Sitzstreik in Dortmund erfunden?

Präsentierten das neue Heft: (v.l.n.r.) Horst Delkus und Prof. Karl Luaschke (Herausgeber udn Autoren) sowie Adolf Miksch (Voristzender des Historischen Vereins) und Stefan Mühlhofer (Geschäftsführer Historischer Verein).
Präsentierten das neue Heft: (v.l.n.r.) Horst Delkus und Prof. Karl Lauschke (Herausgeber und Autoren) sowie Adolf Miksch (Vorsitzender des Historischen Vereins) und Stefan Mühlhofer (Geschäftsführer Historischer Verein).

Das dritte Heft 2014 der „Heimat Dortmund“ ist erschienen und beschäftigt sich unter dem schönen Titel „Alle Räder stehen still“ mit dem Thema Streiks und Protestaktionen in Dortmund. Im aktuellen Heft geht es um die Streikgeschichte und Streiks im Bergbau, Einzelhandel und anderen Gewerben. Und was ist mit den Stahlarbeiterstreiks? Die bekommen ein eigenes Heft, das 2016 erscheinen wird.

Aber schon Teil 1 ist überraschend und spannend. Oder wussten Sie, dass im Mittelalter die Ratsherren in die Stadttürme gesperrt wurden, bis der finanzielle Konflikt (es ging wie üblich um Schulden) durch eine politische Lösung entschärft wurde. Eine Möglichkeit, die auch heute sicher auf positive Resonanz stoßen würde, doch alle Ratsvertreter würden vermutlich nicht in den Adlerturm passen.

Auch eine beliebte Streikform, der Sitzstreik, wurde wohl in Dortmund zum ersten Mal praktiziert. Es war am 14. März 1959. Schon vorher am 04. Februar 1959 gab es einen Warnstreik gegen die Atomraketenstationierung in Dortmund-Brackel. Laut Zeitungsberichten traten 80.000 Beschäftigte von 11.50 bis 12.00 Uhr in den Warnstreik.

Manche Forderungen in Arbeitskämpfen muten für den modernen Leser etwas skurril an, doch sie sind gar nicht so lange her. So kämpfte der Dortmunder Einzelhandel in den 80er Jahren gegen die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten. Unter den Losungen wie „Was du bis 18.30 Uhr nicht kannst besorgen, verschiebe auf morgen“ oder „Wollt ihr nach 18.30 Uhr einkaufen, fahrt ins Ausland“ versuchten die Beschäftigten die Situation zu ihren Gunsten zu wenden, doch vergeblich.

Natürlich werden die Bergarbeiterstreiks thematisiert, auch die berühmte Protestaktion am 21. Oktober 1967 in Dortmund-Huckarde am 21. Oktober 1967-

Konzeptionell und redaktionell ist das Heft von dem Journalisten Horst Delkus und dem Historiker Karl Lauschke betreut worden, denen es gelang, für die Beiträge ausgewiesene Sachkenner als Autoren zu gewinnen.

Das Heft ist außer im Stadtarchiv im Übrigen auch im Buchhandel zum Preis von 5 € erhältlich.




Russische Melancholie im Konzerthaus

Rachmaninow und Tschaikowsky – mehr russische Romantik geht wohl nicht. Unter dem passenden Titel „gefühls_welten“ ging es beim 4. Philharmonischen Konzert am 09. und 10. Dezember 2014 der Dortmunder Philharmoniker tief in die russische Seele hinein.

Mit dem Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 in d-Moll begann das Konzert. Am Klavier saß der Ukrainer Alexander Romanovsky, der den „K2 für Pianisten“ mit einer bemerkenswerten Eleganz und Energie spielte. Am Dirigentenpult stand Nicolas Milton, der bereits zum fünften Male Gastdirigent bei den Philharmonikern war.

Schon der erste Teil des Klavierkonzertes von Rachmaninow verlangt dem Pianisten viele Fähigkeiten ab. Bereits das russische Thema zu Beginn des ersten Satzes entwickelt sich zu einer anspruchsvollen pianistischen Herausforderung, die Romanovsky mit Bravour meistert. Das Orchester eröffnet den langsamen zweiten Satz, der aus einer Reihe von Variationen um einen romantische Melodie besteht. Im dritten Satz wird das Tempo wieder schneller und kräftiger. Hier zeigt sich Rachmaninow als Rhythmiker. Zudem beginnt der Satz in d-Moll, er wird aber in der Tonart des Triumphs, D-Dur, beendet. Gegen Ende des Konzert gab es riesigen Applaus für Romanovsky, der erst nach zwei Zugaben die Bühne verlassen konnte.

Nach der Pause wurde die 6. Sinfonie in h-moll von Peter Tschaikowsky gespielt. Die Sinfonie ist auch unter dem Titel „Pathétique“ bekannt, doch das ist ein Titel, den ihr der Komponist nicht selber gab. Es wird darüber diskutiert, ob Tschaikowsky in der 6. Sinfonie seine Homosexualität, seine Religiosität oder seinen Tod thematisiert hat, der Komponist wählte für seine Sinfonie die einsame und traurige Tonart h-moll. Auch beendet Tschaikowsky seine Sechste nicht schwungvoll und dynamisch, sondern eher mit einem verebbenden Seufzer. Schon im ersten Satz ist der tragische Kampf des Menschen oder um im Spielzeitmotto zu bleiben, des Helden, deutlich in der Musik zu hören durch das melancholische Solo-Fagott. Der zweite Satz scheint, trotz der düsteren Atmosphäre, dem Zauber des Lebens gewidmet. Auch noch im dritten Satz ist unser Held sicher, die Widrigkeiten des Schicksals durch Willen und Entschlossenheit entgegenzutreten. Letztendlich vergebens: Das Schicksal holt den Helden im vierten Satz unerbittlich ein. Die Sinfonie setzt vielleicht musikalisch die Geschichte eines Menschen um, der erfährt, dass er unheilbar krank ist, sich gegen die Diagnose wehrt, dann aber zum Schluss dennoch unterliegt.

Ein sehr bewegender Abend für alle Beteiligten.