Starker Chor bei Dvořáks Requiem

Die lateinische Totenmesse hat viele Komponisten inspiriert. Denken wir an das wohl berühmteste Requiem von Mozart, das „Deutsche“ von Brahms oder an das „War Requiem“ von Britten. Auch Antonín Dvořák komponierte 1890 ein Requiem, was am zweiten Tag seiner Zeitinsel am 16. Mai 2014 aufgeführt wurde. Im Gegensatz zu „Rusalka“ einen Tag zuvor waren kaum slawische Klänge zu hören.

 

Das Requiem von Dvořák ist musikalisch sehr spannend, denn der Komponist nimmt einerseits Rückgriffe auf den typischen gregorianischen Gesang, der vor allem im erstenTeil, aber auch im „Offertorium des zweiten Teils hörbar wird. Andererseits sind deutliche spätromantische Einflüsse deutlich erkennbar oder Rückgriffe auf andere Musikstile wie der Wiener Klassik. Es erscheint, als hätte Dvořák aus dem Fundus der Vergangenheit das für ihn wichtigste herausgenommen, um sein Requiem zu schreiben.

 

Durch seine klaren Rückgriffe auf die Gregorianik bekommt das Werk einen ehrwürdigen, fast archaischen Charakter. Besonders im ersten Teil, der die Angst der armen Sünder für dem Tag der Abrechnung beschreibt, bekommt Dvořáks Musik einen beklemmenden Ton. Im zweiten Teil, der mehr von der Bitte um Vergebung geprägt ist, wird die Musik hoffnungsvoller, ja fast froher.

 

Dvořáks Requiem steht und fällt mit einem Chor. Hatte der Tschechische Philharmonische Chor Brünn noch bei „Rusalka“ eine fast unbedeutende Nebenrolle gespielt, übernimmt sie im Requiem die Hauptrolle und drängt die Solisten in den Hintergrund. Nicht das Juliane Banse (Sporan), Jolana Fogašová (Mezzosporan), Peter Berger (Tenor) oder Alejandro Marco-Buhrmester (Bass) in irgendeiner Weise schlecht gesungen hätten, auf keinen Fall, doch gegen die Stimmgewalt des Chores, die in beinahe magischer Weise die Töne in Energie umwandelten, die unter die Haut ging, waren sie zweiter Sieger.

 

Ein Chor braucht auch jemanden, der sie lenkt. Dirigent Iván Fischer meisterte die Aufgabe, sein Orchester, das Budapest Festival Orchestra,  und den Chor zu einer kompletten musikalischen Einheit zu schmieden.

 

Auch wenn mir „Rusalka“ musikalisch noch einen Tick besser gefallen hat, der zweite Abend der „Zeitinsel Dvořák“ enttäuschte auf keinen Fall.




As time goes by

Die Zeit schreitet immer weiter voran, das wussten schon die alten Römer. Tempus fugit. Der Fotograf Andreas Mader zeigt in der Ausstellung „Die Tage Das Leben“ Fotografien aus dem Leben seiner Freunde, die er seit 25 Jahren begleitet. Zu sehen sind die Bilder bis zum 5. Juli im Projektraum Fotografie.

 

Haben diese Bilder nicht irgendwie was von einem typischen Familienalbum, mögen sich manche fragen. Der entscheidende Punkt ist der äußere Sichtwinkel, den Mader einnimmt. Er ist Beobachter, aber kein Familienmitglied. So haben seine Bilder auch immer etwas distanziertes.

Die 30 Farbfotos bieten dem Betrachter eine chronologische Herangehensweise. Er sieht beispielsweise das Heranwachsen einer Tochter eines Freundes, bemerkt aber auch, dass sich die Eltern anscheinend getrennt haben.

 

Nicht nur deshalb machen einem die Bilder ein klein wenig melancholisch, denn man weiß, die Zeit schreitet unerbittlich voran und lässt sich nicht zurückdrehen. Was bleibt sind fotografische Zeitdokumente.

 

Die Ausstellung ist zu sehen jeweils Donnerstags 16 – 20 Uhr, sowie nach Absprache

 

Projektraum Fotografie
Huckarder Straße 8-12
44147 Dortmund

Im Union Gewerbehof




Besondere Selbstporträts in der Galerie kunstbetrieb

Selbstbildnis von Ankre Droste "Objekt – Subjekt", 120 x 160 cm, Acryl auf Leinwand, 2014
Selbstbildnis von Ankre Droste „Objekt – Subjekt“, 120 x 160 cm, Acryl auf Leinwand, 2014

Der Künstler ist anwesend. So steht es häufig auf Einladungen zu einer Vernissage. Die Galerie kunstbetrieb in der Gneisenaustraße zeigt vom 18. Mai bis zum 07. Juni unter diesem Titel Künstler-Selbstbildnisse unterschiedlichster Art. Auf die eine oder andere Weise: Der Künstler ist anwesend.

 

Das Selbstporträt ist ein beliebtes Sujet in der bildenden Kunst und hat es ins digitale Zeitalter als „Selfie“ geschafft. Die dreizehn Künstlerinnen und Künstler, zeigen auf unterschiedlichste Art und Weise ihre Herangehensweise an das Sujet.

 

Manchmal ist sogar überhaupt kein Künstler auf dem Bild zu entdecken. Beispielsweise die Arbeit „Vogelfrei“ von Martin Böttger zeigt einen Vogel am Firmament. Ein Sinnbild für den Künstler? Böttger jedenfalls hat eine besondere Art des Malens entwickelt, er benutzt keinen Pinsel, sondern malt mit den Fingern.

 

Anke Droste wiederum malt sich in zwei ihrer Werke als stilisierte Figur in der Natur. Einmal wirkt sie wie ein Gegensatz, das andere mal wie ein integrierter Bestandteil. Im dritten Bild „Objekt – Subjekt“ steht das Porträt im Mittelpunkt, hier wirkt die Künstlerin wie eine Art Kosmonautin, schnell gemalte weiße Kreise umgeben den Kopf wie einen Helm.

 

Neben Malerei gibt es noch andere Darstellungsformen wie beispielsweise Skulpturen. Während sich Mohammad Taghi Ghorbanali als Künstler während der Arbeit porträtiert, hat sich Almut Rybarsch-Tarry als „Frau Baccus“ dargestellt. Passend mit zerbrochenen Glassplittern auf dem Kopf und weiteren verschiedenen Stellen wirkt sie wie die dunkle Seite von „Herrn Baccus“. Quasi wie der Kater danach oder der Augenblick, wenn das Musikfestival nach drei Tagen im Schlamm zu ende geht.

 

Auch fotografische Arbeiten werden gezeigt. Hendrik Müller porträtiert sich selbst auf ein anderes Modell, aber dennoch so, dass sich beide Ebenen überlappen, aber auch gleichzeitig als verschiedene Personen weiterhin sichtbar bleiben.

 

Die ausstellenden Künstler sind: Martin Böttger, Anke Droste, Mohammad Taghi Ghorbanali, Anne Jannick, Hendrik Müller, Thomas Paul, Klaus Pfeiffer, Thomas Pläßler, Sylvia Reuße, Almut Rybarsch-Tarry, Mathes Schweinberger, Udo Unkel und Artur Aleksander Wojtczak.

Almut Rybarsch-Tarry: "Selbstbildnis als Frau Bacchus", Paper Clay, Flaschenscherben, Acrylfarbe, Bootslack, 2014
Almut Rybarsch-Tarry: „Selbstbildnis als Frau Bacchus“, Paper Clay, Flaschenscherben, Acrylfarbe, Bootslack, 2014

„der künstler ist anwesend“

Galerie der kunstbetrieb

Gneisenaustraße 30

44147 Dortmund

www.der-kunstbetrieb.de

 

Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von 11 bis 13 Uhr und 15 bis 18 Uhr, Samstag 11 bis 13 Uhr.

 




Die dunkle Seite der Macht

Zwischen Treue und Verrat: Mccbeth in der Inszenierung des Seniorentanztheaters. (Foto: © Susanne Diesner)
Zwischen Treue und Verrat: Mccbeth in der Inszenierung des Seniorentanztheaters. (Foto: © Susanne Diesner)

Am 16. Mai 2014 war das Seniorentanztheater (Ballett Dortmund) mit ihrer Uraufführung von „Macbeth – eine Versuchung“ wieder einmal Gast im Schauspielhaus Dortmund.

Die 18 Tänzerinnen und 5 Tänzer transformieren unter der choreographischen Leitung von Marcus Grolle auf Grundlage von William Shakespeares „Macbeth“ (1606) mit einer Verbindung von Tanz, Text und Action die dunkle Seite von Macht und Ehrgeiz in unsere heutige Zeit. Dabei geht es auch um die dunkle Seite in uns.

Die Tragödie „Macbeth“ beschreibt den Aufstieg des königlichen Heerführers Macbeth zum König von Schottland , seinen Wandel zum Tyrannen und seinen Fall. Er hat einerseits einen Hang zu „Treue und „Ehrenhaftigkeit“, andererseits auch einen schon fast neurotischen Ehrgeiz und eine wahnhafte Fantasie.

Die Inszenierung weist das Publikum ziemlich schnell auf einen anderen Despoten der jüngeren Vergangenheit hin. Wenn die Darsteller/innen vom Seniorentanztheater „Heil Macbeth“ rufen

ist klar, dass sie auf die Zeit des zweiten Weltkrieges und auf Hitler Bezug nehmen.

Kommen wir aber zunächst zum Bühnenbild und die Kostüme. Zur Bühnenausstattung von Marcus Grolle gehörten vier weiße Tische. Auf der rechten Seite stand ein Glaskelch mit roter Flüssigkeit. Darauf war eine Krone platziert. Die Tische wurden im Laufe der Aufführung geschickt von den Akteuren multifunktional verwendet. Die rote Flüssigkeit wurde symbolhaft für Blut und Blutvergießen während der Inszenierung in das Gesicht der Schuldigen verteilt.

Die Darsteller/innen waren alle in schwarz, aber individuell gekleidet. In der Funktion von Macbeth oder seiner ebenfalls sehr ehrgeizigen Frau „Lady“-Macbeth wurden durch schwarze T-Shirts mit dem entsprechenden Namen gekennzeichnet. Beeindruckend wurden lange Holzstäbe von den Tänzerinnen und Tänzern als Symbol für Gewaltherrschaft und Widerstand eingesetzt.

Die Musik von Maryanne Amacher bis hin zu den Einstürzenden Neubauten war vielfältig und der jeweiligen Situation angemessen gut ausgewählt. Mal psychedelisch, bedrohlich oder dazwischen Swing und heitere irische Folk-Musik. Ein besondere Idee war sicherlich, als alle Darsteller/innen mit einem Glas in der Hand noch begeistert vom „König“ zu den irischen Klängen tanzten. Die Bedrohung und der Stimmungswechsel wurde von einem Tänzer mit weißer „gespenstischer“ Maske eingeleitet.

Die Aufführung beginnt mit dem Einzug der Tänzer in kleinen Gruppen mit ganz persönlichem Leiden und Jammern. Die anfängliche „Heilerwartung“ durch den neuen König schlägt in Desillusionierung und Ablehnung im Verlauf der Aufführung um.

Am Ende berichtet einer der Darsteller von dem ganz persönlichen Erleben einer Familie nach der Befreiung durch die Amerikaner. Alle Mitwirkenden bliesen währenddessen Seifenblasen in den Raum. Das kann als Freunde interpretiert werden, aber es symbolisiert auch die Fragilität des „Friedens“. Das Böse und Dunkle geht zu uns als Teil der Gesellschaft.

Ein großes Kompliment für die Inszenierung und die beeindruckende Leistung des Seniorentanztheaters. Sie zeigten auch als Senioren ein hohes Maß an Beweglichkeit auch bei modernen Tanzchoreographien und schauspielerisches Talent.