Ein Dilemma für Mittelstandskids

Mal eben noch die Welt retten. Aber wie und wann? Saskia Rademacher, Oliver Seifert, Fatima Talalini, Christoph Stuhlmann und Lucas Franken in "Feiert. Facebooked. Folgt."
Mal eben noch die Welt retten. Aber wie und wann? Saskia Rademacher, Oliver Seifert, Fatima Talalini, Christoph Stuhlmann und Lucas Franken in „Feiert. Facebooked. Folgt.“

Stell‘ dir vor es spielt eine Band und keiner kommt, um sie zu hören. So könnte man das Stück „Feiert, Facebooked, Folgt“ von Holger Schober, das am 07. März 2014 im KJT Premiere hatte, in einem Satz zusammenfassen. Zunächst. Doch was sich wie ein Albtraum anhört, bietet Zeit und Raum für Reflexionen der fünf Musikerinnen und Musiker. Und quasi nebenbei erfahren die Zuschauer einiges über 100 Jahre Protestgeschichte.

 

„Wir sind alles Mittelklasseschlampen“. Der Satz aus dem Stück tut weh, aber trifft eigentlich genau den Punkt. Fünf Söhne und Töchter aus der Mittelschicht, die es – aus welchen Gründen auch immer – in eine gemeinsame Band geschafft haben, zerbrechen sich ihre Mittelschichtköpfchen über die Probleme der Welt. Spielen sie nun „gegen Rechts“ oder für „Save the planet“ oder wofür oder wogegen auch immer. Das Tolle an „Feiert, Facebooked, Folgt“ ist, dass es von Beginn an die typischen Floskeln der politischen Diskurse durch den Kakao zieht. So gehört irgendwann auch „Boykottiert Youporn – rettet die Pornoindustrie“ zu den Forderungen.

„Man müsste mal was machen“ und „Wir sollten…“ waren schöne Floskeln, die zu hören waren und das Dilemma aufzeigten. Wer ist konkret „man“ oder „wir“? So kann jeder die Verantwortung auf die anderen abwälzen. Das wurde im Stück sehr gut rüber gebracht, als alle konkrete Vorschläge machten und auf die Frage, wann damit begonnen werde, kam als Antwort: Morgen, sofort nach dem Aufstehen oder erst später oder noch später oder oder oder…

 

Toll sind auch die fünf Schauspielerinnen und Schauspieler aus dem Jugendclub. Lucas Franken, Saskia Rademacher, Oliver Seifert, Christoph Stuhlmann und Fatima Talalini werfen sich die Bälle zu und spielen mit einer Begeisterung, dass es einfach Freude macht, den Jugendlichen zuzuschauen.

 

Es gab auch reichlich nachdenkliche Momente. Jeder Schauspieler hatte quasi ein Solo, in dem er oder sie eine Protestbewegung vorstellte. Angefangen von Friedrich Muck-Lamberty, einem der sogenannten Inflationsheiligen der 1920er Jahre über die Kommune 1 bis hin zu der katholischen Jugendbewegung. Sicherlich kontrovers: Auch die Hitlerjugend wurde behandelt. Doch nicht in einem positiven Kontext, sondern als Tatsache, dass die Nazis die Jugend zum ersten Mal als politische Kraft gesehen haben. So das Stück. Darüber kann man streiten. Denn auch andere Parteien sahen schon in der Jugend einen entscheidenden Faktor. So wurden beispielsweise die „Falken“, die Jugendorganisation schon 1904 gegründet.

 

Während auf der Bühne Musik gespielt wurde, gaben parallel Videoeinblendungen einer eigens gebildeten Gruppe von jungen und auch älteren Menschen auf lebendige Weise anregende Einblicke in ein Spektrum von moderne Protestaktionen wie etwa „Critical Mass“, eine Aktionsform von Fahrradfahrern, oder „Flashmobs“. Dabei spielten die fünf jungen Schauspielerinnen und Schauspieler die Instrument selbst. Musik von den „Ärzten“ über die Dreigroschenoper bis hin zu „Wir sind Helden“ wurden auf dem „Konzert, zu dem keiner kam“ zum Besten gegeben.

Auch das Bühnenbild mit dem langsam wachsenden Gras („Graswurzelrevolution“ oder wächst vielleicht Gras drüber?) im Hintergrund war passend gewählt.

 

Am Ende gab es für Regisseurinnen Isabel Stahl und Christiane Köck sowie für die fünf Schauspielerinnen und Schauspieler einen Riesenapplaus.

 

Es gibt leider nur vier weitere Aufführungstermine: Sa, den 8.3. 19:00 , So, den 9.3. 19:00 Uhr, Fr, den 14.3. 19:00 Uhr und am So, den 16.3. 19:00 Uhr.

Karten und Infos unter 0231/ 50 27 222 oder www.theaterdo.de




Jakobsweg zur Selbstfindung

Er erste Schritt ist am schwersten. Bettina Zobel als Pilgerin.
Er erste Schritt ist am schwersten. Bettina Zobel als Pilgerin.

Am 15. März 2014 um 20.00 Uhr ist Premiere für „The road to Santiago – ein Jakobsweg“ (ab 14 Jahren) im Kinder- und Jugendtheater Dortmund. Die Koproduktion des KJT mit der Companie des Mers du Nord, Grande-Synthe ist zugleich die erste internationale Kooperation im Haus.

 

Die Gründerin der Companie Brigitte Mounier führt bei diesem ein Personenstück Regie. Die Schauspielerin Bettina Zobel vom KJT hat die Geschichte geschrieben und spielt auch die Hauptperson.

„Das war mir eine Herzensangelegenheit. Es gibt leider zu wenige Stücke über Frauen, die sich außerhalb der üblichen Rollenklischees bewegen. Die Frau in meiner Geschichte ist mutig und bringt die physische und psychische Kraft auf, von ihrer Familie wegzugehen und sich auf den Jakobsweg zu machen. Eine geheimnisvolle , interessante Geschichte sowohl auf physischer als auch auf psychologischer Ebene. Ich bin diesen Weg übrigens selber auch gegangen. Allerdings erstreckte sich bei mir der Zeitraum über sieben Jahren“, erklärte Zobel.

 

Der Leiter des KJT Andreas Gruhn fügte hinzu: „Es gibt einen Mangel an neuen Frauenbildern und Lebensentwürfen. Leider definieren sich Frauen immer noch über Männer. Bei “The road to Santiago-ein Jakobsweg“ geht es vor allem auch um Unabhängigkeit und Freiheit.“

 

Kurz zur Geschichte: Eine Frau findet den Mut, einen ersten Schritt aus ihrem familiären Trott und mit dem Hintergrund einer schweren Krankheit zu gehen und sich eine Auszeit zu genehmigen. Sie will wie schon viele Pilger vor ihr zu Fuß den besonders durch Hape Kerkeling bekannt gewordenen Jakobsweg von ihrer Heimatstadt Köln bis nach Santiago de Compostela zu gehen. Dabei trifft sie neben verschiedene Menschen, aber vor allem sich selbst….

 

Gast-Regisseurin Brigitte Mounier sieht es Aufgabe für ihre Inszenierung an, die Schwierigkeit „weg zu gehen“ und die damit zusammenhängenden physischen wie psychischen Herausforderungen auf der Bühne spürbar präsent werden zu lassen.

 

Der Abend wird auch musikalisch begleitet werden. Wie die fünf immer wieder auftretenden Personen bei dieser ca. 55 Minuten dauernden Ein-Personen-Aufführung eingebracht werden, wurde noch nicht verraten.

 

Es gibt einen Themenabend für Pädagogen und Erzieher am 13. März um 17 Uhr.

Weitere Termine Sa, 22. März 2014, So, 23. März 2014, Sa, 29. März 2014, Sa, 24. Mai 2014, So, 25. Mai 2014 und Sa, 14. Juni 2014. Karten gibt es unter www.theaterdo.de oder 0231 5027222.