Klagelieder für NSU-Opfer

 

Esther Dischereit liest aus ihrem neuen Roman "Blumen für Otello". (Foto: © Bettina Straub)
Esther Dischereit liest aus ihrem neuen Roman „Blumen für Otello“. (Foto: © Bettina Straub)

Acht Jahre ist es her, dass die rechtsextremistische NSU auch in Dortmund gemordet hat. Über zehn Jahre konnten die Mitglieder der Terrorzelle ungehindert zahlreiche Morde bedienen. Die offensichtlichen Ermittlungspannen und -fehler wurden in den Sitzungen des Vermittlungsausschusses diskutiert. Mit dabei als Besucherinnen war die Autorin Esther Dischereit, die aus dem Stoff zunächst ein Libretto für eine Oper machen wollte, aus der dann der Roman „Blumen für Otello“ entstand. Am Samstag, den 12. April um 18:00 Uhr im Studio des Schauspielhauses Dortmund wird die Autorin neben der DJane Ipek aus dem Buch lesen. Organisiert wird die Lesung vom Schauspiel Dortmund dem dem Verein „Vision Interkultur“.

 

„In dem Buch stellt sich die Autorin die Frage, was ist mit den Opfern“, so Michael Eickhoff Chefdramaturg des Schauspiels Dortmund. “ Dischereit macht dies auf eine poetisch und einfühlsame Art und Weise.“ Doch den Text wird es nicht nur auf Deutsch geben. DJane Ipek wird Auszüge daraus auch auf Türkisch lesen. Dischereit stößt sich an den sprachlichen Ungenauigkeiten und Diffamierungen, die die Poizei und die Medien benutzt haben. So war am Anfang der Ermittlungen ständig von „Döner-Modern“ zu lesen und ein Opfer wird als Blumenhändler bezeichnet, obwohl er eigentlich ein Blumen-Großhändler ist.

 

Unterstützt wird die Veranstaltung materiell und ideell von unterschiedlichen Organisationen.Neben dem Kulturbüro unterstützt das Kommunale Integrationszentrum und die Koordinierungsstelle für Vielfalt, Toleranz und Demokratie die Lesung mit jeweils 500 €, Klaus Wegener von der Auslandsgesellschaft NRW in Dortmund, versprach ebenfalls einen ähnlich hohen Betrag, falls noch Restkosten entstehen würden. Mehr ideell, aber mit einem großen Netzwerk im Rücken, unterstützt VMDO, ein Dachverband von 40 Migrantenorganisationen mit verschiedenen Migrationshintergründen, die Veranstaltung.

 

Karten für die Veranstaltung kosten 10 €, ermäßigt 5 €. Mehr unter www.theaterdo.de oder 0231 50 27222.




Ein Abend mit patriotischer Musik

Drei Werke der Musik, die für eine Nation mehr sind als bloße Musikstücke, präsentierten die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz beim 8. Philharmonischen Konzert am 08. und 09. April im Konzerthaus. Sibelius, Haydn und Prokofjew waren zu hören und Ars tremonia war am Mittwoch dabei.

 

Den Beginn machte die Tondichtung „Finlandia“ von Jean Sibelius. Er schrieb das Werk 1899. Zu der Zeit war Finnland noch unter russischer Herrschaft und es machte sich eine Russifizierungswelle breit. Es beschreibt zunächst musikalisch die Unterdrückung der Finnen, dann erklingen hoffnungsvolle Blechbläser, dazwischen gibt es auch sanfte melodische Klänge, die einem Finnlands Seen und Wälder vor Augen führen können. Zum Ende hin erklingen hymnischen Fanfarenklängen. Ein wuchtiges Werk, dass ebenso wuchtig von den Dortmunder Philharmonikern dargebracht wurde.

 

Der zweite Teil war weniger wuchtig, denn dann stand Haydns Streichquartett C-Dur op.76 Nr. 3 auf dem Programm. Bekannt als „Kaiserquartett“ lieferte sie nicht nur die Melodie für die alte österreichische Hymne „Gott erhalte Franz, den Kaiser“, sondern bekanntlich auch für die aktuelle deutsche Nationalhymne. Und wie es sich für ein Quartett gehört, spielten auch nur vier Musiker: Shinkyun Kim (Violine), Maike Schmersahl (Violine), Roman Nowicki (Viola) und Franziska Batzdorf (Cello). Schwungvoll und einfühlsam präsentierten die Musiker das berühmt gewordene Werk.

 

Nach der Pause kam der russische Teil. Sergej Prokofjews „Alexander Newski“ Kantate op. 78 aus dem Jahre 1938. Die Planer konnten es natürlich nicht ahnen, dass die Konzerte in eine Zeit fallen, in denen Russland, die USA und Europa in der Ukraine-Krise stecken. So klingen die Textzeilen „Erhebt euch ihr Russen, zu einer glorreichen Schlacht“ oder „wer Russland angreift, ist des Todes“ für den einen oder anderen etwas befremdlich.

Inhaltlich handelt die Kantate von Alexander Newski, einem russischen Fürsten, der 1240 erst gegen die Schweden und 1242 gegen den Deutschen Orden erfolgreich war. Zuvor komponierte Prokofjew die Filmmusik zu Sergej Eisensteins „Alexander Newski“. Seine Kantate ist aber noch patriotischer und pathetischer als die Filmmusik.

Gabriel Feltz ließ jedes der sieben Teile langsam, fast wie in Zeitlupe, verklingen. Der Opernchor des Theaters Dortmund sang den russischen Text mit Bravour und die tschechische Mezzosopranistin Jana Sýkorová sang herzzerreißend von einem russischen Mädchen, die auf dem Schlachtfeld ihren Bräutigam sucht.

 

Ein schöner Abend mit den Philharmonikern, dem Chor und der Solistin. Die beeindruckende Musik machte aber auch deutlich, wie schnell man mit viel Pathos, Menschen in eine bestimmte Richtung lenken kann. Welche Folgen das haben kann, sieht man zur Zeit gut im Ballett „Krieg und Frieden“ von Xin Peng Wang zur Musik von Dimitri Schostakowitsch.