Ein Juwel aus den 50er Jahren

Gerd Kittel: Das Dortmunder Gesundheitshaus von Will Schwarz, Treppenhaus III, 2012
Gerd Kittel: Das Dortmunder Gesundheitshaus von Will Schwarz, Treppenhaus III, 2012

Das Gesundheitsamt kennen die meisten Dortmunder. Doch dass das Gebäude im Innern ein Juwel aus den 50er Jahren ist, wissen wohl die wenigsten. Der Architekt Will Schwarz baute es Ende der 50er Jahre im Auftrag der Stadt Dortmund. Im Gebäude untergebracht waren Mütterberatungsstelle, Hörsaal, Impfräume und andere medizinische Einrichtungen. Das Museum Ostwall zeigt in Zusammenarbeit mit dem Dortmunder Stadtarchiv Fotografien von Gerd Kittel, der 2012/13 das Gebäude besuchte. Zu sehen ist die Ausstellung vom 05. September 2014 bis zum 04. Januar 2015 auf der 4. Ebene.

 

Wer schon einmal im Gesundheitsamt war, wird sich an die vielen Elemente aus den 50er Jahren erinnern. Die Mosaiken, die gebrannten Ziegel, die Treppenhäuser oder die Uhren, die Zeit scheint stehengeblieben zu sein. Während in anderen Häusern vielleicht die Fassade stehen blieb, die Inneneinrichtung aber radikal modernisiert wurde, ist im Gesundheitsamt fast alles beim Alten geblieben.

 

Für den Fotografen Kittel war es „ein Projekt, was nur Freude gemacht hat“.Das parallel zur Ausstellung erschienene Buch („Das neue Dortmund. Das Dortmunder Gesundheitsamt von Will Schwarz“) präsentiert nicht nur Kittels Fotografien, sondern bringt das Gesundheitsamt durch Essays in einen historischen Kontext.




Wenn die Wirklichkeit im Drehbuch steht

Spät, aber sie kommt: Die Rezension von „Container Love“, dem dem neuen Stück vom Theater glassbooth. Ars tremonia besuchte die zweite Vorstellung am 30. August im Theater im Depot und erlebte eine gelungene Auseinandersetzung mit dem Phänomen „Big Brother“.

 

Was fasziniert Menschen, die sich „Big Brother“ im Fernsehen anschauen? Die nackte Haut, die unterschiedlichen Typen, die von vor hinein Konflikte provozieren (sollen)? Regisseur Jens Dornheim ging auf die Spurensuche und mit „Container Love“ präsentierte er mit seinem Ensemble das Ergebnis.

 

Gleich zu Beginn spielte das Stück mit der Frage nach Spiel und Wirklichkeit? Es wurden nämlich zwei Kandidaten aus dem Publikum gewählt. Wie immer in solchen Fällen, kann man dann eine Stecknadel fallen hören und Blicke sagen „Bloß nicht mich“. Endlich werden zwei Kandidaten gefunden. Spätestens nach der gemeinsamen Choreografie des „Jingles“ fällt jedem im Publikum auf, die beiden gehören auch zum Ensemble.

Das Stück spielt in einem „Theatercontainer“, der mit sechs unterschiedlichen Schauspielern gefüllt ist. So ist Marlon (Marlon Bösherz) ein Abgänger von der Ernst-Busch-Schauspielschule, voller Hoffnung hier ein gelungenes Debut zu feiern. Alex (Alexandra Schlösser) spielt die „Übermutter“, die alle liebhat, besonders gelungen spielt Dietmar Meinel seinen Charakter „Dietmar“ als einen schrägen Charakter, der deutliche Züge von Klaus Kinski trägt. Auch sehr gut kommt Dominik Hertrich als selbstgefälliger Schlagersänger „Der Böhmer“ rüber. Weitere Container-Insassen waren: Nora Bauckhorn als junge „Nora“, die auf ihren Durchbruch wartet, Tanja Brügger, die als „Tanja“ im Container mit Qualität überzeugen möchte sowie Timo Knop und Anabel Starosta als „zufällig“ gecastete Teilnehmer.

 

Die Aufgaben werden wie im Fernsehen von einer Stimme aus dem Off gestellt und haben mit Theater zu tun: Die Kandidaten sollen beispielsweise ein Stück über „Mord und Liebe“ zum besten geben. Dabei werden Themen wie Kindesmord oder Kindesmissbrauch szenisch dargestellt. Bei der letzten Aufgabe „Theater und Kunst“ werden noch einmal alle Register gezogen: Hier wird eine Szene dargestellt, wie sich der „normale“ Mensch auf der Straße das moderne Theater vorstellt. Menschen in merkwürdigen Klamotten rezitieren merkwürdige Texte und machen merkwürdige Dinge (z.B. wickeln sich in Frischhaltefolie ein) und ein kunstsinniger Regisseur bekommt ein Nervenzusammenbruch, weil ein Schauspieler an der falschen Stelle schreit.

 

Jens Dornheim hat sein Ensemble gut im Griff, alle spielen wunderbar ihre „gescripteten“ Rollen wie im Fernsehen, wunderbar war auch ihre kleine getanzte Choreografie. Doch was bleibt am Ende? Ist es so wie im Fernseh-Leben, dass man den Sieger der vierten Staffel von DSDS nach einem Tag sowieso wieder vergessen hat? Dornheim stellt die Unterhaltung in den Mittelpunkt, es gibt keinen erhobenen Zeigefinger, doch werden die Zuschauer danach die Formate wie „Big Brother“ mit anderen Augen sehen?

 

Nichtsdestotrotz ein Stück, das mit viel Lust am Spielen gemacht wurde und zu dem man Dornheim und Ensemble nur gratulieren kann.

 

Wer es verpasst hat, kann es in Dortmund im Theater im Depot am 25. September um 20 Uhr noch einmal erleben.