Theaterwerkstatt präsentiert zwei Produktionen

Tja, was tun, wenn die Gäste ausbleiben? (Foto: © Barbara Müller)
Tja, was tun, wenn die Gäste ausbleiben? (Foto: © Barbara Müller)

Mit „Draußen nur Kännchen „ und „Identität: Pina“ zeigt die Theaterwerkstatt gegen Ende der Spielzeit zwei Premieren im Theater im Depot. Während „Draußen nur Kännchen“ ein bittersüßer Abend sein wird, geht es bei „Identität: Pina“ um das Thema der Identitätsbildung. Am 30. Mai um 20 Uhr hat „Draußen nur Kännchen“ Premiere, „Identität: Pina“ am 13. Juni um 20 Uhr.

 

Es gibt sie noch, die traditionellen Cafés, dessen Inneneinrichtung sich seit Jahrzehnten nicht verändert hat und die Kellnerinnen noch mit traditioneller weißer Schürze herumlaufen. Doch die Gäste bleiben aus, und so müssen sich die vier Damen die Zeit totschlagen. Dabei treten der Frust und die Hoffnungen zu Tage. Für manche ist der Job eine Endstation, eine andere träumt von einer Bühnenkarriere, eine weitere sieht die Gäste als Familienersatz. „Draußen nur Kännchen“ hat keine Vorlage, das Ensemble hat die Texte selbst geschrieben.dazu wird es Gesangs- und Tanzeinlagen geben.

 

Wer ist Pina? Das junge Ensemble (alle zwischen 17 und 23 Jahre) stellt die Frage der Identität in den Mittelpunkt. Das Besondere dabei, Pina tritt nicht auf, andere Personen reden über sie. Das Stück arbeitet auf zwei Ebenen, es gibt ein Theaterstück im Theater, ähnlich wie bei „Der nackte Wahnsinn“. Im Mittelpunkt steht die Frage, die vor allem für junge Menschen wichtig ist: Wie werde ich wahrgenommen? Eine reale Pina taucht nicht auf, sie wird in den Köpfen des Besuchers gebildet. Vermutlich wird jeder ein anderes Bild von Pina im Kopf haben. Auch hier hat das junge Ensemble das Stück selbst erarbeitet.

 

In beiden Stücken führt Barbara Müller Regie. Was auffällt ist, dass beide Stücke ausnahmslos von Frauen gespielt werden. Werden die Männer ausgegrenzt? Nein, bei der Theaterwerkstatt machen wesentlich mehr Frauen als Männer mit, erklärte Müller.

 

Termine für „Draußen nur Kännchen“: 30. Mai 2014 um 20 Uhr sowie 31. Mai 2014 um 20 Uhr.

 

Termine für „Identität: Pina“: 13. Juni um 20 Uhr sowie 14. Juni um 20 Uhr. Zusätzlich noch am 26. Juni um 20 Uhr, dann aber im Kinder- und Jugendtheater im Rahmen des 9. Dortmunder Schul- und Jugendtheaterfestivals.

Wie ist Pina? Alle können von einer anderen Facette ihrer Persönlichkeit berichten. (Foto: © Barbara Müller)
Wie ist Pina? Alle können von einer anderen Facette ihrer Persönlichkeit berichten. (Foto: © Barbara Müller)




Offene Ateliers: Auf Besuch im Dortmunder Süden

Susanne Stofferbeschäftigte sich in diesem Bild mit dem Thema "Drogensucht".
Susanne Stofferbeschäftigte sich in diesem Bild mit dem Thema „Drogensucht“.

Weil der Berichterstatter am Sonntag seinen staatsbürgerlichen Pflichten nachging und in einem Wahllokal die Stimmzettel für die Europa- und Kommunalwahl auszählte, hatte er nur den Samstagnachmittag Zeit, um die Offenen Ateliers 2014 zu erleben. Die Tour führte ihn in den noch unerforschten Süden Dortmunds, wo er aufgrund der weiten Wege nur drei Ateliers besuchte. Dafür aber in drei verschiedenen Vororten. Trotzdem war es ein spannender Nachmittag. Ein Bericht von Michael Lemken.

 

S-Bahn, U-Bahn, Bus und Fußmarsch. Mein erster Besuch führte mich zum Atelier Art-Inn von Susanne Stoffer in Lücklemberg. Stoffer malt fotorealistische Stillleben vorwiegend in Acryl, aber auch mit Pastell, Öl oder Kreide. Ihre Bildideen kreisen um gesellschaftliche Themen. So wird etwa die Gentechnik thematisiert, indem sie Tomaten blaue Farbe gibt. Dennoch sehen sie ebenso appetitlich aus, wie ihre roten Cousinen. So bleibt dem Betrachter des Bildes die Entscheidung unbenommen, wie er zur Gentechnik steht.

Darüber hinaus beschäftigt sich die Künstlerin mit der Symbolik in der Kunst und verarbeitet sie in ihren Bildern. Die Allegorien und Symbole hatten vor allem in der Renaissance eine hohe Bedeutung. So galt die Spinne als Symbol für das Böse und Gefährliche.

Was das Erstaunliche ist: Susanne Stoffe hatte bereits Ausstellungen in Berlin oder Peking, aber noch nie in Dortmund. „Ich würde viel lieber hier ausstellen“, erzählte sie. Bleibt zu hoffen,. Dass sich ihr Wunsch erfüllt.

 

Die Künstlerin Henriette Höfer zeigte ihre Arbeiten im Geotechnik-Institut ihres Mannes in Kirchhörde. Da ihr Mann mit geotechnische Arbeiten während der Vorarbeiten für die Realisierung des Phoenix-Sees involviert war, hat sie unter dem Titel „Kunst trifft Ingenieurskunst“ Fotografien von den Arbeiten an der Baustelle mit Farbe sowie weiteren Materialien bearbeitet. Höfer erweitert die Fotografien, indem sie beispielsweise einen blauen Himmel malt oder die Farbe des Bodens wieder aufnimmt. Besonders schön fand ich die Werke, die ins dreidimensionale weitergedacht wurden.

Daneben zeigte die Künstlerin auch ihre abstrakten Werke. Sie wirken beinahe wie bunte Stereogramme und sorgen dafür, dass das Auge bei jedem Detail hängenbleibt.

 

Mein dritter Besuch brachte mich nach Kleinholthausen auf einem ehemaligen Bauernhof, wo Sandra Frick und Carmen Goeke leben und arbeiten. Frick malt draußen, weil sie mit Spray und Lacken hantiert. Selbst im Winter. „Es ist spannend zu sehen, wie sich Lack bei 1° verhält“, erzählt die Künstlerin. Frick hat in Island gelebt und malt seine „wahre Seele“, nämlich die des Feuers und des Polarlichtes. Ihre abstrakten Werke zeigen die feurige Seite der Vulkaninsel, ihre realistischen Bilder vermitteln auch die raue, karge Einsamkeit.

Goeke hingegen hat sich auf Portraits spezialisiert. „Jeder Mensch hat eine helle und eine dunkle Seite. Ich versuche, auch die dunkle Seite zu zeigen“, sagte die Künstlerin. Manche Bilder wirken durchaus dunkel und bedrohlich, während manche Portraits freundlicher scheinen. Dennoch haben die Portraits durch die Farbgebung etwas unwirkliches, manchmal sogar bedrohliches an sich. Goeke benutzt Fotos nur als Grundidee, nicht als allgemeine Grundlage. Sie malt in Öl sowie in Acryl.

 

Ich hoffe, dass mein Ausflug in den Süden von Dortmund keine Eintagsfliege bleibt, es gibt einiges an Kunst zu entdecken.




Die Kehrseite der Medaille

Peer Oscar Musinowski, Tilman Oestereich und Ekkehard Freye. (Foto: ©Birgit Hupfeld)
Peer Oscar Musinowski, Tilman Oestereich und Ekkehard Freye. (Foto: ©Birgit Hupfeld)

Mit seiner verzweifelten Liebeserklärung an das Runde im Eckigen „You’ll never walk alone“ startete Schauspieler und Regisseur Björn Gabriel mit seinen Mitstreitern den Versuch, im Institut des Dortmunder Schauspiels einerseits der Faszination des Ballspiels näher zu kommen, andererseits einen philosophisch kritischen Blick auf dessen Rolle als „Opium“ für das Volk“ zu beleuchten. Die Premiere der Inszenierung war sinniger Weise am Tag des Chapions-League-Finale zwischen Real und Atletico Madrid am 24. Mai 2014.

In den Stadien der Welt wird die Fußball-Hymne „You’ll never walk alone“ mit Inbrunst und Leidenschaft gesungen. Nirgendwo sonst erleben die Zuschauer ein Gemeinschaftsgefühl über alle Generationen und Gesellschaftsschichten hinweg und eine solche Dichte von wechselnden Emotionen. Dieser Mikrokosmos gibt den Menschen in einer besonderen Art Halt. Es vermittelt das Gefühl, in einer bedrohlichen, unberechenbaren Welt „nicht alleine“ zu stehen. Alle fiebern ohne unterschied mit „ihrer Mannschaft“ mit. Sie trauern bei Niederlagen und sind euphorisch, wenn der eigene Fußball-Verein gewinnt. Ist es so, wie Friedrich, Schiller schreibt, der Mensch nur dann ganz Mensch ist,wo er spielt? Zählt nur noch „Unterhaltung“ und Ablenkung von den wirklichen gesellschaftlichen Problemen wie etwa die zunehmende soziale Verelendung vieler Menschen, Bürgerkriegs-Gefahr und Umweltzerstörung…

Die Bühne war wie in einer griechischen Tragödie als Tempelanlage ausgestattet. Mit der Liebesgöttin Venus auf der linken Seite, einer dreistufigen Treppen und auf beiden Seiten griechische Säulen. Gabriel personalisiert diese Ambivalenz durch die beiden Schauspieler Peer Oscar Musinowski als begeisterter Fußball-Fan und Ekkehard Freye als Gegenpart, der die andere Seite repräsentierte. Freye zeigt mit viel Engagement die „Doppelmoral“ im Fußball-Geschäft auf. Die menschlichen Opfer, zum Beispiel durch die inhumane Umsiedlungspolitik, Korruption und Milliardenkosten für die Fußball WM in Brasilien bei sozialem Elend der Bevölkerung, oder aktuell die drohende Niveau-Nivellierung in vielen Bereichen durch das Freihandelsabkommen mit den USA.

Eine besondere Glaubwürdigkeit und Leidenschaft verlieh Oscar Musinowski, auch im wirklichen Leben ein ehemaliges Fußballtalent der Hertha BSC-Jugend (nach einer schweren Verletzung Model, dann Schauspieler) seiner Rolle. Der Humor kam in der Aufführung nicht zu kurz. Wunderbar, die Verfolgungsjagden der beiden Schauspieler im Stil von „Tom und Jerry“.

Der feierliche Charakter einer Show wurde mit Kleidung von Musinowski, er trug eine schwarzen Anzug , weißes Hemd und Lackschuhe , unterstrichen. Von Jan Voges projizierte zunächst einige emotionale und faszinierende Momente des Fußballs, wie zum Beispiel Ausschnitte aus den deutschen WM-Siegen oder dem Champions-League Sieg 1997 des BVB per Video auf die große Leinwand. Hinzu gesellte sich Tilman Oesterreich, der für Licht verantwortlich war.

Video-Einspielungen spielten dann auch eine bedeutende Rolle bei der Inszenierung. So wies Ensemble-Mitglied Bettina Lieder mit viel Ironie auf die – vor allem – männlichen „Spieltrieb“ hin und die Unterteilung in „Homo ludens“ (Der spielende Mensch) und den „Homo faber“, den aktiv verändernden, schaffenden Menschen. Später ließ sie die beiden Männer bei dem Quiz 1,2 oder 3, ( bekanntes Kinder-Quiz Ende der 70iger Jahren von Michael Schanze). Absurd wurde die Situation, als sich herausstellte, dass in einer Fragerunde alle drei menschenverachtenden Äußerungen von FIFA-Präsident Joseph S. Blatter als Antwortlösung zutrafen. Gegen Ende traten neben Lieder auch noch Eva Verena Müller und Julia Schubert als Art „Sirenen“ auf, die die Männer bezirzten.

Ob sie damit Erfolg haben? Denn für einen richtigen Fußballfan ist sein Verein „wichtiger als Frau und Geld“, wie es in einem Fangesang heißt.

Die Frage nach dem Sinn des Lebens und der Endlichkeit hinterlässt bei den meisten Menschen eine Lücke, ähnlich wie eine Freistoßmauer. Fußball füllt die Lücke, die früher überwiegend von der Religion ausgefüllt wurde. Sie verhindert aber auch die, auch hier die Parallele zur Religion, Beschäftigung mit den realen Problemen.

Weitere Aufführungstermine sind der 05. und 18. Juni. Es ist geplant, das Stück in der nächsten Spielzeit wieder aufzunehmen.

Karten und Infos unter 0231 50 27222 oder www.theaterdo.de