Ein Teufelspakt geht schief

Nein, mit Goethes „Faust“ ist „Die Geschichte vom Soldaten“ nicht zu vergleichen, auch wenn in beiden der Teufel eine Rolle spielt. Das 1. Kammerkonzert präsentierte am 27. Oktober 2014 im Orchesterzentrum NRW das Stück „Die Geschichte vom Soldaten“ von Igor Strawinsky mit sieben Solisten der Dortmunder Philharmoniker sowie dem Schauspieler Andreas Beck als Sprecher.

Igor Strawinsky vertonte das Märchen 1917 und es ist nicht klar, ob er auf die Oktoberrevorlution und die generelle politische Lage Bezug nahm. Denn in dem Märchen verkauft ein Soldat seine Geige, als Symbol für seine Seele, um gesellschaftlich aufzusteigen. Er erhält ein Zauberbuch und wird dadurch zum reichen Mann. Er kann aber keine Gefühle entwickeln. Daher überlistet er zunächst den Teufel und bekommt seine Geige wieder, darf aber sein Heimatland nicht mehr betreten. Mit ihr betört er eine Prinzessin und heiratet sie, als er aber dennoch die Grenze überschreitet, wird er vom Teufel geholt.

Jetzt könnte man viel über die Moral des Märchens diskutieren, im Mittelpunkt am 27. Oktober stand aber die Musik. Und Strawinskys Musik war sehr stark rhythmisch geprägt, an manchen Stellen wurde sogar der frühe Jazz aufgenommen und vom Komponisten bearbeitet. Diese Rhythmik wurde auch in manchen Sprecherstellen verarbeitet. Beck rundete als Sprecher den guten Gesamteindruck ab.

Ein gelungener Abend, der hoffentlich eine Wiederholung erfährt.




Drei Tage klassische russische Moderne

Dirigent Valery Gergiev dirigierte das Orchester des Mariinsky-Theaters über die drei TAge der Zeitinsel Prokofiew. (Foto: © Petra Coddington)
Dirigent Valery Gergiev dirigierte das Orchester des Mariinsky-Theaters über die drei TAge der Zeitinsel Prokofiew. (Foto: © Petra Coddington)

Die erste Zeitinsel des Konzerthauses Dortmund in der Spielzeit 14/15 vom 30.Oktober bis zum 01. November war dem russischen Komponisten Sergej Prokofiew gewidmet. Unter der Leitung von Valery Gergiev ließ das Orchester des Mariinsky-Theaters in St. Petersburg an den drei Tagen völlig unterschiedliche Facetten des russischen Komponisten erklingen. Ob Klavierkonzerte, Oper oder als Oratorium umgearbeitete Filmmusik, die Qualität stimmte an allen Tagen.

Am Donnerstag, dem 30. Oktober standen die fünf Klavierkonzerte von Prokofiew im Mittelpunkt. Gleich vier Pianisten konnten die Besucher des Konzerthauses erleben. Alexei Volodin, Denis Kozhukin, Behzod Abduraimov und Sergei Babayan brachten nicht nur die musikalisch völlig unterschiedlich angelegten Werk zu Gehör, sondern brachten auch ihre Interpretation mit ein. Prokofiews Klavierkonzerte polarisierten seine Zeitgenossen, vor allem das zweite Klavierkonzert wurde als „rhythmischer Haufen von Tönen“ kritisiert. Denis Kozhukin zaubert aber aus dem futuristischen Meisterwerk ein besonderen Hochgenuss. Das gleiche gilt für Alexei Volodin, der das vierte Klavierkonzert in B-Dur aufführte. In Auftrag gegeben von Paul Wittgenstein, der im Ersten Weltkrieg seinen rechten Arm verlor. Wittgenstein spielte das Klavierkonzert aber nicht, schade, denn Volodin zeigte die Feinheiten in der recht anspruchsvollen Partitur.

Ich muss gestehen, ich bin kein Freund von konzertanten Opern. Solisten, die für ihre Arie vom Stuhl aufstehen und danach sich wieder hinsetzen, ist nicht wirklich mein Ding. Es ist so wie ins Kino gehen, der Film fängt an, aber die Leinwand bleibt schwarz. Doch bei „Der Verlobung im Kloster“ am zweiten Tag der Prokofiew-Zeitinsel nutzten die Solisten die beschränkten Möglichkeiten, die ein Konzerthaus nun mal hat, voll aus und legten so eine große Spiellaune an den Tag, dass der Funke trot der fremden russischen Sprache auf das Publikum übersprang . Ein ganz großes Lob gehört Evgeny Akimov als „Don Jeronimo“ und Sergei Aleksashkin als Fischhändler „Mendoza“. Die Handlung spielt in Sevilla und ist schnell erklärt: Mit List und Tücke finden drei Paare zusammen, denen vorher andere Pläne bestimmt waren. Dieses klassische Thema der Oper hat offensichtlich auch Prokofiew fasziniert. Obwohl 1941 entstanden, ist nichts von irgendeinem sozialistischen Realismus zu spüren, ganz im Gegenteil, die Musik ist leicht und lyrisch. Sehr gut aufgelegte Solisten, ein erstklassiges Orchester und ein engagierter Dirigent sorgten für einen gelungenen Abend.

Patriotisch ging die Zeitinsel Prokofiew im Konzerthaus Dortmund zu Ende. Am 01. November wurde die Musik zum Film „Iwan der Schreckliche“ als Oratorium aufgeführt.Als Art Appetithappen erklang die Ballettmusik zu „Cinderella“.

Prokofiews Musik stellt den zwiespältigen Charakter von Iwan in den Mittelpunkt. Seine Großmannssucht, seien Zweifel, seine Siege, seine Niederlagen, alles wird in Noten gepackt.

Einen großen Anteil an diesem Abend hatte diesmal der Chor des Mariinsky-Theaters St. Petersburg, der eine unglaubliche Kraft entwickelte.

Es ist schade, dass Prokofiews Opern wie „Die Verlobung im Kloster“ nicht öfter szenisch gespielt werden, ich könnte sie mir sehr gut im Opernhaus Dortmund vorstellen, die mit „Boris Godunov“ ja schon Erfahrung mit russsichen Opern sammeln konnten.

Die drei Tage haben den Dortmundern den wohl berühmtesten Komponisten der russischen Moderne näher gebracht. Ein entscheidender Faktor ist die Qualität. Mit dem Chor und dem Orchester des Mariinsky-Theaters St. Petersburg mit Dirigenten Valery Gergiev und den Solisten hat das Konzerthaus eine sehr gute Wahl getroffen.