Drei Theater erzählen Geschichte der Deindustrialisierung

Vorstellung des Dortmunder Beitrages mit Hilfe von KJT-Leiter Andreas Gruhn (ganz links). Ansonsten sind auf dem Bild zu sehen (v.l.n.r.) Désirée von Delft, Steffen Happel und Götz Vogel von Vogelstein.
Vorstellung des Dortmunder Beitrages mit Hilfe von KJT-Leiter Andreas Gruhn (ganz links). Ansonsten sind auf dem Bild zu sehen (v.l.n.r.) Désirée von Delft, Steffen Happel und Götz Vogel von Vogelstein.

Was haben Halle, Berlin und Dortmund gemeinsam? Sie waren große Industriestandorte, wovon heute außer Ruinen kaum noch etwas existiert. Im Berliner Vorort Schöneweide war früher einmal die AEG beheimatet und Elektroartikel in der DDR kamen von dort. In Halle an der Saale standen die Leuna-Werke und in Dortmund-Hörde gab das Stahlwerk vielen Menschen Arbeit. Wie kommen die Jugendlichen von heute zurecht? Welche Sorgen haben sie? Die Jugendtheater der drei Städte arbeiteten beim Projekt „Industriegebietskinder“ zusammen. Am 01. März 2015 gab es im KJT einen Zwischenstandbericht.

Das gemeinsame Projekt „Industriegebietskinder“ ist in drei Phasen geteilt. Im ersten Halbjahr 2014 fand die sogenannte Recherche statt. Abschluss und Höhepunkt der ersten Phase war ein mehrtägiges Camp in Juni 2014 in Berlin.

Im zweiten Halbjahr 2014 stand die Stückentwicklung auf dem Programm. Mit dem Schreiben der Theaterstücke wurden entweder Autoren (Berlin und Dortmund) oder die künstlerische Leiterin (Halle) betraut.

In der dritten Phase werden die Stücke produziert. In einer Vorstellungsreihe in Halle am Gasometer sind alle drei Stücke zu sehen. Am 29. Mai startet Halle mit „Neu statt sterben“, am 30. Mai ist Dortmund an der Reihe mit „Ach je die Welt“ und am 31. Mai zeigt das Theater Strahl aus berlin das Stück „The Working Dead“.

Beim Zwischenstandbericht am 01. März in Dortmund gab es einen kleinen Einblick, wie weit die Stücke schon gediehen sind. Allen drei ist gemeinsam, dass es um die Frage geht: Was entsteht nach dem Industriezeitalter? Für die Jugendlichen sind natürlich zwei Fragen ganz zentral, werde ich Arbeit haben und werde ich geliebt?

Der Autor Jörg Menke-Peitzmeyer, dessen Stücke auch in Dortmund gelaufen sind wie „Miriam, ganz in Schwarz“ präsentiert ein düsteres Stück. Drei Jugendliche gehen des Nachts in eine alte Fabrilhalle und treffen dort auf eine Art Geister. Die untoten Fabrikarbeiter, die ihrer Vergangenheit hinterherjammern? Schaffen es die Jugendlichen, etwas Neues aufzubauen?

Das Kinder- und Jugendtheater Dortmund präsentiert zwei Werke. Zum einen „Ach je die Welt“ von Anne Lepper. Hier suchen Jugendliche nach Orientierung. Gibt es Arbeit? Marc, Tobias und Christopher sind 15 Jahre alt und suchen nach einem Alfried Krupp, der Arbeit haben soll. Doch der ist verschwunden. Marie-Ann, fast 15, sucht das Glück. Die Suche wird in einer Tragödie enden.

Darüber hinaus wird eine 50-minütige Theater-/Textperformance erarbeitet, die den Strukturwandel am Phoenixgelände zum Thema hat. Der Titel „ASCHE unter meinen Docs“. Die Rollen werden Schülerinnen und Schüler der Marie-Reinders Realschule übernehmen.

Das Thalia Theater aus Halle an der Saale beschäftigt sich in ihrem Stück „Neu statt sterben“ mit dem Plattenbau von Halle-Neustadt. In der DDR ein beliebtes Wohnquartier, ist es heute teilweise rückgebaut worden. Im Stück soll eine Frau ein Theaterstück über den Plattenbau schreiben und trifft auf unterschiedlichste Personen. Ja, sogar der Plattenbau tritt als eigenständige Figur auf. Wie soll es mit Halle-Neustadt weitergehen. Mitwirkende sind neben den Schauspielern des Thalia Theaters auch Jugendliche aus Halle.

Bemerkenswert ist, dass in allen drei Stücken ein Chor eine wichtige Rolle einnimmt. In Berlin ist es der Geisterchor der Fabrikarbeiter, in Halle gibt es einen Jungpionierchor und in Dortmund tritt der „Chor der Sechstklässler“ auf.

 




Entspannung im Dortmunder Kunstverein

Hineinsetzen und Wohlfühlen: "ain't nobody got time for that" von Janina Lemparty, Stoff- und Soundinstallation und Oerformance, 2015
Hineinsetzen und Wohlfühlen: „ain’t nobody got time for that“ von Janina Lemparty, Stoff- und Soundinstallation und Oerformance, 2015

Haben Sie das Wort „Snoezelen“ schon einmal gehört? Nein? In den Niederlanden ist der Begriff (entstanden aus „snooze“ und „doze“ , was dösen bedeutet) eine Form therapeutischen Arbeiten und hat mittlerweile in vielen Ländern Einzug gehalten.

Hierbei werden Räume so gestaltet, dass Licht, Duft, Klang und weitere sensorische Eindrücke ein Wohlbefinden erzeugen. Es ist quasi eine Komfortzone. Studentinnen und Studenten der Kunstakademieklasse von Shana Moulton haben sich mit dem Thema Komfort auseinandergesetzt. Ist der Komfort ein Zufluchtsort? Installationen, Videos und Performances laden zum Entspannen ein.

Die Ausstellung unter dem Titel „to seek out, to explore, to doze, to snooze“ läuft vom 07. März bis zum 03. Mai 2015 im Dortmunder Kunstverein und ist auch ein Begleitprogramm des Internationalen Frauenfilmfestivals in Dortmund, das vom 14. bis 19. April stattfindet.

Generell sei gesagt, dass viele der Installationen zum Anfassen oder Hinsetzen einladen. Daher werden gleich zu Beginn die Besucher gebeten, ihre Schuhe auszuziehen. Der Kuscheltiersessel von Mila Stoytcheva und Kathrin Heyer wirkt auf den ersten Blick zerbrechlich, doch er lädt zum Hineinsetzen ein. So kann sich der Besucher durch Assoziationen an seine Kindheit behütet und geborgen fühlen.

Für die Verbesserung des Selbstbewusstseins hat sich Janina Lemparty verdient gemacht. In den kreisförmig angeordneten Sitzsäcken sind Arme eingenäht, so dass man sich selbst umarmen lassen kann. Aus dem Lautsprecher ertönt ein „You are special“.

Auch von haptischer, bei-greifender Art sind die glitzernden kegelförmigen Skulpturen von Yi Cui, die sich nach Anstoßen hin und her wiegen.

Auf der Suche nach Arkadia macht sich Elisabeth Schröder in ihrer Videoarbeit. Sie hat sich gefilmt, als sie Motorrad fahrend eine Landschaft durchquert. Weitere Videoarbeiten stammen von Vanessa Möbel, Mileva Testas und Gilsuk Ko.

Insgesamt sind Arbeiten von 24 Künstlerinnen und Künstlern zu sehen und zu hören.

Am Samstag, den 21. März gibt es um 15 Uhr eine Künstlerführung und während des Internationalen Frauenfilmfestivals findet ein Performance-Programm statt. Nähere Informationen unter www.dortmunder-kunstverein.de oder www.frauenfilmfestival.eu