Die musikalische Seele Chicagos

Regisseur Augusto Contento hat in seinem Film „Parallax Sounds Chicago“ versucht, die Musikszene in Chicago in den 90er Jahren zu porträtieren. Herausgekommen ist kein Dokumentarfilm im üblichen Stil. Das Kino SweetSixteen im Depot zeigt den Film (OmU) am 02., 04. und 05. Februar um 21 Uhr und am 08., 09., 11. und 12. Februar um 17 Uhr.

 

Contento mischt seine Interview mit den Protagonisten Steve Albini, David Grubbs, Ken Vandermark, Ian Williams, Rick Wojcik und Damon Locks mit Aufnahmen der Stadt. Historische Aufnahmen aus den 90ern sind die Ausnahme. Contentos Schwerpunkt ist klar die Architektur Chicagos und das Transportsystem. Ab und an sind Bilder von arbeitenden Menschen zu sehen, doch nur am Rande.

Contento hat sich augenscheinlich in das öffentliche Nahverkehrssystem Chicagos verliebt. Lange Einstellung vom Innenleben der Waggons wechseln sich ab mit schier endlosen Bildern von Zügen. Dadurch entwickelt sich eine Art von hektischer Geschäftigkeit, die jedoch durch die ruhige Art der Bildkomposition und des Schnittes aufgehoben wird.

 

Was erfährt der Musikinteressierte? In Chicago entstand in den 90er Jahre eine Musikform, die später als „Postrock“ definiert wurde. Während in Seattle „Grunge“ seinen Siegeszug antrat, waren die Musiker im mittleren Westen flexibler, was die Zusammenarbeit anging. Jazz mit Punk und Rock? Ja, das war möglich. „Es ging nur darum: Das ist eine gute Idee, das ist eine schlechte Idee“, erzählt Vandermark im Film. Es ginge nicht darüber, was man als Jazzmusiker darf oder nicht dürfe.

Durch die Zusammenarbeit verschiedener Musiker und Stile entstand eben „Postrock“, eine Musikrichtung, die sich den üblichen Strukturen widersetzten, aber dadurch auch dem kommerziellen Erfolg.

 

„Parallax Sound Chicago“ ist ein Film, der eigene Wege im Dokumentarfilm-Genre sucht und neue Perspektiven zeigt.




Szenische Lesung voll Poesie und Musik

Am Freitag den 31. Januar 2014 durfte das Publikum im Dortmunder Schauspielhaus beim Gastspiel einer szenischen Lesung aus dem Roman „Seide“ des italienischen Autors Alessandro Baricco einen besonderen Abend voll Poesie und sensibler musikalischer Untermalung erleben.

 

Seine Stimme für diese Parabel auf die Liebe, Sehnsucht, Glück und den lange Weg zu sich selbst stellte der Schauspieler Joachim Król (unter anderem auch als Tatort-Kommissar sowie aus vielen Spielfilmen und dem Theater bekannt) zur Verfügung. Das tat er eindringlich, mit eine Prise Humor und gezielt eingesetzten Gesten. Król liest mit dem ganzen Körper, wird laut oder leise und versucht, dem Text einen Rhythmus zu geben.

Unterstützt wurde er dramaturgisch durch den wechselnden Einsatz der Beleuchtung und wenigen per Video auf die Vorhang-Wand geworfenen Hintergrundbildern.

 

Musikalisch begleitet und geschickt untermalt wurde die Lesung von den württembergischen Jazzpreisträgern Gee Hye Lee am Klavier, Christoph Dangelmaier am Bass und Ekkehard Rössle an der Bass-Klarinette und am Saxofon. Zusammen bilden sie das „South of the Border Jazztrio“.

 

Zunächst konnte kurz der Eindruck entstehen, dass die die Musik, die auch einsetzt, während Król spricht, stört. Doch dem Trio gelang, den Abend nicht nur musikalischer gut zu untermalen, sondern dem gesprochenen Worten auch eine weitere sinnliche Ebene hinzuzufügen. So wenn zum Beispiel feine ostasiatische Klänge zu hören sind ,als Joncour Japan betritt oder Vogelgezwitscher beim Betrachten der Voliere.

 

Zum Inhalt des Romans:

Die Geschichte spielt zur Zeit um 1861 in Südfrankreich. Dort lebt der verheiratete Seidenhändler Hervé Joncour. Als die Eier der Seidenraupen in näheren Umgebung von einer Krankheit befallen werden , muss er die weite Reise bis nach Japan auf sich nehmen, um Seidenraupen zu kaufen. Dort zieht ihn eine rätselhafte Schönheit Jahr für Jahr mehr in den Bann. Ohne ihr nahe zu sein oder auch nur ihre Stimme zu hören, erfährt er erotische Abenteuer von großer Befriedigung. Er bekommt seltsame Zeichen und kann sich der Faszination der jungen schönen Frau nicht entziehen. Im laufe der Jahr beendet Kriegsgewalt seine Reisen nach Japan. Er bekommt aber noch einen siebenseitigen Brief mit japanischen Schriftzeichen als letzte Nachricht…

 

Der Roman beschreibt -außer der Liebesgeschichte – sehr gut die Zeit des Exotismus in Frankreich und dem übrigen Europa. Dinge aus China und Japan waren „in“ und die Begeisterung schlug sich auch in Malerei und Musik um, der musikalische Höhepunkt des Exotismus ist sicher Lehárs Operette „Im Land des Lächelns“.

Während Joncours Geschichte poetisch und detailreich beschrieben wird, bleiben andere Figuren eher schablonenhaft, fast wie ein Beiwerk. Baldabiou, der Unternehmer und Kopf hinter den reisen Joncours, ist bestimmend und selbstsicher. Hélène, Joncours Frau, ist die Idealfigur einer liebenden, niemals murrenden Ehefrau. Ihren großen Liebesbeweis erfährt Joncour erst nach ihrem Tod.

 

Eine gelungene Vorstellung vor vollem Haus wurde mit viel Beifall belohnt.