Nicht eingelöste Versprechen

Spielszene mit : Marlena Keil; Sebastian Graf; Björn Gabriel (Foto: © Edi Szekely)
Spielszene mit : Marlena Keil; Sebastian Graf; Björn Gabriel (Foto: © Edi Szekely)

Am 31. Januar 2015 um 20 Uhr startet im Studio des Schauspielhauses die Premiere des Stückes „Das Bekenntnis eines Masochisten“, eine Groteske von Roman Sikora unter der Regie von Carlos Manuel. Eine Geschichte eines Menschens, der nie genug bekommen kann von Verausgabung.

Dominas? Langweilig! Die wahre Erfüllung findet Herr M. erst, als er mehrere Jobs gleichzeitig annimmt. Mehrarbeit bei gleichzeitigem Lohnverzicht. Somit qualifiziert sich unser Herr M. für die olympischen Spiele des Humankapitals. Dort tritt er gegen einen Chinesen an. Doch die erwartete Belohnung fällt anders aus als gedacht.

„Herr M. ist im eigentlichen Sinne des Wortes Masochist, aber er spricht es im Stück nicht aus“, so Dramaturg Dirk Baumann. Sein „Verlangen“ wie Herr M. es nennt, wird auch nie gestillt. Weder von Dominas noch von seinem Chef. „Seine Kritik an der Welt: Ich löst euer Versprechen nicht ein“, beschreibt Regisseur Carlos Manuel Herrn M.s Klage. Herr M. ist mit einer gewissen Demut vor Autoritäten ausgestattet und verlangt, dass diese Autoritäten sich an die Regeln halten. Beispielsweise muss ein Chef muss wirklich Chef sein und nicht Kumpel der Angestellten. „Die Leute halten sich nicht an die Regeln, die sie selbst aufgestellt haben“, erklärt Manuel.

In der Inszenierung von Manuel übernehmen alle drei Schauspieler die Rolle des Herrn M. Das sind Björn Gabriel, Sebastian Graf und Marlena Keil. Keil ist als Gast dabei, soll aber künftig ein festes Ensemblemitglied werden.

Goethe neu betrachtet

Um ihn geht es in der Ausstellung: Goethe. (Leonie Antonia Jahn, Portrait II)
Um ihn geht es in der Ausstellung: Goethe. (Leonie Antonia Jahn, Portrait II)

Goethe war wohl nie in Dortmund. Wahrscheinlich hat er um das damalige westfälische Ackerbürgerstädtchen einen großen Bogen gemacht. Doch was wäre, wenn? Etwa 60 Schülerinnen und Schüler des Goethe-Gymnasium beschäftigten sich auf künstlerische Weise mit großen Gelehrten. Zusammen mit dem Kooperationspartner, der UZWEI, der Etage für kulturelle Bildung im Dortmunder U, präsentieren die jungen Künstlerinnen und Künstler bis zum 01. März ihre Arbeiten unter dem Titel „U and Goethe“.

Johann Wolfgang von Goethe galt zu seiner Zeit als Universalgenie. Neben seinen literarischen Werken hat er sich auch mit Naturwissenschaften beschäftigt, eine Farbenlehre entwickelt und vieles mehr. Es gab also genug Material, mit denen sich die Beteiligten auseinandersetzen konnten.

Rund ein Jahr haben sich die Schülerinnen und Schüler mit Goethe intensiv auseinandergesetzt. Auf dem Goethe-Gymnasium wurde beispielsweise überlegt, was Goethe denn für das jeweilige Fach geleistet hat und sein Geburtstag wurde gefeiert. Daneben gab es Workshops in der Schule, die sich mit Malerei und Film beschäftigt haben.
Auch auf der UZWEI gab es einen Workshop, geleitet wurde er von der Künstlerin Dagmar Lippok. Lippok hat auch die dazugehörige Ausstellung kuratiert.

Die Ausstellung zeigt, dass die jungen Künstlerinnen und Künstler die Person Goethe gegen den Strich gebürstet haben, ohne dabei respektlos zu sein. Altes und neues wurden gemischt, so sind Möbel und Bücher aus der Goethes Zeit zu sehen und auf der anderen Seite wird die Goethes Facebook-Seite präsentiert.
Einige Arbeiten beschäftigten sich mit der Farbenlehre von Goethe, während ein anderes Kunstwerk Gedichte des Autors im modernen „to go“ Design darbot. Auf alle Fälle zeigt die Ausstellung, dass junge Menschen durchaus kreativ mit „alten“ Themen umgehen können und präsentiert ein großes Spektrum an Formen darstellender Kunst.
Doch das ist nicht alles: Einige Schülerinnen und Schüler haben ein kleines Theaterstück geschrieben. Hier kommt der junge Goethe durch den faustischen Teufelspakt ins moderne Dortmund. Was wird er wohl zuerst tun? Natürlich „seine“ Ausstellung im Dortmunder U besuchen.

Die Zeit macht nur vor dem Teufel halt

Octavian hin- und hergerissen: Emily Newton (Feldmarschallin), Ileana Mateescu (Octavian), Karl-Heinz Lehner (Ochs von Lerchenau)  (Foto: ©Thomas Jauk / Stage Picture GmbH)
Octavian hin- und hergerissen: Emily Newton (Feldmarschallin), Ileana Mateescu (Octavian), Karl-Heinz Lehner (Ochs von Lerchenau)
(Foto: © Thomas Jauk / Stage Picture GmbH)

So heißt es in einem Schlager. Doch der Teufel spielte keine Rolle bei der Inszenierung vom „Rosenkavalier“ von Opernintendant Jens-Daniel Herzog, dafür aber die Zeit. Und die nagte an den Hauptfiguren Baron Ochs und der Feldmarschallin. Beide haben unterschiedliche Strategien damit umzugehen. Ein Premierenbericht vom 25. Januar 2015.

Kurz vor Beginn musste Opernintendant und Regisseur Jens-Daniel Herzog vor das Publikum treten. Krankheitsbeginn gab es einige Ausfälle zu vermelden. Ausgerechnet Christiane Kohl, die Feldmarschallin, war erkrankt und musste von Emily Newton gesungen werden. Zudem musste Karl-Heinz Lehner als „Baron Ochs“ leicht angeschlagen durchhalten, weil sein Ersatz, Christian Sist, ebenfalls erkrankt war. Man kann es auf die hohe Qualität des Dortmunder Ensembles schieben, dass solche Ausfälle nicht am hohen Niveau der Aufführung rütteln.

Die Geschichte in groben Zügen: Die Feldmarschallin Fürstin Werdenberg hat einen jugendlichen Liebhaber Octavian, weiß aber, dass diese Beziehung irgendwann zu ende gehen wird. Im Gegensatz zum verarmten Baron Ochs, der jedem Frauenrock hinterherläuft, weil er nach dem Motto lebt: Genuss sofort! Und das, obwohl er sich mit Sophie, der Tochter von von Faninal und finanziell „eine gute Partie“, verheiraten will. Octavian spielt die Rolle des „Rosenkavaliers“ bei Sophie, der den Besuch des Bräutigams ankündigt. Dabei verlieben sich Octavian und Sophie. Erst durch einen bitteren Streich kommt Ochs zur Erkenntnis, Sophie freizugeben. Auch die Feldmarschallin legt Octavian keine Steine in den Weg.

Die Zeit ist wichtiger Faktor in der Inszenierung von Herzog. Zunächst spielt das Stück im „goldenen Zeitalter“ etwa in der Zeit Maria Theresias. Ein opulenter barocker Raum ist der Mittelpunkt der Fürstin, in dem sie Hof hält und Entscheidungen fällt. Im zweiten Akt kippt das ganze auch bildlich. Das „silberne Zeitalter“ ist das bürgerliche. Es spielt in einem Zimmer des Herrn von Faninal. Die Verhältnisse haben sich etwas verschoben. Es ist modernes Mobiliar wie Sessel oder Lampe zu sehen. Im dritten Akt, dem „ehernen Zeitalter“ sind wir in einem Zimmer eines heruntergekommenen Gasthauses. In dieser Kaschemme wird Baron Ochs Opfer einer Verwechslungskomödie und er muss erkennen, dass auch seine Zeit, in der er jungen Frauen nachgestiegen ist, endgültig vorbei ist.
Da es beim „Rosenkavalier“ auch um Liebe geht, steht ein Bett am Anfang und Ende der Aufführung. Liegen dort zuerst Octavian und die Fürstin, ist es am Ende das paar Sophie und Octavian.

Emily Newton zeigte ebenso wie Karl-Heinz Lehner eine überzeugende Leistung. Nicht nur gesanglich, sondern auch schauspielerisch. Newton war besonders berührend in“Die Zeit, die ein sonderbar Ding“ als die Fürstin von ihrer Vergänglichkeit sang. Lehner hatte vor allem im zweiten Akt seinen großen Auftritt, als er als vermeintlich Verwundeter sein Leid klagt.
Wer könnte für die „Hosenrolle“ des Octavian geeigneter sein als Ileana Mateescu. Herrlich wie sie als verkleidete Zofe den Avancen des Baron Ochs auswich. Neben den drei Hauptfigurenw aren auch die Nebenrollen sehr gut besetzt. Angefangen von Ashley Touret als „Sophie“ über Lucian Karsznec als italienischen Sänger in Pink bis hin zu Carl Kaiser als Polizeikommissar, der ein wenig an Inspektor Clouseau erinnerte und von ober ins Bühnenbild hereinschwebte.

Zusammen mit den Dortmunder Philharmonikern unter Gabriel Feltz, die das spätromantische Werk von Richard Strauss routiniert spielen, vergingen die 4 ½ Stunden (inklusive zwei Pausen) wie im Flug.

Weitere Termine:
FR, 30. JANUAR 2015
SO, 08. FEBRUAR 2015
SO, 15. FEBRUAR 2015
SA, 21. FEBRUAR 2015
SA, 28. FEBRUAR 2015
SA, 21. MÄRZ 2015
SO, 12. APRIL 2015

Nestroy im Punkhimmel

Das große Fressen kann beginnen: (links) Häuptling Abendwind (Uwe Rohbeck) neben seinem Kollegen Häuptling Biberhahn (Uwe Schmieder). Foto: © Birgit Hupfeld
Das große Fressen kann beginnen: (links) Häuptling Abendwind (Uwe Rohbeck) neben seinem Kollegen Häuptling Biberhahn (Uwe Schmieder). Foto: © Birgit Hupfeld
Die erste Punk-Operette verwandelte Johann Nestroys „Häuptling Abendwind“ in eine Mischung aus Punk-Konzert und Theater-Posse. Regisseur Andreas Beck kombinierte die Musik der Ruhrpott-Punkband „Die Kassierer“ mit Johann Nestroys aktualisiertem Text zu einer derben, groben, politisch unkorrekten Melange. Ein Premierenbericht vom 24. Januar 2015.

Eine skurrile Geschichte: Häuptling Abendwind erwartet seinen Amtskollegen Häuptling Biberhahn zu einer Konferenz. Leider ist die Speisekammer völlig leer, noch nicht mal einen Gefangenen gibt es. Praktisch, dass ausgerechnet jetzt ein Schiffs-brüchiger namens Arthur auf die Insel kommt. Dumm nur, dass sich Häuptlingstochter Atala in Arthur verliebt. Welches Schicksal steht Arthur bevor? Kotelett oder Koitus? Arthur kann den Koch bestechen und an seiner Stelle wird das „Orakel“ (aus dem Film „Das Ding aus dem Sumpf“ nachempfunden) gegessen. Was hatte Arthur angeboten? Er hat ein ganz bestimmtes Körperteil des Kochs frisiert.

Nestroys Posse aus der Mitte des 19. Jahrhunderts enthält natürlich versteckte Kritik an der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts und am immer stärker werdenden Kolonialismus der Großmächte, die die Welt unter sich aufgeteilt hatten, auch mit der Begründung die Zivilisation zu den „Wilden“ bringen zu wollen. Für Andreas Beck sind die „Wilden“ Relikte, die sich in einer Gesellschaft der „politisch Korrekten“ ziemlich verloren vorkommen. Und was wollen echte „Wilde“? Fleisch essen, rauchen, Sex. So brandete Applaus als Wolfgang Wendland, der Sänger der „Kassierer“ als Koch „Ho Se“, mit einer Gemüsekiste auf die Bühne kam und Häuptling Abendwind (Uwe Rohbeck) mitteilen musste: „Es ist nichts essbares dabei. Ähnlich wie beim Buchtitel von Heinz Strunk „Fleisch ist mein Gemüse“ heißt es bei Nestroy „Mein Obstgarten ist die Fleischbank“.Doch hatte das Wildsein auch seine Schattenseiten, denn im Männergespräch der beiden Häuptlinge war klar, dass die beiden sich von den Fremden bedroht fühlen. „Nachher bringen sie noch ihre Leitkultur mit“, ängstigt sich Biberhahn. Und so klangen die Ängste der beiden Häuptlinge vor dem Neuen wie auf einer Versammlung von Pegida-Anhängern.

Zu einer Operette gehört Musik. Ursprünglich kam sie von Offenbach, hier von den „Kassierern“. Der Originaltext von Nistroy wurde ein wenig modernisiert oder „upgedated“, dass er manchmal als Stichwortlieferant für das nächste Lied der „Kassierer“ diente. Wurde plötzlich über „Blumenkohl“ geredet, stimmte die Band das Lied „Blumenkohl am Pillemann“ an. Klar, nach der Szene mit der Gemüsekiste, musste „Vegane Pampe“ kommen. Daneben wurden einige Lieder von Nestroy musikalisch neu bearbeitet. Die „Kassierer“ schrieben für das Stück extra noch neue Lieder wie „Ich bin so gerne Menschenfresser“.

Während bei einer klassischen Oper oder Operette die Musiker im Orchestergraben verschwinden, waren die „Kassierer“ prominent in der Mitte der Bühne zu sehen. Dadurch wirkte es wie ein Live-Konzert. Ich persönlich hätte es besser gefunden, wenn wie in anderen Produktion die Band mehr an die Seite positioniert worden wäre.

Kommen wir zur Bühne: Aus Sorge, dass das Bier tatsächlich alle ist, hat Bühnenbildner Sven Hansen eine Art „Bier-Galerie“ wie in Leuchtschrift rechts an der Bühne zu lesen war, kreiert. Daraus konnten die Schauspieler flugs eine Band oder einen Thron basteln.

Uwe Rohbeck spielte einen Häuptling Abendwind im Lumpen-Look, der als alleinerziehender Vater Probleme mit der Erziehung seiner 16-jährigen Tochter Atala hatte. Schreckhaft und nachgebend (Beinahme „der Sanfte“) fügte er sich ins Schicksal. Ein ganz anderes Kaliber war Häuptling Biberhahn. Uwe Schmieder spielte ihn mit Honecker-Brille und Frisur. Eins konnte beide Häuptlinge aber exzellent: Fressen. Und wer braucht schon Messer und Gabel? Sicher nur so eine Erfindung der „zivilisierten Fremden“. Das orgiastische Mahl war eines der Höhepunkte.

Arthur , der verloren geglaubter Sohn von Häuptling Biberhahn, hatte eine ziemliche Ähnlichkeit mit Johnny Rotten, dem Sänger der Sex Pistols. Zumindest von der Frisur her, was auch passte, denn Arthur ist Friseur von Beruf. Gespielt wurde er von Ekkehard Freye, der einen schön affektierten Arthur auf die Bühne brachte.

Wolfgang Wendland hatte eine Doppelrolle als realer Sänger der „Kassierer“ und fiktiver Koch „Ho Se“. Beides schaffte er mit seiner typischen Art: irgendwie teilnahmslos, aber immer da, wenn man ihn rief.

Julia Schubert hatte den schwierigsten Part an diesem Abend: Sie war als „Atala“ die einzige Frau in dem Stück. Sie nutzte ihre Möglichkeiten perfekt aus. Sie präsentierte Atala als Feministin (das Schlimmste ist, wenn die Frau alle ist“) und Vegetarierin, die in dieser Männerwelt natürlich auf verlorenem Posten stand.

Das Stück ist definitiv nicht für jeden Besucher. Wer es zart, fein-geistig und geschliffen mag, der sollte einen großen Bogen machen. Denn beispielsweise waren die Decken in den ersten Reihen nicht wegen der Kälte da, sondern weil Teile des Festmahls durchaus den Bereich der Bühne verlassen können.

Wer aber mal richtig Spaß haben, wer zum öffnen einer Bierflasche keinen Flaschenöffner braucht, wer eine Currywurst lieber hat als eine „vegane Pampe“ und wer Punk liebt und lebt, sollte eine Audienz bei Häuptling Abendwind buchen.

Weitere Termine:
SA, 31. JANUAR 2015
DO, 12. FEBRUAR 2015
SA, 21. FEBRUAR 2015
FR, 06. MÄRZ 2015
SO, 29. MÄRZ 2015
FR, 10. APRIL 2015
SO, 26. APRIL 2015
SA, 09. MAI 2015
SO, 24. MAI 2015

Wildes Festmahl mit Punkmusik

Festmahl oder Schwiegersohn. Häuptling Abendwind (Uwe Rohbeck) in der Mitte kann sich wohl noch nicht entscheiden. Noch auf dem Foto: Ekkehard Freye und Wolfgang Wendland mit Nikolaj Sonnenscheiße, Volker Kampfgarten und Mitch Maestro. (Foto: ©Birgit Hupfeld)
Festmahl oder Schwiegersohn. Häuptling Abendwind (Uwe Rohbeck) in der Mitte kann sich wohl noch nicht entscheiden. Noch auf dem Foto: Ekkehard Freye und Wolfgang Wendland mit Nikolaj Sonnenscheiße, Volker Kampfgarten und Mitch Maestro.
(Foto: ©Birgit Hupfeld)

Am 24. Januar 2015 ist Premiere für die wohl erste Punk-Operette „Häuptling Abendwind“ nach Johann Nestroy. Neben Schauspielern aus dem Dortmunder Ensemble steht die komplette Band der Ruhrpott-Punks „Die Kassierer“ auf der Bühne. Ein Abend ohne Musik von Jacques Offenbach, na ja, fast…

Worum geht es in der „indianischen Faschingsburlesque“? Hauptling Biberhahn kommt auf Besuch zu Häuptling Abendwind. Natürlich gehört zu so einem festlichen Besuch auch ein entsprechendes Festmahl. Da in dieser Gegend der Kannibalismus hoch im Kurs steht, wird nach einem entsprechenden Opfer gesucht. Der wird gefunden in dem gestrandeten Frisör Arthur. Aber ausgerechnet Atala, die Tochter des Häuptlings, und Arthur verlieben sich ineinander. Wird die Liebe siegen oder der Koch?

„Am Anfang war der Punk“, so Dramaturg Thorsten Bihegue. Mit der Band „Die Kassierer“ wurde schnell Kontakt hergestellt und es funkte zwischen Theater- und Musikmachern. „Als Künstler ist man auch eher Anarchist“, vermutet Bihegue eine gewisse Nähe von Punk und Theater. Schnell war klar, es müsste ein „Punk-Operette sein. Experimentiert wurde zunächst mit Stoffen wie „Weißes Rößl“, aber Alexander Kerlin hatte die goldene Idee: Häuptling Abendwind passt besser zu Punk.

Johann Nestroy hatte das Libretto der Operette „Vent du soir ou l’horroble festin“ ins Deutsche übersetzt, zu der Jacques Offenbach die Musik schrieb. 1862 wurde Nestroys Version uraufgeführt. Doch spielen die „Kassierer“ jetzt Offenbachs Musik im Punk-Modus? Nein, bis auf ein kleines, aber sehr bekanntes Stück des Komponisten wird alles live von den „Kassierern“ kommen. Unter anderem Lieder wie „Das Schlimmste ist, wenn das Bier alle ist“ oder „Mein schöner Hodensack“. Daneben werden die „Kassierer“ auch auf der Bühne schauspielern, sie spielen den Stamm der Wilden.

Natürlich sind auch Schauspieler aus dem Ensemble dabei. Häuptling Abendwind wird von Uwe Rohbeck gespielt, während sein „Amtskollege“ Häuptling Biberhahn von Uwe Schmieder gespielt wird. Ekkehard Freye spielt Arthur und Atala wird von Julia Schubert dargestellt. Andreas Beck führt Regie.

Die Premiere ist am 24. Januar um 19:30 Uhr und bereits ausverkauft. Weitere Termine: SA, 31. JANUAR 2015, DO, 12. FEBRUAR 2015, SA, 21. FEBRUAR 2015. FR, 06. MÄRZ 2015, SO, 29. MÄRZ 2015, FR, 10. APRIL 2015, SO, 26. APRIL 2015, SA, 09. MAI 2015 und SO, 24. MAI 2015

Beziehungen zwischen Fläche und Körper

Birgit Feike webt Kleider aus Absperrbändern.
Birgit Feike webt Kleider aus Absperrbändern.

Vom 23. Januar bis zum 22. Februar 2015 zeigt die Galerie Dieter Fischer im Depot Dortmund an der Immermannstraße eine gemeinsame Ausstellung von Alesha Klein und Birigt Feike unter dem Titel „Körper-Fläche / Fläche-Körper“. Zu sehen sind Zeichnungen, Skulpturen, Bilder und Objekte.

Zweidimensionales wird dreidimensional und umgekehrt. Das ist die Verbindung zwischen beiden Künstlerinnen, die eine ganz unterschiedliche Herangehensweise an ihre Kunst haben.

Ein wesentlicher Bestandteil in der Kunst von Alesha Klein (Dortmund/Düsseldorf) sind Gesichter. Begonnen hatte es dadurch, dass sie Köpfe aus Modelliermasse gefertigt und mit Sprühfarbe gemalt hatte. „Umso mehr ich gemacht habe, desto leichter ging es von der Hand“, erzählt sie. Die Gesichter zeigen Emotionen, sind aber so abstrakt gehalten, dass sie keine bestimmte Person zeigen. „Das Bild ist eine Art Spiegel“, so Klein.

Gesichter stehen im Mittelpunkt der Arbeiten von Alesha Klein.
Gesichter stehen im Mittelpunkt der Arbeiten von Alesha Klein.

Mit einem interessanten Material arbeitet Birgit Feike (Schwerte): Plastik. „Plastik ist das Material der Jetztzeit“, erklärt die Künstlerin. „Es hat Gips, Holz, Leinwand ersetzt.“ Für Feike ist das Material ideal: es ist flexibel und extrem verformbar. Ihre Arbeiten werden klassisch auf einem Webstuhl hergestellt. Dafür wird das Plastik erst zu Fäden gesponnen und dann zu Objekten gewebt. Beeindruckend sind ihre Kleider, die Feike aus den rot-weißen Absperrbänden gewebt hat. Auch sehr spannend ist ein Objekt, das eine Form wie ein Bienenkorb hat. Zunächst könnte man den Eindruck bekommen, es sei aus vielen goldenen Bonbonpapieren zusammengesetzt, doch es besteht aus goldbedampfter Aluminiumfolie. Durch einen Spiegel am Boden kann der Betrachter selbst Teil des Objektes werden.

Die Vernissage ist am 23. Januar 2015 um 19 Uhr. Die Öffnungszeiten der Galerie Dieter Fischer ist donnerstags von 17 bis 20 Uhr.

Der Feind im oberen Stockwerk

Mit dem Stück „Üst Kattaki Terörist“ (Der Terrorist aus dem ersten Stock) wurde am 18. Januar 2015 im Studio des Dortmunder Schauspielhauses die Reihe „Szene Istanbul“ fortgesetzt. Die Tragikomödie fesselte nicht nur durch sein Thema, sondern auch von der Spielfreude des jungen Hauptdarstellers.

Ins Haus des zwölfjährigen Nurettin zieht ein junger Student, Semih, in den ersten Stock. Das Problem: Semih ist Kurde und Nurettins Bruder wurde vor fünf Jahren durch eine Tretmine im türkisch-kurdischen Konflikt getötet. Nurettin hält alle Kurden für Terroristen, somit auch Semih. Semih muss getötet werden, wenn da nicht Semihs Freundin wäre, in die sich Nurettin ein klein wenig verliebt.

Das Stück ist eine Bearbeitung einer Kurzgeschichte von Emrah Serbes aus seinem Band „Erken Kaybedenler“ („Junge Verlierer“). Das Theater „Ikincikat Tiyatro“ aus Istanbul machte daraus eine tragikomische Geschichte über das Erwachsenwerden.

Nurettin sieht sich als Rächer seines Bruders, der beim Militärdienst umgekommen ist. Schon früh wurde er in die Rolle des „Rächers“ gedrängt. Er durfte nicht weinen, weil man ihm gesagt hat, das würde die Terroristen freuen. Nun zieht mit dem Kurden Semih ausgerechnet ein „Terrorist“ über ihn ein. Eins steht fest: Denizhan Akbaba, der Darsteller des Nurettin, ist der absolute Star des Stückes. Mit seiner Naivität, seinem kindlichen Nationalismus und seinen Plänen bringt er das Publikum zum Lachen.

Doch schnell wird klar, wie verführbar Menschen sind. Parolen wie „Die Kurden müssen alle sterben“ werden selbst von Kindermund zu gefährlichen Drohungen. Wenn Nurettin bei den rechtsextremen „Grauen Wölfen“ dafür sorgt, dass Semih verprügelt wird oder die Kontrollen im Wohnungsheim von Semihs Freundin verstärkt werden, so dass sie ihn nicht mehr so oft besuchen kann, spürt der Zuschauer wie aus kindlichen Ideen handfeste Probleme erwachsen.

Zum Erwachsenwerden gehört auch das erste Verliebtsein. Ausgerechnet für Semihs Freundin Evin schwärmt Nurettin, obwohl sie Halbkurdin ist. Sein Gefühlschaos wird sehr gut in Szene gesetzt, wenn er plötzlich Stammgast im oberen Stockwerk ist. Nurettins Mutter ist mit seiner Erziehung überfordert und der Vater ist im Stück abwesend.

„Üst Kattaki Terörist“ ist eine wunderbare Geschichte, die zeigt, wie der Saat der Freundschaft langsam den Hass überwuchern kann. Zum Schluss geht Nurettin sogar auf eine Studentendemo mit Semih mit und bekommt die Gewalt des türkischen Staates, auf den er ja so stolz ist, selbst zu spüren.

Neben Akbaba spielten Banu Çiçek Barutçugil, Bedir Bedir und Gozde Kacaoğlu ihre Rollen sehr sensibel.

Von Glückspilzen und Hans im Glück

Die Suche nach dem Glück – nicht nur Herr Rossi aus der bekannten italienischen Zeichentrickserie ist ihm auf der Spur, auch 17 Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren vom Jugendtanztheaer im Depot Dortmund, wollen das Glück beim Schopfe fassen. Am 17. Januar 2015 war im Theater im Depot Premiere des Stückes „Glücks_Bringer“.

Das Streben nach Glück ist anscheinend allen Generationen eigen. 2013 präsentierte das Seniorentanztheater im Schauspielhaus die Produktion „glücklich?!“ und stellte die Frage in den Raum, was Glück sei, ob man es erreicht habe und wie man mit Enttäuschungen und Hoffnungen umgegangen ist. Nun sind Jugendliche an der Reihe. Beiden Produktionen gemeinsam ist die Kombination von Spielszenen und Tanzeinlagen. Manchmal zu zweit, aber vielfach gemeinsam gingen alle Tänzerinnen und Tänzer (besser gesagt einer) auf die Suche nach dem Glück.

Das Glück beim Schopfe packen. Wissen Sie, woher das Sprichwort kommt? Von Kairos, dem Gott der günstigen Gelegenheit. Vorne hat er einen riesigen Schopf, den man packen sollte, denn hinten ist er kahl. Wer den richtigen Zeitpunkt verpasst, der hat Gech gehabt.

Wobei Glück und Pech auch unterschiedliche Bedeutungen haben können. In einer Mathearbeit eine 1- zu bekommen, kann für den einen Pech bedeuten, während für den anderen eine 4+ schon ein Glücksgefühl auslöst.

Es kommt letztendlich auf die Perspektive an. Ob es Pech ist, wenn man den Bus verpasst und mit dem nächsten fahren muss mit der Folge, dass man zu spät kommt, aber vielleicht sein Traummann/seine Traumfrau trifft?

Sehr viel Mühe und Liebe haben die Jugendlichen in die Umsetzung des Grimmschen Schwanks „Hans im Glück“ gesetzt. Hans tauscht seinen Lohn gegen immer wertlosere Sachen ein, bis er gar nichts mehr hat. Vielleicht hat ja Ludwig Marcuse Recht, wenn er sagt: „Vieles kann einen glücklich machen; aber kein Gut macht einen glücklich in jeder Beziehung.“

Neben den Darstellerinnen und dem Darsteller haben auch Birgit Götz für die Choreografie und Katja Ahlers für die Regie Lob verdient.

Wer das Stück gerne sehen möchte, kann dies am 01. Februar um 15 Uhr im Big Tipi am Fredenbaum tun.

Heldenmut und Manie

Auch das 5. Philharmonische Konzert am 13. und 14. Januar 2015 im Konzerthaus stand unter einem Heldenmotto, nämlich „Held_innen_leben“. Den Schwerpunkt des Konzertes bildete die Geschichte von Lamoral von Egmont, dem niederländischen Freiheitskämpfer, dem Goethe ein literarisches Denkmal gesetzt hat und Beethoven mit seiner Bühnenmusik ein musikalisches. Den Beginn machte jedoch Schumanns 2. Sinfonie in C-Dur.

Schumann ist sicherlich auch ein tragischer Held. Durch seine Krankheit, einer bi-polaren Störung, die wohl eine Folge seiner Syphiliserkrankung war, taumelte der Komponist entlang beider Extreme: Depression und Schaffensdrang. Die 2. Sinfonie in C-Dur schrieb Schumann nach einer langen Schaffenskrise und beschrieb auch deutlich sein Innenleben. In diesem Werk setzt er sich mit seinen Vorbildern Bach, Mozart und Beethoven auseinander, die auch in seiner Sinfonie wiederzuerkennen sind. Das Ringen von Schumann um Form und Gestaltung brachten die Dortmunder Philharmoniker unter Generalmusikdirektor Gabriel Feltz wunderbar zu Gehör. Vor allem der triumphale Schlussteil des vierten Satzes war eines der Höhepunkte des Abends.

Vielleicht ein Fluch des Erfolges: Von Beethovens Bühnenmusik zu „Egmont“ ist vielen nur die Ouvertüre bekannt. Schade, denn Schauspieler Sebastian Koch und Sopranistin Robin Johannsen zeigten, dass darüber hinaus noch viel an Musik von Beethoven zu entdecken gibt. Dass es einen qualitativen Unterschied macht, wenn ein gelernter Schauspieler einen dramatischen Text vorträgt, haben die interessierten Zuhörer bereits beim ersten Kammerkonzert in dieser Spielzeit hören können, als Andreas Beck vom Ensemble Dortmund die „Geschichte eines Soldaten“ zum Besten gab. Sebastian Koch fesselte die Zuhörer mit der Geschichte von Lamoral von Egmont und Robin Johannsen sang die Lieder von Clärchen dazu. Triumphal ging der Abend zu Ende: Mit der Siegessinfonie zeigt Beethoven, dass das tragische Heldenschicksal von Egmont doch nicht umsonst war.

Einblicke zeigt breites Spektrum an angekaufter Kunst

Das große Objekt stammt von Mischa Kloss. (Foto: © Anja Cord)
Das große Objekt stammt von Mischa Kloss. (Foto: © Anja Cord)

Unter dem Titel „einblicke“ präsentiert das Kulturbüro in der städtischen Galerie Torhaus Rombergpark die angekauften Kunstwerke aus dem Jahr 2014 vom 18. Januar bis zum 8. Februar.

Zu sehen sind Skulpturen, Malerei, Fotografie, Grafik, Radierungen von über 30 Künstlerinnen und Künstlern.

Seit fast 60 Jahren kauft das Kulturbüro der Stadt Dortmund Werke heimischer Künstlerinnen und Künstler an, sorgt für die Archivierung und für die Ausleihe an Institutionen und Dienststellen der Stadt Dortmund. In erster Linie ist der Kunstankauf jedoch eine Maßnahme der Künstlerförderung. Gleichzeitig dokumentiert er die heimische Kunstszene.