt 1,25 Euro) pro Person. Besucher unter 18 Jahren haben freien Eintritt, und auch an jedem 1. Mittwoch im Monat ist der Eintritt für alle Besucher frei.
Gruppen ab zehn Personen zahlen zwei Euro (ermäßigt einen Euro) pro Person.

Informationen und Anmeldungen zu Programmen und Veranstaltungen gibt es unter der Telefonnummer (0231) 613095.




Stürmisches mit ohne Shakespeare

Nach der preisgekrönten Produktion „Peng!“ präsentierte die Theaterwerkstatt Westfalenkolleg ihr neuestes Werk „Der Sturm“. Ars tremonia war in der zweiten Vorstellung im Theater im Depot dabei. Es tanzten und spielten: Elikem Anyigba, Emilie Bieche, Sinan Burma, Jennifer Henke, Laura Gebauer, Mathis Pollmann, Sandy Schmidt, Marjorie Willer und Muazzez Yilmaz

Vergessen Sie bitte alles, was Sie von Shakespeare über den „Sturm“ kennen oder zu kennen glauben. Halt, vielleicht doch nicht alles. Ariel existiert und aus Prospero wurde eine herrlich böse Prospera. Selbstverständlich gibt es auch Gestrandete. Die Hauptfiguren sind also erhalten geblieben, aber ansonsten wurde den beteiligten Studierenden viel Platz zum Entwickeln eigener Ideen gelassen, den sie auszunutzen wussten. Denn im Prinzip geht das Stück darum, wie reagiert eine Gruppe von Menschen, die ohne Mobiltelefone (das einzige wurde sehr schnell über die Klippe geworfen) und andere zivilisatorische Annehmlichkeiten auf die Basis des Daseins zurückgeworfen wird.

Dabei ist das Stück keine „Robinsonade“, der Zuschauer hat viel eher das Gefühl einer sehr frühen Folge von „Lost“ zuzuschauen. Gruppendynamiken entstehen, einzelne Personen leben ihren Frust oder ihre Depressionen aus, es gibt Ängste und Gefahren (ja, Prospera kann wie ihr Shakespearesches Vorbild Menschen in den Schlaf versetzen), aber auch gemeinsame Freude und Tanz (Choreografien von Birgit Götz). Nur das Ende des etwa einstündigen Stückes kommt ein wenig abrupt und wie ein Rausschmiss daher. Denn wenn Ariel (im Original Prospero) in seinem Monolog erklärt, „unsre Spiele sind nun zu Ende. Diese unsere Schauspieler, wie ich euch vorhin sagte, sind alle Geister“ ist kurz darauf Schluss.

Doch vorher war es ein buntes Treiben mit überaus witzigen Szenen und skurrilen Figuren wie den Pauschalurlauber, der auf der Suche nach einem Urlaubsort mit vielen weiblichen Kontaktmöglichkeiten war über die Deprimierte, die sich liebend gerne von der 600 Meter hohen Klippe stürzen würde bis hin zur Frustrierten, der die ganze Situation ankotzt: „Ich sitze hier seit Stunden, seit Tagen, seit Wochen und schau mir den Bockmist an, den ihr mir serviert“.

Eine weitere Besonderheit der Produktion ist die Rolle der Prospera. Die Schauspielerin sitzt im Rollstuhl und trägt Fächer sowie eine Perücke mit Federn. Sie spielt eine missgünstige Prospera, die Menschen durch den Sturm zu sich auf die Insel holt, um Gesellschaft zu haben, der aber schnell langweilig wird.

Das Bühnenbild war spartanisch, aber effektiv. Eine Erhebung, auf der „Klippe“ geschrieben stand, ein Aquarium mit etwas Sand und ein Berg mit Liegestühlen, auf dem zunächst Ariel mit Schlagstöcken den Sturm entstehen lässt. Danach werden die Liegestühle als Requisite benutzt, beispielsweise in einer späteren Szene, in der deutlich wird, dass Liegestühle mit der Dauer auch unbequem werden können.

Im „Sturm“ gab es neben Tanz auch Musik, entweder über Lautsprecher oder aber gesungen wie „Ein Schiff wird kommen“ oder „Probier’s mal mit Gemütlichkeit“.

Insgesamt war es ein kleines vergnügliches Stück über das Leben im Offline-Modus, das vom Publikum begeistert gefeiert wurde. Ähnlich wie „Peng!“ hatte es eine hohe Qualität und die Darsteller brachten sehr viel Spielfreude mit. Es gibt noch zwei Schulvorstellungen im Theater im Depot und zwar am 23.04.2015 um 12 Uhr und am 30.04.2015 um 12 Uhr (Eintritt: 5 € / 3 € für Schulklassen und Gruppen). Es bleibt sehr zu wünschen, dass es für dieses sehenswerte Stück noch weitere Termine gibt. Der Besuch ist einfach empfehlenswert.